Re: Haß oder nicht Haß???
[ Archiv-Startseite ] Geschrieben von Dr. Karl H. Leser am 18. April 2001 19:28:31: Als Antwort auf: Re: Haß oder nicht Haß??? geschrieben von jörg am 17. April 2001 12:41:01:
>>Ich habe mal gelesen das Thutmosis III. Hatschepsut gehasst hat.
>>Das wäre auch daran zu erkennen das er ihre Kartuschen ausmeißeln
>>ließ und sie seinen Vater zu Lebzeiten vom Thron verdrängte. Aber gestern habe ich gelesen das dass alles zu einem sehr
>>späten zeitpunkt seiner Herrschaft geschehen sein soll, und dass er
>>zuvor als Mitregent mit Hatschepsut das Land verwaltet hat.
>Was du da gestern gelesen hast, scheint richtig zu sein.
>Zumindest nach dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse.
Joerg antwortet zwar wie immer richtig, aber vielleicht etwas knapp, da wir das Problem schon mal im Forum diskutiert haben. Der aktuelle Stand der Interpretation wird ziemlich umfassend in J. Tyldesly's Biographie der Hatschepsut dargestellt, ebenso in zahlreichen Zeitschriften wie z.B. kmt (US-Variante von kemet).Demnach lassen sich folgende Feststellungen treffen:
1. soweit zeitlich einzuordnen, fanden die "Racheaktionen" von Tut. III am Ende seiner Herrschaftszeit, also lange nach dem Tode der Hat. statt.
2. die Zerstoerungen wurden entweder saumaessig durchgefuehrt oder saumaessig beaufsichtigt. Habe gestern eine Block der Roten Kapelle fotographiert auf der beide Hat. und Tut. III vollstaendig (Figur und Kartusche) dargestellt sind.
3. einige der unter Hat dienenden Wuerdentraeger waren nachweislich auch unter Tut. III noch im Amt.
4. nach seiner militaerischen Laufbahn war Tut. III so etwa seit seinem 16. - 18. Lebensjahr in der Lage, eine Putssch durchzufuehren.Demnach nach kann von einer "Damnatio memorae" wohl nicht die Rede sein. Tyldesly hat das Vorgehen der Hat. und des Tut. III ziemlich einleuchtend erklaert.
Da die Erbfolge ueber die weibliche Blutlinie ging, war Hat. (und ihre mit ca. 16 J. verstorbene Tochter, Neferrura) die letzte mit wirklich koeniglichem Blut in den Adern. Tut I - III hatten dagegen entweder wenig (stammten also aus den Randbezirken der kgl. Familie)oder gar keines. Dagegen gab es aus der Linie der Taosiden (zu denen Hat selbst gehoert) genuegend Thronanwaertern mit kgl. Blut. Mit der Machtergreifung hat Hat. letztlich die Thronansprueche ihres Stiefsohnes gesichert. Der wiederum hat am Ende seiner Herrschaft durch Begradigung der dynastischen Reihenfolge Tut I -> Tut II -> Tut III (unter Ausschluss der Hat) seine eigene Herrschaft und die seiner Nachfolger legitimiert.Gruss, Karl
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