Ägyptologie Forum Guten Morgen Gast, hier einloggen oder registrieren.
28.03.2024 um 09:46:10


HomeÜbersichtHilfeSuchenLoginRegistrierenKalenderLexikonChat



2837 Begriffe
A | B | C | D | E | F | G | H | I | J | K | L | M | N | O | P | Q | R | S | T | U | V | W | X | Y | Z | ?
Suchen | Filter | Abkürzungen | Begriff eintragen | NEU

« vorheriger Begriff | nächster Begriff »
  Gebel Barkal (Stelen u. Rundplastiken)
Gebel Barkal - Stelen und Rundplastiken
(Fortsetzung des Artikels --> GB - Amunkult im Neuen Reich und unter den Kuschitenkönigen)

Hier sollen aus der Vielzahl der am Gebel Barkal (GB) gefundenen Objekte einige der wichtigsten Statuen/Rundplastiken (Tab. 1) und Stelen (Tab. 2) zusammengestellt werden. Die meisten wurden in oder nahe bei dem Großen Amuntempel B500 (s. Beitrag "Gebel Barkal - Tempelstadt und Residenz") bei den Ausgrabungen von George Reisner in den Jahren 1916-1920 gefunden, aber sicher standen manche ursprünglich in anderen Tempeln am GB und wurden im Zuge der Restaurierungen und Erweiterungsbauten, insbesondere durch Piye (Gen. 2, 747-716 vor Chr.) dorthin umgesetzt.

Nur wenige der Objekte, die frei standen, wie Sphingen und Widderstatuen, wurden schon von den frühen Reisenden, die Nubien am Beginn des 19. Jhdts besuchten, gesehen. Cailliaud, Hanbury and Waddington und Lepsius haben keine Grabungen durchgeführt, sondern den Ort nur besichtigt und konnten nur sehen, was an der Oberfläche lag oder stand. Vor den ausgedehnten und gründlichen Grabungen von Reisner kamen als Zufallsfunde zuerst die von Lord Prudhoe 1835 dem Britischen Museum geschenkten beiden Löwenstatuen in die europäische Öffentlichkeit, die König Amanislo (Gen. 34, 260-250 v. Chr.) aus dem Tempel Amenophis III. in Soleb an den GB bringen ließ (s. l.c. 1). Wirklich ergiebig für die weitere Erforschung der nubischen Geschichte waren die Stelen, die nach und nach gefunden wurden. 1853 entdeckte Graf W. von Schlieffen bei Dongola eine Stele, die wenig später Abbas Pascha, der osmanische Vizekönig in Kairo, dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. zum Geschenk machte. Lepsius erkannte ihren Wert und sah, dass es sich um eine Krönungsstele des napatanischen Königs Nastasen (Gen. 27, 335-315 vor Chr.) handelte, deren ursprünglicher Aufstellungsort mit Sicherheit am GB war, wahrscheinlich im Großen Amuntempel. Heute steht sie im Berliner Ägyptischen Museum, s. Abb. 1a.


- Vollbild -

Abb. 1a: Die Stele des Königs Nastasen (335-315), die 1853 bei Dongola gefunden wurde und deshalb auch Dongola-Stele in der älteren Literatur genannt wird. Im Artikel "Gebel Barkal - Götterschrein" wird auf die in der Lunette und mehrfach im Text vorkommende besondere "Gebel-Barkal-Hieroglyphe" eingegangen. Diese Stele hat jetzt im neuen Ägyptischen Museum in Berlin im unteren Gewölbegeschoss einen sehr ehrenvollen Platz erhalten. (eigenes Foto 2010)



Den nächsten großen Fund machte dann ein ägyptischer Offizier im Jahre 1862, der wie Budge (2) ausführlich beschreibt, ein großes Interesse an der nubischen Geschichte hegte; sein Name ist leider nicht überliefert worden. Budge meint, dass er wohl ein wenig im Sand gegraben haben könnte, wobei er dann auf fünf große Stelen stieß und deren Wert anhand der königlichen Kartuschen sofort erkannte (denn hätten sie frei sichtbar gelegen, so hätte sich Lepsius ihre Aneignung wohl kaum entgehen lassen!). Er ließ den damaligen Direktor der ägyptischen Altertumsverwaltung, Francois Auguste F. Mariette, informieren, der den Fundort absichern ließ und den Transport an das Museum in Bulaq, dessen Direktor er war, veranlasste. Wie beschwerlich das Unternehmen war ergibt sich aus der Tatsache, dass dafür reichlich zwei Jahre nötig waren, erst Ende 1864 erreichten sie das Ziel. Immerhin hatte der interessierte Offizier eine Abschrift des längsten Stelentextes angefertigt, womit Mariette in der Lage war, die exquisite Bedeutung des Fundes zu ersehen: es handelte sich um die große Siegesstele von Piye aus dessen 21. Herrschaftsjahr nach seinem erfolgreichen Ägyptenfeldzug 726 v. Chr. Die weiteren Stelen dieses Fundes stammen von dem letzten König der 25. Dyn., Tanutamun (die Traumstele), von Aspelta (Gen. 10) aus seinem 1. Herrschaftsjahr (Krönungsstele), von einem namentlich nicht sicher festlegbaren König (Name entfernt) aus dessen 2. Jahr, und schließlich von Harsiyotef (Gen. 23) aus seinem 35. Jahr (3, 4). Alle befinden sich im Kairoer Ägyptischen Museum. Der genaue Fundort am GB lässt sich nicht mit Sicherheit angeben. Reisner befragte 1919 einen noch lebenden 90-jährigen Augenzeugen von 1862, der die NO-Seite von B500 als Fundort angab. Das entspricht etwa der Position der Cachette am trench 500A, wo Reisner einen Teil seines Cachettenfundes ausgraben konnte (5). Er hielt es für sehr wahrscheinlich, dass die Stelen ebenfalls in einer Cachette verwahrt gewesen waren (5). Im Tempelvorhof B501 fand er darüber hinaus steinerne Stelenbasen, deren Abmessungen zu einem Teil der Stelen passen und damit B501 als den ehemaligen Standort sicher werden lassen (6).

Die große Zahl der weiteren in den Tabellen 1 und 2 aufgeführten Fundstücke sind bei den Campagnen von Reisner ausgegraben worden, der im Übrigen aufgrund der vielen Fragmente und Trümmer die Schätzung wagte, dass im Laufe der mehr als 1500 Jahre währenden Nutzung der Tempelstadt bis zu 150 Stelen im Tempel B500 aufgestellt gewesen sein könnten (7). Wiederverwendung in anderen Bauten, auch in privaten Gebäuden, ließ die Zahl der Fundstücke weit darunter bleiben. Außerdem darf man eine Vielzahl von Rundplastiken annehmen, wovon die in den beiden Cachetten (in B904 und B500A; vgl. Artikel GB - Tempelstadt) gefundenen Monumentalstatuen, aber auch die Trümmer vieler weiterer Zeugnis ablegen.

Die umfangreiche Restaurierung und Erweiterung unter Piye führte vor allem nach dem erfolgreichen Ägyptenfeldzug zur Aufwertung des Großen Amuntempels B500 zu einer Art Nationalheiligtum, an dessen Verschönerung dieser König fast sein ganzes Leben gearbeitet hat. Die Aufstellung der Gebel Barkal-Stele von Thutmosis III. (Reisner-Nr. 2 in Tab. 2) und seiner eigenen großen Triumph-Stele (Nr. 25, Tab. 2) könnten dabei herausragende Aktionen gewesen sein, unterstützt auch durch die Überführung der aus dem Amuntempel von Amenophis III. in Soleb herbeigeholten Widdersphingen und anderen Statuen, s. Tab. 1. Leider ist uns eine rechte Vorstellung davon, wie prächtig dieser Tempel am Ende der Regierungszeit von Piye (716 vor Chr.) oder auch nach der Restaurierung 700 Jahre später unter Natakamani (Gen. 53) ausgesehen haben könnte, nicht zugänglich. Immerhin haben die wenigen aufgefundenen Stelen und Skulpturen ganz wesentlich die Kenntnisse zu Geschichte und Königtum aber auch dem Kunstsinn unter den kuschitischen Königen bereichert.

Der allgemeine Aufbau der Stelen folgt dem alten ägyptischen Muster: unter dem oberen Halbrund, Lunette genannt, befindet sich eine bildliche Darstellung der Stifter oder Eigner der Stele, wie sie Göttern, zumeist Amun, Opfer bringen oder mit der Krönung verbundene Gaben (Kette, Halskragen und Pektoral) überreichen und die Krone von ihm empfangen. Vielfach ist diese Darstellung doppelt angebracht, auf der rechten und linken Seite, und zwar einmal mit dem Amun von Karnak in Menschengestalt mit dem hohen Doppelfederputz, zum anderen mit dem Amun von Napata, der in Menschengestalt, aber mit Widderkopf abgebildet ist. (Leider kann man auf der Thutmosis-Stele nicht mehr sehen, ob auch hier bereits eine der beiden Amunfiguren einen Widderkopf trägt; die Bilderzerstörer der Echnatonzeit haben zu vollständige Arbeit geleistet.) Weiteres dazu im Beitrag "Gebel Barkal - Tempelstadt und Residenz", bzw. in "Gebel Barkal - Amunkult". Auch für die Rundplastiken ist natürlich der ägyptische Einfluss unverkennbar. Die Stand-Schreitfiguren der Königsstatuen folgen hier zwar weithin ägyptischem Kanon, lassen aber in Details der Körperdarstellung nubisch-afrikanische Züge erkennen. Einzelheiten dazu in den Abbildungslegenden.

In den beiden Tabellen verwende ich die Nummerierung von Reisner (4), um den Anschluss an die Originalliteratur zu erleichtern.


Tab. 1: Einige der Statuen vom Gebel Barkal (Nummern an zweiter Stelle aus der Reisner-Liste, l.c.4

Statuen aus den Cachetten von Raum B904 bzw. B500 trench A:
Tab.Nr.Reisner Nr.DarstellungVerbleib heute
1.17Djehutimoses (Thotmes)Boston?
2.28Taharqa, >4 m hochNatl. Museum Khartoum
3.32Tanwetamani (Tanutamani)Toledo/Ohio, USA
4.33Tanwetamani (Tanutamani)Museum von Merowe
5.38Senkamaniskeneine der drei Statuen von Senkamanisken ist in Boston
6.39Senkamanisken
7.40Senkamanisken
8.46Königin Amanmalenra = Amanimalolo ?MFA Boston
9.47AnlamaniNatl. Museum Khartoum
10.48Anlamani
11.49Aspelta

Andere Statuen vom GB:
12.-14.19, 21, 22Statuen von ägypt. Beamten des Neuen Reiches
15.-19.6 - 105 Widderstatuen, von Piye aus dem Solebtempel überführt
20.11Falkengott-Statue "Nekheny", ebenfalls aus Soleb
21.12Uräus "Serquet", ebenfalls aus Soleb
22.14, 18Löwenstatuen aus rotem Granit; "Prudhoelöwen" jetzt Brit. Museum
23.37große graue Granitstatue von Atlanersa (?), unfertig, aus B701
24.41, 42Sphingen aus schwarzem Granit, von Senkamanisken
25.57Statue von Arikakahtani, Kopf fehlt
26.60Omphalos = Gebel Barkal Götterschrein (s. diesen Artikel)

Eine der Widderstatuen (Reisner-Nr.n 6-10) befindet sich im Ägyptischen Museum von Berlin, s. Abb. 1; eine der Sphingen des Senkamanisken (Nr. 41, 42) steht im Nationalmuseum von Khartoum, s. Abb. 4.


Tab. 2: Einige der Stelen vom Gebel Barkal (Nummern an zweiter Stelle von Reisner, l.c. 4)
Tab.Nr.Reisner Nr.KönigAnlass, Inhalt
1.2Thutmosis III.47. Jahrstele; "Rede an das nub. Volk"
2.20Sethos I.11. Jahr; Tempelerneuerung
3.25Piye21. Jahr; "Große Triumph-Stele"
4.26Piye3. Jahrstele; Rühmung von Amun
5.31Tanutamani"Traumstele"
6.50AspeltaKrönung; "election stela"
7.51AspeltaAdoption seiner Tochter als Priesterin am GB Amuntempel, jetzt im Louvre
8.52AspeltaGedenken an Piyes Sohn Khaliut
9.53Aspelta"excommunication stela", Verurteilg  v. Priestern
10.56HarsiotefKrönung, Kriegsannalen
11.58NastasenErwählung, Krönung, Annalen

(die folgenden Einträge sind keine Stelen, sondern Altäre bzw. -unterteile)
12.23Piyechwarzer Granitaltar aus B520 am orig. Platz
13.27TaharqaAltar aus grauem Granit aus B506, orig. Platz
14.35Atlanersakleiner Altar, grauer Granit, diente in B501 als Basis für eine kleine Statue von Thutmosis III. (die unvollständig erhalten; Reisner-Liste Nr. 3)

Die Objekte der Tab.-Nrn 3, 6, 9, und 10 befinden sich im Kairoer Ägyptischen Museum; Nr. 4: im Museum von Merowe, Nr. 5 im Nubischen Museum Assuan. Nr. 11 steht im Berliner Ägypt. Museum, Nr. 7 im Louvre in Paris. Die restlichen Objekte sind wohl im Boston Museum of Art.



1. Abbildungen von Statuen

Mit nur wenigen Beispielen soll versucht werden, von der Schönheit und Ausdrucksstärke der Fundstücke einen Eindruck zu vermitteln.


Abb. 1: Widderstatue als Amun mit Amenophis III., aus dem Tempel dieses Pharaos in Soleb (um 1360 vor Chr.), wo die Statue 700 Jahre lang gestanden hatte, ehe Piye sie nach Napata in den Großen Amuntempel B500 umsetzte. Die Inschrift auf dem Sockel wurde dabei unverändert gelassen: "Es lebe der gute Gott Neb-Maat-Re-Herr-von Nubien, großer Gott, Herr des Himmels. Er baute für ihn die prachtvolle Festung, umzogen von großen Mauern, mit Türmen, die zum Himmel ragen wie große Obelisken. Er baute es als sein Denkmal für Vater Amun, indem er ihm einen herrlichen Tempel errichtete, groß und ausgedehnt, jenseits aller (sonstigen) Schönheit. Sein Pylon erreichte den Himmel, seine Flaggenmasten die Sterne des Himmels." Die Mittelachse des Amuntempels am GB, also wohl der Prozessionsweg, war sowohl vor dem 1. als auch vor dem 2. Pylon auf beiden Seiten mit solchen schönen Widderstatuen geschmückt. Hörner und Sonnenscheibe mit Uräus sind wohl aus Metall. Diese Statue hat Lepsius aus Nubien 1844 mitgebracht. Es scheint mir, als wäre auf dem Gebel Barkal-Bild, das Weidenbach anläßlich des Aufenthaltes dort malte, die Schar dunkelhäutiger Helfer gerade mit dem Abtransport dieser Figur bemüht (LD Bd. 2, Blatt 126). Sie befindet sich jetzt im Berliner Ägyptischen Museum, Nr. 7262. (Fotovorlage: Wildung, D. (Hrsg.): Sudan. Antike Königreiche am Nil. Tübingen 1996; Nr. 141.)



Abb. 2: Statue des Königs Anlamani (Gen. 9, 623-593 v. Chr.). Anlamani war der Nachfolger von Senkamanisken. Man weiß von ihm, dass er den Tempel B700 bauen ließ, dessen Wiederaufbau nach Brandschaden sein Vorgänger Senkamanisken begonnen hatte. Zu seiner Zeit scheint das Königtum von Napata in relativ ruhigem Fahrwasser gelegen haben. In Ägypten hatten die Saitenherrscher (Psammetich I., 664-610, danach sein Sohn Necho II., dann ab 595 v. Chr. Psammetich II.) ihre Macht auch in Theben gefestigt, unter anderem auch durch die Adoption von Nitokris, Tochter von Psammetich I., als Große Gottesgemahlin im Jahre 655 v. Chr. Ihr Einzug in Theben, festgehalten auf der berühmten Nitokris- oder Adoptionsstele, die George Legrain 1897 in der Nähe des kleinen Tempels von Sethos II. im Hof des Karnaktempels gefunden hatte, wurde wie ein Staatsakt gefeiert. War nicht die Adoption von Amenirdis I., der Tochter Kaschtas im Jahre 726 v. Chr. eine ähnlich politisch begründete Aktion gewesen? Es könnte sein, dass am Ende der Regierungszeit von Anlamani bei den Nubiern Tendenzen bestanden, mit einem aktiveren Vorgehen im Norden Gelüsten der Saiten auf den Süden entgegenzutreten; denn Psammetich I. hatte auf Elephantine eine Garnison angelegt und sogar einen kleinen Feldzug in das Land Wawat (südlich des zweiten Kataraktes) unternommen. Der junge Psammetich II., der sich im Nordwesten Ägyptens ähnlichen Eroberungsgedanken der Assyrer gegenüber sah, unternahm wohl vorbeugend dann 593 v. Chr. den folgenschweren Feldzug nach Nubien, dem wohl auch Napata zum Opfer fiel, und in diesem Jahr starb auch Anlamani und wurde auf dem von Taharqa eröffneten Pyramidenfeld in Nuri (pyr. N6) begraben. (Daten aus Kitchen, KA.: Third Intermediate Period in Egypt. Warminster 1986; und aus Mysliwiec, K.: Herr beider Länder. Ägypten im 1. Jahrtausend v. Chr. Mainz 1998) Bildvorlage: Ch. Bonnet und D. Valbelle: Pharaonen aus dem Schwarzen Afrika. Mainz 2006; S. 156; die Statue befindet sich heute im Nationalmuseum von Khartoum.



Abb. 3: Statue des Königs Senkamanisken (Gen. 3, 643-623 v. Chr.). Gefunden von Reisner: der Kopf war in der Cachette von B500A, der Körper in B904 (Details im Beitrag "Gebel Barkal - Tempelstadt und Residenz"); heute Museum of Fine Arts Boston Nr. 23-731. Vorlage: wie Abb. 1, Nr. 229. Man kann in der Ausführung dieser Figur eine starke "afrikanische Komponente" erkennen, die sich im südländischen Gesichtstyp mit vollen Lippen, stumpfer Nase und weit auseinanderstehenden, etwas hervorquellenden Augen äußert. Auch der kurze kräftige Hals sowie die muskulösen Beine und Arme sind dafür typisch; sie finden sich auch bei vielen anderen Statuen aus der Zeit der napatanischen Dynastie so, auch bei den in Dukki-Gel gefundenen. Der Doppel-Uräus ist gut erhalten, nicht so gut zu erkennen ist die Halskette mit den drei Widderköpfen. Auf dem Kopf trägt er die typische Kuschitenkappe, an deren unterem Rand das Band (oder goldene Diadem) mit den Uräen befestigt ist. Kappe, der dreiteilige Königsschurz, die Armreifen und Sandalenriemen waren auf der aufgerauhten Steinoberfläche mit Gold oder Silber belegt. Höhe: 147,8 cm.



Abb. 4: Sphinx des Königs Senkamanisken (Gen. 8, 643-623 v. Chr.). Der Königskopf der Sphinx trägt die Kopftracht der ägyptischen Pharaonen: Doppelkrone über dem Nemes-Kopftuch, obwohl schon seit der Flucht von Taharqa aus Theben (667 vor Chr.) die Oberhoheit über Ägypten aufgegeben worden war. Noch bis in das Reich von Meroe nannten sich die kuschitischen Herrscher Könige beider Länder und behielten den typisch nubischen Doppel-Uräus bei, der auf der Figur noch ganz gut zu erkennen ist. Man erkennt auch sehr gut den "kuschitischen Sphinxtyp": nämlich mit menschlichen Händen. Die ägyptische Löwensphinx ist in Nubien nicht zu finden. Auf dem von den Händen gehaltenen Gefäß sind in Kartuschen die Namen von Senkamanisken eingeschrieben. Die Sphinx wurde von Reisner 1916 in B501 gefunden (Reisner-Nr. 41 o. 42). Heute im Nationalmuseum von Khartoum; Bildvorlage: Bonnet/Valbelle, wie Abb. 4, S. 155. Im Katalogband Sudan (D. Wildung, Hrsg., s. Abb. 1) ist diese Figur in einer anderen Ansicht abgebildet, Nr. 230.




Abb. 5: Statue von König Tanutamani (oder Tanwetamani), Gen. 6, 664-653 v. Chr., dem letzten König und Pharao der 25. Dyn. Er muss ein tatendurstiger und tapferer Herrscher gewesen sein, denn er hatte den Plan, die Niederlage seines Vaters Taharqa im Jahre 665 v. Chr. zu vergelten und Ägypten wieder zu erobern. Die berühmte Traumstele (Abb. 6) berichtet den Traum: "Im Jahre 1 seiner Thronbesteigung sah Seine Majestät ein Traumbild des Nachts: Zwei Schlangen, eine zu seiner Rechten, die andere zu seiner Linken. Da erwachte S. M. und konnte sie nicht finden. S. M. sagte: Was hat mir das zu bedeuten? Da verkündeten sie ihm: Dir gehört Oberägypten, erobere dir Unterägypten. Die beiden Herrinnen sind an deinem Haupt erschienen, denn das Land ist dir gegeben in seiner Länge und Breite, und kein anderer wird es mit dir teilen." (J. Assmann: Sinngeschichte, S. 373, nach Grimal Quatre steles). - Diese "göttliche Weisung" war Grund genug, den Zug nach Norden zu unternehmen, der nach Auskunft der Stele wie eine Wallfahrt von Tempel zu Tempel begann, überall von den Priestern willkommen geheißen. Auch Memphis wurde rasch eingenommen, Necho I. fiel in der Schlacht, die anderen Fürsten im Delta unterwarfen sich, wie sie es einst bei Piyes Feldzug getan hatten. Die Assyrer aber ließen nicht lange Zeit mit einem Gegenschlag auf sich warten: Assurbanipal fiel 663 v. Chr. in Ägypten ein und drang bis nach Theben vor, das erstmals in seiner langen Geschichte eingenommen und ausgeplündert wurde. Tanutamani floh zurück nach Kusch. Obwohl man in Theben noch bis zu seinem Tode nach ihm die Jahre zählte, war die 25. Dyn. schon mit der Einnahme Thebens zu Ende. - Die Abbildung zeigt deutlich, dass die Statue aus der Cachette B500A, teils wohl auch B904, aus den gefundenen Fragmenten wieder zusammengesetzt wurde, der Kopf fehlt leider. Sie ist ganz im Schema der ägyptischen Stand-Schreitfiguren angelegt. Der fein plissierte Schurzrock mit Gürtel und die Halskordel mit ehemals drei Widderköpfen sind bei den anderen nubischen Figuren ganz ähnlich zu sehen. Handgelenkreifen und Sandalenriemen waren vergoldet. Höhe der Figur (ohne Kopf!): 205,5 cm; Bildvorlage wie Abb. 1, Nr. 222; Text nach: wie Abb. 2.



2. Abbildungen von Stelen

Abb. 1a im Text zeigt die Stele des Nastasen, s.o.


- Vollbild -

Abb. 6: Lunette der sog. Traumstele des Königs Tanutamani, Statue in Abb. 5 . Sie gehörte zu dem großen Stelenfund von 1862, den der ägyptische Offizier am Gebel Barkal machte, vermutlich nördlich B500. Als Entstehungsjahr wird das erste Regierungsjahr von Tanutamani angegeben, also etwa 663 v. Chr. und berichtet von dem Traum, mit dem der Sohn Taharqas kurz nach seiner Krönung den Feldzug nach Unterägypten als von Amun gewollt ansah. Die Lunette folgt dem oft gesehenen Schema der Dopplung der Darstellung von Amun und Königspaar, vgl. Abb. 3 im Beitrag "Gebel Barkal - Amunkult", die die Stele von Harsiotef, 404-369 v. Chr. zeigt: dieses Schema blieb über 200 Jahre lang unverändert. Auch hier haben wir rechts den Amun von Napata mit Widderkopf, dem der König in Anbetungsgeste Pektoral und Kette überreicht, links den Amun von Theben mit der Doppelfederkrone und Sonnenscheibe, dem auf dieser Seite eine Maat-Figur präsentiert wird. Diese dem Gott dargebrachten Gegenstände spielen in der Ikonographie der nubischen Königskrönung eine Rolle: sie stellen eine Voraussetzung der Krönung, der Übergabe der Krone(n) an den prospektiven König dar, das wird auf der sogen. Krönungsstele von Piye (s. Abb. 7) ganz deutlich dargestellt. Die Stele befindet sich in Kairo im Ägyptischen Museum, Nr. 48863. (Vorlage und zum Text s. A. Lohwasser: Die Darstellung der kuschitischen Krönung. 3. Ägypt. Tempeltagung 1994/1995 Hamburg; ÄAT 33,1, S. 163-185, Abb. 4.)



Abb. 7: Nachzeichnung der Lunettenszene von der Krönungsstele Piyes aus dem 3. Jahr seiner Regierungszeit. Gefunden von Reisner 1916, s. l.c. (4), Nr. 26 der Liste. Hier ist der geradezu kausal wirkende Zusammenhang zwischen Opferung von Pektoral und Kette durch den König und den Erhalt der Roten Krone (Unterägyptens !) und der kuschitischen Kappenkrone vom Amun von Napata ganz deutlich. Allerdings trägt der König bereits das Königsdiadem mit Doppeluräus, vielleicht als Zeichen, dass seine Erwählung durch einen Orakelspruch bereits erfolgte. Lohwasser ( l.c. s. Abb. 6): "Der Erhalt der Kronen wird dargestellt, und Piye opfert nicht das "Opfer der Opfer", die Weltordnung Maat, sondern sicher nicht zufällig Pektoral und Kette - Krönung so deutlich wie sonst nirgends zu erkennen." Der Name und die Figur des Königs (nicht aber der von Amun!) wurden herausgemeißelt, aber sind wieder restauriert worden. Bildvorlage: T. Kendall: Kerma and the kingdom of Kush 2500-1500 BC. Natl. Mus. African Art, 1997; fig. 39.



Fussnote
Als „Fussnote“ und Zugabe folgt das bei Abb. 1 erwähnte Bild von Weidenbach: Gebel Barkal mit Abtransport einer Statue durch einheimische Hilfskräfte. Vorlage: Blatt 126 aus Lepsius Denkmäler Bd. 2. (eigenes Foto). Die Monumentalität des Berges hat Weidenbach hier sehr gut erfasst, wendet seine Aufmerksamkeit aber fast mehr dem Zug der über 50 Helfer zu, die die Widderstatue auf einer Art Schlitten in Richtung auf den Nil hin ziehen. Der Felsenturm an der SW-Ecke des Berges ist nicht recht zu sehen. In seinen Briefen aus Ägypten geht Lepsius auf diese geologische Besonderheit auch nicht ein. Die von Weidenbach abgebildeten Personen, die den Zug beobachten, lassen ebenfalls Details erkennen: vorn auf dem Rand der kleinen mit Pflanzen bewachsenen Erhebung sieht man den Maler selbst sitzen, neben ihm ein Mann mit rotem Fez. Ganz hinten neben dem Ende des Zuges stehen zwei Männer, in dem vorderen möchte man Lepsius erkennen, dahinter vielleicht Erbkamm.

Rechts des Berges hat Weidenbach einige Ruinen (größer und massiver als man sie heute sieht!) abgebildet, links hinter dem Berg werden die Ruinen der Nekropole Barkal sichtbar.


- Vollbild -



Quelle:
(1) Prudhoe Lions: Wikipedia
(2) Budge, EAW: Egyptian Literature Vol. II; Annals of the history of Nubian kings, London 1912, p. XIII ff
(3) Reisner, GA: Historical inscriptions from Gebel Barkal. Sudan notes and records IV(1921)59-75
(4) ders.: Inscribed monuments from Gebel Barkal. ZÄS 66(1931)76-100
(5) ders.: The Gebel Barkal temples in 1916, JEA 6(1920), p. 253(j)
(6) ders.: wie (4), p. 88/89
(7) ders.: wie (3), p. 62

Eingestellt durch: menna (02.04.2010)
Bearbeitet durch: -
Unterstrichene Lexikon-Links wurden automatisch generiert.


Impressum | Datenschutz
Powered by YaBB