Archiv des alten Ägyptologie-Forum

Re: Kragnische

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Geschrieben von Gerd am 15. Juli 2001 13:54:48:

Als Antwort auf: Kragnische geschrieben von the one and only am 14. Juli 2001 16:12:37:

>Hallo,
>allgemein wird berichtet, dass von der Kragnische der Königinnenkammer aus ein kriechbarer Schacht etwa 15 m ins innere der Pyramide führt. Dieser soll von Grabräubern gehauen worden sein - weiß jemand woraus dieser Schluß folgert ?
>Ramses

Hallo
Ich vermute mal du meinst die Cheops-Pyramide.
Dazu habe ich folgendes gefunden:
„Auf der Ostseite der Königinnenkammer befindet sich eine bis zum Deckenansatz gehende, um über einen Meter in die Wand vertiefte, etwa 4,70 Meter hohe Nische, die an ihren Seiten wie ein Kraggewölbe aufgebaut ist. Diese Nische ist leicht nach Süden versetzt worden und die alles dominierende Struktur innerhalb der Königinnenkammer. In ihrer Mitte liegt der Einstieg in einen etwa 15,30 Meter langen, bekriechbaren Tunnel, der nach Osten ins Innere der Pyramide führt. Auf den ersten Blick hat es den Anschein, als ob hier irgendwann in der langen Beraubungsgeschichte der Cheopspyramide versucht wurde, auf der Suche nach geheimen Hohlräumen tiefer ins Kernmauerwerk vorzudringen. An diesem Szenario, das die meisten Ägyptologen bedenkenlos in ihre Standardwerke übernommen haben, (Stadelmann, „Pyramiden“ S. 118), zweifele ich jedoch seit langem. Warum sollten Grabräuber ausgerechnet an dieser Stelle ins Mauerwerk eindringen? Vermuteten sie hinter der Nische einen Hohlraum?
Die Antwort scheint einfach, wird ersichtlich, wenn man die Schnittzeichnungen der Königinnenkammer und des Stollens genauer betrachtet. Das erste Detail, welches vor Ort direkt ins Auge sticht, ist die Symmetrie des Einstiegslochs. Die Unterkante des Tunnels schließt genau mit der horizontalen Trennfuge der Steinblöcke ab, mit denen die unteren beiden Lagen der Ostwand aufgebaut sind. Die Seitenwände des Schachtes sind zudem etwa im gleichen Abstand zu den Nischenwänden, sodass man – abgesehen vom halbkreisförmigen, herausgebrochenen oberen Teil – einen sehr symmetrischen Schachtbeginn vor sich hat. Der weitere Verlauf im Schacht verstärkt diesen Eindruck. Auf den ersten 7 Metern sind die Seitenwände des Tunnels derart geradlinig gearbeitet, dass es sich hierbei keinesfalls um eine Grabräuberaktivität handeln kann. Erst auf dem zweiten Teilabschnitt nimmt der Tunnel die rohe Gestalt an, die man durch die Tätigkeiten der Schatzsucher erwarten würde. Für mich scheint es deshalb plausibel, davon auszugehen, das die Ägypter hinter der Nische einen Hohlraum – einen kleinen Magazinraum – errichteten, in dem sie wichtige Gegenstände, vermutlich Grabbeigaben, deponierten. Nicht unwahrscheinlich, dass dieses Magazin sogar als eine Art „Geheimdepot“ aufgebaut, insbesondere also mit einem Blockierstein verschlossen war. Vielleicht motivierte erst die Existenz dieses kleinen Reliquienfaches die späteren Grabräuber den Schacht nach Osten hin weiter aufzubrechen, in der trügerischen Hoffnung, weitere hermetisch abgeschlossene Depots zu finden.“

Quelle: Michael Haase „Das Rätsel des Cheops“ (1998) Seite 177-180

Mit wunden Fingern grüßt
Gerd


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