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   Traumdeutung (5)
  Autor/in  Thema: Traumdeutung
Maharet  
Gast

  
Traumdeutung 
« Datum: 27.05.2003 um 18:05:02 »     

Ich hätte da ein mittleres Problem.
Bis in zwei wochen muss ich ein Kurzreferat über die Traumdeutung im Alten Ägypten abgeben und bräuchte hier noch ein paar informationen. Aber bis auf die Verknüpfung mit Sobek als Herrn der Träume hab ich nicht sehr viel gefunden.
Wenn jemand etwas dazu hätte wäre das echt lieb. Und bitte keine reinen Literaturvorschläge da es doch zu kurzfristig wäre.

Danke schonmal im vorraus

Maha/Kathi
Gitta  
Gast

  
Re: Traumdeutung 
« Antwort #1, Datum: 27.05.2003 um 22:42:54 »     

Hallo Maharet,

nachstehend ein etwas längerer Text. Vielleicht kannst Du daraus etwas für Dein Referat gebrauchen:

Die Ägypter wußten sich im Schlaf eingetaucht in den Nun, die unverwirklichte Potenz ohne Zeit- und Raumgrenzen, wo man das Vergangene wie das Zukünftige, das Hiesige wie das Ferne gleichermaßen erfuhr. Träume, »bei Tag und bei Nacht« geschickt, verstanden sie im besonderen als Hinweise durch die Götter. In Offenbarungsträumen, die keiner Auslegung be­dürfen, enthüllt die Gottheit die Zukunft unmittelbar oder gibt direkte Anweisungen. Wenn sie dem Prinzen das Herrscheramt ankündigt, dem König Segenszeiten zusagt, so sind solche Träume häufig literarische Fiktionen, aber wenn Gott Harma­chis den späteren Thuthmosis IV im Schlaf aufgefordert hat, die große Sphinx von Gisa vom Sand freizuschaufeln, wie die Stele vor der Brust des königlichen Mischwesens lesen läßt, so lernen wir jenen wirklichen Traum kennen, den der Kronprinz vor dreieinhalb Jahrtausenden im Schatten des erhabenen Wächterhauptes hatte. Götter verheißen Siege und künden die Geburt eines Sohnes an. Doch gibt es auch die anderen Träume, die nur winken und für deren Auslegung man einen Deuter zu Rate zieht. Joseph verdankt seine Erhöhung durch Pharao seiner Gabe, Träume zu deuten. Da er des Mundschen­ken und des Hofbäckers Träume verstanden hatte, läßt Pharao ihn aus dem Gefängnis rufen, um sich seine Träume von den sieben fetten und den sieben mageren Kühen, den sieben vollen und den sieben leeren Ähren deuten zu lassen. Einen persönlichen Traumdeuter zog man jedoch nur zu bei indivi­duellen und schwierigen Träumen und je nach Geldbeutel. Im übrigen genügte das Buch, das Traumdeuter für die gängigen Träume zusammengestellt hatten und deren in Ägypten einige erhalten geblieben sind, zurückgehend mindestens in das Jahr 2000 v. Chr.

Listenartig sind dort typische Traumsituationen rubriziert für "einen Mann, der sich im Traume sieht, wie er ... "; hinter der Traumbeschreibung folgt ähnlich wie in den Loskalendern die Prädikation "gut" oder "schlecht", und in der letzten Spalte stehen die zugehörigen Auslegungen, eingeleitet durch: "Es bedeutet ... ". Im Formular vereinfacht wiedergegeben, seien einige Beispiele genannt.

Wer in einem sonnigen Garten sitzt - gut -, wird Freude haben.

Wer helles (!) Brot zu essen bekommt - gut -, dessen Antlitz wird sich erhellen (!).

Wer seinen eigenen Urin trinkt - gut -, wird von den Gü­tern seines Sohnes leben.

Wenn sie (eine Frau) eine Katze gebiert, wird sie viele Kin­der haben.

Wenn sie einen Esel gebiert, wird sie ein dummes Kind ge­bären.

Wer aus dem Fenster schaut - gut -, dessen Ruf wird von Gott gehört.

Wer Wein trinkt - gut -, wird in Rechtschaffenheit leben.

Wer den Mond scheinen sieht - gut -, dem wird Gott ver­zeihen.

Wer einen (Vogel) Strauß sieht - schlecht -, den wird Kum­mer befallen.

Wer Blut trinkt - schlecht -, hat Kampf zu erwarten.

Endlos geht diese Litanei weiter, schlicht, durchsichtig. In der Regel deutet der Traum auf analoges, manchmal auf gegensätz­liches Geschehen, manchmal sind Traum und Weissagung gar identisch. Auch Wortanklänge wie das »Helle« im gegebenen Beispiel oder Ideenassoziationen vermögen, die Beziehung zwi­schen Geträumtem und Zukünftigem herzustellen. Die Katze wirft viele Jungen, so deutet sie auf Fruchtbarkeit der Frau.

Indes - ganz so einfach war die Traumdeutung nicht: Ein Traumbuch unterscheidet zwischen Horus- und Seth-Men­schen, d. h. zwischen sympathischen und unsympathischen. Beide Gruppen haben ihre Merkmale. Die Sethischen oder "ty­phonischen", wie Diodor (I, 88) und Plutarch sie später nen­nen, sind die mit den rötlichen Farben. Noch heute haben es ja die Rothaarigen im Ansehen der Menschen nicht immer leicht. Gewisse Hinweise erlauben den Schluß, daß typhonische Men­schen in der römischen Zeit sogar geopfert wurden. Rot war die Farbe des Seth, in den rötlichen Menschen wohnte er. Von ihnen heißt es, »der Gott in ihnen ist Seth«. Indem man den Gott erkannte, der in einem Menschen wohnte, erkannte man des Menschen Wesen. Die Sethischen, denen man nicht gern begegnete, waren die Brutalen, die Tölpischen, Widerwärtigen, und für sie galten andere Traumdeutungen als für die Horus­-Menschen bzw. solche, denen ein guter Gott innewohnte. Diese Schwarz-Weiß-Aufspaltung menschlicher Typen ist der Anfang der verfeinerten Differenzierung, die später die griechi­schen Traumdeuter entwickelt haben. Gute wie Böse befragten das Traumbuch und erfuhren damit, was Gott ihnen zu sagen hatte.
Träume spielten im Bewußtsein des Volkes eine bedeutende Rolle. Man nahm sie so ernst, daß man "alle schlechten Träume" in den sogenannten Ächtungstexten des Mittleren Reiches verfluchte, um ihre gefährlichen Auswirkungen abzuwenden. Die Einschätzung der Träume spiegelt zugleich die Vorstel­lung, daß Gott mit dem Menschen Zwiesprache hält und seine Kinder lenkt.


Aus "Alltag unter Pharaonen" von Emma Brunner-Traut, ISBN 3-451-04684-9

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 27.05.2003 um 18:05:02  Gehe zu Beitrag
Bes_Maat  
Gast

  
Re: Traumdeutung 
« Antwort #2, Datum: 21.06.2003 um 18:46:50 »     

Hi! Weis jemand zu diesem Tema "Traumdeutung" Literaturhinweise?
> Antwort auf Beitrag vom: 27.05.2003 um 22:42:54  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Traumdeutung 
« Antwort #3, Datum: 22.06.2003 um 10:10:40 »     

Alan H. Gardiner
Hieratic Papyri in the British Museum
London 1935

Wilhelm Spiegelberg
Demotische Papyrus aud den Königlichen Museen zu Berlin
Leipzig 1902

und

Die Demotischen Denkmäler, 3. Teil, Inschriften und Papyri
Kairo 1908

Aksel Volten
Demotische Traumdeutung
Kopenhagen 1942

Hans Bonnet
Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte
Berlin 1952

Diese Literaturhinweise stammen aus Brunners "Alltag...", aus dem ich oben bereits zitiert habe.

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 21.06.2003 um 18:46:50  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Traumdeutung 
« Antwort #4, Datum: 25.06.2003 um 20:38:05 »   

Hallo, Bes_Maat,

demnächst erscheint (oder ist vielleicht schon erschienen) eine neue Untersuchung zu Träumen, Alpträumen und Traumdeutung im Alten Ägypten:

Kasia Szpakowska, Behind Closed Eyes: Dreams and Nightmares in Ancient Egypt, 2003

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 21.06.2003 um 18:46:50  Gehe zu Beitrag
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