Archiv des alten Ägyptologie-Forum

Re: Hab da mal ne Frage.....

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Geschrieben von Eva am 02. Mai 2001 20:03:57:

Als Antwort auf: Re: Hab da mal ne Frage..... geschrieben von Gitta am 02. Mai 2001 18:21:05:

>>Also, ich hab da gestern zufällig beim zappen einen Beitrag über Beschneidung bei Frauen gesehen und dort wurde gesagt, das in Ägypten damals die Frauen ebenfalls beschnitten worden sind. Dies nennt man die Pharaonische Beschneidung und soll noch schlimmer sein als die, die heute noch in einigen Ländern durchgeführt werden. Mich interessiert jetzt, ob das stimmt, und warum das gemacht wurde, hatte das Religiöse Gründe und wenn ja welche?
>Dieses Thema wurde in einem anderen Forum schon mal ausgiebig diskutiert. Es kam heraus, daß es keine Belege gibt über Beschneidung bei Frauen, wohl aber bei Männern. Die Szene ist in einem Grabrelief dargestellt. Ich weiß aus dem Kopf nicht, welches Grab das ist. Bin im Moment noch im Büro und könnte, falls gewünscht, zu Hause nachschlagen.
>Gitta

Hallo Gitta!

Ohohoh.... DAS hättest Du nicht ansprechen dürfen, das war nämlich u.a. ein Thema, das ich in meiner Magisterarbeit behandelt habe, und wenn ich erst mal da anfange, zu erzählen.... ;))))

Du meinst sicherlich das Grab des Wesirs Ankhmahor. Übrigens die einzige überlieferte Beschneidungsszene, bis auf die Szene im Mut-Tempel.

In meiner Magisterarbeit bin ich der Frage nachgegangen, ob diese Szene wirklich eine Beschneidungsszene darstellt.
Es gibt eine Theorie, die dagegen spricht. Der Ägypter hat sich, vor allem in seiner Grabkammer, im Grunde genommen nie als schwachen Menschen dargestellt, also nie in einer eher "problematischen" Situation ;)) vielmehr als jemanden, der viel Ruhm erlangt hat, der viel Gutes getan hat, den das Leben begünstigt hat etc.
Wieso also die Szene eines Mannes, der sich in einer eher ungünstigen, schwachen Moment darstellen läßt? Und das auch noch in zwei Szenen. U.a. ist man zu dem Schluß gekommen, daß die Werkzeuge, die in den Reliefs vorgeführt werden, evtl. eine Vorhautverengung beheben. Also keine Beschneidung im rituellen Sinne sondern ein chirurgischer Eingriff, der auch nicht einen Moment aus dem Leben des Ankhmahor darstellt, wo er schwach war (denn so eine Beschneidung im Erwachsenenalter ist kein Zuckerschlecken ;))) sondern eher einen "erfreulichen" Moment, wo er von seinem Leiden erlöst wurde.
Das andere Argument ist ja auch, daß man Beschneidungen eher im Kindesalter vornahm und Ankhmahor ist auf dem Relief schon erwachsen.

Literatur zu dieser Theorie:

Spigelmann, M.; The Circumcision Scene in the Tomb of Ankhmahor: The first Record of Emergency Surgery? in: Bulletin of the Australian Centre for Egyptology 8, North Ryde 1997

oder

Kökeny, Eva; Erkrankungen und anatomische Besonderheiten in der ägyptischen Kunst, München 2000. Einzusehen in der Bibliothek des Instituts für Ägyptologie in München (Tschuldigung, mußte ich einfach erwähnen ;)))

Sorry, aber bei medizinischen Themen komme ich ins Schwärmen ;))) Ich höre jetzt aber lieber auf, sonst wird das hier endlos und hat mit dem eigentlichen traurigen Thema nichts mehr zu tun... wenn es aber erwünscht ist, daß ich noch ausführlicher darauf eingehe... *flöt*

Liebe Grüße,
Eva


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