Lieber Peter, zur Frage der Neunheit: Eine erste Information ist in Wb I, 559. Obwohl der Begriff ein Kollektivum ist, hat sich herausgestellt, dass er zumeist als Singular behandelt wird, aber oft auch als Plural. Das kann schon zu Irritationen führen. Übrigens schwankt die Anzahl der Götter, wenn sie denn aufgezählt werden, von sieben bis zu 23 (!) Mitgliedern. Auch die Götter, die zur Neunheit gehören, variieren. Dann gibt es die "große" und "kleine" Neunheit sowie die "beiden Neunheiten". Das kann man nur verstehen, wenn man die "neun" als Vielzahl oder große Zahl auffasst. Da im Ägyptischen der Plural aus mindestens drei Elementen besteht, so ist neun der "Plural des Plurals"; so wird etwas salopp die "neun" erklärt. Winfried Barta hat eine eigene Untersuchung zu diesem Thema angefertigt: Untersuchungen zum Götterkreis der Neunheit, in: Münchner Ägyptologische Studien, Heft 28, 1973 mit 252 Seiten. Auf den Seiten 65-73 hat er 84 (!!!) verschiedene Götterlisten zusammengestellt, die irgendwann mal als Götter der Neunheit erwähnt wurden. Die bekannteste Neunheit ist die von Heliopolis. Aber es gibt auch Neunheiten von Theben, Memphis und Abydos sowie Andeutungen von Neunheiten weiterer Orte. Was nun psD.t aA.t jm.j.t jp.t-s.wt anbetrifft: Gehe ins Zettelarchiv des TLA und starte bei DZA 23.501.620. Dort steht das Stichwort "Theben (Karnak, Med. Habu usw.)". Wenn Du dann weiterklickst (auf der linken Seite) mit Z>, kommen die Belege mit der "Neunheit, die in Karnak ist". Viele sind mit .t geschrieben, manche aber auch nicht. Das .t erklärt sich daraus, dass psD.t feminin ist; daher die angegebene Übersetzung "die in ... sind". Fehlt das .t, könnte man auch Deinen Vorschlag annehmen "und die in ... sind" - und das wäre grammatisch völlig korrekt! Dennoch ist es naheliegender anzunehmen, dass das .t zu ergänzen ist. Dabei ist es nicht einmal unbedingt ein Fehler der Schreiber, denn der Wegfall der Femininendung, besonders ab dem Neuen Reich, wird auch sonst beobachtet. Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar bemerkt in der Fußnote (1a) auf S. 34, dass das .t teilweise schon im Alten Reich entfallen ist ("status absolutus" heißt, wenn das Wort für sich steht, z.B. ohne Pronomialendung). In § 48 schreibt er, dass bei nb "jeder, alle" die Pluralendung meistens, die Femininendung oft weggelassen wird. Die methodische Ansicht ist also die: Wenn es (1) vollständige Schreibungen mit .t gibt und (2) es als Regel erkannt worden ist, dass die Femininendung .t wegfallen kann - dann: ist diese zu ergänzen, entweder in der Transkription in Klammern oder zumindest in der Übersetzung. Viele Grüße, Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 26.11.2020 um 23:12:23
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