Die ägyptologisch interessante Königsliste der Fragmente der Leipziger Weltchronik hat mich einfach nicht losgelassen und so habe ich mir den von Lutz Popko und Michaela Rücker (1) dazu veröffentlichten Aufsatz inzwischen besorgt und stelle die wichtigsten beiden Fragmente hier nun im Forum vor. Vielen Dank an dieser Stelle an Herrn Dr. Popko für die freundliche Genehmigung dazu. Technisch lässt sich die allgemein übliche und so auch bei Popko und Rücker verwendete Leidener Klammer hier offenbar nicht generieren, was aber auch an meiner eigenen Tastatur liegen könnte. Daher benutze ich hier ersatzweise die {geschwungene Klammer}, und zwar immer dort, wo sich im Text eine Lücke befindet, die ergänzt oder offen gelassen wurde, oder ein vermeintlicher Textfehler korrigiert bzw. eine Abkürzung aufgelöst wurde. Dort wo die Jahreszahl {x} lautet, ist sie im Original zerstört. Die in (runden Klammern) den Fragmenten ergänzend in aktueller Schreibweise hinzugegebenen Namen von Pharaonen gehen teils auf Vorschläge, Annahmen und Vermutungen zurück, wie sie zunächst durch Popko und Rücker (2), sowie Andreas Effland (3), teils dann von mir selbst gemacht wurden. Hingewiesen sei hier schließlich noch auf die Tatsache, dass der durch Rücker und Popko festgestellte Faserverlauf des Papyrus Leipzig eine Anordnung der Fragmente vorgibt, gegen welche hier aus chronologischen Gründen verstoßen wird. Die hier gewählte Abfolge der Fragmente folgt der Annahme, dass der Verfasser der Chronik die im Fragment 1228 gegebene Königsliste im Fragment 590 nochmals darstellt, wobei er die in 1228 gemachten Angaben in 590 zu verbessern beabsichtigte. Dabei griff er zu Beginn des Fragmentes 590 in die teils mythologische Zeit zurück, ähnlich der Königsliste zu Abydos. Unter chronologischen Gesichtspunkten reicht das Fragment 590 daher weiter zurück und wird hier deshalb dem Fragment 1228 vorangestellt - entgegen dem Faserverlauf des Papyrus. Die Königsliste der Fragmente 590 und 1228 des Papyrus Lipsiae sei hier nun wie folgt vorgestellt : IV 1 : Psonsames (Psousennes II.) {x} Jahre {---} (4) IV 2 : der aus {Herakle}opolis {Magna} {---} . {D}as IV 3 : Lamm sagte mit menschlicher IV 4 : Stimme da, was der Welt geschehen IV 5 : wird, voraus. Sebegchos (Schabaka, 25. Dyn.) : 23 Jahre. (5) IV 6 : Ein anderer Sebegchos (Schebitku, 25. Dyn.) : 13 Jahre. IV 7 : Das ergibt eine Königsherrschaft der Ägypter von IV 8 : {x} Jahren. IV 9 : Nach Me{n}des (Smendes I., 21. Dyn.) regierte 48 Jahre (6) IV 10 : Psonsame{s} (Psousennes I.) {x +} 1 Jahre (7) IV 11 : Nach Amoses (Ahmose I., 18. Dyn.) 14 Jahre IV 12 : Amenophis (Amenemope) 9 Jahre (8) IV 13 : Ouertho{s} (Osorkon I.) {... onoma tithe}stioi K' 20 Jahre (9) IV 14 : Ou{se}rtho{s} (Osorkon II.) {---} {x} Jahre IV 15 : Sesyngch{eis} (Scheschonq II.) {x Jah}re (10) IV 16 : Syphois (unbekannt, evtl. Siamun) {x Jahr}e IV 17 : Zmendas (Smendes II., Nesbanebdjed) {x Jah}re (11) IV 18 : Ouserthos (Osorkon III.) {x Jah}re IV 19 : Psonsame{s} (Psousennes III.) {x Jah}re (12) IV 20 : {Seb}ekchos (Schabaka, 25. Dyn.) {---} IV 21 : {Sebi}kchos (Schebitku, 25. Dyn.) {---} IV 22 : {Sesyn}gchos (Scheschonq V.) {---} (13) IV 23 : {---} (Taharqa ?) {---} (14) Auf die Kolumne IV des Fragmentes 590 des Papyrus Leipzig folgt hier sodann nun Kolumne III des Fragmentes 1228 : III 24 : {---} (sie) {verein}ten aber III 25 : {---} {Arsi}noites k{oine} {---} III 26 : {und} {He}p{t}akomia {---} (15) III 27 : {und es} gab Söhne und sie {herrschten darüber hinaus} III 28 : in Abydos {---} {und in Tanis} III 29 : regierte Smende{s} (Smendes I.) {x Jahre} (16) III 30 : {Psos}mompsames (Psousennes I.) : 51 Jahre {---} (17) III 31 : S{esongches} (Scheschonq der Ältere) {x Jahre}, Amenophris (Amenemope) {x} Jahre {---} (18) III 32 : Ous{e}rthos (Osorkon der Ältere) : 11 Jahre, Psossam{m}eos (Psousennes II.) : {x Jahre} (19) III 33 : S{ia}ites (Siamun) : 1 Jahr, Ouse{r}tho{s} (Osorkon I.) : {x Jahre}, III 34 : ein weiterer S{men}tes (Semndes II.) : {x Jahre ---}, {Ouserth}os (Osorkon II.) III 35 : {x Jahre. ---} sein Sohn : 45 Jahre. (20) III 36 : Ous{er}th{os} (Osorkon III.) : 24 Jahre. Se{s}yngcheis (Scheschonq II.) : 14 Jahre. III 37 : So{k}ophtheis (Sebekhotep III., 13. Dyn.) : 3 Jahre. Amendesis (Amenemhet I., 12. Dyn.) : 11 Jahre. (21) III 38 : Sesongches (Scheschonq III.) : 41 {Jahre}, Ousorthos (Osorkon IV.) : 40 {+x} Jahre. (22) Die absoluten Zahlen zu diesen Fragmenten lassen sich aus der Ekloge des Synkellos (23) sowie dem Chronikon des Eusebius (24) entnehmen. Auf diese Epitomen der Aegyptiaca des Manetho griff auch Waddell (25) zurück. Die entsprechenden Chronographien des Africanus haben sich ebenfalls nur dort erhalten. Gruß Ihi Quellen : (1) Popko, Lutz ; Rücker, Michaela : P. Lips. Inv. 1228 und 590 : Eine neue ägyptische Königsliste in griechischer Sprache. In : Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde, Bd. 138, Heft 1, Berlin 2011, S. 43 - 63 u. Tafel I - III. (2) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 46 u. 58. (3) Effland, Andreas : Ein neuer Beleg für den Hohepriester des Amun Psusennes aus Umm el-Qaab (Abydos). In : Bárta, Miroslav ; Küllmer, Hella : Diachronic trends in ancient Egyptian History, Prague 2013, S. 32 - 39. (4) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 46 u. 49. Siehe dazu : Effland, Andreas : Ebenda, S. 32. (5) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 52 - 53. (6) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 54. Sowie : Waddell, William Gillan : Manetho, with an english translation, 4. Auflage, Cambridge u. London 1964, S. 154 - 157. (Hier jedoch interpretiert als Smendes I., nicht Amenemhet III.) (7) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 46. Sowie : Effland, Andreas : Ebenda, S. 32. (Psousennes II, nicht Psammetich, wie Popko u. Rücker S. 47 u. S. 51, Anm. 70 ebenfalls in Erwägung zogen). (8) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 46, sowie S. 56 u. 58. (9) Das Zählwort K' steht für hier für die Zahl 20. (10) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 49 - 50 u. S. 56. Siehe dazu : Waddell, William Gillan : Ebenda, S. 66 - 71 u. S. 159 - 161. Manetho hatte Scheschonq den Älteren irrtümlich der XII. Dynastie zugeordnet. Siehe dazu jedoch weiter unten. (11) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 57. Siehe dazu : Waddell, William Gillan : Ebenda, S. 154 - 157. (12) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 46. Diese Interpretation des in IV 1, sowie in IV, 10 u. IV, 19 genannten "Psonsames" mit den Psusenniden hält Popko für problematisch, anders dahingegen : Effland, Andreas : Ebenda, S. 32. (13) Popko ; Rücker : Ebenda, 58. Der in IV, 22 genannte {Sesyn}gchos gilt vermutlich wegen seines Zerstörungsgrades als unbekannt, jedoch dürfte hier der Pharao Scheschonq IV. oder V. anzunehmen sein. (14) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 51 (Abbildung der Transkription des Frag. 590). Der in IV, 23 eingesetzte Pharao Taharqa beruht lediglich auf eigenen Mutmaßungen. (15) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 46. Das im Frag. 1228 Kolumne III, 26 ergänzte "Heptakomia" ist bereits als Abfassungsort der Constitutio Antoniniana hervorgetreten. Tatsächlich könnte das Fragment 1228 der Leipziger Weltchronik ebendort abgefasst worden sein. Ein Fehler in der Schreibweise der in III, 35 gegebenen Jahreszahl deutet darauf hin, dass es sich bei dem Verfasser der Weltchronik ebenfalls um einen Römer handeln könnte, etwa in der Zeit des ägyptischen Praefekten Julius Bassus. (16) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 46 - 47. Siehe dazu : Waddell, William Gillan : Ebenda, S. 154 - 157. (17) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 46. Popko tendiert hier zu einer Auslegung des in III, 30 genannten {Psos}mompsames als Psammetich, was hier aber mit Blick auf den in Frag. 590 mehrfach genannten Psonsames für abwegig gehalten wird. (18) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 46. Popko hält den meines Erachtens in III, 31 genannten Pharao Sesongches (Scheschonq der Ältere) für nicht vertretbar, weil bis auf das S zu viele Buchstaben dieses Eigennamens verwischt bzw. zerstört sind. Die Textlücke links von Amenemope lässt diese Interpretation jedoch zu. Siehe dazu : Waddell, William Gillan : Ebenda, S. 66 - 71. Sowie Eusebius Chronik Blatt 49 u. 51 : Palmer, Matthaeus ; Palmer, Matthias : Eusebii Caesariensis Episcopi Chronicon, Paris 1518, Fol. 51. Und Syncellus, Blatt 174 : Niebuhr, Barthold Georg ; Dindorf, Wilhelm : Georgii Syncelli Chronographia, Bonn 1829, Fol. 174. (19) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 46 u. 49. Die Interpretation des im Text genannten Namens mit dem Pharao Siamun ist sehr gewagt. Popko und Rücker hielten eine Ergänzung des in III, 33 gegebenen Namens S. 49 für nicht möglich. (20) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 46 u. 49. Die im Text des Frag. 1228, Kolumne III, 35 gegebene Jahresangabe lautet 75 Jahre. Wahrscheinlicher ist hier jedoch statt OE das fehlerhafte DE anzunehmen. Dies wäre jedoch eine im Griechischen völlig unübliche Positionsschreibweise. Richtig hätte es ME und damit also 45 Jahre heißen müssen. Dieser mutmaßliche Fehler wird hier als Indiz dafür angesehen, dass der Autor der Chronik ein Römer war. (21) Waddell, William Gillan : Ebenda, S. 66 - 71. (22) Popko ; Rücker : Ebenda, S. 46 u. S. 49 - 50. Sowie : Schneider, Thomas : Lexikon der Pharaonen, Düsseldorf 2002. (23) Niebuhr, Barthold Georg ; Dindorf, Wilhelm : Georgii Syncelli Chronographia, Bonn 1829, Fol. 168 - 180 (mit Anno mundi 5500 = 0 = Christi natalis). (24) Palmer, Matthaeus ; Palmer, Matthias : Eusebii Caesariensis Episcopi Chronicon, Paris 1518, Fol. 46 - 51 (mit Anno mundi 5200 = 0 = Christi natalis). (25) Waddell, William Gillan : Manetho, with an english translation, 4. Auflage, Cambridge u. London 1964, S. 66 - 73 u. S. 154 - 161.
> Antwort auf Beitrag vom: 29.04.2021 um 05:01:48
|