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   Eigennamen und wie man sie erkennen kann (8)
  Autor/in  Thema: Eigennamen und wie man sie erkennen kann
Peter  maennlich
Member



Eigennamen und wie man sie erkennen kann 
« Datum: 20.04.2022 um 17:10:56 »   

Ich habe seit langem mal wieder Zeit gefunden mich mit Hieroglyphen zu befassen und dabei ist mir eine Frage eingefallen.

Und zwar würde ich gerne wissen, wie die Leute hier im Forum mit ägyptischen Eigennamen umgehen, falls sie in Texten vorkommen. Ich habe da nämlich so einige Schwierigkeiten damit, wenn es in die "Gruppenschreibung" geht und Namen vorkommen, die besonders lang sind.

Ich hoffe, dass mir jemand Tipps geben kann, die es mir erleichtern solche Namen überhaupt zu erkennen, denn meistens bemerke ich die überhaupt nicht und Frage mich anschließend bei Übungstexten, woran ich den Namen erkennen soll.

Bisher übersetze ich dann immer stumpf weiter und baue den Namen dann im Prinzip in den Text so ein, dass er "verschwindet".
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Eigennamen und wie man sie erkennen kann 
« Antwort #1, Datum: 20.04.2022 um 21:40:28 »   

Grüß dich Peter,

demselben Problem bin ich auch schon begegnet ! Schau am besten in den Beitrag Familiennamen rein, welchen Otto 2017 im Themenbereich Alltag & Freizeit eröffnete. Lutz hatte dort in der Antwort # 1 drei Links zu Hermann Ranke reingesetzt. Am besten liest du dich vielleicht in das folgende Werk ein :

Hermann Ranke : Die Ägyptischen Personennamen, Bd. 2 : Form und Inhalt der Namen.

Kurz- und Kosenamen werden darin jedoch übergangen. Ich hoffe das dort eingestellte Werk hilft dir weiter. Es gibt andernorts dazu noch eine interessante Ausführung von Wallis Budge, aber die konnte ich gerade nicht finden.

Good luck

Lolli  
> Antwort auf Beitrag vom: 20.04.2022 um 17:10:56  Gehe zu Beitrag
Peter  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Eigennamen und wie man sie erkennen kann 
« Antwort #2, Datum: 21.04.2022 um 15:51:32 »   

Danke, aber ich fürchte, das Hilft mir nicht weiter. Mir fehlt eine Art Methodik.

Zum Beispiel sowas:

Wie würdest du das übersetzen?
Oder besser: Was würdest du dir zuerst ansehen?
> Antwort auf Beitrag vom: 20.04.2022 um 21:40:28  Gehe zu Beitrag
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Eigennamen und wie man sie erkennen kann 
« Antwort #3, Datum: 21.04.2022 um 20:10:08 »   

Ich würde dich bitten, diese Frage möglichst weiterzugeben, oder selbst eine Antwort darauf zu finden. Aus welchem Zusammenhang stammt der mutmaßliche Name noch gleich ? Ramessidenzeit ? Michael ist da meist zuverlässiger als ich

Stattdessen möchte ich dir zum Vergleich mein letztes Problem vorstellen. Es handelt sich um eine Inschriftentafel, welche die Königin Katimala (21. Dynastie) in Semna anbringen ließ. Leider war ihr Name nicht in einer Kartusche gesetzt und wurde bei Coleman Darnell als solcher auch nicht ausgewiesen. Die Ausgabe von Ricardo Augusto Caminos konnte ich nicht erreichen. Also durchsuchte ich die Inschriftentafel von Semna selbst nach ihrem Namen.

Ohne Gewähr : Erst stieß ich auf das Zeichen für Frau, dann auf jenes für königliche Tochter. Schließlich isolierte und übersetzte ich den folgenden Abschnitt wie folgt :

http://www.aegyptologie.com/forum/attachments/Frau_koenigliche_Tochter_Katimala_Coleman_Darnell_.jpg

Ich übersetzte sinngemäß : Herrin des Südens, königliche Tochter Katimala.

Dann verkürzte ich wie folgt und interpretierte den nun folgenden Abschnitt mit : Königin Katimala [von Nubien].

http://www.aegyptologie.com/forum/attachments/Koenigliche_Tochter_Katimala_Name_in_der_Inschrift_Semna_Coleman_Darnell_.jpg

Ich denke, dass ich das richtige getroffen habe, aber ohne jede Vorlage musste ich mir den Namen, welchen ich suchte, erst einmal vorab rekonstruieren, damit ich ungefähr wusste, wonach ich suche. Schließlich hat es geklappt, weil dem Eigennamen Katimala der Nominativ singular Frau, sowie der Substantiv königliche Tochter vorangestellt waren.

Soweit zu meinen letzten Erfahrungen mit den Personennamen. Alles etwas Zeitaufwendig, aber wer die Tüftelei mag ... .

Gruß Lolli



Quelle : Darnell, John Coleman : The Inscription of Queen Katimala at Semna, Yale 2006.
« Letzte Änderung: 21.04.2022 um 20:42:32 von Lolli2u »


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> Antwort auf Beitrag vom: 21.04.2022 um 15:51:32  Gehe zu Beitrag
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Eigennamen und wie man sie erkennen kann 
« Antwort #4, Datum: 22.04.2022 um 19:52:59 »   

Hi Peter,

habe jetzt noch einmal bei Wallis Budge reingeschaut. Die Sequenz der Hieroglyphen, welche du in Antwort # 2 eingestellt hast, bezieht sich offenbar auf die Gottheit Osiris, wie du sicherlich bereits erkannt hast.

Sinngemäß könnte die Sequenz entsprechend Wallis Budge vielleicht wie folgt zu lesen sein :  "Osiris, Lord of Life, Chief of his house" bzw. "the house". Die Auslegung "his house" würde auf seinen Schrein oder Tempel in einem dort nicht genannten Ort, oder einer Stadt abzielen. Die Auslegung "The house" zielt dahingegen auf das Haus, etwa einen Palast und einen bei dir nicht genannten Hausherren, oder sogar einen Kornspeicher. Alles ohne Gewähr, nur mal eben ins Blaue hinein.

Die Kombination der in deiner Sequenz genannten Zeichen kannst du vielleicht am besten im Dictionary von Wallis Budge kurz abgleichen :

Wallis Budge, Ernest Alfred : Egyptian Hieroglyphic Dictionary, Vol. 1, London 1920, S. 86 - 87.

Bei den Feinheiten werden dir sicherlich Thot oder Michael weiterhelfen können.

Gruß Lolli  
« Letzte Änderung: 22.04.2022 um 21:59:24 von Lolli2u »
> Antwort auf Beitrag vom: 21.04.2022 um 20:10:08  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Eigennamen und wie man sie erkennen kann Katimala_Titel_und_Name.jpg - 23 KB
« Antwort #5, Datum: 23.04.2022 um 22:18:11 »   

Hallo, Lolli2u,

Deine "Tüftelei" hat Dich dazu gebracht, Titel und Name von Katimala in der hieroglyphischen Inschrift zu identifizieren.

Du hast offensichtlich als "Frau" die Hieroglyphe mit der Gardiner-Kennung B1 angesehen:


Sie ist hier als Determinativ (Deutzeichen) für das davor stehende Wort aufzufassen - die Zeichen werden von rechts nach links gelesen (im Forum lässt sich das leider nicht umsetzen, so dass die Hieroglyphen hier von links nach rechts geschrieben sind):


Hm.t
"Frau, Ehefrau" (Wb III, 76ff)

Davor steht noch ein Zeichen, nämlich M23 Binse mit dem Lautwert sw:


In Verwandschaftsbezeichnungen und Titeln dients es aber auch als Abkürzung für nswt "König" (Wb II, 325). Dazu kommt eine Eigentümlichkeit des hieroglyphischen Schriftsystems, nämlich die Umstellung der Zeichen aus Gründen der Ehrerbietung. Damit lautet der Anfang der Inschrift:


Hm.t-nswt
"Gemahlin des Königs" (Wb III, 77 bzw. 78.1)

Danach folgen drei Zeichen:


Bei dem Vogel handelt es sich die Hieroglyphe G36 Schwalbe mit dem Lautwert wr. Hier findet man im Wörterbuch die Bedeutung "groß, groß sein" (Wb I, 326). Das darunter stehende Zeichen D21 Mund hat die Lesung r und wiederholt den letzten Konsonanten des Zweikonsonantenzeichens G36, so dass das Ganze nur wr und nicht wr-r gelesen wird (sog. phonetisches Komplement oder salopp: "Lesehilfe"). Das dritte Zeichen über dem Vogel ist X1 Brot mit Lesung t. Es kennzeichnet feminine Wörter. Daher ist es auch oben bei Hm.t verwendet worden. Obwohl es über der Schwalbe steht, ist es danach zu lesen; dies ist die zweite Eigentümlichkeit des hieroglyphischen Schriftsystems, nämlich die Umstellung aus rein graphischen Gründen. Bis dahin lautet der Text nun:


Hm.t-nswt wr.t
"die Große Gemahlin des Königs" oder auch "die Große königliche Gemahlin" (Wb III, 78.7)

Das ist der Titel einer Königin.

Danach folgen die Hieroglyphen:


Das Gardiner-Zeichen H8 Ei wird in späterer Zeit als Ideogramm für sA "Sohn" verwendet (Wb III, 408). Hier steht es mit der bereits erwähnten Feminin-Endung t, so dass sA.t "Tochter" gemeint ist (Wb III, 411). Die davor stehende Binse hatten wir schon: ehrenvolle Umstellung des Wortes "König". Wir haben also:

sA.t-nswt
"Tochter des Königs" (Wb III, 412.7)

Ob es sich um den gleichen König handelt - der also seine Tochter zur Frau genommen hat - oder um verschiedene Könige, kann man hieraus aber nicht feststellen.

Nun kommt der Name, der nicht ägyptisch ist: KAtjmAr(w) "Katimala". Das Ägyptische kennt kein "l". Wenn dieser Laut in ausländischen Personen- oder Ortsnamen auftritt, wird er mit dem liegenden Löwen E23 geschrieben, obwohl die eigentliche Lesung rw ist.


Nach dem Namen kommt nun wieder die sitzende Frau B1, diesmal als Determinativ für einen Frauennamen. Das Zeichen wird nicht gelesen.

Darnell schließt diese Sequenz mit der Hieroglyphe M16 ab


das die Lesung HA hat. Es ist nicht korrekt, denn hier muss M85 stehen.



Das ist aber ein Zeichen, das nicht zur Gardiner-Liste gehört, sondern zur sogenannten "Extended Library". Vermutlich hatte Darnells Computerprogramm dieses Zeichen nicht in seinem Bestand, denn er hat es ganz richtig transkribiert und übersetzt. Es steht nämlich als Abkürzung für mAa-xrw "gerechtfertigt" (Wb II, 17). Auf der zitierten Wörterbuchseite steht:

Zitat:
Die seit Ende D. 18 (Amarna) aufkommende Schreibung mit der Blume nach Männer- und Frauennamen könnte auf der Vorstellung vom "Kranz der Rechtfertigung" beruhen, den der gerechte Tote erhält.

Da es sich um eine Frau handelt, muss man die Femininendung t hinzufügen.

Insgesamt haben wir also:

Hm.t-nswt wr.t sA.t-nswt KAtjmAr(w) mAa.t-xrw
"die Große Gemahlin des Königs (und) Tochter des Königs Katimala, gerechtfertigt"

Ich habe diesen Passus so ausführlich erläutert, um zu zeigen, dass man ohne Zeichenliste und Wörterbuch bei der Bearbeitung hieroglyphischer Inschriften nicht wirklich weiterkommt. Ich muss noch hinzufügen: Man braucht auch eine Grammatik. Auf grammatische Fragen bin ich aber hier nicht eingegangen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 21.04.2022 um 20:10:08  Gehe zu Beitrag
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Eigennamen und wie man sie erkennen kann 
« Antwort #6, Datum: 24.04.2022 um 11:12:42 »   

Lieber Michael,

vielen Dank, dass du dir die Mühe gemacht und meine Lesart zum Namen und zur Titulatur der nubischen Königin Katimala geprüft und ihre Richtigkeit bestätigt hast ! Deine Antwort ist für mich sehr wichtig, weil es sich bei der Isolierung ihres Namens aus dem in Semna gesetzten Text vermutlich um ein Novum handelt und mir eine Verifizierung desselben daher sehr bei der weiteren Bearbeitung der Historie dieser Königin hilft.

Ich war im übrigen ebenfalls auf ein Wörterbuch angewiesen und benutzte das Dictionary von Wallis Budge. Obwohl ich die damals herangezogenen Passagen bis jetzt nicht wiedergefunden habe, füge ich hier zum Abgleich deiner oben gemachten Ausführungen nochmals einige der bei Wallis Budge a.a.o dazu gegebenen Zeichenerklärungen hinzu, welche sich im wesentlichen mit deinen Angaben decken.

Ebenso wie dir war mir dabei aufgefallen, dass die Königin Katimala in dem Text offenbar sowohl als "erste königliche Gemahlin" wie auch als "königliche Tochter" bezeichnet wird. Ich halte sie entsprechend meinem Lexikon Eintrag für die Enkelin der Königin Mehetenweskhet, sowie für die Tochter König Osorkon des Älteren und Gemahlin des Pharao Siamun.

Aus dem Dictionary von Wallis Budge griff ich jetzt auf folgende Zeichenerklärungen zurück :

http://www.aegyptologie.com/forum/attachments/Nesu_kings_daughter_.jpg

http://www.aegyptologie.com/forum/attachments/Nesu_Kings_great_wife_.jpg

sowie :

http://www.aegyptologie.com/forum/attachments/Hem-t_Nesu_Kings_wife_Queen_.jpg

Du hast im übrigen wie gesagt Recht, ohne ein Wörterbuch geht es nicht, aber Wallis Budge liegt mir, trotz seiner veralteten Vokalisierung, deutlich eher als Gardiner, weil mir seine Art der Wort für Wort Übersetzungen, sowie seine Art der Handhabung des altägyptischen Alphabets, irgendwie besser entgegenkommt.

Vielen Dank nochmals für deine kompetente Rechtfertigung und einen

herzlichen Gruß zurück

Lolli  

       
Quelle : Darnell, John Coleman : The Inscription of Queen Katimala at Semna, Yale 2006.
« Letzte Änderung: 24.04.2022 um 12:05:51 von Lolli2u »


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> Antwort auf Beitrag vom: 23.04.2022 um 22:18:11  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Eigennamen und wie man sie erkennen kann 
« Antwort #7, Datum: 25.04.2022 um 19:54:49 »   

Hallo, Peter,

zu Deinem Beispiel:

Es beginnt mit Wsjr "Osiris"; das kann der Gott sein oder der Verstorbenentitel. Danach folgt nb anx "Herr des Lebens"; laut Wb I, 199.11-12 "Bezeichnung von Göttern" (Osiris, Horus u.a.). Damit hätten wir an dieser Stelle "(Gott) Osiris, Herr des Lebens ..." Oder Nb-anx ist ein Personenname (Ranke, Die Ägyptischen Personennamen, Bd. I, 1935, S. 183.26). Also alternativ: "(Verstorbener) Osiris Neb-anch ...". Dem schließt sich an: ms m pr=f "geboren in seinem Hause". Seltsam: Würde man das von einem Gott sagen? Wenn man das Lexikon der Götter und Götterbezeichnungen, Bd. I-VII, 2002 zur Hand hätte, könnte man prüfen, ob es ein solches Beiwort für Osiris gäbe. Leider ist dieses Werk so gut wie nicht mehr online. Aber auch für einen Menschen klingt es seltsam. Sollte hier die Abstammung gemeint sein? Das würde eigentlich ein ms.n [Name] verlangen, was hier auch nicht vorliegt.

Fangen wir noch einmal von vorne an: nb anx ist auch eine Bezeichnung des Sarges (Wb I, 199.14, II, 228.14). Kommen wir damit weiter? msj kann "gebären, erzeugen, etwas bilden" (Wb II, 137 ff) bedeuten. Zur letzteren Bedeutung schreibt das Wb: "aus einem Stoff bilden, künstlich herstellen: Eigentlich und zumeist Götterbilder, dann auch Gebäude, Geräte" (Wb II, 138.12-14). Wenn wir die Präposition m als "m of predication" auffassen, könnten wir die Passage so übersetzen: "Osiris, Herr des Lebens, geschaffen / hergestellt als sein Haus" und damit eine Osiris-Statue meinen. Ignorieren wir mal "Osiris", so wäre auch möglich: "Herr des Lebens (= Sarg), geschaffen als sein Grab" mit pr "Haus = Grab, vereinzelt allein für Grab" (Wb I, 514.2).

Vielleicht gibt es noch eine andere Möglichkeit, aber nun ist der Kontext gefragt, um eine Entscheidung für die eine oder andere Übersetzung treffen zu können.

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 21.04.2022 um 15:51:32  Gehe zu Beitrag
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