Zunächst zur Schreibung des ersten Wortes, bei dem es sich um
Hwj "schlagen" handelt. Alan H. Gardiner,
Egyptian Grammar, 1957 beschreibt in seiner Zeichenliste für A25 die konventionelle hieroglyphische Umschrift für eine hieratische Zeichengruppe und merkt an: "the explanation of the group is obscure" (S. 445). Er verweist u.a. auf einen Artikel von Georg Möller,
Zur Datierung literarischer Handschriften aus der ersten Hälfte des Neuen Reichs, in:
ZÄS, Bd. 56 (1920)2, S. 39, wo Möller auf diese hieratische Gruppe eingeht und das Zeichen als einen "hinten verknotete[n] Gurt, den die Hieroglyphe des schlagenden Mannes (...) aufweist," deutet. Das würde de Bucks Umschrift mit V1 vielleicht erklären.
Hwj hier: "Tiere schlagen - eigentlich: sie prügeln" (Wb III, 46.20)
Tsm "Windhund, Hund" (Wb V, 409.13)
Obwohl
Hwj einen weiblichen Infinitiv hat (Gardiner, § 299), ist doch das Passivelement
.tw anzunehmen; dessen Schreibung nur mit
.t belegt ist (Gardiner, § 39). Somit hätten wir für den Anfang:
Hwj.t(w) Tsm "Der Hund wird geschlagen / geprügelt ..."
Das folgende Wort ist richtig identifiziert als
XAj "sich jemandem widersetzen" (Wb III, 361.6) - Das Wb kennt es nur aus den Pyramidentexten; die Sargtexte konnten seinerzeit noch nicht verzettelt werden.
Für die Form
XAy wurde das perfektische passive Partizip vorgeschlagen. In der Tat heißt es auch bei Gardiner, § 361 zu den Verben
3ae inf.: "The ending
-y is characteristic of all genders and numbers". Jedoch ist auch eine Deutung als perfektisches aktives Partizip möglich - und aus inhaltlichen Gründen vorzuziehen. Gardiner, § 359 führt zu diesem Partizip aus: "As a rule no ending is shown (...) Nevertheless sporadic writings point to the existence of a flexional ending
-w or
-y". Vielleicht trifft aber auch ein Argument im selben Paragraphen zu, dass er zu einem Beispiel
pAyw "which once did" anführt: "in this particular instance, however, the
y may be due merely to the
A of the stem, the change of the
A into
y being frequent."
Der zweite Teil lautet dann also:
XAy nb=f "der sich seinem Herrn widersetzt."
R.O. Faulkner,
The Ancient Egyptian Coffin Texts, Bd. I, 1973, S. 28-29:
Zitat:The dog which thwarts its master is beaten.(21) (21) Doubtless a true aphorism, but it is not clear what this saying is doing here, unless it is to hint at the fate of him who disobeys Osiris. |
|
Harco Willems,
The Social and Ritual Context of a Mortuary Liturgy of the Middle Kingdom (CT Spells 30-41), in: Harco Willems (ed.),
Social Aspects of Funerary Culture in the Egyptian Old and Middle Kingdoms, 2001, S. 253-372 bespricht diese Stelle auf S. 309-310:
Zitat:(But) may the dog which thwarts its master be beaten. (230) (230) I assume that this is a metaphor introducing the topic of the treatment of the enemies of the deceased, which takes up the rest of the spell. |
|
Es ist jetzt angebracht, auf den Kontext einzugehen. Ich zitiere dabei die Übersetzung von Jan Assmann, Andrea Kucharek,
Ägyptische Religion. Totenliteratur, Frankfurt am Main / Leipzig, 2008, S. 232:
Zitat:[Schlußtext] Sei gegrüßt, Osiris in Busiris, in deiner Würde des Stiers des Westens! Siehe, dieser NN hier ist neben dir! Mögest Du seine Stellung befördern, seine Würde befestigen, seine Worte hören, seinen Kummer vertreiben, mögest du ihn rechtfertigen gegen seine Feinde, und möge sein Arm stark sein in deinem Tribunal, wenn er eintritt für seine Angehörigen [- welche ich bin -] auf Erden. "Die Stärke des Osiris!" sagt man dazu. "Geschlagen ist der Hund, der sich seinem Herrn widersetzt hat." [Anwendung als Totenbeschwörung gegen einen Feind] (...) |
|
nb "der Herr" ist mit A40 determiniert, ist also ein "göttlicher Herr", das passt zu Osiris. Der Hund ist eigentlich "für den Ägypter das typische Bild des Gehorsams" (Hermann Grapow,
Die bildlichen Ausdrücke des Ägyptischen, Darmstadt, 1983 (Nachdruck), S. 75-76; er gibt keine Gegenbeispiele an. Mir ist auch kein Vergleich des Hundes mit Seth bekannt. Dennoch ist offensichtlich, dass hier das Schicksal der Feinde des Osiris angesprochen wird.