Kleopatra, Teil 2; Achtung, laaaaang!
[ Archiv-Startseite ] Geschrieben von Ursula am 11. März 2001 13:43:07: Als Antwort auf: Amun oder Aton... oder wie jetzt???? geschrieben von Anchesenamun am 10. März 2001 11:27:14:
Hi, Anchesenamun,
habe gerade gesehen, Du wolltest weiter unten schon mal wissen, wie K/Cleopatra an die Macht kam. Ist ja vielleicht allgemein interessant. - Die Vorgeschichte beginnt etwa im Jahr 63 v.Chr. Der römische Feldherr Pompeius unternahm einen Feldzug nach Syrien, setzte den letzten Seleukidenkönig ab und machte Syrien zur römischen Provinz. Bei diesem Feldzug hatte ihn der Ptolemäer-Pharao Ptolemaios XII. (regierte 80 - 51 v.Chr.) mit Truppen unterstützt. Dieser kriegte dafür erstens einen Haufen Geld, und zweitens anno 59 einen römischen Ehrentitel: "Bundesgenosse und Freund des römischen Volkes" ("socius atque amicus populi Romani"). Die Römer nannten ihn Ptolemaeus Auletes.
"Auletes" kommt von "Aulos", der antiken "Doppelflöte"; "Auletes" wird in der Literatur oft mit "Flötenspieler" übersetzt. Das paßt nur ungefähr, denn der Aulos wurde mit einem Doppelrohrblatt gespielt, war also eher eine Art Oboe als eine Flöte.
Seit jenen Jahren bestanden die connections zwischen Auletes und Pompeius bzw. Rom. Caesar, der im Jahr 59 v.Chr. Konsul war, war damals noch mit Pompeius verbündet (und mit Crassus, Erstes Triumvirat, Römische Geschichte, off topic).
Kleopatra, 69 v.Chr. geboren, war schon Co-Regentin ihres Vaters gewesen. Ptolemaios Nr. 12 starb 51 v.Chr. Seine 4 Kinder waren da alle noch minderjährig. Kleopatra hatte 2 Brüder namens Ptolemaios (Nr. 13 und 14) und eine Schwester, Arsinoe. - Auletes hatte in seinem Testament bestimmt, daß der römische Staat für die Testamentsvollstreckung verantwortlich sein sollte. Pompeius wurde Kleopatras Vormund.
Kleopatra war Co-Regentin ihres etwa 12jährigen Bruders, Ptolemaios Nr. 13, und ihm auch angetraut, siehe Teil 1. Die Berater des Jungen, darunter dessen Erzieher, ein Eunuch namens Pothinos, entzweiten die beiden. Diese Gruppe veranlaßte Ptolemaios 13, seine Schwester vom Thron zu verstoßen. Kleopatra erklärte ihrem Bruder den Krieg und floh aus Alexandria nach Syrien.
Zurück nach Rom. 49 v.Chr. hatten sich Caesar und Pompeius zerstritten, und mit Caesars Schritt über den Rubikon begann der römische Bürgerkrieg ("alea iacta est"). In Caesars Buch "De bello civili" kann man in den letzten Kapiteln einen Teil des Folgenden nachlesen.
Pompeius floh zuerst nach Griechenland und bildete dort eine Armee. Bei Pharsalos in Thessalien kam es anno 48 zur Entscheidungsschlacht, Pompeius unterlag, wollte nach Alexandria fliehen, zu seinen alten Freunden am Ptolemäerhof, s.o., wurde dort aber auf Betreiben der Leute aus dem Umkreis des jungen Ptolemaios ermordet. Caesar, der Pompeius mit einer Legion nach Alexandria gefolgt war, fand nur noch dessen Leiche vor, und saß dann erst mal in Alexandria fest, weil, wie er schreibt, die dort herrschenden Nordwinde seine Flotte am Auslaufen hinderten.
Nun, da er (im Herbst 48) schon mal in Alexandria war, wollte Caesar die Gelegenheit nutzen, um von den Ptolemäern Geld einzutreiben, das Ptolemaios 12, der "Flötenspieler" sich einst von Rom gepumpt hatte; er (Caesar) brauchte es für Soldzahlungen. Außerdem war er nach der Niederlage des Pompeius der erste Mann im römischen Staat und darum sah er sich auch als Testamentsvollstrecker des "Flötenspielers", s.o., der seinen ältesten Sohn und seine älteste Tochter gemeinsam zu Thronfolgern bestimmt hatte.
Caesar wollte die Geschwister veranlassen, ihren Streit nichtmilitärisch beizulegen. Kleopatra, die vorher schon mit Caesar korrespondiert haben soll, ließ sich angeblich nachts, in einen Teppich gewickelt, in den königlichen Palast schmuggeln, wo Caesar sich einquartiert hatte und Ptolemaios 13 unter Bewachung hatte. Am nächsten Morgen soll es dann ein gar nicht so freudiges Wiedersehen zwischen Schwester und Bruder gegeben haben.
Caesar ließ das Testament des Auletes verlesen und forderte, die beiden sollten gefälligst wieder gemeinsam regieren, und die jüngeren Geschwister, der vierzehnte Ptolemaios und die Schwester Arsinoe, sollten Könige von Zypern werden (das sollte dem ägyptischen Nationalgefühl schmeicheln, da Zypern bis vor zehn Jahren ägyptisch gewesen war). Dadurch hätte Kleopatra de facto die Macht in Händen gehabt, da sie ja auch Rom hinter sich hatte. Das paßte Pothinos (s.o.) nicht, er verlangte, Caesar solle sich gefälligst aus den inneren Angelegenheiten Ägyptens raushalten, aber der soll gesagt haben: "Ägypter sind die letzten, von denen ich einen Rat brauche".
Pothinos rief die ägyptische Armee in die Stadt. Von der Bevölkerung unterstützt, die das erobererhafte Benehmen der Römer mißbilligte, kesselten Pothinos' Truppen Caesar und seine Soldaten in dem Viertel um den Palast am Hafen ein. Es kam zum Straßen- und Häuserkampf. Caesar, der auf jeden Fall die Verbindung zur See behalten mußte, hatte zu wenig Soldaten, um den Hafen zu verteidigen, und ließ daher alle Schiffe in Brand stecken, damit sie nicht dem Gegner in die Hand fielen. Dabei brannte auch die Bibliothek von Alexandria mit 40000 Büchern (bzw. Schriftrollen) ab! Sch... ade drum!
Hier etwa endet Caesars Buch "De bello civili".
Der Krieg dauerte bis zum Frühjahr 47, inzwischen war Verstärkung angerückt. Die Entscheidungsschlacht fand am Nil südlich von Alexandria statt, Ptolemaios 13 ertrank auf der Flucht im Nil, und am 27. März 47 eroberte Caesar Alexandria. Caesar setzte Kleopatra und Ptolemaios 14 gemeinsam in die Herrschaft ein und die Schwester Arsinoe mußte nach Rom umziehen. In diese Zeit der Neuordnung der politischen Verhältnisse fällt auch die Technicolor-Nilreise, die Kleopatra via Prunkbarke mit Caesar unternahm, zwecks Sightseeing.
Kleopatras erster Sohn soll im Sommer 47 geboren sein, also etwa neun Monate nach ihrem nächtlichen Besuch im Palast, siehe oben, sie selbst nannte ihn Ptolemaios Caesar, die Alexandriner scherzhaft Kaisarion, das Caesarlein. Die Vaterschaft war aber schon in der Antike umstritten. Ptolemaios Nr. 15 Kaisarion wurde später auf Befehl von Octavian, dem späteren Kaiser Augustus, umgebracht.
So schön wie Liz Taylor kann Kleopatra übrigens nicht gewesen sein. Auf einer zeitgenössischen, sehr unschmeichelhaften Münze sieht sie aus wie die Idealbesetzung für die Hexe aus "Hänsel und Gretel".
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