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   Angebliches Ramses-Zitat (8)
  Autor/in  Thema: Angebliches Ramses-Zitat
spiritus  
Gast

  
Angebliches Ramses-Zitat 
« Datum: 10.01.2005 um 12:41:18 »     

Hi !

Im populärwissenschaftlichen Buch von Cornelius Stetter "Denn alles steht seit Ewigkeit geschrieben" ISBN 3-928036-03-3 (dessen Lektüre man sich auch ersparen kann)fand ich ein Zitat, welches Ramses II zugeschrieben wird :" Die Vergangenheit ist nie tot, sie ist nicht einmal vergangen".
Weiss jemand etwas zur Authentizität ? Quelle ?
Ich danke für jede Antwort !
Mit herzlichem Gruss, Spiritus
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Angebliches Ramses-Zitat 
« Antwort #1, Datum: 10.01.2005 um 14:48:27 »   

Hallo, Spiritus,

eine kleine Websuche hat ergeben, daß der Satz "Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen" von Christa Wolf in ihrem Werk "Kindheitsmuster" (1976) als erster Satz verwendet wird.

Er scheint auf William Faulkner zurückzugehen: "The past is never dead. It's not even past." (Requiem for a Nun (1959). Act I, scene iii)

Auf einigen theosophisch angehauchten Webseiten wird er auch Ramses II. zugewiesen, allerdings ohne Beleg. Ich persönlich glaube nicht, daß eine solche Formulierung aus dem Alten Ägypten stammen kann, lasse mich aber gern eines Besseren belehren.

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2005 um 12:41:18  Gehe zu Beitrag
Med-jai  
Gast

  
Re: Angebliches Ramses-Zitat 
« Antwort #2, Datum: 10.01.2005 um 17:21:56 »     

Hallo du ,
In meiner kleinen bibilothek habe ich lange gesucht auch das Internet war nich hifreich . Letzlich habe ich keinen stichhaltigen Beweiß gefunden das dieses Zitat tatsächlich
von Ramses, User-maat-Re-Setepen-Re,Mächtiger Stier, beschützer Ägyptens, Züchtiger fremder Länder, Reich an Jahren , Groß an siegen, geliebt von Amun(ein Teil seins Namens) stammt. Nicht wie zum Beispiel:"Ich war wie der Sonnengott Re, wenn er am Morgen aufgeht, und meine Strahlen verbrannten die Glieder der Feinde."
> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2005 um 12:41:18  Gehe zu Beitrag
heka-waset  maennlich
Member



Re: Angebliches Ramses-Zitat 
« Antwort #3, Datum: 15.01.2005 um 15:26:55 »   

Naja erstmal wäre das ja eine seeehr freie Übersetzung eines Mittelägyptischen Textes. Da würde es wohl eher heißen. Nicht gibt es das Sterben/ den Tod/ der Vergangenheit, indem sie nicht vergangen ist... oder so ähnlich..

Im Übrigen kann ich mir keinen Zusammenhang vorstellen, indem ein Pharao etwas so unägyptisches sagen sollte.
Pharaonen werden ja an Tempelwänden nicht bei philosophischen Gedankenspielen sondern in festgelegten Handlungen wie Kult oder Kriegsführung dargestellt...

Individuelle Äußerungen erscheinen nur in ganz seltenen Ausnahmefällen wie z.B. dem Schlacht-Bericht von Megiddo (Thotmoses III) in offiziellen Inschriften
> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2005 um 17:21:56  Gehe zu Beitrag
Cherubim  maennlich
Member



Re: Angebliches Ramses-Zitat 
« Antwort #4, Datum: 25.01.2005 um 19:29:31 »   

Hallo Spiritus,

ich muss allen, die sich vor mir auf deine Frage vor mir geäußert haben, Recht geben, denn es wäre ein solches Ramses-Zitat tatsächlich untypisch für die pharaonische Ära Ägyptens. Hauptsächlich, weil auch ich in all den regierungsoffiziellen sprich: pharaonischen Texten (soweit ich sie freilich kenne) keinen Hinweis auf ein „Zitaten- und Spruchbeuteltum“ finde, wie es in der Moderne gang und gäbe geworden ist. Will heißen, dass Leute nicht als Personen um ihrer Person willen, sondern stets als Institution zitiert werden. Dort, wo z. B. Ramses im Kadeschgedicht in wörtlicher Rede herangezogen wird, ist das in seiner Funktion als König und Gottesmittler, mithin in propagandistischer Absicht geschehen. Keinesfalls wird zitiert, um irgendein besonders geistreiches Aperçu des Herrschers oder gar einer Privatperson der Nachwelt zu hinterlassen. Das aber scheint mir in dem vorgeblichen Zitat im Stillen unterstellt.

Andererseits haben die Ägypter m. E. zum Begriff der Zeit im Allgemeinen und zu dem der vergangenen Zeiten im Besonderen eine (auch philosophisch) weit gehend andere Beziehung gehabt, als wir es uns heute gönnen. Namentlich hatten die Alten vom Nil sogar zwei Begriffe für die Zeit: Djet und Neheh; die »Fortdauer des Vollendeten« und »‚Wandel’ und ‚Kommen’«. (vgl. z.B. dazu sehr nachdenkenswert: Jan Assmann; Ägypten – Theologie und Frömmigkeit einer frühen Hochkultur; Köln 1991, S. 90ff.).

In der Tat scheint es, als würde den alten Ägyptern Zeit nur als eine Art Endlosschleife kommen, vorübergehen und wiederkehren. Insofern ist Vergangenheit freilich nie vollendet und das Ramses-Zitat könnte, wenn man es nur recht hin und her schwenkt, tatsächlich in die damalige Zeit eingepasst werden. So wissen wir ja, dass sich Ramses II. recht sehr um die Vergangenheit ‚bemüht’ hat, indem er z. B. die Zeit des Sesostris III. (MR) während seiner Regierung wiederzubeleben trachtet (auch wieder so eine Endlosschleife ? ), oder indem er sich vermittels der Person seines Sohnes Chaemwese um die Restaurierung der aus verflossenen Zeiten überkommenen Königsgräber bemühte.

Insofern könnte man Ramses wohl eher drei Gedichtzeilen des Lübecker Schriftstellers Emanuel Geibel (1815 – 84) in den Mund legen: „... nur vom Vergangnen zehren wir./Was schön wird, ist schon da gewesen,/und nachgeahmt ist, was uns glückt.“

Gruß
Cherubim
> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2005 um 12:41:18  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Angebliches Ramses-Zitat 
« Antwort #5, Datum: 26.01.2005 um 21:32:25 »   

Hallo, Cherubim,

Zitat:
Keinesfalls wird zitiert, um irgendein besonders geistreiches Aperçu des Herrschers oder gar einer Privatperson der Nachwelt zu hinterlassen.

Eine berühmte Stelle im Papyrus Chester Beatty IV lautet:

Zitat:
"...
Nützlicher ist ein Buch
als ein fest gebauter Haus,
als Grabkapellen im Westen;
besser ist es als ein wohlgegründetes Schloß,
besser als ein Denkstein im Tempel.
Gibt es einen wie Djedefhor?
Oder einen zweiten wie Imhotep?
keiner unter uns ist wie Neferti
oder Cheti, ihrer aller Primus.
Ich nenne dir dem Namen des Ptah-em-Djehuti
und des Cha-cheper-Re-seneb.
Gibt es etwa einen wie Ptahhotep
oder wie Ka-ir-su?
...
Sie sind dahingegangen,
ihre Namen wären vergessen -
aber das Buch ist es, das die Erinnerung an sie wachhält."
(Hellmut Brunner, Altägyptische Weisheit, Zürich und München, 1988, S. 224-226)

Von den Genannten kennen wir tatsächlich alle bis auf Ptah-em-Djehuti. Vielleicht haben wir von ihm Fragmente, können sie ihm aber nicht zuordnen. Ka-ir-su wird inzwischen mit Kagemni gleichgesetzt, von dem wir eine Lebenslehre haben.

Brunner hat zu diesem Text auch einen Kommentar geschrieben: Die "Weisen", ihre "Lehren" und "Prophezeiungen" in altägyptischer Sicht, in: ZÄS 93, 29-35 (1966), in dem er bemerkt:

Zitat:
... "hat der Verfasser des Pap. Beatty IV recht: Bei allen sieben bekannten Dichtern der Vergangenheit bewahrt das Werk ihren Namen. Er hat um so mehr recht, auf diese Tatsache nachdrücklich hinzuweisen, als die Namen von Verfassern solcher Dichtungen die einzigen im alten Ägypten überhaupt sind, die - außer Königsnamen - tradiert werden, wenn wir von einer volkstümlichen Überlieferung einiger Namen von Generälen Thutmosis' III. und von vergöttlichten Menschen absehen." (S. 31)

Besagter Brunner hat sich mal die Mühe gemacht, die Zitate dieser und anderer Lebenslehren in altägyptischen Texten ausfindig zu machen. Sein Artikel "Zitate aus Lebenslehren" in: Erik Hornung, Othmar Keel (Hrsg.), Studien zu altägyptischen Lebenslehren, Freiburg, Schweiz / Göttingen, 1979 geht immerhin von S.105-171!

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch eine Stelle im Papyrus Anastasi I, Vers 279-283, wo der altägyptische Autor Hori seinen Kollegen Amenemope verhöhnt:

Zitat:
"Du bist dahergekommen, beladen mit großen Geheimnissen,
und hast mir einen Vers des Djedefhor zitiert.
Du weißt aber gar nicht, ob er positiv oder negativ (gemeint) ist,
welches Kapitel geht ihm voran,
welches folgt ihm denn?"
(Hans-Werner Fischer-Elfert, Die satirische Streitschrift des Papyrus Anastasi I., Wiesbaden, 1986, S. 94)

Das zum Thema: "Zitaten- und Spruchbeuteltum" im Alten Ägypten!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

PS Den ersten Teil dieses Postings habe ich schon mal "anderswo" gepostet, ist insofern ein "Zitat", wenn auch mein eigenes!
> Antwort auf Beitrag vom: 25.01.2005 um 19:29:31  Gehe zu Beitrag
Cherubim  maennlich
Member



Re: Angebliches Ramses-Zitat 
« Antwort #6, Datum: 26.01.2005 um 22:01:49 »   

Hallo Michel Tilgner,

vielen Dank für Deine nicht zu verachtende Replik. Allerdings kann ich nicht sehen, in welcher Weise sie meine oben stehenden Einlassungen spiegeln oder diesen gar entgegenhalten will?! Ganz im Gegenteil!
Auch werden ja in den von Dir zitierten Stellen keine
Zitat:
„besonders geistreiches Aperçu eines Herrschers oder gar einer Privatperson der Nachwelt zu hinterlassen“

Wohl aber werden hier Personen aufgeführt, die Göttlichkeitsstatus innehatten oder, wie eben Imhotep, später erlangten.
Und da ist für die Widerspieglung der Personen in der späteren Zeit und für die Funktion von deren Erinnerung von ganz und gar Bedeutung, als wenn wir Heutigen uns beispielweise an Konrad Adenauer oder Kaiser Wilhelm erinnern.
Und darauf will auch, wenn ich mich recht erinnere, Brunner hinaus...

(Es ist hier nicht der Platz, sich zu diesem sehr komplexen Thema zu verbreitern, deshalb nur soviel als Entgegnung )

Herzlich grüßt dich
Cherubim
> Antwort auf Beitrag vom: 26.01.2005 um 21:32:25  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Angebliches Ramses-Zitat 
« Antwort #7, Datum: 27.01.2005 um 21:10:13 »   

Hallo, Cherubim,

sicherlich ist die Funktion eines Zitats in der heutigen Zitat anders zu bewerten als in alter Zeit. Insofern gebe ich Dir recht, daß meine Antwort Dein Statement nicht ganz getroffen bzw. widerlegt hat. Ich wollte jedoch aufzeigen, daß es im Alten Ägypten Personen gab, deren Schriften nicht nur für lange Zeit tradiert, d.h. kopiert wurden, sondern auch vielfach zitiert wurden. Wenn ich etwas mehr Zeit habe, suche ich mal ein paar Beispiele heraus.

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 26.01.2005 um 22:01:49  Gehe zu Beitrag
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