Hallo, ich beschäftige mich gerade mit dem Altägyptischen und bin bei E. Edel auf eine sDmwf-Form gestoßen, die aber von den neueren Einführungsgrammatiken (und dem älteren Gardiner) nicht erwähnt wird. Nun ist meine Frage: Ist diese Form inzwischen überholt, oder einfach nur so selten, dass sie für Anfänger nicht wichtig ist? Oder hat es mit Schenkels 3a/3b-Form jrj.(w/y)=f zu tun? Würde mich über eine Antwort feuen.
Voller Stolz (- weil ich jetzt nach extrem langer Zeit wieder mal beginne, Ägyptisch zu lernen) kann ich berichten, dass es sich bei der Form sDmw.f um einen Prospektiv handelt (s. James P. Allen, Middle Egyptian. An Introduction to the Language and Culture of Hieroglyphs, Kap. 21.2). Das w wird direkt an den Wortstamm angefügt, wie man sieht. Er führt u.a. ein Beispiel rdjw.j an "I will be given".
Hallo NebTauiAmunRe, ich glaube, das ist nicht ganz das, was der Gast meint. Falls er sich auf Edel § 511-531 bezieht, meint er jedenfalls die aktive sDm=f-Form und nicht das von dir zitierte passive Futur.
Hallo, kannst du mal einen Beispiel Satz mit dem "sDm=f" schreiben? Kenne das Buch von Edel nicht und auch nicht den Schenkel.
Vielleicht das passive sDm.w=f ? ansonsten weisen eben die subjunktiv.prosp. sDm=f Formen noch bei den ult.inf. und caus.ult.inf dieses w auf, das verbale prosp. sogar noch häufiger bei allen klassen.
Ein Beispiel für sDm.w=f (das meinst Du doch mit "dem "sDm=f"", oder ?) wäre:
Hmsj.w=f "er setzt sich" (den ganzen Satz findest du in Pyramidentexte, 1562 b), also eindeutig aktivische Bedeutung. Die genauen Daten des Edel sind: Elmar Edel, Altägyptische Grammatik. Rom 1955/1964; den Schenkel findest du als Wolfgang Schenkel, Tübinger Einführung in die klassisch-ägyptische Sprache und Schrift. Pagina, Tübingen 2005 (ISBN 3-938529-00-8). Interessant ist aber, dass die Verbalklassen mit w mit Edels sDmwf weitgehend übereinstimmen.
Wolfgang Schenkel Gast
Re: sDmwf
« Antwort #7, Datum: 15.07.2006 um 20:39:54 »
Wenn ich dich/euch siezen darf: Es handelt sich bei der fraglichen Form um den aktivischen Prospektiv. Man könnte die Form von ihrer Funktion her auch als Futur bezeichnen. Die Formenbildung ist bei den verschiedenen Verben nicht einheitlich. Teilweise wird sie mit einer Endung -w gebildet (die unter bestimmten Bedingungen zu -y werden kann), teilweise ohne eine Endung. Edel hat a) von diesen Formen mit seinem sDmwf also nur einen Teil erwischt und b) nicht recht die Funktion der Form erkannt. In meiner Tübinger Einführung steht die Form im Kern-Paradigma, wie Sie sehr richtig gesehen haben, unter 3a und 3b, und zwar deshalb in zwei Varietäten aufgespalten, weil es sich möglicherweise nicht um einen einzigen Prospektiv handelt, sondern entsprechend den zwei Funkionen (prädikativ und abstrakt-relativisch) um zwei auch formal (in der Silbenstruktur bzw. den Vokalen) verschiedene Verbalformen.
Freude und Erfolg beim Studium des Ägyptischen wünscht Wolfgang Schenkel
Dass man hier Antworten von so fachlicher Seite bekommen kann, habe ich gar nicht erwartet . Damit wird natürlich auch klar, warum Edel beim sDm.w=f zwischen "nach Art der normalen sDmf-Form" und "Nach Art der mmrf-Form" unterscheidet.
Wo Sie uns über Edel schon Auskunft erteilt haben, möchte ich Sie noch fragen, was Sie davon halten, dass Edel den Komplementsinfinitiv in § 725 als ein Gemisch aus Infinitiv und Nomen actionis deutet, was Sie in Ihrer Tübinger Einführung § 7.4.2.1 (S. 261) nicht übernommen haben. Ich würde mich über eine Antwort von fachlicher Seite sehr freuen,
Vielen Dank, dann hatte ich mit meiner prospektives Sdm=f Vermutung sogar recht Wenigstens mal ein Höhepunkt im Leben eines geplagten 2.Semesters kurz vor der Klausur
Wolfgang Schenkel Gast
sDm.w=f; Komplementsinfinitiv
« Antwort #10, Datum: 16.07.2006 um 18:06:20 »
A propos Komplementsinfinitiv:
Unter "Komplementsinfinitiv" fasst man Formen unterschiedlicher Bildungsweise nach ihrer Funktion zusammen. Welche Verben welche Formen bilden, ist nicht in eine klare Regel zu fassen. Denkbar ist durchaus, dass auch Infinitive in dieser Funktion gebraucht werden, wie Edel meint. Nur dürfte es schwierig sein, die diversen Bildungsweisen und den Infinitiv im Einzelfall zu unterscheiden. Um genau unterscheiden zu können, müsste man die vokalisierten Formen haben, aber diese hat man nicht. Ich halte es deshalb für besser, die Formen primär nach ihrer Funktion zu beurteilen.
A propos mrr=f:
Edel hat sehr richtig gesehen, dass das sDm.w=f fallweise dem mrr=f entspricht, nämlich, wie man im Anschluss an Polotsky sagen kann, dann, wenn es abstrakt-relativische Funktion hat (bei mir der Fall b)). Was Edel aber nicht gesehen hat, ist, dass das sDm.w=f ein anderes Tempus (andere würden sagen: einen anderen Aspekt) zum Ausdruck bringt als das mrr=f. sDm.w=f ist in meiner derzeitigen Nomenklatur ein Futur, mrr=f ein Präsens.
Wie kann es dann sein, dass Edel Beispiele von Verba 3-rad mit w anführt, während in der Tübinger Einführung Formen ohne w angegeben sind?
Grüße
Wolfgang Schenkel Gast
Re: sDmwf
« Antwort #12, Datum: 23.07.2006 um 14:48:48 »
Edel hat sich geirrt:
Bei sdA.w handelt es sich nicht um ein sDm.w=f, sondern um eine Relativform. Es heißt an der Stelle, die Edel zitiert, sdA.w n=k psD.t, was James P. Allen in seiner neuen Übersetzung der Pyramidentexte übersetzt mit "You at whom the Nine shake" (James P. Allen, The Ancient Egyptian Pyramid Texts, Atlanta, GA 2005, S. 105, 4. Zeile).
Das Verb zwn, das Edel zitiert, ist in Wirklichkeit ein Verb IV.inf. zwnw (s. James P. Allen, The Inflection of the Verb in the Pyramid Texts, Malibu, CA 1984, S. 584).