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   Täfelchen zur Zeit Horus Den (8)
  Autor/in  Thema: Täfelchen zur Zeit Horus Den
maat02  weiblich
Member



Täfelchen zur Zeit Horus Den 167639.jpg - 429 KB
« Datum: 08.05.2023 um 15:36:55 »   

Hallo,

vielleicht kann mir hier jemand weiterhelfen.

Hier gibt es für mich jede Menge Möglichkeiten.
(habe jede Menge Phantasie )
Ich möchte aber schon an den wirklich möglichen Übersetzungen bleiben.

Leider gibt es hier keine Infos:
https://www.penn.museum/collections/object/95962

Oben links
3 Köpfe : Haupt?
dann 3 Feuerzeichen und hinten drin der Getreidesilo?
mahlen des Getreides, oder bestes Geschenk, Gabe?

Die Gebäude, sind das ein Tempel und ein Palast?
Heutzutage sieht das eher wie eine Fabrik aus

Der Arm und die Viper, kann das "sein Arm" sein
oder eher "er gibt"?

Die 2 Zeichen rechts
Sind das kleine Hügel von geerntetem Getreide?

Unten
Das Zeichen macht mir die größten Probleme,
da ich keine Gardiner Nummer gefunden habe.
Da ich zwei Schlingen sehe, ist das womöglich eine Art Falle?
Oder ist das eine Art Schurz/Pektoral anzusehen?

Ist das eine Zahl 1 oder ein Ideogrammstrich zu lesen?

Ich finde es recht interessant, da es in meiner Phatasie an eine Beschreibung zum Schutz für das Getreide darstellt mit einer Art Mausefalle, die im Tempel und Palast ausgestellt wird. Leider fehlt die Maus.  

Danke vielmals
Maat02


- Vollbild -
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Täfelchen zur Zeit Horus Den 
« Antwort #1, Datum: 08.05.2023 um 19:45:25 »   

Hi Maat,

jede Menge Phantasie ist meines Erachtens nach schon mal seehr gut !

Ich würde sagen, dass das Täfelchen in der Tat einen Silo mit angestellter Leiter zeigt. Dies ist so auch aus anderen Darstellungen bekannt, so etwa in der Nekropole Theben-West, Grab des Sennefer (TT 96). Dann wäre ich allerdings sehr überrascht, denn eine solche Vorratshaltung von Getreide in Silos ist mir für die 1. Dynastie nicht bekannt.
Siehe dazu vielleicht am besten bei Andrea Klug : Pharaos Staat, Wiesbaden 2006, S. 43, Abb. 1 u. S. 68 - 69.

Na ja, das viereckige Zeichen unten könnte in der Tat ein Pektoral darstellen. Dann würden der Arm und die Viper vielleicht jeweils einzeln als die Namen von König Qa'a und König Djet (Wadj) gelesen werden dürfen. Ich habe ihre Zeichen auf der Page von Tour Egypt bei Jimmy Dunn gesehen. Die drei in der Kopfzeile gezeigten Häupter wären deshalb also vielleicht mit den Pharaonen Den, Qa'a und Djet zu identifizieren.

Dunn erwähnt diesbezüglich etwas von einer Wiederherstellung ihrer Gräber in späterer Zeit. Könnte die Tafel daher vielleicht auch erst im Laufe der 18. Dynastie in das Grab des Den gelangt sein ?

Am besten noch mal vorher in den Berichten von Emile Amelineau und Flinders Petrie reinschauen.

Gruß Lolli
« Letzte Änderung: 08.05.2023 um 20:59:03 von Lolli2u »
> Antwort auf Beitrag vom: 08.05.2023 um 15:36:55  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Täfelchen zur Zeit Horus Den 
« Antwort #2, Datum: 09.05.2023 um 12:45:21 »   

Hallo, maat02,

dieses Täfelchen wird von Peter Kaplony als "Stoff-Etikette" interpretiert, von denen zur Zeit nur sechs oder sieben Stück bekannt sind (Die Inschriften der ägyptischen Frühzeit, Bd. I, Wiesbaden, 1963, S.319); Nr. 2 seiner Liste:

Zitat:
Die Etikette _wn 1 aus Elfenbein, die eine Festnotiz trägt. Erhalten ist nur die linke Hälfte. Im oberen Teil steht steht die Festnotiz mit dem Namen Zm.tj von _wn, im unteren afn.t 1 mit besonders grossem Mantelzeichen. Der Vertikalstrich unter dem Mantel ist in so früher Zeit kaum Ideogrammstrich, sondern zeigt einen einzigen Mantel an.

Wie kommt Kaplony zu dieser Einschätzung?

Dazu ist zunächst der Name Zm.tj zu betrachten. Der Pharao Den (oder auch Dewen) gilt als der erste, der den Titel nsw-bj.tj "König von Ober- und Unterägypten" - in der Titulatur auch "Thronname" genannt - getragen hat. Dieser Name wird hieroglyphisch so geschrieben:


Das darin verwendete Zeichen N25 steht für Fremdland oder Wüstenland und wird xAs.t gelesen. Die hier vorliegende Dual-(Doppel-)Schreibung xAs.tj kann aber auch als Schreibung des Nisbe-Adjektivs verstanden werden (Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, § 77.1): "der aus dem Fremdland, der aus dem Wüstenland".

Ein ähnliches Wort für "Wüste" ist smj.t (zumeist ohne m geschrieben):


In Wb III, 444 wird darauf hingewiesen, dass


"z.T. auch smj.t gelesen werden könnte, mit dem es zuweilen wechselt". Eine ähnliche Bemerkung steht bei xAs.t in Wb III, 234.14.

Diese Verwechslungsmöglichkeit hat dazu geführt, dass manche Ägyptologen den Thronnamen Dens als xAs.tj, andere als smj.tj lesen, wie eben Kaplony (z steht für stimmhaftes "s"). Zu letzterem gibt es noch weitere Varianten älterer Lesungen, z.B. bei Petrie Setui u.a.

Werfen wir nun einen Blick in die Publikation von W. M. Flinders Petrie, The Royal Tombs of the First Dynasty, Part I, London, 1900, Taf. V, dann sehen wir unten mit den laufenden Nummern 8-12 verschiedene Beispiele für den Thronnamen Dens. Worauf es mir ankommt, ist speziell Nr. 12: Erstens steht hier eindeutig der Königstitel über dem Namen, und zweitens ist es die Darstellung der Hügelhieroglyphe. Sie zeigt nämlich gepunktet den Sand oder die Struktur des Berglandes. Damit war Kaplony in der Lage bzw. damit sind auch wir in der Lage, die beiden gepunkteten Hügel auf dem Täfelchen E6843 rechts oben als die linken, abgeschnittenen Teile der Hügellandhieroglyphe N25 zu bestimmen! Hier muss also der Thronname Dens gestanden haben!

Bei den unteren Zeichen handelt es sich um das Wort afn.t "Kopftuch" (Wb I, 183.4). Dieser Vorschlag wurde bereits von Newberry, The wooden and ivory labels of the first dynasty, in: PSBA, Bd. 34, S. 279-289 (1912) vorgebracht (leider nicht online). Wie Kaplony schreibt (S. 326-327) kommt dieses Wort in archaischer Zeit "an zwei oder drei Stellen" vor. Da afn.t später nicht

Zitat:
als Gewandname bekannt ist, bleibt es offen, ob [die Zeichenfolge] in _wn 1 wirklich einen Mantel andeutet oder [dieses Zeichen] als allgemeines Determinativ auch hier für afn.t "Kopftuch" steht.

Was ich mit "dieses Zeichen" bezeichnet habe, ist nicht in der Gardiner-Liste enthalten. Jochem Kahl hat in seiner groß angelegten Untersuchung Das System der ägyptischen Hieroglyphenschrift in der 0.-3. Dynastie, Wiesbaden, 1994 die Konvention eingeführt, die Zeichen der Frühzeit, die alsbald wieder verschwunden sind, ebenfalls in die Kategorien der Gardiner-Liste einzureihen und sie aber mit einem Kleinbuchstaben zu versehen. Dieses Zeichen erhielt die Nummer s28; s steht für die Kategorie "Kronen, Kleidung, Stäbe etc.". Den Eintrag in seiner Tabelle (S. 721) habe ich hier eingefügt. Wie man sieht, ist so ziemlich alles mit Fragezeichen versehen.

Wie auch immer, man kann nun nachvollziehen, wie Kaplony zu seiner Einschätzung gekommen ist.

Was kann man nun zu den anderen Zeichen sagen?

Ganz oben links steht dreimal das Zeichen D1


tp "Kopf"

Darunter dreimal Aa27


nD

Links daneben ein Zeichen, das ich nicht identifizieren kann.

Obwohl es für diese Zeichen etliche Eintragungen im Wb gibt, ist hier eine sinnvolle Übersetzung bisher nicht möglich gewesen.

Das betrifft auch das große Zeichen darunter, das unter der Nummer o27 Eingang in Kahls Liste gefunden hat; o für "Gebäude, Gebäudeteile etc." - siehe Anhang. Das Zeichen ist nur ein einziges Mal belegt, nämlich in diesem Täfelchen. Kahl notiert in der Fußnote: "In unklarem Zusammenhang".

Es sei schließlich noch auf eine Umzeichnung des Täfelchens in der Petrie-Publikation hingewiesen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 08.05.2023 um 19:45:25  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Täfelchen zur Zeit Horus Den 
« Antwort #3, Datum: 09.05.2023 um 17:24:46 »   

Hallo, maat02,

könnten die drei Kopf-Hieroglyphen D1 vielleicht mit Pharaonen identifiziert werden, wie vorgeschlagen wurde?

Ich meine: Nein. Es gibt in der Tat aus der Frühzeit Listen von Pharaonen. Was daran auffällt, ist, dass ihre Namen (Horusname oder Thronname) genannt werden. Ein Beispiel habe ich dem Buch Jürgen von Beckerath, Chronologie des pharaonischen Ägypten, Mainz, 1997, S. 169 entnommen. Es zeigt die Namen der vier letzten Könige der 1. Dynastie auf einem archaischen Gefäß. Ganz rechts ist übrigens der Thronname Dens zu sehen: #As.tj. Auch hier haben wir die gepunktete Hügelhieroglyphe N25.

Ich füge noch eine schön gestaltete Hieroglyphe N25 aus dem Neuen Reich an; sie stammt aus dem Grab des Amenemhet (TT 82). Auch hier sieht man die Struktur des Berglandes. Die blaue Linie könnte eine Andeutung des Nils sein oder für das kultivierte Land stehen (Nina M. Davies, Picture Writing in Ancient Egypt, London, 1958, S. 32 und Taf. VI).

Kaplony hat die unentzifferten Zeichen als Festbezeichnung interpretiert. Wie er dazu gekommen ist, hat er leider nicht mitgeteilt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 09.05.2023 um 12:45:21  Gehe zu Beitrag
maat02  weiblich
Member - Themenstarter



Re: Täfelchen zur Zeit Horus Den 
« Antwort #4, Datum: 10.05.2023 um 09:41:59 »   

Guten Morgen,

Danke vielmals für die interessanten Antworten.
damit kann ich was anfangen

Lieben Gruß
Maat02
> Antwort auf Beitrag vom: 09.05.2023 um 12:45:21  Gehe zu Beitrag
Chontamenti  maennlich
Member



Re: Täfelchen zur Zeit Horus Den 
« Antwort #5, Datum: 10.05.2023 um 15:08:09 »   

Der "Tempel" scheint mir allerdings das Per-Wer zu sein.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Per-wer
> Antwort auf Beitrag vom: 10.05.2023 um 09:41:59  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Täfelchen zur Zeit Horus Den pr-wr_in_Regulski_Palaeographie.jpg - 489 KB
« Antwort #6, Datum: 11.05.2023 um 22:10:39 »   

Hallo, Chontamenti,

obwohl der Vorschlag, in dem Gebäude auf dem Täfelchen den Per-wer zu sehen, verlockend ist, kann ich mich ihm nach näherer Prüfung doch nicht anschließen.

Per-wer als oberägyptisches Heiligtum ist als Hieroglyphe O19 der Gardiner-Liste bekannt, die darin nur als Determinativ ohne eigenen Lautwert für pr-wr "Per-wer" oder jtr.t "Kappellenreihe" geführt wird.



Im Lexikon der Ägyptologie, Bd. IV, Sp. 934-935 wird zum Heiligtum Per-wer bemerkt:

Zitat:
Im Original sind keine solchen Bauten nachgewiesen, doch erlauben hieroglyphische Schreibungen Rückschlüsse auf die Form des Baues. Demnach handelt es sich um die Nachbildung eines urtümlichen oberägyptischen Häuptlingszeltes in der Form eines Ungeheuers (Elefant, Nashorn?) aus Holzstützen mit Mattenbehang. Charakteristisch sind geschwungene Tierrücken mit Schwanz, 3-4 Stoßzähne und die 2 neben der Fassade aufragenden Masten, die in Zusammenhang mit den snw-Schlangensteinen und den Masten späterer Tempelpylone zu sehen sind.

Zur Veranschaulichung habe ich zwei Seiten aus Ilona Regulski, A Palaeographic Study of Early Writing in Egypt, Leuven / Paris / Walpole, MA, 2010 angefügt, die diese frühen Schreibungen zusammenstellen.

Vergleicht man diese mit dem Zeichen auf dem Täfelchen, so erkennt man doch signifikante Unterschiede. Man könnte die "Leiter" noch gerade als Masten interpretieren, aber es fehlen die Tierelemente wie Schwanz und Stoßzähne. Darüberhinaus ist das Gebäude viel breiter und enthält weitere Merkmale, die man in den hier aufgelisteten Per-Wer-Zeichen nicht wiederfindet. Wie schon in einem früheren Posting erwähnt, ist dieses Zeichen einmalig. Ich kann nachvollziehen, dass man es nicht in die Reihe der O19-Zeichen eingegliedert, sondern mit einer eigenen Identifikationsnummer o27 versehen hat.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 10.05.2023 um 15:08:09  Gehe zu Beitrag
Chontamenti  maennlich
Member



Re: Täfelchen zur Zeit Horus Den 
« Antwort #7, Datum: 12.05.2023 um 14:58:29 »   

Du hast Recht! Ich hatte mich nur nach der Form der Hieroglyphe gerichtet.

Viele Grüße
Chontamenti
> Antwort auf Beitrag vom: 11.05.2023 um 22:10:39  Gehe zu Beitrag
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