Zitat:
Vile Vergnügen beim Lesen |
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Herzlichen Dank, Iufaa, habe ich gehabt. Soviel zur Theorie. Ich denke, wir müssen bei unserer Diskussion eine Unterscheidung vornehmen: zum Einen die dogmatische Seite des Königtums, um Anderen die menschliche. Siehe dazu auch den Vortrag1 von Dr. Ute Rummel auf der SÄK, in dem ausdrücklich auf diese Unterscheidung hingewiesen wurde - in Verbindung mit dem Hebsed, das ja in engem Zusammenhang mit der Krönung zu sehen ist. Soweit ich es verstanden habe, geht es hier um die menschliche Seite. Der Ur-Sinn des Königsdogmas liegt in der Übertragung der Königswürde vom Vater auf den Sohn (Osiris -> Horus) - jedenfalls mit Sicherheit von dem Zeitpunkt an, als dieser Mythos entstand und fassbar seit er schriftlich überliefert ist. Vorliegende Inschriften und Texte, die mit Nachdruck auf göttliche Abstammung hinweisen, wären also Zeugnisse dafür, dass der Urheber ma'atgerecht und streng dogmatisch die Königswürde innehat. Hier denke ich setzt auch die Frage von Jrinefer an: Warum waren diese Niederschriften erforderlich, wer war also der "Adressat"? Das ist genau die Frage, die ich mir stelle. Auch im alten Ägypten waren Könige Menschen, mit allen Schwächen und Stärken. Für einen König, der nicht durch Koregentschaft oder ausdrückliche Designation zum Thronfolger die Regentschaft übernahm (vielleicht sogar an sich riss), muss es wichtig gewesen sein nachzuweisen, dass er durch andere Voraussetzungen (z.B. göttliche Abstammung) für das Amt berufen ist. Für mich sieht das nach einer ganz pragmatischen Handlungsweise aus, die Götter und Ma'at als Vehikel benutzt. Es wäre wirklich mal interessant herauszufinden, wie stark - wenn es solche gab - die Kräfte waren, die die Thronbesteigung eines nicht legitimen Königs hätten verhindern können, und wer diese waren. Interessant ist eine Aussage von Gutgesell im Zusammenhang mit den Arbeiterstreiks in Deir el-Medina: Nur ganz aussergewöhnliche Ereignisse, die vielleicht der Herrschaft gefährlich werden konnten, führen dazu, dass manchmal nur ein einziger Wesir als Leiter der Verwaltung herrschte. Hier hing diese Massnahme sicherlich mit den zu erwartenden inneren Unruhen zusammen. Man hoffte wohl, dass ein Wesir mit überragender Machtfülle am besten geeignete Massnahmen ergreifen könne, um diese Unruhen wirkungsvoll zu bekämpfen. Man war anscheinend nicht in der Lage, den Grund für diese Krise zu beseitigen, indem die fehlenden Rationen und Versorgungsgüter an die unzufriedenen Arbeiter gegeben wurden. Es sind aus dieser Zeit zwar nur aus Deir el Medineh selbst Streiks belegt, doch dürfte diese Situation auch in anderen Dörfern und Städten eingetreten sein, auch wenn unsere Quellen darüber nichts aussagen. Das liegt ganz sicher ausschliesslich an der unzureichenden Beleglage, mit der jeder Altertumswissenschaftler permanent zu kämpfen hat. Aber einzig und allein wegen einiger Dutzend streikender Arbeiter im Tal der Könige hätte niemand ernsthafte organisatorische Veränderungen im Staatsapparat vorgenommen, sondern einfach Polizei oder Soldaten dorthin geschicht, um die Ruhe wieder herzustellen. Hier wird ein scheinbar zu dieser Zeit für den König hochgefährliches innenpolitisches Szenario geschildert, wo trotz aller Unantastbarkeit - Königsdogma hin oder her - sein Thron zu wackeln schien. Es war Ramses III., später vermutlich ermordet, um einen genehmen Herrscher (Parenefer) an die Macht zu bringen, was jedoch nicht gelang. Diese Geschichte - wenn auch bisher in diesen Details wohl einzigartig - zeigt m.E., dass zwar das Königtum unantastbar gewesen sein mag, der Mensch, der es verkörpert, jedoch nicht unbedingt. So erkläre ich mir auch die bei einigen Königen erscheinende Dauerberieselung von fiktiven Geburts- oder Erwählungslegenden. Zu Haremhab und Eje schreibt übrigens Stadelmann im Führungsheft zum Totentempel Sethos' I. in Qurna: Sethos I., der Sohn des nur kurz regierenden Ramses I., bestieg als zweiter König der 19. Dynastie um 1300 v.Chr. den Thron, erstmals wieder in der kanonischen Thronfolge als legaler und erwählter Sohn eines regierenden Königs, wogegen die letzten Könige der vorangegangen 18. Dynastie, Eje und Haremhab, sich allein auf eine göttliche Berufung stützen konnten. Daher wählte Sethos als Horusnamen, dem programmatischen ersten Namen der Königstitulatur, die Aussage "Erneuerer der Schöpfung", wobei vielleicht auch auf den glücklichen Zufall angespielt wird, dass sein Regierungsantritt nahezu mit dem Beginn einer neuen Sothisperiode zusammenfiel, einem kosmischen Ereignis, das nur alle 1460 Jahre stattfand. Zum Thema Hatschepsut kann ich nur empfehlen, sich mit den Artikeln im Katalog zur Ausstellung "Hatschepsut - KönigIN Ägyptens" auseinandersetzen. Übrigens - ich habe nicht nachgezählt, aber in den Artikeln kommt das Wort "legitim" und die auf diesen Wortstamm gründenden Ableitungen in einer Anzahl vor, die zweistellig sein dürfte. Schoske und Grimm fiel wohl auch nichts besseres ein, um gewisse Dinge zu beschreiben  Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 27.08.2004 um 22:20:19
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