Re: Tierverehrung vs Tiertötung
[ Archiv-Startseite ] Geschrieben von Nephtys am 27. Mai 2001 14:18:47: Als Antwort auf: Re: Tierverehrung vs Tiertötung geschrieben von Gitta am 26. Mai 2001 15:47:58:
>>>>>Habe mir von Stephen Quirke, "Altägyptische Religion" gekauft. *prahl*
>>>>>In der Einleitung steht was zur Tierverehrung. Das Ibisse, Hunde, Katzen, Fische, etc.. von den Ägyptern mumifieziert wurden und anschließend beigesetzt. Das habe ich auch gewußt und habe gedacht das geschieht wenn die Tiere gestorben sind. Doch Quirke schreibt das Untersuchungen an Katzenmumien ergeben haben das es sich entweder um ganz junge oder 2jährige Katzen handelt. Und allen wurde das Genick gebrochen.
>>>>>Meine Frage:
>>>>>Sind die Katzen extra umgebracht worden um sie beisetzen zu können? Und wie steht es mit den anderen Kleintieren. Paviane, Ibisse, Fische und so?
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>>>>Ich habe nochmal ein bißchen Bücher gewälzt: Nirgendwo habe ich einen Hinweis gefunden, daß heilige, also verehrungswürdige Tiere getötet worden wären. Im Gegenteil, in der Spätzeit, als der Tierkult seinen Höhepunkt hatte, drohte z.B. für die Tötung einer Katze die Todesstrafe. Ähnlich verhielt es sich mit Fischen: die Fischer des Fayum mußten sich eidesstattlich verpflichten, keine Lepidotos- und Oxyrhynchosfische zu fangen. Und wegen der Tötung eines Hundes soll es sogar zu kriegsähnlichen Zuständen gekommen sein. Aber das gilt alles für die Spätzeit. In frühdynastischer Zeit dürfte es sich anders verhalten haben, da die Tierverehrung noch nicht diese Auswüchse angenommen hatte. Man bedenke, daß die Könige der 1. Dynastie mit ihrem Hofstaat bestattet wurden - jedenfalls lassen das die vielen Nebengräber vermuten. Dazu gehörten auch Tierbestände. Zu der Zeit war der religiöse Gedanke noch ein anderer - wie schon von Nephtys erwähnt: der König wird ins Jenseits begleitet von allem, was er auch für das diesseitige Leben benötigte. Es wäre nun interessant zu erfahren, aus welcher Zeit die von Quirke erwähnten Katzenmumien stammen.
>>>>Zum Ertränken des Apis schreibt Bonnet in seinem Lexikon der Religion: So geht die kürzlich wieder aufgegriffene, aber schon durch Angaben über die Lebensdauer einzelner Apisstiere widerlegte Behauptung, daß man den Apis nach Ablauf seines 25. Lebensjahres ertränkt habe, offenbar darauf zurück, daß man einen Zeitraum von 25 Jahren, innerhalb dessen die Mondphasen auf die gleichen Tage fielen, als Apisperiode bezeichnete.
>>>>Übrigens dauerte die Balsamierungs- und Bestattungszeremonie der Apis' tatsächlich so lange wie die eines Königs: 70 Tage (auch die Inthronisation wurde mit gleichem königlichen Prunk vollzogen). Also genügend Zeit, einen neuen heiligen Stier zu finden, obwohl auch nirgends darüber was gesagt wird, daß der Übergang von einem zum nächsten Apis nahtlos erfolgen muß.
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>>>er schreibt, das diese Mumifikation von Tieren in großem Umfang sich auf den Zeitraum vom 6jh.v.Chr. bis zum 2jh.n.Chr bezieht! und mit seinem Beispiel, das den Katzen das Genick genrochen wurde, will er klarmachen, das die Ägypter nich die Tiere als solche, sondern sie als mittler der jeweiligen Gottheit verehrten!
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>>Hallo Nephtys,
>>irgendwie paßt das nicht zusammen, aber vielleicht gab es ja tatsächlich sowas wie rituelle Tötungen, ausgeführt durch Priester, die dann natürlich ohne rechtliche Folgen blieben, während das Töten von Tieren im "ordinären" Sinne bestraft wurde (reine Spekulation von mir). Hat jemand noch weitere Details zu dem Thema?
>>Gitta
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>Ist mal wieder typisch. Wenn ich mich an einem Thema festgebissen habe, dann will ichs wissen:
>Ich glaube der gute Dr. Quirke zieht aus den Mumienfunden falsche Schlüsse, wenn er etwa von absichtlicher, sanktionierter Tötung ausgeht (Frage: tut er das?). In der ganzen Literatur (ich habe natürlich nicht die "ganze Literatur" zur Verfügung, bin aber schon ganz gut bestückt) gibt es nicht einen Hinweis darauf. Ich habe speziell nach Katzenkulten gesucht bei Bonnet, Brunner-Traut, Roeder, Jacq (Das verborgene Wissen der Magier), Hornung, Helck/Otto, Herodot - nichts dergleichen. Überall Konsens, daß es sich um verehrungswürdige Tiere handelt, weil sie Göttlichkeit verkörpern: Katzen als Tochter des Re, als Erscheinung des Re im Amduat, die Rechtfertigung vor dem Totengericht, keinem Tier etwas zu Leide getan zu haben, die Berichte von Herodot aus dem 6. Jh.v.Chr., daß bei Feuersbrünsten zunächst die Katzen gerettet wurden, ehe das Feuer gelöscht wird, und vieles mehr. Aber kein Wort von rituellen Tötungen o.ä. Und - ein gebrochenes Genick bei einer Mumie provoziert die Frage: passierte das tatsächlich zu Lebzeiten?
>Über Stephen Quirke habe ich mich auch ein bißchen informiert: Er ist Kurator des Petrie-Museums, ein Verwaltungsmensch also, und Dr. der Philosopie, m.E. nicht gerade ein Experte für ägyptische Religionskultur. Ich würde ihn - ohne allerdings seine Bücher zu kennen, als Autor zu diesem Spezialgebiet zunächst mal mit Vorsicht genießen.
>Gitta
Hi Gitta!
ja, du hast recht, das es schon etwas kritisch is, weil die Tiere damals echt gut behandelt wurden, aber vielleicht, wurde das nich als tötung in dem Sinne angesehen, als das dem Tier nun was böses angetan werden soll, sondern einfach, als Begleitung, ins jenseits, so das der Verstorbene, das Tier, das den Mittler darstellte, bei sich hat, um überhaupt irgendwie an die Götter zu gelangen, also, das das Tier im Jenseits ebenfalls noch als Mittler angesehen wurde, und somit weiterhin eine Aufgabe hatte, und nicht einfach "nur" umgebracht wurde! Aber, naja, darüber kann man halt nur spekulieren, ich denke,schon, das da hinter manchen Tempelmauern Sachen abgelaufen sind, die nicht unbedingt von der Öffentlichkeit,gebilligt worden wären!
Gruß
Nephtys
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