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Ägyptologie Forum >> Schrift & Sprache


1) Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Haiko Hoffmann am 16.10.2016 um 14:28:32

Hallo allerseits!
Lange habe ich nicht vorbeigeschaut. Ich konnte nicht aus gesundheitlichen Gründen. ... Jetzt ist alles wieder gut.

Nun meine Frage:
Weiß jemand, wo die vier Miniatursärge für die Eingeweide Tutanchamuns klar und ausreichend groß im Www abgebildet sind oder verteilt zu finden sind, d.h. mit der Nennung der Göttinnen Isis, Selket, Neith und Nephthys? Mich interessieren dabei insbesondere die Inschriften. Gibt es zu allen 4 eigentlich auch eine Transkription bzw. Übersetzung. Bei Zauzich Hieroglyphen ohne Geheimnisse gibt's ja diese für den Miniatursarg mit Selkets Namen.
Danke im Voraus für die Hilfe.


2) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Lutz am 16.10.2016 um 14:58:32

Hallo,

die Texte im Original, also in Hieroglyphen ...

Horst Beinlich / Mohamed Saleh : Corpus der Hieroglyphischen Inschriften aus dem Grab des Tutanchamun. - [Mit Konkordanz der Nummernsysteme des 'Journal d'Entrée' des Ägyptischen Museums Kairo, der Handlist to Howard Carter's Catalogue of Objects in Tut'ankhamun's Tomb und der Ausstellungs-Nummer des Ägyptischen Museums Kairo]. - Oxford : Griffith Institute, 1989. - ISBN : 090041653X. - XVI, 282 S. - Seiten 106 - 117.

Zu jedem Objekt werden "Textnachweise" angegeben. Ich vermute, in diesen könnte man eventuell auch Transcriptionen oder Übersetzungen finden (?).

Gruß, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 16.10.2016 um 14:28:32


3) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Michael Tilgner am 16.10.2016 um 19:34:56 - Anhang: Kanopensarg_Nr_1_Tutanchamun_und_Inschrift.pdf

Hallo, Haiko,

es gibt eine Menge Abbildungen im WWW, aber man muss vorsichtig sein, denn manche sind von den Repliken gemacht, die seit vielen Jahren in Ausstellungen durch die Welt touren.

Seit dem Inschriftenband von Beinlich und Saleh sind etliche hervorragende Kataloge und Bildbände zum Tutanchamun-Grab erschienen. Der beste - meine ich - ist: Zahi Hawass, Tutanchamun. Das legendäre Grab des Pharao, München, 2008 mit phantastischen Aufnahmen von Sandro Vannini (inzwischen bei ZVAB auch schon antiquarisch günstig zu erwerben). Die Miniatur- oder Kanopensärge sind auf den S. 170-183 abgebildet - alle vier! -: Vorder- und Rückseite, außen und innen.

Soweit ich weiß, ich habe aber auch nicht besonders gesucht, gibt es die Transkriptionen und Übersetzungen im Internet nicht. Das liegt sicher auch daran, dass es sich aus Sicht der Ägyptologen um Standardformeln handelt, die so oder ähnlich dutzendfach (oder noch mehr) überliefert sind.

Deshalb mein Vorschlag: Greifen wir dieses Thema als Übersetzungsübung auf und fordern unsere Forumsteilnehmer auf, es doch einmal selbst zu versuchen!

Zitat:
Weiß jemand, wo die vier Miniatursärge für die Eingeweide Tutanchamuns klar und ausreichend groß im Www abgebildet sind oder verteilt zu finden sind, d.h. mit der Nennung der Göttinnen Isis, Selket, Neith und Nephthys?

Ja - hier im Anhang - zumindest für einen der vier Miniatursärge!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 16.10.2016 um 14:28:32


4) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Haiko Hoffmann am 17.10.2016 um 10:41:08

Danke! Vielen Dank für den Literatur-Tipp!
Ich hoffe, es beteiligen sich Leute an dieser Aufgabe, auch wenn mir klar ist, dass diese Texte größtenteils aus geläufigen Formeln bestehen und so wahrscheinlich keine allzu großen Hürden darstellen dürften. Aber Übung macht ja nunmal den Meister. ...

> Antwort auf Beitrag vom: 16.10.2016 um 19:34:56


5) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Haiko Hoffmann am 17.10.2016 um 12:56:41

Vielleicht so?
Versteckten Text anzeigen...

Dd mdw jn Ast HAp a.wj Hr ntj jm(=j)
stp(=j) sA Hr (J)ms.tj ntj jm(=j) (J)ms.tj
Wsjr nsw.t Nb-xpr.w-ra mAa xrw xr nTr aA


Worte, gesprochen von Isis: ich habe bedeckt/verhüllt [HAp seit MR so geschrieben - s. WB 3, S. 30] (mit meinen) beide(n) Arme(n) über den/welchen in (mir ist),

(damit) ich bereite den Schutz auf Imseti*, welcher in (mir ist), (des) Imseti

(des) Osiris (und) Königs Nebcheperure, gerechtfertigt vor/bei (dem) Großen Gott.


* hieroglyph. Schreibung so seit dem MR; in Nachzeichnung fehlt beide Male das

d.h. vollständig so:



> Antwort auf Beitrag vom: 16.10.2016 um 19:34:56


6) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Seschen am 17.10.2016 um 14:13:34

Hallo!

Meine Umschrift und Übersetzung sind ähnlich, mit nur kleinen Abweichungen von Haikos Vorschlag.

Versteckten Text anzeigen...
Dd mdw jn As.t HAp (=j) a.wj (=j) Hr n.tj m=j
stp-sA Hr (j)ms.tj n.tj m=j (j)ms.tj
Wsjr nswt (nb-xpr.w-ra)| mAa-xrw xr nTr-aA


Worte zu sprechen durch Isis: Ich decke (/lege) (meine) Arme über den, welcher in mir ist
(als) Schutz über Amset, der in mir ist, der Amset (= Leber)
des Osiris König Nebcheperu-Re, gerechtfertigt (/selig), beim Großen Gott.


Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 17.10.2016 um 12:56:41


7) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Haiko Hoffmann am 17.10.2016 um 14:52:13

Frage: Hat HAp (verhüllen, bedecken - s. Wb 3, 30, Pkt. I.) irgend etwas mit Hpt (umarmen, umfassen - s. Wb 3, 71.16-72.8) zu tun? Ich komme darauf wegen des Lemma-Suchbegriffs Arm, welcher dieses u.a. zeigte, und auch wegen des nicht uninteressanten Determinativs.
vgl. Lemma 1042301 aus dem Thesaurus Linguae Aegyptiae


älter:


 

> Antwort auf Beitrag vom: 17.10.2016 um 14:13:34


1: http://aaew.bbaw.de/tla/servlet/GetWcnDetails?u=mulan&f=0&l=0&wn=104230&db=0


8) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Seschen am 17.10.2016 um 18:18:57

Hallo, Haiko!

Ich fand im Wb 3,71 16-181 diese Schreibvariante für Hpt
, allerdings vermerkt mit *sp.

Deshalb entschied ich mich für HAp, Hannig S. 509 (3): bedecken (mit etwas), decken (Hr über).

Gruß, Seschen
 

> Antwort auf Beitrag vom: 17.10.2016 um 14:52:13


1: http://aaew.bbaw.de/wbimg/WB3/P0071.JPG


9) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Michael Tilgner am 17.10.2016 um 20:41:10

Hallo, Haiko, hallo Seschen,

das ging ja schnell! Und die Lösung ist ja ungefähr dieselbe - ungefähr! Hier ist meine:

Dd mdw jn As.t
"Worte zu sprechen durch Isis:"

HAp a.wj(=j) Hr ntj jm=j
"Meine Arme verbergen das/den, was/der in mir ist."

HAp "verbergen, verhüllen" (Wb III, 30.6-9) Die Präposition Hr gehört zu diesem Verb und gibt das Objekt an. 1. Pers. Sg. wird oft nicht geschrieben. HAp(=j) a.wj(=j) Hr "ich verhülle / verberge meine Arme über ...)" passt m.E. vom Sinn nicht. Andererseits gibt das Wb. auch die Übersetzung an: "(die Hände) decken über etwas (mit Hr)" Interessanterweise gibt es dazu keinen Beleg im DZA. "Ich decke meine Arme über ..." wäre demnach auch möglich.
ntj Relativpronomen, absolut gebraucht "das, was ist" (Wb. II, 354.1)
jm=j Präposition m mit Suffix (z.B. Gardiner, Egyptian Grammar, § 162). Das Zeichen B1 "sitzende Frau" steht für weibliches =j (Wb. I, 25), obwohl die 1. Pers. Sg. keine Unterscheidung zwischen maskulin und feminin kennt (also nur in der Schreibung!). Man braucht also nicht =j in Klammern zu setzen.

stp(=j)-sA Hr Jms.tj ntj jm=j
"Ich schütze Amset, der in mir ist, ..."

stp-sA "schützen" (Wb. IV, 339.17) - Angabe des Geschützten durch eine Präposition, z.B. Hr
Jms.tj "(Amset) einer der vier Horussöhne" (Wb. I, 88.12-13) (Die Lesung "Amset" nach TLA). Die Schreibung ohne anlautendes j seit dem Mittleren Reich. "(als) Schutz" müsste m.E. mit der Präposition m geschrieben werden.

Jms.tj Wsjr nsw Nb-xpr.w-Ra mAa-xrw xr nTr aA
"..., den Amset Osiris König Nebcheperure, gerechtfertigt beim großen Gott"

Der verstorbene Pharao wird also nicht nur mit Osiris gleichgesetzt, sondern auch mit dem Horuskind Amset.

Wie muss man diesen Spruch auffassen? Offensichtlich stellt der Eingeweidesarg eine Verkörperung der Isis dar; das darin befindliche Eingeweide, in diesem Fall die Leber, wird durch Amset verkörpert. Und dieser wiederum steht für den (ganzen) toten König.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine, HAp und Hp.t gehören nicht zusammen; das zeigen die unterschiedlichen Determinative, auch die Wortfelder decken sich eigentlich nicht: "verhüllen, verbergen" vs. "umarmen".

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 17.10.2016 um 18:18:57


10) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Haiko Hoffmann am 18.10.2016 um 08:27:58

Hallo Michael,
danke für die detaillierten Erklärungen. Ich gehe mit diesen mit. Meine Formulierung war an einer Stelle etwas umständlich und irgendwie verquer. Aber mich freut es, dass ich als Laie das geschafft habe, doch ziemlich genau zu treffen, wobei Seschem da noch ein wenig dichter war. Die Erfahrung und das Wissen machts. Seschem ist da auch einfach weiter als ich, zumal ich ja einige Zeit lahmgelegt war sozusagen. ...

Ich hoffe, dass die nächste Aufgabe schon bald kommt.

> Antwort auf Beitrag vom: 17.10.2016 um 20:41:10


11) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Michael Tilgner am 18.10.2016 um 23:15:33 - Anhang: Kanopensarg_Nr_2-4_Tutanchamun_und_Inschrift.pdf

Hallo, Haiko und Seschen,

hier sind die Inschriften der anderen Mumiensärge. Bitte eine nach der anderen bearbeiten!

Beim Vergleich der Inschriften ist mir einiges aufgefallen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 18.10.2016 um 08:27:58


12) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Haiko Hoffmann am 19.10.2016 um 09:11:47

Zum 2. Text biete ich an:

Versteckten Text anzeigen...
Dd mdw jn Njt sxn a.wj(=j) Hr ntj jm(=j)
stp(=j)-sA Hr dwA-mwt.f ntj jm(=j)
dwA-mwt.f Wsjr nsw Nb-xpr.w-Ra mAa-xrw xr nTr aA


Worte zu sprechen durch Neith*: „Meine Arme umfangen das/den, was/der in (mir) ist.
Ich schütze Duamutef, der in (mir) ist,  
den Duamutef Osiris König Nebcheperure, gerechtfertigt beim großen Gott.“

* auch Nt (Hannig/Ausg. 1995, S. 1211), so dass man viell. auch als Kompromiss N(j)t setzen könnte, wobei sogar R24 allein als Log/Det sogar noch Nrt ist (Hannig, S. 1076)

Fragen: Kann es sein, dass die Namenskartusche überschrieben worden ist? Bei den Abbildungen mutet diese irgendwie überarbeitet an. Wenn ja, für wen war das Ganze dann eigentlich bestimmt? Aber vielleicht täusche ich mich da, und ein Blick aufs Original würde alles klären. ...

Hat es etwas zu bedeuten, dass bei je zweien (1/3, 2/4) wegen der verschiedenen Schreibung des Namens Osiris die Texte von verschiedener Hand geschlagen worden sind, zumal bei Nr. 2 Osiris irgendwie eilig gefertigt und dazwischen gequetscht anmutet? Genauso wie die Schreibung von jm(=j) sich analog unterscheidet, d.h. 1/3 und 2/4, d.h. sowohl mit oder ohne B1 bzw. mit oder ohne Eule?

Hat es einen besonderen Grund, warum Osiris sowie mA (Sichel) am Ende seitenverkehrt sind? Oder ist das eine Frage der Ästhetik?


> Antwort auf Beitrag vom: 18.10.2016 um 23:15:33


13) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Lutz am 19.10.2016 um 19:01:30


Zitat:
... Fragen: Kann es sein, dass die Namenskartusche überschrieben worden ist? Bei den Abbildungen mutet diese irgendwie überarbeitet an. Wenn ja, für wen war das Ganze dann eigentlich bestimmt? ...


Marc Gabolde : Under a Deep Blue Starry Sky [PDF - 2,3 MB]1. - In: Causing His Name to Live - Studies in Egyptian Epigraphy and History in Memory of William J. Murnane2. - Seite 21 :


- Vollbild -

Gruß, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 19.10.2016 um 09:11:47


1: https://web.archive.org/web/20150227115726/http://cassian.memphis.edu/history/murnane/M_Gabolde.pdf
2: https://web.archive.org/web/20150227115726/http://cassian.memphis.edu/history/murnane/


14) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Haiko Hoffmann am 20.10.2016 um 09:30:18

Da bisher kein Feedback gekommen ist, setze ich zum 3. Text folgenden Vorschlag:

Versteckten Text anzeigen...
Dd mdw jn Nbt-Hwt jnq a.wj(=j) Hr ntj jm=j
stp(=j)-sA Hr Hpj ntj jm=j
Hpj Wsjr nsw Nb-xpr.w-Ra mAa-xrw xr nTr aA


Worte zu sprechen durch Nephthys: „Meine Arme umfassen das/den, was/der in mir ist.
Ich schütze Hapi, der in mir ist,
den Hapi Osiris König Nebcheperure, gerechtfertigt beim großen Gott.“

Die zum 2. Text gestellten Fragen gelten auch hier.


> Antwort auf Beitrag vom: 18.10.2016 um 23:15:33


15) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Haiko Hoffmann am 20.10.2016 um 11:30:54

Hallo Lutz!

Dann wäre dies ja, wenn ich das richtig lese, niemand anderes als Nofretete, d.h. hier Neferneferuaten = nfr nfr.w itn Axt n h(j).s.

(hab die Ligatur bei t*Ax&x nicht ganz hingekriegt, auch nicht die Kartusche)

P.S.: Eine ähnliche Schreibung(*) findet man u.a. hier1:



(*) mit t*Ax*t - aber als Ligatur, wobei ich nicht weiß, ob der kleine Querstrich beim letzten Bild der Rekonstruktion hinter Ax (unterm Pürzel) noch ein zweites t andeutet, also im Grunde t*Ax&x*t oder so ähnlich, siehe unterste rein hypothetische Schreibung


nfr nfr.w itn Axt.t n h(j).s ?

> Antwort auf Beitrag vom: 19.10.2016 um 19:01:30


1: https://pharaoh.se/pharaoh/Neferneferuaten


16) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Seschen am 20.10.2016 um 19:55:59

Hallo!

Kanopensarg Nr. 2:

Sehr ähnlich Haikos Lesung, mit ein paar Punkten mehr in der Umschrift:

Versteckten Text anzeigen...
Dd mdw jn Nj.t sxn a.wy Hr n.ty jm(=j)
stp(=j)-sA Hr dwA-mw.t=f n.ty jm(=j)
Wsjr n(j)sw.t (nb-xpr.w-Ra)| mAa-xrw Hr nTr-aA


Worte zu sprechen durch Neith: Meine Arme umfassen (/umfangen)* das, was in mir ist.
Ich schütze den Duamutef, der in mir ist, den  Duamutef
Osiris Nebcheperu-Re, selig (/gerechtfertigt) beim Großen Gott.

* sxn-Hr - umfassen, eine Person umfangen (mit Xr) (Wb 3, 468.15)


Zitat:
Hat es einen besonderen Grund, warum Osiris sowie mA (Sichel) am Ende seitenverkehrt sind? Oder ist das eine Frage der Ästhetik?
Der eigentliche "besondere" Grund wird wohl nicht gefunden werden können, es könnten mehrere sein - oder keiner!
Platzmangel oder Ästhetik sind es hier offensichtlich nicht.
Eine Möglichkeit wäre, dass der Schreiber / Vorzeichner gewohnt war, von rechts nach links zu schreiben, und gerade in zusammengesetzten Zeichen wie
weniger Übung in Links-rechts-Schreibung hatte.


Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 20.10.2016 um 11:30:54


17) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Michael Tilgner am 20.10.2016 um 21:55:26

Hallo, lieber Haiko, liebe Seschen,

zunächst gehe ich nur auf die Inschrift Nr. 2 ein:

@Haiko

Versteckten Text anzeigen...
Deine Umschrift und Übersetzung teile ich; deshalb stelle ich sie hier nicht erneut ein.

Kleine Anmerkungen:

Die Lesung der Göttin schwankt etwas zwischen N.t (Wb II, 198.9; LGG III, 510) und Nj.t (TLA); Hannig, S. 1211 gibt beide Lesungen an. Wb gibt auch Nr.t an. Ich glaube, aus diesem Streit sollte man sich heraushalten.

Das Horuskind wird _wA-mw.t=f geschrieben; das f am Schluss ist Suffix. Der Name wird verstanden als "der seine Mutter preist".


@Seschen

Versteckten Text anzeigen...
Einige Anmerkungen:

a.wj(=j) "meine Arme" - so hast Du es ja auch übersetzt

n.tj "Relativadjektiv" - genau genommen hast Du mit Deinem "." recht: n.tj wird als Nisbe-Adjektiv des weiblichen Genitivadjektivs n.t aufgefasst (z.B. Gardiner, Egyptian Grammar, § 199). Das Zeichen Z4 bzw. Z4A "zwei Striche" wird oft mit y transkribiert, daher wohl Deine Schreibung n.ty (so schreibt Gardiner auch, übrigens auch die Dual- sowie die Nisbe-Endung). Ansonsten scheint sich aber eher die Schreibung mit einfachem j eingebürgert zu haben.

In der dritten Zeile hast Du den _wA-mw.t=f in der Umschrift unterschlagen, obwohl Du ihn übersetzt hast.


Was die Umkehrung der Zeichen Q2 "tragbarer Sitz" und U5 "Sichel und Aa11" betrifft: Die grundlegende Arbeit ist Henry George Fischer, The Orientation of Hieroglyphs, New York, 19771. Er behandelt auch das Thema "Umkehrungen einzelner Zeichen"; allerdings sind die beiden genannten nicht dabei bzw. ich habe nichts gefunden. Das erste ist ja, dass sich _wA-mw.t=f und Wsjr anblicken; das kommt auch sonst schon mal vor. Für den zweiten Fall habe ich aber keine Erklärung.

Soweit erstmal zur Inschrift Nr. 2.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 20.10.2016 um 19:55:59


1: http://www.metmuseum.org/art/metpublications/the_orientation_of_hieroglyphs_part_1_reversals


18) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Seschen am 21.10.2016 um 08:56:23

Hallo!

Immer eine nach der anderen (Haiko ), deshalb hier die Inschrift auf dem Kanopensarg Nr.3:

Versteckten Text anzeigen...
Dd mdw jn Nb.t-Hw.t jnq(=j) a.wy(=j) Hr n.tj jm=j
stp=j sA Hr @p.y n.tj=jm(=j)
@p.y Wsjr n(j)sw.t (nb-xpr.w-Ra)| mAa-xrw xr nTr-aA

Worte zu sprechen durch Nephthys: Ich schlinge* meine Arme um das, was in mir ist.
Ich schütze den Hapi, der in mir ist,
den Hapi (und) Osiris König Nebcheperu-Re, selig (/geehrt) beim Großen Gott.

* jnq mit Hr: die Arme um etwas schlingen (Wb 1, 100.22)


In dieser Kanope wurde die Lunge des Verstorbenen aufbewahrt (und beschützt).

> Antwort auf Beitrag vom: 20.10.2016 um 21:55:26


19) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Michael Tilgner am 21.10.2016 um 21:27:55

Hallo, Haiko und Seschen,

nun meine Meinung zu Inschrift Nr. 3:

@Haiko

Versteckten Text anzeigen...
In der zweiten Zeile gibt es Abweichungen zu den bisherigen Inschriften. Hinter sA "Schutz" steht B1 "sitzende Frau". Man muss also wohl lesen:

stp(=j) sA=j "ich schütze ..." (wörtlich: "ich wähle meinen Schutz")

Das wirft die Frage auf, ob es nicht auch in den anderen beiden Fällen so zu lesen ist.

@p.y "Hapi" - die beiden Schilfblätter werden gewöhnlich mit y umschrieben. Alte Schreibung und gelegentliche Determinative mit 2 Erpeln, vielleicht war der Name ursprünglich Hp.wj "die beiden Erpel"? (LÄ II, 951-952, Stichwort: "Hapi"; vgl. Hp "eine Art Ente" Wb III, 69.19)

jm(=j) "in mir" - hier ist nun die 1. Pers. Sg. nicht geschrieben; daher das Suffix =j in Klammern.

Insgesamt:

stp(=j) sA=j Hr @p.y n.tj jm(=j)


@Seschen

Versteckten Text anzeigen...
Zweite Zeile: zu stp(=j) sA=j siehe meine Bemerkungen bei Haiko.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 21.10.2016 um 08:56:23


20) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Seschen am 22.10.2016 um 09:20:55

Hallo!

...und die Inschrift auf dem Kanopensarg Nr. 4
(ohne das Zauzich-Buch übersetzt, weil ich das nicht besitze):

Versteckten Text anzeigen...
Dd mdw jn %rq.t di.n=j a.wj(=j) Hr nt.j jm(=j)
stp(=j) sA Hr QbH-sn.w=f n.tj jm(=j)
QbH-sn.w=f Wsjr n(j)sw.t (nb-xpr.w-Ra)| mAa-xrw


Worte zu sprechen durch Selket: Ich habe meine Arme auf das gelegt,* was in mir ist.
Ich schütze den Qebehsenuef, der in (mir) ist,
der Qebehsenuef (und) Osiris König Nebcheperu-Re, selig (/geehrt).

*rDi mit Hr: Arme, Hände auf etwas legen (Wb 2, 466.14)


Es ist das Beisetzungsgefäß für das Gedärm.
Das Herz und die Nieren wurden bei der Mumifizierung im Körper belassen.

Schönes Wochenende,
Seschen

PS: Danke, Michael, für all die wertvollen Korrekturhinweise ... und für den Buch-Tipp!

> Antwort auf Beitrag vom: 21.10.2016 um 21:27:55


21) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Haiko Hoffmann am 22.10.2016 um 13:38:21

Und dies ist mein Vorschlag:

Versteckten Text anzeigen...
Dd mdw jn srq.t di.n=j a.wj(=j) Hr nt.j jm(=j)
stp(=j) sA(=j) QbH-sn.w=f n.tj jm(=j)
QbH-sn.w=f Wsjr nsw Nnb-xpr.w-Ra  mAa-xrw


Worte zu sprechen durch Selket: Ich habe meine Arme auf das/den gelegt,* was/der in mir ist.
Ich schütze den Qebehsenuef, der in (mir) ist,
(den) Qebehsenuef Osiris König Nebcheperu-Re, gerechtfertigt/der Gerechtfertigte/Gerechtfertigter*.

Das 2. Hr nach stp(=j) sA(=j) bei der Umzeichnung fehlt im Originaltext.

* auch selig/Seliger/der Selige


P.S.: Bin auch schon gespannt auf das Urteil von Michael.

> Antwort auf Beitrag vom: 22.10.2016 um 09:20:55


22) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Seschen am 22.10.2016 um 17:05:36

Hallo,

hier eine kleine Ergänzung:

Haiko:
Zitat:
...gerechtfertigt/der Gerechtfertigte/Gerechtfertigter*.

* auch selig/Seliger/der Selige

mAa-xrw ist wörtlich übersetzt "wahr an Stimme"

Michael:
Zitat:
... mAa-xrw (wörtlich: "wahr an Stimme") "gerechtfertig, selig sein (vor dem Jenseitsgericht wurde die Aussage des Verstorbenen für richtig befunden)" (Hannig, S. 316) ... Diese Beischrift ist abgekürzt geschrieben (Hannig, S. 1288).

mAa-xrw / maA.t-xrw ist auf Stelen, Inschriften usw. von Lebenden als Wunsch für zukünftige Seligkeit zu verstehen.

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 22.10.2016 um 13:38:21


23) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Michael Tilgner am 23.10.2016 um 14:55:12 - Anhang: Kanopensarg_Nr_1-4_Tutanchamun_und_Inschrift.pdf

Hallo, Seschen, hallo Haiko,

nun zum 4. Eingeweidesarg:

@Seschen

Versteckten Text anzeigen...
Wohin mit dem "."? Mal schreibst Du nt.j, mal n.tj! Wenn schon, dann n.tj.

Haiko hat darauf hingewiesen, dass in der 2. Zeile Hr fehlt. Das habe ich in meiner Hieroglyphendarstellung auch übersehen (ja, so ist das mit "Copy and Paste"!), wie auch die Umkehrung von Q2. Das habe ich inzwischen korrigiert (siehe Anhang mit den Abbildungen und Inschriften aller 4 Eingeweidesärge).


@Haiko

Versteckten Text anzeigen...
Auch bei Dir geht der Punkt bei n.tj durcheinander (siehe meine Bermerkung bei Seschen).

Ich vermute, dass das Hr in der zweiten Zeile aus Platzgründen weggelassen wurde wie auch der sonst übliche Schluss xr nTr aA "beim großen Gott".


Wenn wir nun die 4 Inschriften insgesamt betrachten, so stellen wir fest, dass sie nahezu gleich aufgebaut sind.

Versteckten Text anzeigen...
Keiner von Euch beiden hat darauf hingewiesen, dass in der vierten Inschrift beim Verb der ersten Zeile ein n=j verwendet wird. Ist das ein sDm.n=f? Bisher hatten wir angenommen, dass "meine Arme" das Subjekt ist: "Meine Arme umfassen NN". Müssen wir stattdessen das =j "ich" als Subjekt auffassen: "ich umfasse (mit) meinen Armen NN"? Gehen wir noch einmal die Verben im einzelnen durch:

jnq "die Arme um etwas schlingen" (Wb I, 100.22)
HAp "(die Hände) decken über etwas (mit Hr)" (Wb III, 30.8)
sxn "eine Person umfangen (mit Hr)" (Wb III, 468.15); "auch mit dem Zusatz: mit den Armen" (Wb III, 469.1) - allerdings wird letzteres mit Präposition m gebildet und ist auch nur spät belegt

Ich tendiere nun doch dazu, a.wj=j "meine Arme" als Objekt anzusehen und als Subjekt das =j des zugehörigen Verbs. Es scheint mir schwierig zu sein, das n=j der letzten Inschrift als Dativ ("für mich") zu betrachten.

Dennoch bleibt dann als Besonderheit, dass in der letzten Inschrift ein sDm.n=f verwendet wird, in den anderen drei nicht.

In keiner Inschrift gibt es ein Suffix für a.wj "die Arme"; ein Possessivpronomen =j "meine" dürfte aber unstrittig sein.

jm=j ist in den Inschriften 1 und 2 ausgeschrieben; aber auch sonst muss man es aus inhaltlichen Gründen ansetzen: als Adverb "dort" hätte man Probleme, ein n.tj jm zu erklären: "ich umfange mit meinen Armen das, was dort ist".

Da in der zweiten Zeile ein Horussohn genannt wird, der "in mir ist", kann man unterstellen, dass er auch in der ersten Zeile gemeint ist, also nicht eine unpersönliche Sache.

Ebenfalls in der Inschrift 2 haben wir ein ausgeschriebenes sA=j, so dass ein stp=j sA=j "ich schütze" (wörtlich: "ich wähle meinen Schutz") plausibel ist.

Damit hätten wir als generelle Grundformulierung (in runden Klammern die zumeist unbezeichnete 1. Pers. Sg.):
"(1) Worte zu sprechen durch [Göttin NN1]: (Ich) lege (u.ä.) (meine) Arme um den, der in (mir) ist.
(2) (Ich) wähle (meinen) Schutz für [= (ich) schütze] [Horussohn NN2], der in (mir) ist.
(3) [Horussohn NN2] Osiris König Nebcheperure, gerechtfertigt beim großen Gott."


Wer sich im übrigen für die Entwicklung dieser Kanopentexte und der Horuskinder interessiert, sei auf Kurt Sethe, Zur Geschichte der Einbalsamierung bei den Ägyptern und einiger damit verbundener Bräuche, in: Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, philosophisch-historische Klasse (1934), S. 211-239, 1*-16*1 verwiesen. Hierin werden auch kurz die Eingeweidesärge Tutanchamuns gestreift, deren Inschriften zum sog. Typus X gehören.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 22.10.2016 um 17:05:36


1: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/sethe1905


24) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Michael Tilgner am 25.10.2016 um 10:25:18

Hallo, Haiko,

ich habe mir die Inschriften in dem bereits erwähnten Buch Zahi Hawass, Tutanchamun. Das legendäre Grab des Pharao, München, 2008 mit der Lupe angeschaut. Da kann man keine Änderungen oder Umarbeitungen der Kartuschen erkennen. Die Inschriften auf den Innenseiten der Eingeweidesärge, die wir nicht bearbeitet haben, sind in Goldfolien eingedrückt. Da kann man etwaige Umarbeitungen wohl besser sehen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 23.10.2016 um 14:55:12


25) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
Andre Patricio am 03.04.2023 um 14:11:10

Hello,

Does anyone have the book "Corpus der Hieroglyphischen Inschriften aus dem Grab des Tutanchamun. Mit Konkordanz der Nummernsysteme des "Journal d'Entrée" des Ägyptischen Museums Kairo, der Handlist to Howard Carter's catalogue of objects in Tut'ankhamun's Tomb und der Ausstellungs-Nummer des Ägyptischen Museums Kairo."

I found one online, but is too expensive.

I just needed the page(s) with object number 056 inscriptions.

Can someone help?

Also, where can I find the translations for the inscribed object 056, 137 and 047?

With my warmest Regards,

André

> Antwort auf Beitrag vom: 16.10.2016 um 14:58:32


26) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
 Michael Tilgner am 03.04.2023 um 21:18:33 - Anhang: 2 Anhänge

Hello, André,

there is no inscription for Carter 056 in Corpus der hieroglyphischen Inschriften ....

I append the inscriptions for Carter 047 and 137. I don't know any translations of them in the Internet. Perhaps you try it yourself. You may ask here for help if needed.

Best wishes,
MIchael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 03.04.2023 um 14:11:10

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27) Re: Eingeweidesärge Tutanchamuns
Andre Patricio am 03.04.2023 um 22:59:35

Dear Michael,

I have no words, thank you so much

Do you have any idea where can I find a translation? I wanted to check if my translation is correct...

I tremble just thinking about object 056

Thank you again. With my warmest Regards,

André

> Antwort auf Beitrag vom: 03.04.2023 um 21:18:33