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   Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele (72)
  Autor/in  Thema: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele
Lutz  maennlich
Member



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #30, Datum: 19.08.2020 um 12:21:31 »   


Zitat:
... erstaunlich, dass es so schwierig, ein Foto der Stele aufzutreiben, ...

Nicht wirklich schwierig, nur eben nicht online für Null ouvert. Eine kostenpflichtige Fernleihbestellung in Heidelberg sollte möglich sein.

Zitat:
... Gilt das Gleiche auch für die Karnak Skulpturen? (von Anchu, Mutter Henut und den 3. hab ich vergessen ich glaub Vater Anchus) ...

Nein : IFAO - Karnak Cachette and G. Legrain's "K" numbers.

Gruß, Lutz.
> Antwort auf Beitrag vom: 18.08.2020 um 21:59:40  Gehe zu Beitrag
Stefan  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele Skizze.jpg - 490 KB
« Antwort #31, Datum: 19.08.2020 um 13:59:08 »   

Hallo zusammen,
ich habe eine neue Skizze angefertigt.
Die 3 Bilder sind mit A B und C bezeichnet.
Die Personen jeweils mit Zahlen, so daß man A1 oder B3 mit Namen und Beziehungsstatus benennen kann.

Mit Eurer Hilfe glaube ich jetzt, daß ich mit der Hochzeit total daneben lag und 5 Namen wurden in Wikipedia ja überhaupt nicht genannt, also lag ich bei den Personen natürlich komplett daneben. Wundersamerweise lag ich aber auch bei vielem dem Augenanschein nach richtig:
A1+B1 Chnumhotep
A2+B2 Chnumhoteps Ehefrau Itneferu-taHenut
A3+C3 Anchus Tochter Seneb-hena-es
C1 Visier Anchu
C2 Visier Anchus Ehefrau Mererit

Ich bin sehr gespannt wie Eure Deutung der Personen und deren Beziehungsstatus aussehen werden!

Meine mit Eurer Hilfe korrigierte Hypothese ist inzwischen:

1.) Es ist keine Hochzeitszeremonien Stele sondern eine Beerdigungszeremonien Stele des mind. 2 Generationen herrschenden Wesir Dynastie Clans. Die  teilweise Marionetten-Pharaonen wechseln in der Zeit jährlich (teilweise 12 in 12 Jahren) so daß Upuaut-hotep nicht als (langjähriger) Siegler des Königs sondern korrekterweise nur als Siegler der Krone bezeichnet kann.

2.) Upuaut-Hotep wird garnicht gezeigt. Weil er der Tote der Totenfeiern ist.

3.) Seneb-hena-es ist Upuaut's 1. Frau und Witwe Zeremonie C findet in Ihrem Haus statt

4.) Ineh ist Upuaut's 2. Frau und Witwe. Zeremonie B findet mit Ihren Kindern Amenemhotep, Neb-Her-Chuit-Es und Ihrer Jüngste Neferu-Wen in Ihrem Haus statt

5.) Zeremonie A wird von Upuaut-Hotep's Vater Chnumhotep geleitet. Es handelt sich um Wesir Chnumhotep, zu erkennen an seinem belegten Titel Gottessiegler und an seinem von seinem Vater Chnumhotep II naheliegend geerbten Titel Hatia. Er trauert um seinen Sohn und für seine hinterlassene Enkeltochter und Schwiegertochter Seneb-hena-es, die hinter seiner Ehefrau steht. Die Kinder Seneb-hena-Es wohnen der Trauerzeremonie bei: A4 Sohn Chonsu, A5 Tochter Neschihotepi A6 Sohn Chnumhotep.

6.) Zeremonie B in Ineh's Haus, der 2. Frau Upuaut-Hoteps wird ebenfalls vom Wesir und Vater des Verstorbenen, Chnumhotep, in Begleitung seiner Frau geleitet. Die Kinder der 2. Frau und somit seiner 2. Schwiegertochter nehmen daran teil.

7.) Zeremonie C in  Seneb-hena-Es Haus findet unter Leitung ihres Vater Anchu, Wesirnachfolger seines Vaters Chnumhotep und bereits im Amt, statt. Seine Frau Mererit wird von ihrer Tochter Witwe Seneb-hena-Es umarmt. Seneb-hena-Es Brüder Resseneb und Yiumeru trauern mit Ihrer Schwester und drücken ihre Liebe und ihr Beileid mit bestimmten Blumen aus.

Aber das ist nur eine Möglichkeit. Wie deutet ihr die drei Bilder und die Personen?
Ich bin super gespannt ...


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 19.08.2020 um 00:42:13  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele CG_20690_Abb_in_Lange_Schaefer_IV_Nr_245.jpg - 60 KB
« Antwort #32, Datum: 19.08.2020 um 14:03:07 »   

Hallo,

das einzige, was ich bieten kann, ist die Zeichnung, die in H. O. Lange, H. Schäfer, Grab- und Denksteine des Mittleren Reiches im Museum von Kairo, Theil IV. Tafeln, Berlin, 1902, Tafel 73 unter der Nr. 245 zu finden ist. Er gehört zu (c) rechts und trägt das dargestellte Wesirkleid.

Im Lexikon der Ägyptologie, Bd. VI, Sp. 1229, Stichwort: "Wesir, Wesirat" heißt es:

Zitat:
Seit der Zeit des Mittleren Reiches tragen Wesire eine eigene Amtstracht, einen bis unter die Achseln reichenden langen Schurz mit um den Hals gelegten Trägern.


Viele Grüße,
Michael Tilgner


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 19.08.2020 um 12:21:31  Gehe zu Beitrag
Stefan  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #33, Datum: 19.08.2020 um 19:55:13 »   

Kleiner Nachtrag zur Erhellung: Um meine zugegebenermaßen etwas eigenwillige Interpretationen besser nachzuvollziehen sollte man wissen, was sich hinter dem Begriff König verbirgt:

Der Begriff König existiert frühestens als Prototyp seit der Spätantike also 2 Jahrtausende nach der Stele. Die einzig allumfassende und somit engste Definition von König lautet "Lebenslanger Herrscher". Und die Pharaonen waren in der Regel lebenslange Herrscher.

Aber es gab eine Ausnahme. Die Zeiten in denen die Stele erstellt wurde, die Zeit Wesir Anchus. In dieser Zeit waren die Pharaonen das Gegenteil eines lebenslangen Herrschers. Sie herrschten zeitbedingt kaum statt lebenslang. Die einzigen lebenslangen Herrscher in Ägypten waren zu der Zeit Wesir Anchu, sein Vater und seine zwei Söhne, alle Wesire. Die Regierungszeit von mindestens 12 Pharaonen in der Zeit betrug insgesamt nur 12 Jahre!

In der Zeit kann meines Erachtens nach kein Pharao als lebenslanger Herrscher (König) ernsthaft bezeichnet worden sein. Und schon gar nicht auf einer Stele für den zu ehrenden Herrscherklan der Wesire. Das zeigt ja auch das Auswechseln von König mit Krone im angesprochenen Titel.

Die einzig anwesenden namentlich genannten lebenslangen Herrscher (Könige) auf der Stele sind Wesir Anchu, Wesir Chnumhotep und Anchus Söhne als zukünftige Wesire. Das waren zu der Zeit die für ganz Ägypten transparenten Herrscher auf Lebenszeit. Deshalb gehe ich davon aus dass in der Stele nicht der bis zu jährlich wechselnde Pharaoh sondern der Opfer bringende Wesir mit König angesprochen ist.

Starker Tobak von jemandem der sich erst ein halbes Jahr mit dieser Zeit in Ägypten beschäftigt und nicht mal Hieroglyphen lesen kann, ich weiß.

Aber die Frage ob Chnumhotep und Zamonth zwei Namen des gleichen Wesirs sein könnten läßt mich nach der Übersetzung noch weniger los. Unwiderlegbare Beweise für 2 verschiedene Personen habe ich noch nicht entdeckt, nur berühmte Meinungen. Vielleicht kennt ihr ja einen.

Ich bin auf jeden Fall überaus dankbar für Eure Hilfe und trink auf Euren Forschungserfolg heut abend im/am Cliff an der Alster von halb neun bis zehn ein paar Bierchen. Wer mich kennenlernen möchte, ich trag ein blauweißkariertes Hemd. Ich geb jedem der kommt nen Liter Bier als Dankeschön aus. Wenn ihr zusammen nur morgen könnt, komm ich morgen noch mal. Aber jetzt ist erst mal Bierchen angesagt.

DANKESCHÖN!!!!
> Antwort auf Beitrag vom: 19.08.2020 um 13:59:08  Gehe zu Beitrag
Seschen  weiblich
Member



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #34, Datum: 19.08.2020 um 21:24:34 »   

Hallo!

Und hier abschließend der Rest von dem, was in (c) zu lesen ist:



- “Über dem Rechten”:
Versteckten Text anzeigen...

- “Über dem Linken”
Versteckten Text anzeigen...



Gruß, Seschen
> Antwort auf Beitrag vom: 19.08.2020 um 00:42:13  Gehe zu Beitrag
Seschen  weiblich
Member



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #35, Datum: 19.08.2020 um 21:49:49 »   

Hallo, Stefan!

Kurz meine Meinung zu einigen deiner Schlagwörter zum “Rätsel” Wepwauthotep-Stele:

Alles was zu lesen ist, haben wir hier übersetzt, das Rätsel ist gelöst.

...Interpretationsspielräume – Gibt es nicht, da trotz fehlendem Bild Lange/Schäfers Beschreibung sehr detailliert ist und die Hieros deutlich (und fehlerfrei) dargestellt sind.
...3 übereinanderliegenden "Hochzeitsphotos" – Weder Hochzeit noch Foto, Es gibt KEIN (nachgewiesenes) altägyptisches Wort für “Hochzeit”. Hierzu siehe Hinweis ganz unten!
a
...um um ihre Hand anzuhalten – Das ist da nicht erwähnt, meines Wissens nach gab’s dies Ritual nicht.
...zu vermählende Enkelin – Auch hierzu fehlt jedwelche Information in den Beischriften.
b
...werden vom Großwesir und Großvater Khnumhotep vermählt – Vermählung (amtlich, familiär oder religiös) als Akt oder Feier ist nicht bekannt.
Eine (junge) Frau zog mit ihrer Habe / Mitgift ins Haus des Mannes und wurde somit seine Frau. Es sind auch Eheverträge bekannt, die ihre finanzielle Gleichstellung und Absicherung im Falle der Trennung / Verwitwung regelte.
...bekommen vom Herrscherpaar ihren Segen – Hier ist kein Herrscherpaar dargestellt – und auch kein Segnungsspruch zu lesen.
c
...erweisen Ihrer Familie die Ehre – Hier mit keinem Wort erwähnt und durch keine Geste erkennbar.
...halten Blumen zur Gratulation – Es sind sicherlich Lotusblüten
, die als  Symbol für Regeneration galten. Für “Gratulation” ist kein Wort  bekannt.

...Freudenbekundung – Ist hier nicht erkennbar.
...Stele, die die Vermählung der Tochter verewigt – Stelen sollen die Namen der Dargestellten und Erwähnten verewigen, als Garant für ein Leben im Jenseits.
...Hochzeitsphotoalbum für die Tochter – Sowas ist nicht bekannt!
...meist steckt ja dann doch die Gattin/Königinmutter... - Meist? Hier ist keine Königsmutter.
...hinter derartig einfühlsamen Aufmerksamkeiten Welche?
Henut(pu) – Dieser Name geistert auf mehreren Internetseiten zu diese Stele (wohl immer wieder abgeschrieben), ist aber so nicht dokumentiert.

Neue These "Beerdigungszeremonien": Bestattungszeremonien / Trauerzüge sehen ganz anders aus!

Zum Begriff “Hochzeit”. Wie erwähnt, gibt es in der Hieroglyphenschrift kein Wort hierfür.
Wenn dir jetzt der “Hochzeitsskarabäus” einfällt: Der Begriff (für Gedenkskarabäen Amenophis III) beruht auf einem Fehler von Ippolito Rosellini, der "der seine Hochzeit festsetzte" statt "der die Gesetze festsetzte" übersetzte (siehe Lexikon hier im Forum).

Danke für dieses “Rätsel”, es hat wieder etwas Schwung und Aktivität ins Forum gebracht!

Gruß, Seschen
« Letzte Änderung: 20.08.2020 um 01:59:54 von Seschen »
> Antwort auf Beitrag vom: 19.08.2020 um 19:55:13  Gehe zu Beitrag
Seschen  weiblich
Member



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #36, Datum: 20.08.2020 um 00:57:18 »   

Hallo, Stefan!

Vorweg: Es sind, wie übersetzt, verschiedene Wörter in Hieroglyphenschrift und in Aussprache - genau wie im Deutschen.
Wir versuchen, hier in den Übungen, möglichst wortwörtlich zu übersetzen. Schwierigkeiten ergeben sich in der Aussprache, im Satzbau und in der Grammatik, weil die Hieroglyphenschrift nur die Konsonanten aufzeichnet und weil es eine tote Sprache ist die zudem einer anderen Sprachfamilie zugeordnet wird. Die Aussprache, hier mit " " gekennzeichnet, ist nur eingeschränkt bekannt und durch Konventionen festgelegt.

Fast alle Wörter sind entschlüsselt! Hannigs Wörterbuch Ägyptisch-Deutsch (Altes Reich und Erste Zwischenzeit) umfasst über 1600 Seiten;)

Wörterliste

- mw.t=f "mut ef" - seine Mutter

- mw.t "mut" - Mutter

- ms.t n "meset en" - geboren von

- msi "mesi" - gebähren

- jr n "ir en" - gemacht (= gezeugt) von

- jri "iri" - machen, zeugen, gebähren und viele andere Bedeutungen (wie im Deutschen)

- jtj "iti" - Vater

- mtw.t - "metut" - Samen (Sperma); Sohn (bildlich)


Gruß, Seschen
> Antwort auf Beitrag vom: 18.08.2020 um 21:59:40  Gehe zu Beitrag
Stefan  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #37, Datum: 20.08.2020 um 13:17:24 »   

Dankeschön!
Ich dachte in meiner letzten Nachricht das wäre ein Hamburger Ägyptologie Forum ist aber bestimmt deutschlandweit also war meine Einladung naiv, schade.
> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2020 um 00:57:18  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #38, Datum: 20.08.2020 um 16:45:28 »   

Hallo,

einige Bemerkungen zu dieser Stele:

Die Personen werden mit ihren Namen, Titeln und Verwandtschaftsverhältnissen vorgestellt. Andere biografische Informationen fehlen völlig. Andere Stelen des Mittleren Reiches enthalten "idealbiographische" Formulierungen wie: "ich gab Brot dem Hungrigen, Wasser dem Durstigen, Kleidung dem Nackten" o.ä., oder Berichte über "Ereignisse" wie der Teilnahme an einem Feldzug des Königs oder an einer Expedition im Auftrag des Königs.

Abgesehen von diesen Informationen sind zwei kurze Opferformeln enthalten. Winfried Barta, der eine ausführliche Untersuchung zu den Opferformeln angefertigt hat, stellte fest (Aufbau und Bedeutung der altägyptischen Opferformel, Glückstadt, 1968, S. 74):

Zitat:
Osiris (...) wird in den Götterformeln der 13./14. Dynastie mit Abstand am häufigsten genannt. Die traditionelle Bedeutung des Anubis dagegen ist so stark zurückgegangen, daß er nicht anders als die übrigen Götter eingestuft werden kann und beispielsweise seltener als Upuaut erscheint.

Da passt unsere Stele gut dazu. Es wird jeweils nur eine Bitte genannt; das scheint eher atypisch zu sein, denn Barta bemerkte, dass sich "viele Texte nicht nur mit einer Bitte allein begnügen" (S. 75).

Interessant sind einige der Titel:

So ist Amunhotep ein wr-mD-^ma.w "Einer der 10 Großen von Oberägypten". Zu diesem Titel schreibt das Lexikon der Ägyptologie, Bd. VI, Sp. 596-597 im Stichwort "Titel und Titulaturen":

Zitat:
Gruppenzugehörigkeitstitel sind ebenfalls einige wenige sehr alte Bezeichnungen, die den Träger einer bestimmten Personengruppe ohne Rücksicht auf ein Amt zuweisen. Hierzu gehört (...) auch der Titel "einer der 10 Großen von Oberägypten", eine ehemalige Bezeichnung vordynastischer Kleinhäuptlinge. Da diese Bezeichnung im Mittleren Reich für die Berater des Wesirs gebraucht wird, mag der Titel mit einem "Hofrat" gleichgesetzt werden, ohne aber daß etwa im Alten Reich eine echte Aufgabe damit verbunden war.

Andere auf dieser Stele - Anchu, Resseneb und Ijmeru - tragen den Titel "Wesir". Er bezeichnet den Beamten, "der an der Spitze der ägyptischen (Beamten-)Hierarchie stand" (Lexikon der Ägyptologie, Bd. VI, Sp. 1227, Stichwort: "Wesir, Wesirat").

Die Tatsache, dass auf dieser Stele gleich drei Wesire in der gleichen Familie genannt werden, wird im genannten Stichwort so kommentiert (Sp. 1228):

Zitat:
Das Wesir-Amt war zeitweilig in den Händen einer Familie, wurde also "vererbt". Im Unterschied zu den z.T. schnell aufeinander wechselnden Königen dieser Zeit stellten sie ein gewisses Element der Kontinuität und einen gewissen Machtfaktor dar (Antefoqer, Anchu).

Ausführlich hat sich damit Jürgen von Beckerath in seinen Untersuchungen zur politischen Geschichte der zweiten Zwischenzeit in Ägypten, Glückstadt / New York, 1965, S. 97-100 befasst. Neben unserer Stele hat er noch weitere Quellen herangezogen. Er beschreibt die Schwierigkeit, bei Namensgleichheit herauszufinden, ob es sich wirklich um ein und dieselbe Person handelt. Unter der Annahme, dass sich alle Quellen, die einen Wesir Anchu nennen, auf die gleiche Person beziehen, kann von Beckerath einen Stammbaum der Familie zusammenstellen (S. 99).

Zitat:
Damit ergäbe sich das Bild einer Familie, die in drei Generationen in vier Mitgliedern das Wezirat innegehabt hätten. Der Vergleich mit dem damals jedenfalls nicht mehr erblichen und seinen Inhaber schnell wechselnden Königsthron spricht für sich selbst. Aber selbst wenn es mehrere Wezire namens Anchu gegeben hätte, so bliebe doch die Tatsache bestehen, daß das Wezirat damals über die Regierungszeit mehrerer Könige verschiedener Herkunft (die demnach den Wezir nicht zu stürzen vermochten) von einer kraftvollen Persönlichkeit behauptet werden konnte und daß es in dieser Zeit sogar mehrmals vererbt wurde: Ein Wezir Anchu war der Sohn eines anderen Wezirs, ein gleichnamiger Wezir (vielleicht sogar die gleiche Person) war der Vater zweier weiterer Wezire. Blieb der Wezir beim Sturz eines Königs durch einen anderen in seiner Stellung, so darf man daraus mindestens sein Einverständnis, wenn nicht seine Mitwirkung beim Sturz des einen und der Thronerhebung des anderen vermuten. Die tatsächlich größere Macht lag also damals sicher öfters beim Wezir; nur glaube ich nicht, daß man daraus folgern darf, der Wezir habe grundsätzlich, sozusagen verfassungsmäßig, den neuen König zu ernennen gehabt.

Diese interessante Untersuchung habe ich angehängt. Inwieweit diese weitreichenden Schlussfolgerungen noch heute geteilt werden, vermag ich nicht zu beurteilen, da ich die neuere Literatur im Moment nicht zur Hand habe. Zumindest schreibt Wolfram Grajetzki in "Late Middle Kingdom" (UCLA Encyclopedia of Egyptology, 2013):

Zitat:
The vizier Ankhu and the treasurer Senebsumai were in office under these kings. These officials are well known from many monuments and were most likely in office under several rulers.

Von Beckerath erwähnt den Vater von Anchu, der in der Statue CG 42034 dargestellt ist, dessen Name aber leider zerstört ist. Ich hänge die Abbildung dieser Statue an, da sie sehr schön das Wesirsgewand zeigt, das ich weiter oben schon mal erwähnt habe (aus: Georges Legrain, Statues et statuettes de roi et de particuliers, Bd. I, Le Caire, 1906, Tf. 21).

Viele Grüße,
Michael Tilgner
« Letzte Änderung: 21.08.2020 um 09:32:08 von Michael Tilgner »


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2020 um 13:17:24  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #39, Datum: 21.08.2020 um 20:39:25 »   

Hallo,

"Das Rätsel ist gelöst." Wirklich alles? Diese Stele ist ein schönes Beispiel dafür, auf welchen Informationen die Ägyptologen ihre Schlussfolgerungen aufbauen. Es zeigt zunächst, welcher Art diese Informationen sind - zumindest eine Art -, wie mühsam sie zu gewinnen und wie karg sie zuweilen sind.

Zitat:
Auch muß es Photos geben von 3 Statuen die Anchu im Karnak Temple errichtet haben soll: von Anchu selbst, von seinem Vater (Samonth? Khnumhotep?) und von seiner Mutter Henut(pu) Weiß jemand wie ich Photos von diesen Statuen finde?

Die wichtigste Person in unserem Beispiel ist wohl Anchu. Wer ist sein Vater, wer seine Mutter?

Den Vater hatte ich im letzten Posting vorgestellt, seine Statue ist im Ägyptischen Museum (CG 42034). Diesem Beitrag hänge ich ein Bild der Statue CG 42035 an, das seine Mutter darstellt. Die zugehörigen Texte füge ich auch bei (Georges Legrain, Statues et statuettes de roi et de particuliers, Bd. I, Le Caire, 1906, S.20-21; Bild: Tafel 22).

Wir brauchen nicht alles zu übersetzen. Meiner Meinung nach sollten wir mit dem Teil (c) von CG 42034 anfangen: Dort wird der Namen der Mutter genannt. Im Teil (d) steht, wer die Statue gewidmet hat. Wem die Statue CG 42035 gehört, steht in Teil (a) dieser Statue. Ich denke, das reicht erstmal für den Augenblick

Viele Grüße,
Michael Tilgner


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2020 um 16:45:28  Gehe zu Beitrag
Stefan  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #40, Datum: 22.08.2020 um 19:16:50 »   

Herzlichen Dank für Eure weitere Unterstützung!
Auch für die Heidelberger Photoquelle! ich hab sie inzwischen angeschrieben, bin gespannt ob ich sie erwerben kann.

Falls ich auch kleinere nicht zugehörige Zwischenfragen stellen kann:
Kann man die Männernamen Kheti/Khety als verwandte Namen betrachten oder sogar als verschiedene Schreibweisen des gleichen Namens? Oder sind es in jedem Falle zwei grundverschiedene Namen die man auf keinen Fall miteinander verwechseln darf?  
> Antwort auf Beitrag vom: 21.08.2020 um 20:39:25  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #41, Datum: 06.09.2020 um 19:40:41 »   

Hallo,

hier ist Abschnitt (c) auf der Statue CG 42034:


- Vollbild -


Mein Übersetzungsversuch:

Htp dj nsw @w.t-@r nb(.t) Jwn.t dj=s ... r ... mrH.t n kA n Hm.t TA.t(j) mw.t{=f} TA.t(j) nb.t pr @nw.t(=j)-pw sA.t xtm.t(j)-bj.tj ... Hm-nTr n Jmn
"Ein Opfer, das der König gibt, (an) Hathor, Herrin von Dendera: Sie möge geben: ... (und) Salböl für den Ka der Frau des Wesirs, Mutter des Wesirs (und) Herrin des Hauses Henutipu, Tochter des Sieglers des Königs von Unterägypten, ... (und) Gottesdiener des Amun [Name fehlt]"

Jwn.t "Dendera" (Wb I, 54)
mrH.t "Salböl" (Wb II, 111.1-2)
xtm.tj-bj.tj "Siegler des Königs von Unterägypten" (Wb V, 638.12; Lesung nach TLA, Lemma-Nr. 400193)

@nw.t(=j)-pw Henutipu ("meine Herrin ist es"; PN I, 244.18)

Vor dem Salböl könnte snTr "Weihrauch" gestanden haben, beide werden oft zusammen genannt. Das r passt dazu.

Das =f bei mw.t=f   "seine (?) Mutter" kann ich nicht einordnen. Vielleicht hat jemand einen besseren Vorschlag?

Der Wesir, dessen Ehefrau Henutipu ist, ist der durch die Statue Dargestellte. Leider fehlt dessen Name im Abschnitt (b). Ihr Sohn ist der Wesir anx.w, der die Statue gestiftet hat; siehe den Abschnitt (d).

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 22.08.2020 um 19:16:50  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #42, Datum: 06.09.2020 um 23:25:24 »   

Hallo,

es folgt der Abschnitt (d) auf der Statue CG 42034:


- Vollbild -


Ein schwieriger Text! Mein Vorschlag:

jn sA=f sanx rn=f mnx Hr jb.w n.w tp.jw-a mj jrj sA jwaw jt.w srwD Tnw (?) n.t jr sw jm.j-rA njw.t TA(.tj) anx.w nb jmAx

"(Es ist) sein Sohn, der seinen Namen lebendig erhält, angenehm für die Herzen der Vorfahren, so wie ein Sohn handelt, Erbe der Ahnen, der bestehen lässt / dauernd erhält die *Ehre (?) dessen, der ihn gezeugt hat, der Stadtvorsteher (und) Wesir Anchu, der Ehrwürdige"

jn sA=f sanx rn=f "(Es ist) sein Sohn, der seinen Namen lebendig erhält" (Wb IV, 47.2) - jn ist eine nicht-enklitische Partikel zur Hervorhebung, siehe auch Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, § 227, 3.
mnx Hr jb "angenehm sein für das Herz" (Wb II, 86.5)
tp.j-a "Vorfahr" (Wb I, 157.9; V, 283. "gewöhnlich im Plural")
mj "(als Konjunktion vor Verbum finitum) so wie ..." (Wb II, 38.6) - siehe auch Gardiner, § 170, 5.
jwaw "Erbe" (Wb I, 50.11)
jt "Ahnherr, Vorfahr" (Wb I, 141.16 "oft im Plural")
srwD "(Namen) dauernd erhalten, bestehen lassen" (Wb IV, 194.16)
nb jmAx "ehrwürdiger (Beiwort des Verstorbenen)" (Wb I, 81.18) bzw. "Herr der Ehrwürdigkeit" (TLA, Lemma-Nr. 81950)

Das Wort Tnw ist mir völlig unklar! Die im Wb stehenden Übersetzungen wie "Zahl, Anzahl, jeder" usw. passen nicht. Es gibt einen Eintrag "Ehre" unter Tnj (Wb IV, 380.3), für den Rainer Hannig, Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch, Mainz, 1995, S. 956 eine ähnliche Schreibung wie hier anführt. Es müsste eigentlich wegen des folgenden n.t ein feminines Substantiv sein.

anx.w "Anchu" (PN I, 68.6)

Wie auch immer die Einzelheiten der Übersetzung sein sollten, eins ist eindeutig: Anchu, der Sohn des ungenannten Wesirs ist selbst Wesir und hat die Statue für seinen Vater gestiftet.

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 06.09.2020 um 19:40:41  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #43, Datum: 06.09.2020 um 23:53:22 »   

Hallo,


- Vollbild -


Der Abschnitt (a) auf der Statue CG 42035 ist eine Opferformel, in der ein Totenopfer gewünscht wird

n kA n nb.t pr Hm.t @nw.t(=j)-pw mAa.t-xrw
"für den Ka der Herrin des Hauses (und) Ehefrau Henutipu, gerechtfertigt"

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 06.09.2020 um 23:25:24  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Enträtselungshilfe zur Wepwauthotep Stele 
« Antwort #44, Datum: 08.09.2020 um 19:19:30 »   

Hallo, Leute,

ein Zwischenstand:

Wir haben anhand der Originalinschriften nachvollzogen, dass der Wesir Anchu (erwähnt in der Stele des Wepwawethetep) zwei Söhne hatte, die ebenfalls Wesire waren. Ferner haben wir den Vater kennengelernt (abgebildet in der Statue CG 42034), dessen Name leider zerstört ist, und seine Mutter Henutipu (abgebildet in der Statue CG 42035), leider nur ein Torso.

Nun berichtet u.a. die deutsche Wikipedia über Anchu:

Zitat:
Anchu war der Sohn eines Wesirs, dessen Name nicht bekannt ist, jedoch wird der Wesir Samonth vermutet, da dessen Gemahlin denselben Namen wie die Mutter des Anchu trägt (Henutpu).

Dieser Vorschlag stammt von Labib Habachi, den er im Artikel The Family of the Vizier Ibi', in: Studien zur altägyptischen Kultur, Bd. 11, S. 113-126 (1984) - Festschrift für Wolfgang Helck - veröffentlicht hat (die entsprechenden Seiten über Anchu (Onkhu) habe ich angefügt). Zum Schluss seines Artikels gibt er eine Liste der Wesire der 13. Dynastie. Unter Nr. 2-5 hat er Anchu, seine Söhne Res-seneb und Iy-meru sowie seinen unbekannten Vater eingetragen. Er zitiert (S. 123) einen Vorschlag von J. Málek:

Zitat:
the owner of the stela Cairo CGC 20102 of "the prince and governor, the chief of the town and vizier, Simonthu, born of the lady Satip", could be the unknown father of Onkhu. In this stela, the wife's name of the vizier Simonthu is mentioned as "Henut"; a name unattested elsewhere. This name may be taken as either a mistake for "Henutpu" or an abbreviated form of it. Such hypotheses seem to be quite probable, and we can safely take Simonthu as husband of Henutpu and father of Onkhu.

Die Beschreibung dieser Stele mit ihren Inschriften ist in H. O. Lange, H. Schäfer, Grab- und Denksteine des Mittleren Reiches im Museum von Kairo, Theil I: Text zu No. 20001-20399, Berlin, 1902, S. 123-125 zu finden. Ein Foto ist leider im Tafelband nicht veröffentlicht, nur eine Zeichnung, die das Wesirsgewand des Samonth zeigt (..., Theil IV: Tafeln, Berlin, 1902, Skizze 221 auf Tafel 71). Auch sonst habe ich kein Foto gefunden.

In (b) steht eine Opferformel mit Titeln und Namen des Wesirs Samonth. In den anderen Abschnitten der Stele werden weitere Personen genannt, darunter auch die Ehefrau des Wesirs.

Möchte sich jemand daran versuchen, diese Inschriften zu entschlüsseln?

Viele Grüße,
Michael Tilgner


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 06.09.2020 um 23:53:22  Gehe zu Beitrag
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