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Deir el-Medina
Sen-nedjem (Nekropolenarbeiter, 19. Dyn, TT 1)
Nephthys (Göttin)
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  Deir el-Medina
Deir el-Medina bezeichnet die Ruinen einer Arbeitersiedlung auf dem thebanischen Westufer, zwischen dem --> Tal der Könige und dem der --> Königinnen gelegen. Die Siedlung wurde vermutlich in der Zeit von --> Amenhotep I. und seiner Mutter --> Ahmose-Nefertari gegründet. Nördlich der Siedlung befindet sich ein Tempel der Hathor aus der Ptolemäerzeit, der später lange Zeit von koptischen Mönchen als Kloster genutzt wurde. Diese Nutzung lieferte den modernen arabischen Namen "Deir el-Medina" (Deutsch "Kloster der Stadt").


- Vollbild -
Blick auf das Arbeiterdorf von Deir el-Medina, links die Umfassungsmauer aus Nilschlammzigelen des großen Hathor-Tempels, im Vordergrund die Pyramide über dem Grabe des Sennedjem.
Foto: Iufaa

Die Arbeitersiedlung war etwa von 1520 bis 1069 v. Chr. bewohnt. Seit --> Thutmosis I. wurden besondere Sicherheitsmassnahmen ergriffen, um den Ort und die Arbeit an den königlichen Gräbern zu schützen. Der Ort wurde mit einer Mauer umgeben und bewacht. Hier lebten die Arbeiter und Künstler, welche die Gräber im Tal der Könige und im Tal der Königinnen schufen, mit ihren Familien. Es sind 68 Hausgrundmauern freigelegt worden. Während der Regierungszeit von --> Echnaton wurde das Dorf geschlossen und die Einwohner nach Akhetaton umgesiedelt. --> Haremhab gründete anlässlich der Arbeiten an seinem Grab die Siedlung neu.

Westlich und östlich befinden sich direkt neben der Siedlung die Friedhöfe der Arbeiter. Die Gräber stammen aus der 18. - 20. Dynastie. Die Wände sind mit Malereien geschmückt, die in der Qualität der Ausführung an die Königsgräber jener Zeit heranreichen und dadurch den damaligen Standard der Adligengräber in Westtheben übertreffen. Zu besonderer Berühmtheit gelangte das Grab des --> Sennedjem (TT 1), welches am 2. Februar 1886 von Gaston Maspero entdeckt wurde.

Die Ausgrabungen in der Stadt und in den benachbarten Nekropolen lieferten zahlreiche Informationen über das Alltagsleben der Bewohner. Hier lebte und wirkte unter anderem der Verbrecher --> Paneb. Weitere wichtige Personen waren unter anderem der Schreiber --> Ramose, sein Nachfolger und Adoptivsohn Qenherkhepeschef und dessen Ehefrau --> Naunakhte.


Bis in die Zeit von --> Merenptah erledigten die Handwerker von Deir el-Medina ihre Aufgaben offensichtlich reibungslos und effektiv. Unter Merenptahs Nachfolger, dem Usurpator Amenmesse kam es zu erheblichen Problemen in der Siedlung, ausgelöst vor allem durch Paneb, dem es gelang seinen Adoptivvater Neferhotep erfolgreich zu verleumden. Neferhotep wurde schließlich - möglicherweise durch Paneb - ermordet. Paneb gelang es, eine zeitlang unter dem Schutz bestechlicher Beamter das Dorf zu terrorisieren, im Tal der Könige zu stehlen, mit seinem Sohn Aapehty Frauen und deren Töchter aus dem Dorf zu missbrauchen, bis er schließlich unter Siptah von seinem eigenen Bruder Amennakht angezeigt wurde. Anschließend kam es möglicherweise zu einem Prozeß gegen Vater und Sohn, zu dem jedoch keine Unterlagen vorliegen. Paneb (und sein Sohn) werden danach nicht mehr erwähnt.
Nach einer Zeit der Ruhe kam es unter Ramses III. zum ersten bekannten Streik der Geschichte, weil die monatlichen Getreidelieferungen für die Siedlung  ausblieben.
Unter den Ramessiden VI.-VIII. stiegen die Getreidepreise so stark an, dass die Einwohner begannen, Noblen-Gräber zu berauben. Unter Ramses IX. wurde die Beraubung eines Königsgrabes angezeigt. Die folgenden Untersuchungen machten eine Bande dingfest, die die Beraubung des Grabes eines Königs aus dem MR gestand. Weitere Königsgräber erwiesen sich als unangetastet, aber die meisten Privatgräber waren beraubt worden.
Unter Ramses XI. kam es zu einer Rebellion in Theben, bei der der Hohepriester des Amun vertrieben wurde. Auch die Einwohner von Deir el-Medina hatten sich an der Rebellion beteiligt und waren zur Grabräuberei im Tal der Könige zurückgekehrt. Auf Anweisung des Königs stellte der Vizekönig von Nubien, Panehesy, die Ordnung wieder her. Die Entdeckung gestohlener Objekte führte dazu, dass die Siedlung geschlossen und ihre Einwohner in den Tempel von Medinet Habu verbracht wurden. Es ist allerdings nur ein Gerücht, dass sie anschließend in Qurna angesiedelt wurden.

Unterhalb oder neben dem großen Hathortempel finden sich Grundmauern weiterer kleinerer Tempel, die der Hathor gewidmet worden waren, unter anderem von Sethos I. und von --> Amenhotep I. Östlich des Tempels der --> Hathor befand sich außerdem ein deutlich kleineres Heiligtum des --> Amun, vermutlich aus zur Zeit --> Ramses II..

Etwa 200 m nordöstlich des Tempels befindet sich ein riesiger --> Schacht, aus welchem über 5000 Ostraka (siehe auch Deir el-Medina online) geborgen wurden, darunter private Briefe, Abrechnungen, Skizzen und Gerichtsprotokolle. Dieser Fund hat sehr zur Erforschung der damaligen Verhältnisse der Bewohner und zum Verständnis des Lebens der Bevölkerung im Alten Ägypten beigetragen.

Fotoalbum: Deir el-Medina


Quelle:
Bard, K., Encyclopedia of the Archeology of Ancient Egypt. Kentucky 1998, S. 247-150
Lexikon der Ägyptologie, Bd. I Wiesbaden 1975-86, Sp. 1028ff

Eingestellt durch: Iufaa (26.08.2008)
Bearbeitet durch: -
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