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Ägyptologie Forum >> Schrift & Sprache


1) Übersetzungsübung: Pharao und Göttin in einem Grab
 Michael Tilgner am 10.12.2016 um 11:03:46 - Anhang: Pharao_und_Goettin_in_einem_Grab.jpg

Hallo,

in einem Königsgrab gibt es eine Darstellung eines Pharaos mit einer Göttin, deren Farben noch wunderbar erhalten sind. (Genau genommen sind es zwei Abbildungen, die hier zusammengestellt sind.) Um welchen Pharao und um welche Göttin handelt es sich? Übersetzt bitte auch die Inschriften! Wie immer, sind einige übliche Formulierungen dabei, aber bei anderen Teilen muss man schon ein wenig suchen. Wer sich noch nicht so sicher in der Hieroglyphenschrift fühlt, sollte versuchen, so viele Zeichen oder Wörter zu identifizieren wie möglich, und dann abwarten, wie es weitergeht.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


2) Re: Übersetzungsübung: Pharao und Göttin in einem Grab
 Seschen am 11.12.2016 um 01:56:10

Hallo!

Ich verstecke mal meine Übersetzung, so dass jeder die von Michael vorgeschlagene Vorgehensweise befolgen kann.

LINKE SZENE

über dem König
drei Spalten, von rechts nach links zu lesen:

Versteckten Text anzeigen...
nsw-bjtj (mn-MAa.t-Ra)| *
König von Ober- und Unterägypten, Menmaatre

* Umstellung aus Ehrfurcht: Ra (der Göttername) steht an erster Stelle, mn rutscht sogar hinter mAa.t, möglicherweise weil "die Wahrheit" Teil des Re ist (?)
Die Umschrift erfolgt in der grammatisch korrekten Reihenfolge.
Menmaatre - "Die Maat des Re dauert."(Thronname des Sethos I.)

sA Ra (%tX.y mrj n PtH)| *
Sohn des Re Sethos, geliebt von Ptah,

* Wiederum eine Zeichenumstellung aus Ehrfurcht: PtH steht  auch im Eigennamen an erster Stelle.
Das Zeichen A98a (Variante Osiris mit Hekat-Zepter) der Extended Library1 ersetzt hier  das Seth-Zeichen C7 , möglicherweise um Seth im Grab "unwirksam" zu machen oder um Osiris nicht zu "verärgern"

dj anx mj Ra D.t nHH
dem Leben gegeben werde wie Re, für immer (und) ewig.

* Zeichenumstellung aus Ehrfurcht: Ra steht vor mj.


über der Göttin
Spalte und Zeile, von links nach rechts zu lesen:

Versteckten Text anzeigen...
@wt-@r Hrj.t-tp wAs.t
Hathor, die Oberste von Theben

nfr.t-Hr Hn(w).t jwn.t
Schöngesichtige *, Gebieterin von Dendera

* wörtl. "schön an Gesicht" (fem. Form)


RECHTE SZENE

über dem König
drei Spalten, von links nach rechts zu lesen:

Versteckten Text anzeigen...
nb tA.wj (Mn-MAa.t-Ra)|
Herr der Beiden Länder, Menmaatre

nb xa.w (%tX.y mrj n PtH)|
Herr der Kronen, geliebt von Ptah,

dj anx mj Ra D.t
dem Leben gegeben werde wie Re, ewiglich.


über der Göttin
Spalte und Zeile, von rechts nach links zu lesen:

Versteckten Text anzeigen...
@wt-@r Hrj.t-tp wAs.t
Hathor, die Oberste von Theben

Hn(w).t z(my).t-jmn.tjt *
Gebieterin der westlichen Wüste (= Nekropole)
* Schreibung zmy.t seit D. 18 auch
(Wb 3, 444)

Einen schönen 3. Advent-Sonntag allerseits!
Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 10.12.2016 um 11:03:46


1: http://hieroglyphes.pagesperso-orange.fr/Hieroglyphica%20=%20A.htm


3) Re: Übersetzungsübung: Pharao und Göttin in einem Grab
 Haiko Hoffmann am 12.12.2016 um 08:09:17

Guten Morgen,
hier meine Ergebnisse:

Versteckten Text anzeigen...
linke Abbildung:

Hathor begrüßt Sethos I. und zeigt ihren Mnjt-Schmuck (s. Hannig S. 337) als Zeichen ihres Schutzes;
aus dem Grab Sethos I. im Tal der Könige (KV 17);
Museo archeologico nazionale di Firenze (Museo Egizio, Saal IV, B Inv.-Nr.. 2468)

Text über der Göttin:

Hwt-Hr Hrj.t-tp WAs.t
nfr.t Hr Hnw.t Jwn.t


Hathor, Oberste von Theben,
schönen Gesichts*, Gebieterin von Junet (Dendara)

* Hier ist verwirrend, dass nfr und Hr so dicht beieinander sind, aber nur ein .t zur Verfügung steht, so dass es wohl nur korrekt ist, dieses bei nfr zu suchen und nicht beim Gesicht (Hr), also nfr.t Hr. Im Gegensatz zu „das Gesicht ist schön“ (Hr nfr) ist dies „schönen Gesichts“ (nfr Hr – vgl. Hannig S. 544: „schönes Gesicht“ vs. „von/mit schönem Aussehen”), indem es sich gewiss nur auf die Göttin beziehen kann.

Text über dem König:
Nsw-bjti Mn-MAat-Ra,
sA-Ra Wsjr(-stX.)y Mrj n PtH
dj anx mj Ra Dd.t nHH


König von Ober- und Unterägypten, Men-Maat-Re,
Sohn des Ra, Osiris-Seth*, Geliebter des Ptah,
mit Leben beschenkt wie Ra**, auf immer und ewig.

* Schreibweise ist anstelle von Seth-Hieroglyphe mit einer Variante von vermutl. A98/98a geschrieben und irgendwie verkürzt oder rudimentär, indem nur noch die beiden Schilfblätter übrig sind. Die Schreibweise ist bei Beckerath S. 152-153, E4, noch mit V39 der erweiterten Liste versehen (Log: Tjt-Amulett). Daher habe ich den Namen des Seth teils in Klammern gesetzt, da ich sicher bin, dass er gemeint ist, auch wenn er nur verkürzt geschrieben ist, was viell. mit seiner Rolle bzgl. Osiris zu tun haben könnte.

* Ra steht als Göttername aus Respekt bewusst vor mj.

------------------------------------------------------------

rechte Abbildung:

Hathor begrüßt Sethos I. und zeigt ihren Mnjt-Schmuck (s. Hannig S. 337) als Zeichen ihres Schutzes;
aus dem Grab Sethos I. im Tal der Könige (KV 17);
Paris, Louvre, Äg. Abt., 1. Etage, Raum 27, Vitrine 1, B7

Text über der Göttin:
Hwt-Hr Hrj.t-tp WAs.t
Hnw.t smy.t jmn.t


Hathor, Oberste von Theben,
Gebieterin der Nekropole („Westwüste”)*

* vgl. Wb III 444.8

Text über dem König:

nb tA.wj Mn-MAa.t-Ra
nb xa.w Wsjr(-stX.)y Mrj n PtH
dj anx mj Ra Dd.t


Herr der Beiden Länder, Men-Maat-Re,
Herr der Kronen, Osiris-Seth*, Geliebter des Ptah
mit Leben beschenkt wie Ra, ewiglich.

* Schreibweise ist anstelle von Seth-Hieroglyphe mit einer Variante von vermutl. A98/98a geschrieben und irgendwie verkürzt oder rudimentär, indem nur noch die beiden Schilfblätter übrig sind. Die Schreibweise ist bei Beckerath S. 152-153, E4, noch mit V39 der erweiterten Liste versehen. Daher habe ich den Namen des Seth teils in Klammern gesetzt, da ich sicher bin, dass er gemeint ist, auch wenn er nur verkürzt geschrieben ist, was viell. mit seiner Rolle bzgl. Osiris zu tun haben könnte.


> Antwort auf Beitrag vom: 11.12.2016 um 01:56:10


4) Re: Übersetzungsübung: Pharao und Göttin in einem Grab
 Seschen am 12.12.2016 um 13:15:44

Hallo, Haiko!

Zitat:
rechte Abbildung:

Versteckten Text anzeigen...
...* Ra steht als Göttername aus Respekt bewusst vor mj.

Stimmt nicht!

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 12.12.2016 um 08:09:17


5) Re: Übersetzungsübung: Pharao und Göttin in einem Grab
 Haiko Hoffmann am 12.12.2016 um 13:27:41

Stimmt nicht stimmt. ...

> Antwort auf Beitrag vom: 12.12.2016 um 13:15:44


6) Re: Übersetzungsübung: Pharao und Göttin in einem Grab
 Michael Tilgner am 13.12.2016 um 10:22:52

Liebe Seschen, lieber Haiko,

Ihr habt alles aufgeklärt - bis hin zu den Inventarnummern der betroffenen Stücke! Da bleibt ja kaum noch etwas zum Kommentieren übrig! Aber ich habe doch noch etwas gefunden

Versteckten Text anzeigen...
Die Umstellung der Zeichen im Thronnamen Mn-MAa.t-Ra

Auf dieses Phänomen wird nur selten eingegangen. So schreibt z.B. Elmar Edel, Altägyptische Grammatik, Rom, 1955-1964, § 100:

Zitat:
Manchmal stellt man in 3-gliedrigen Namen, deren 3. Glied aus Ehrfurcht an die erste Stelle gerückt ist, auch das 2. Glied um, sodass die Glieder die Reihenfolge 3, 2, 1 aufweisen (...)

und gibt dafür einige Beispiele aus dem Alten Reich an, aber keine weitere Begründung. Ein anderes bekanntes Beispiel ist der Thronname Tutanchamuns Nb-xpr.w-Ra, dessen Bestandteile zumeist auch in umgekehrter Reihenfolge geschrieben wurden. Seschens Mutmaßung, dass die Umstellung hier "möglicherweise" darauf beruht, "weil 'die Wahrheit' Teil des Re ist", ist wohl unzutreffend.

Die Schreibung des Eigennamens %tXy

C7 "Gott mit Kopf des Seth-Tieres" wurde ersetzt durch eine Variante der Zeichen C98 oder C99 der Extended Library. Die Lesung dieser Zeichen ist Wsjr "Osiris", aber auch (in späterer Zeit) nsw und D.t (Christian Leitz, Quellentexte zur ägyptischen Religion, Band I: Die Tempelinschriften der griechisch-römischen Zeit, Münster, 2004, S. 155).

Haiko hat aus Jürgen von Beckerath, Handbuch der ägyptischen Königsnamen, 2. Aufl., Mainz, 1999, S. 152-153 zitiert, dass ein Eigenname (E4) statt "des in Abydos anstößigen Namens des Seth mit dem Isissymbol st" geschrieben wurde; von Beckerath liest diesen Namen Wsjrj %ty mrj.n PtH. Dieses Isissymbol ist V39, in  der Gardiner-Liste nach S34 eingetragen mit Lesung tj.t "Tit-Amulett".

Zu diesem Thema gibt es einen Artikel von Wolfgang Westendorf, Beiträge aus und zu den medizinischen Texten, in: Zeitschrift für ägyptische Altertumskunde, Bd. 92, S. 128-154 (1966) mit einem Abschnitt: "Das Isisblut-Symbol" (S. 144-154). Er geht dabei auf die Lesung des Eigennamens E4 ein (S. 148-149). Er argumentiert, dass "hier Osiris offenbar zu Ptah gehört", mit anderen Worten, er liest: %ty mrj.n PtH-Wsjr "Seti, geliebt von Ptah-Osiris" und verweist auf ähnliche Epitheta "geliebt von Ptah-Re" oder "geliebt von Amun". Im folgenden begründet er eingehend die Lesung st für das Zeichen V39.

Das Problem ist aber nun, dass das Isisblut-Symbol V39 in unserer Inschrift gar nicht steht! von Beckerath führt diese Form des Eigennamens in seinem Handbuch auch nicht auf. Wir müssen also schließen, dass die Variante von C98 oder C99 tatsächlich C7 ersetzt!

Hathor, die "Schöngesichtige"

nfr Hr "mit schönem Antlitz, schön anzuschauen" (Wb II, 255.5-9)

Ein Adjektiv oder Adjektivverb kann durch ein Substantiv näher bestimmt werden (Gardiner, Egyptian Grammar, § 88, 2).

Zur Verdeutlichung:

  Hr nfr "schönes Gesicht

Das Adjektiv wird einem Substantiv nachgestellt.

  nfr Hr "das Gesicht ist schön" oder ""schön an Gesicht / schöngesichtig"

Bei einem maskulinen Bezug ist die Interpretation doppeldeutig: Es kann sich um einen sDm=f-Satz handeln oder um die Qualifizierung eines Adjektivs durch ein Substantiv.

  nfr.t-Hr "schöngesichtig" (mit femininem Bezug)

Diese feminine Form ist eindeutig zu interpretieren; deswegen wird auf die maskuline Form zurückgeschlossen, dass es sich um "schöngesichtig" handeln muss.

  nfr Hr=f "sein Gesicht ist schön"

Durch die Ergänzung mit einem Suffixpronomen ist die Lesung eindeutig als sDm=f-Satz zu interpretieren.

Ein anderes häufiges Beispiel für diese grammatische Erscheinung ist mAa-xrw "gerechtfertigt, selig" (Wb II, 15), wörtlich: "wahr an Stimme" (d.h. er spricht wahr im Totengericht); dieses Beiwort bezeichnet (zumeist) einen Verstorbenen. Die feminine Form ist mAa.t-xrw. Im Neuen Reich wird gelegentlich, gar nicht so selten, auch bei femininem Bezug das .t weggelassen. Das kommt daher, dass dieser Laut in der Alltagssprache (dem Neuägyptischen) nicht mehr gesprochen wurde. Das ändert aber nichts an der Bedeutung dieser Formulierung.

Die Schreibung der "westlichen Wüste"

smy.t "Wüste, Begräbnisstätte" (Wb III, 444)

Dass die Schilfblätter nicht geschrieben werden, kommt häufiger vor (j ist ein "schwacher" Radikal). Aber wo bleibt das m?

Das Wort gehört zu den sogenannten "Defektivschreibungen", d.h. Schreibungen, in denen ein Konsonant regelmäßig weggelassen wird (Gardiner, § 59). Dazu gehören:

  rmT "Menschen"

  Hnq.t "Bier"

Es sind verschiedene Erklärungen für diese Erscheinung vorgebracht worden, auf die nicht näher eingegangen werden soll.

Das Zeichen  
  Aa8 ersetzt in der 18. Dyn. "through some confusion" (Gardiner, S. 541) das Zeichen  
  O34 s.

Diese Verwirrung stammt aus den hieratischen Vorlagen, die Schreiber dieser Zeit inkorrekt in Hieroglyphen umgesetzt haben.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 12.12.2016 um 13:27:41