Archiv des alten Ägyptologie-Forum

Aus dem Bericht 1999/2000 des DAI

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Geschrieben von Gitta am 28. Juni 2001 23:23:57:

Ich habe gerade aufgrund eines Hinweises in der NG den Bericht des DAI runtergeladen. Auszug:


Ägypten: Viele Mosaiksteine ergänzen das Bild

Den Nil aufwärts wandert das Schlaglicht der Betrachtung nach Ägypten, zunächst zur Nilin-sel
Elephantine. Einen Schwerpunkt bildeten die Arbeiten im Zentrum der Stadt des Alten
Reiches. Innerhalb der Bauabfolge der Stadtpaläste, die sich in diesem Gebiet seit der frühen
6. Dynastie (2300 v.Chr.) nachweisen lassen, konnte mit der Untersuchung einer außerge-wöhnlich
gut erhaltenen Raumeinheit begonnen werden. Es handelt sich um die Neuanlage
einer Bäckerei aus der frühesten 1. Zwischenzeit (ca. 2200 v.Chr.). Diese bestand ursprüng-lich
aus einem offenen Arbeits- und Feuerstellenbereich und einem Registraturbereich dessen
Überdachung von Holzsäulen getragen wurde. Wohl einmalig in diesem Erhaltungszustand
konnten bislang 3 Säulen lokalisiert und zwei von ihnen bereits geborgen werden. Des weite-ren
wurden Reste hölzerner Schrankenwände gefunden.
Dieses annähernd unversehrte, 4300 Jahre alte Ensemble altägyptischer Zie-gel/
Holzarchitektur ergänzt das Bild der 1. Zwischenzeit in einem wichtigen Aspekt: Nach
dem Zusammenbruch der Zentralverwaltung des Alten Reiches sprechen die Texte von der
Notwendigkeit, die Versorgung der Bevölkerung auf lokaler Ebene zu reorganisieren. Die
Bäckerei im alten Palast der Inselsiedlung Elephantine kann als die archäologisch gewonnene
Illustration für derartiges Handeln gewertet werden.

Lange gesuchte Gräber entdeckt: Theben: Dra’ Abu el-Naga

1. Die Grabanlage des Königs Amenophis I.

Im Jahr 2000 fanden zwei Kampagnen in Dra’ Abu el-Naga statt, die hauptsächlich der Fer-tigstellung
der Aufnahme einer großen undekorierten Felsgrabanlage galten. Die nun abge-schlossene
Dokumentation des Grabes ermöglicht eine Interpretation der mehrfach genutzten
Anlage sowie eine Identifizierung ihres ersten Besitzers.
Vor allem aufgrund der Architektur der Anlage, der gefundenen Keramik und ihres deutlichen
Bezuges zu einem Doppeltempel für den zweiten Herrscher der 18. Dynastie, Amenophis I.
und dessen Mutter, Ahmes-Nefertari, kommt als Erbauer und Benutzer des Grabes nur dieser
König, Amenophis I. in Betracht. Die südlich benachbarte Grabanlage ist aus diesem Grund
auch mit großer Wahrscheinlichkeit der Mutter des Herrschers zuzuschreiben.

2. Das Pyramidengrab des Königs Intef Nub-Cheper-Re

Im Frühjahr 2001 wurden die Arbeiten in einem neuen Areal am Fuß der Hügelkette von Dra’
Abu el-Naga aufgenommen. Mit der Entdeckung der Lehmziegelpyramide von König Intef
Nub-Cheper-Re, der dazugehörigen königlichen Schachtanlage und der kleinen Grabkapelle
eines hohen Beamten dieser Zeit namens Teti konnte – nach etwa 150jähriger Suche (!) – zum
ersten Mal ein Königsgrab der 2. Zwischenzeit in Theben identifiziert werden.
Die Zuweisung der Pyramide ergibt sich u.a. aus der Kartusche des Intef Nub-Cheper-Re. Im
Schutt der königlichen Schachtanlage fand sich der sehr zerstörte Kopf einer etwas überle-bensgroßen
Sandsteinstatue eines Königs, bei dem es sich nach der derzeitigen Befundlage
nur um Intef Nub-Cheper-Re handeln kann. Die Ergebnisse der diesjährigen Grabung erlau-ben
darüber hinaus eine chronologische Einordnung des Königs, der bislang in der Abfolge
der Herrscher der 17. Dynastie nicht festzulegen war. Damit gehören die in der Pyramidenan-lage und der Grabkapelle des Teti aufgefundenen Objekte, vor allem die Keramik, nun zum
bestdatierten Material der 2. Zwischenzeit in Ägypten überhaupt.

Schwangeres Nilpferd: Abydos/Umm el-Qaab

In Abydos wurden mit Unterstützung durch die DFG die Grabungen im prädynastischen
Friedhof und an den frühdynastischen Königsgräbern fortgesetzt. In einem der wenigen noch
ungestörten Gräber der frühen Naqada-Zeit (1. Hälfte 4. Jt.), das einem jungen Mann gehörte,
fanden sich zwei bemerkenswerte Tongefässe mit Darstellungen einer Vorführung von Ge-fangenen
und der Jagd auf Wildstier und Nilpferde in weißer Bemalung. An Gefäßen mit
Menschendarstellungen aus dieser Zeit waren bislang überhaupt nur 3 Exemplare bekannt, bei
den neuen Funden ist noch hervorzuheben, dass die Nilpferde eindeutig als schwanger ge-kennzeichnet
sind: in die Körperumrisse ist jeweils noch ein kleineres Tier gemalt.
Bei einer Nachuntersuchung der Grabanlagen des Königs Narmer und seines Nachfolgers
Aha (um 3000 v.Chr.) kamen u.a. noch einige Einlagestücke aus Bein zutage, die wahrschein-lich
von einer großen verzierten Holzkiste des Narmer stammen. Es handelt sich dabei um die
bislang frühesten zuweisbaren historischen Szenen aus Ägypten.
Mit großem Aufwand konnte das Grab des Chasechemui, des letzten Königs der 2. Dynastie
(um 2700 v. Chr.) nun vollständig freigelegt werden. Dabei ergaben sich wichtige Aufschlüs-se
für die baugeschichtliche Entwicklung der Königsgräber: insbesondere die Feststellung,
dass es über dem Mittelabschnitt des Grabes einen großen Tumulus gegeben haben muss, der
wahrscheinlich mit behauenen Kalksteinblöcken befestigt war.
Einen solchen Tumulus gibt es auch in der 1. Baustufe der Grabanlage des Königs Djoser, des
Nachfolgers des Chasechemui, in Saqqara. Daraus entstand durch Aufstockung die Stufenpy-ramide
als Vorform der echten Pyramiden.

Der Voratskeller kam vor dem Haus: Maadi

Die in diesem Frühjahr wurde eine Kampagne im stark gefährdeten prädynastischen Sied-lungsplatz
Maadi durchgeführt. Bei Bohrungen, die über die Ausdehnung und Mächtigkeit
der Siedlungsschichten Aufschluss geben sollten, wurde überraschenderweise noch eine ober-flächlich
nicht sichtbare Gebäudestruktur mit Steinmauern entdeckt und daraufhin teilweise
ausgegraben. Bei dem Gebäude handelt es sich um eine Art Grubenhaus mit über eine Stein-treppe
zugänglichem, abschüssigem Eingangskorridor. Dieser führt zu einem noch tiefer lie-genden
und sich nach unten hin erweiternden Raum, der in den anstehenden Wüstenboden
gegraben worden ist. Ähnliche Grubenhäuser sind bisher nur in geringer Anzahl ausschließ-lich
aus Maadi bekannt. Diese frühesten Steinbauten in Ägypten sind aber sämtlich sehr unzu-reichend
dokumentiert und nur grob ins 4. Jtsd. datiert. Vermutlich handelt es sich dabei um
Vorratskeller oder (gemeinschaftliche?) Lagerhäuser. Architektonische Vorbilder könnten
chalkolithische Bauten der Beersheba-Kultur Südpalästinas sein, da es rege Handelsbeziehun-gen
zwischen Maadi und dieser Region gab.

Gitta



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