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Ägyptologie Forum >> Pharao & Hofstaat


1) Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 31.03.2004 um 04:58:11

Hallo zusammen,

die neue GEO (04/2004) hat als Titelstory - Überraschung   - Tutanchamun.

Neben den allseits bekannten und hier schon oft diskutierten Theorien wird ein Forschungsschwerpunkt der archäologischen Mission der Universität Chicago in Luxor erwähnt.

Seit 25 Jahren sucht der Leiter der Mission, Raymond Johnson, nach Relieffragmenten aus Tutanchamuns Regierungszeit.
Dabei ist es ihm (lt. GEO) gelungen auch Szenen der Dekoration aus dem Millionen-Jahre-Haus (ausschnittsweise) zu rekonstruieren.

Kennt/hat jemand Fotos der rekonstruierten Reliefs ?

Bevor ich mir mit Google um 04:50 Uhr `nen Wolf suche dacht` ich mir,
ich frag erstmal ...  

Grüße, Lutz.


GEO 04/2004, S.:39, Mitte :

"... Was sie zeigen, ist eine epische Kriegsdarstellung mit einer absoluten Rarität : Tutanchamun als Heerführer. Mit seinen Truppen belagert der König eine syrische Stadt, vermutlich Qadesch. Ein ägyptischer Soldat rammt dem Feind einen Speer mitten durch den Leib. Und auf einem übergroßen Streitwagen steht ein athletischer Tutanchamun, ausgewiesen durch seinen königlichen Namensring, und zieht die Sehne seines Bogens straff.
Nach der Schlacht präsentieren ihm seine Männer die Beute : Pferde, Gefangene - und die rechten Hände der getöteten Feinde, zum Zählen auf einer Lanze aufgereiht wie Stücke an einem Fleischspieß.
"Das ist keine Standard-Szene, sondern ein ungewöhnliches, grausames Detail. Und deshalb glaube ich : Es ist die Wahrheit", sagt Johnson. Der König könnte also schon in jungen Jahren an der Seite seines Generals Haremhab in die Schlacht gezogen sein. ..."
 


2) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Seqenenre am 31.03.2004 um 13:54:16

Ich hab' das Heft leider (noch) nicht - wird im Anschluß an die Arbeit sofort am Bahnhof gekauft.

Einige Sachen interessieren mich aber brennend: wenn da der junge König Tut in Syrien sein sollte, so wäre das die 1. und wohl bisher einzige Darstellung, die beweist, daß Tut einen Krieg geführt hat. Daran kann ich dann doch nicht so recht glauben... Nach Echnatons Ende war die Sicherheit in diesem Gebiet doch wohl absolut nicht mehr gewährleistet, abgesehen davon waren doch wohl auch in der Innenpolitik wichtigere Sachen zu erledigen. Und da soll ein Kind die Rolle eines Heerführers bei einem Kriegszug, der über die Grenzen Ägyptens hinaus führte und ziemlich riskant war, übernommen haben? Die Armee lag nach Echnatons Herrschaft doch auch ziemlich darnieder...

Außerdem wird meines Wissens auch auf keiner Stele von einem Kriegszug berichtet, von anderen guten Dingen (Restauration des alten Glaubens etc.) dagegen schon. Warum sollte ein Kriegszug hier ausgelassen worden sein?

Ich nehme eher an, daß es sich um ein symbolisches Niederwerfen der Feinde Ägyptens handelt. Denn etwas ist schließlich auch ziemlich klar: besonders "athletisch" kann der Knabe ja wohl nicht gewesen sein, realistisch ist die Darstellung also keinesfalls.

Wenn noch nicht einmal Bilder als Beleg abgedruckt sind, kann man aber auch nicht viel sagen... Ich habe eigentlich immer geglaubt, daß vom "Millionen-Jahre-Haus" nichts mehr übrig ist, zumindest nichts verwertbares?? Kann es sein, daß jemand vielleicht meint, "nach 25 Jahren Suche muß man doch auch mal was spektakuläres finden"...??

Ich für mein Teil bin äußerst skeptisch  

Immerhin: da gibt's doch gleich wieder einmal eine ganze Reihe neuer möglicher Todesarten für die Sammlung, z.B. in der Schlacht umgekommen, weshalb die Mumie so schlecht erhalten ist usw. usw...

> Antwort auf Beitrag vom: 31.03.2004 um 04:58:11


3) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Gitta am 31.03.2004 um 21:29:16

Hört sich irgendwie nach Aprilscherz an - ähnlich wie die Kairoer Stadtmusikanten unterm Wüstenboden

> Antwort auf Beitrag vom: 31.03.2004 um 13:54:16


4) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Gitta am 02.04.2004 um 22:19:26

Ich habe mir das GEO besorgt und den Artikel gelesen:

Raymond Johnson, Oriental Institute, sammelt mit seinem Team alle möglichen Fragmente, darunter auch solche, die in den Privathäusern von Luxor verbaut wurden. Die Jahresberichte dazu findet man in der ABZU-Online-Bibliothek1. Leider gibt es da keine Hinweise auf die Stücke, die in dem GEO-Artikel erwähnt sind. Ich kann deshalb vorerst nicht nachvollziehen, woraus er die Herkunft aus dem Totentempel des Tutanchamun herleitet. Auch die Ausdrucksweise "...athletischer Tutanchamun, ausgewiesen durch seinen Namensring..." ist merkwürdig. Kann man den Namen lesen? Dann müsste die Fachwelt doch längst darüber berichtet haben. Oder ist das an mir vorbeigerutscht?

Im Grab des Haremhab in Sakkara werden hethitische Gefangenen dargestellt. Aber ich habe bisher nur eine einzige ähnliche Szene gefunden, die Tut zugeordnet wird: Tut mit nubischen Gefangenen auf einem Sandsteinblock, der von der Kapelle des Eje in Karnak stammen soll. Daraus kann man auch nicht entnehmen, dass Tut bei Kadesch gekämpft hätte.

Alles in allem sehr sonderbar. Wir sollten im Herbst mal das "Fragmente-Lager" in Augenschein nehmen - sofern das möglich ist. Nach GEO-Report soll es sich "über ca einen km nordlich des Luxor-Tempels hinziehen" Kann sich jemand vorstellen, wo das sein soll?

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 31.03.2004 um 21:29:16


1: http://lib16.library.vanderbilt.edu/diglib/displayindex.pl?SID=20040402812286376&UID=&CID=&pagenumber=7&return=&code=ABZU&auth=


5) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Iufaa am 02.04.2004 um 22:34:53

Hi Gitta,

Ray Johnson rettet zur Zeit alle Blöcke, die sich rund um den Luxor-Tempel finden, und stapelt sich auf Ziegelsteinfundamenten und ggf. überdacht auf der Ost- und Westseiten des Tempels - nördlich davon liegt nicht, bzw. nur die Sphingenallee.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 02.04.2004 um 22:19:26


6) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Gitta am 02.04.2004 um 22:57:51

Genau, das "Lager" kenne ich auch. Deshalb habe ich mich auch über die Ortsangabe gewundert und war im Zweifel, wo es wohl sein könnte.

Dann wissen wir ja nun, wo wir suchen müssen

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 02.04.2004 um 22:34:53


7) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 03.04.2004 um 10:07:49 - Anhang: Kartusche_Haremhab_2.jpg

Hallo Gitta,
Hallo zusammen,

Zitat:
Dann wissen wir ja nun, wo wir suchen müssen.

oder wen wir beim Wort nehmen und besuchen werden ...  

Chicago House Luxor - Egypt1

Hoffe nur es handelt sich bei der Einladung auf der Webseite nicht um eine der bei Amerikanern üblichen Höflichkeitsfloskeln ...  

Jetzt ärgere ich mich natürlich doppelt das der Stein, bzw. die Kartusche auf selbigem, auf dem Gelände des Millionen-Jahre-Hauses Haremhabs so beschi ... (im doppelten Sinne des Wortes - ja, das braune ist genau das wonach es aussieht !) zu fotografieren war.  

Wir müssen also unbedingt unsere Grabungsausrüstung um Alu-Folie erweitern !  

Aber F7 und F38 (die beiden auf dem Foto in der Kartusche erkennbaren Hieros) sprechen doch eher für den Sa-Ra-Namen Haremhabs.  

Grüße, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 02.04.2004 um 22:57:51


1: http://oi.uchicago.edu/OI/PROJ/EPI/Epigraphic.html


8) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 naunakhte am 03.04.2004 um 10:13:21

Aber Lutz,


Zitat:
Wir müssen also unbedingt unsere Grabungsausrüstung um Alu-Folie erweitern !


Epigraphic survey = ein Blatt und ein Zeichenstift tun oft wunder


nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 03.04.2004 um 10:07:49


9) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Gitta am 03.04.2004 um 10:45:23

Ich notiere schon mal für meine Kofferliste:

Transparentpapier und Zeichenstift

Gitta


> Antwort auf Beitrag vom: 03.04.2004 um 10:13:21


10) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 03.04.2004 um 11:59:41


Zitat:
ein Blatt und ein Zeichenstift tun oft wunder

Dat is ja Arbeit ... im Urlaub ...  
Alu-Folie geht schneller !  

Grüße, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 03.04.2004 um 10:13:21


11) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 naunakhte am 03.04.2004 um 12:39:45

Alu Folie - da hast du gleich tausend Wächter dastehen die über dich herfallen.

Und ne Zeichnung könntest du getrost nachhause tragen. Was machst du aber mit der Folie?


> Antwort auf Beitrag vom: 03.04.2004 um 11:59:41


12) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 03.04.2004 um 12:55:43

Wächter ?!

Das Teil könntest Du einpacken und mitnehmen ... Wenn`s nicht so schwer wäre hätte ich ... aber lassen wir das.
Da ist kein Schwein weit und breit ...  

Na gut ... vieleicht eins ... das das da raufgek ... hat.  

Kann allerdings auch ein Esel aus Medineth Habu gewesen sein ...
Doch ich will das jetzt nicht weiter vertiefen.  

Kann man doch vorsichtig falten und einpacken ...
(Siehe Faulpelz Loeben auf Oasentour.)

> Antwort auf Beitrag vom: 03.04.2004 um 12:39:45


13) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 chufu am 03.04.2004 um 12:58:17

Hallo nauna,


Zitat:
Alu Folie - da hast du gleich tausend Wächter dastehen die über dich herfallen.


Warum denn  

Die denken wohl alle, du packst gerade dein Frühstücksbrot aus und wollen was abhaben.  

Lieben Gruß, chufu.



> Antwort auf Beitrag vom: 03.04.2004 um 12:39:45


14) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 05.04.2004 um 10:21:02

Hallo Seqenenre,
Hallo zusammen,

Zitat:
wenn da der junge König Tut in Syrien sein sollte, so wäre das die 1. und wohl bisher einzige Darstellung, die beweist, daß Tut einen Krieg geführt hat.

... ach ?!  


Zitat:
Daran kann ich dann doch nicht so recht glauben...

Um es von der Ebene des Glaubens auf eine etwas gesichertere zu heben, genau deshalb fragte ich ja nach einem eventuell doch schon irgendwo aufgetauchtem Foto ...
Das scheint`s nicht zu geben, wen wundert`s nach dem Bannfluch gegen eine gewisse Mrs.Fletscher ...

Werden wir wohl auf die wissenschaftliche Publikation warten müssen ...


Zitat:
Nach Echnatons Ende war die Sicherheit in diesem Gebiet doch wohl absolut nicht mehr gewährleistet,

Was hat das mit der Frage zu tun ob Tutanchamun in seiner 9 bis 10 jährigen Regierungszeit je einen Krieg geführt / an einem Feldzug persönlich teilgenommen hat ?
Und, führten die alten Ägypter Kriege nur in sicheren Gegenden ?  


Zitat:
abgesehen davon waren doch wohl auch in der Innenpolitik wichtigere Sachen zu erledigen. Und da soll ein Kind die Rolle eines Heerführers bei einem Kriegszug, der über die Grenzen Ägyptens hinaus führte und ziemlich riskant war, übernommen haben?

Und Du meinst dieses Kind hat die wichtigeren Sachen in der Innenpolitik gelöst ? Oder wie ist diese Aussage zu verstehen ?
Das es Feldzüge gab dürfte klar sein (Amarna-Briefe, Bogazköy-Archiv).
Haremhab wollte ja auch was zu tun haben ...  
Übrigens ist mindestens einer auch unter "Pazifist"    Echnaton belegt ... gegen Kusch.


Zitat:
Die Armee lag nach Echnatons Herrschaft doch auch ziemlich darnieder...

Belege ?


Zitat:
Außerdem wird meines Wissens auch auf keiner Stele von einem Kriegszug berichtet, von anderen guten Dingen (Restauration des alten Glaubens etc.) dagegen schon.

Wie viele Stelen mit Berichten aus der und über die Regierungszeit Tutanchamuns kennst Du denn neben der sog. Restaurationsstele, auf die Du wohl anspielst ?


Zitat:
Ich nehme eher an, daß es sich um ein symbolisches Niederwerfen der Feinde Ägyptens handelt.

Darstellungen dieser Art sind hinlänglich bekannt, danach klingt die Beschreibung für mich nicht.


Zitat:
Denn etwas ist schließlich auch ziemlich klar: besonders "athletisch" kann der Knabe ja wohl nicht gewesen sein, realistisch ist die Darstellung also keinesfalls.

Wieso ist das ziemlich klar ? Hast Du Fotos vom 16-19 jährigen Tutanchamun ?
Und komm mir jetzt bitte nicht mit den Knochen (Mumie ist wohl übertrieben) aus dem Tal der Könige ... Schon auf dem Burton-Foto vom Auswickeln der Mumie läßt sich nicht mehr erkennen ob oder ob er nicht "athletisch" war ...


Zitat:
Wenn noch nicht einmal Bilder als Beleg abgedruckt sind, kann man aber auch nicht viel sagen...

Da muß ich Dir nun allerdings voll und ganz recht geben ...  


Zitat:
Ich habe eigentlich immer geglaubt, daß vom "Millionen-Jahre-Haus" nichts mehr übrig ist, zumindest nichts verwertbares??

Dürfte sich bei / nach lesen des Artikels beantworten ?!


Zitat:
Kann es sein, daß jemand vielleicht meint, "nach 25 Jahren Suche muß man doch auch mal was spektakuläres finden"...??

Wohl kaum. Nicht beim Leiter des Chicago House. Hast Du Dir mal angesehen was die alles machen / gemacht haben ?

Vielleicht zieht Johnson die Schlußfolgerung Qadesch aus den Amarna-Briefen bzw. dem Archiv aus Bogazköy ?
Kemet 2/2004, S.: 30 :

"...Ich war freundlich,aber ihr habt mir plötzlich böses getan [...] Den Stadtfürsten von Qadesch, welchen ich vom König des Hurriterlandes weggenommen hatte, den schlugt ihr. Als ich das hörte, kam mir der Zorn hoch, und ich entsandte meine Fußtruppen und Wagenkämpfer und Herren. Sie kamen und schlugen eure Grenzgebiete, das Land Amka. Und als sie das Land Amka, welches Euch gehört, geschlagen hatten, da fürchtet ihr euch vielleicht. Einen Sohn wünscht ihr von mir als [...] Jener wird womöglich Geisel, zum [König] macht ihr ihn nicht !"

Was spricht dagegen das Tutanchamun an diesem Zug gegen Qadesch leilnahm ? Was spricht dagegen das er dabei verwundet wurde und an den Folgen starb ? Was spricht dagegen das sein Tod vor den Feinden verheimlicht wurde ? Was spricht dagegen das die gesamte Dahamunzu-Affäre ein Ablenkungsmanöver zwecks Zeitgewinn war ?
Sicher, alles Vermutungen ... Aber ich finde : es paßt ganz gut !  

Grüße, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 31.03.2004 um 13:54:16


15) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 naunakhte am 05.04.2004 um 10:30:11


Zitat:
daß vom "Millionen-Jahre-Haus" nichts mehr übrig ist


Nach der Diss. von Martina Ullmann über Millionen-Jahre-Häuser (MJH) scheint es (vermutlich) aus Karnak drei Belege zu MJH von Tutanchamun/Eje zu geben.
Ich habe hier leider nur eine Kopie des Inhaltsverzeichnisses und kann euch daher nichts weiteres dazu mitteilen.

nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 05.04.2004 um 10:21:02


16) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Seqenenre am 05.04.2004 um 17:05:10

Hallo, Lutz!

Zu Deinen Ausführungen:
1.) Zitat:

Zitat:
wenn da der junge König Tut in Syrien sein sollte, so wäre das die 1. und wohl bisher einzige Darstellung, die beweist, daß Tut einen Krieg geführt hat.
 

... ach ?!  

Ja, ach! Ist zwar kein Geistesblitz, aber immerhin besser als Spekulationen, ob er denn auf einem Kriegszug gegen Qadesch umgekommen ist, sein Tod verheimlicht wurde usw., das ist nämlich allenfalls Stoff für einen Abenteuerroman.

2.) Zitat:

Zitat:
"Um es von der Ebene des Glaubens auf eine etwas gesichertere zu heben, genau deshalb fragte ich ja nach einem eventuell doch schon irgendwo aufgetauchtem Foto ..."

Zum Einen habe ich weiter unten in meinem Post gesagt, daß ich das Fehlen von Bildern bedaure, zum Anderen fällt es mir, ehrlich gesagt, schwer, zu glauben, daß Du etwas auf eine gesichertere Ebene heben willst (siehe das Ende Deines Postings)...

3.) Gewiß führten die Ägypter keine Kriege in eh' sicheren Gebieten und ebenso gewiß war der Kindpharao kein innenpolitisches Genie, aber würden ein einigermaßen vernünftiger Pharao und sein Beraterstab ihn selbst in solch ein Gebiet lassen, wenn ein solcher Feldzug ja auch von Generälen ohne ihn durchgeführt werden könnte? Viel machen hätte er ja sowieso nicht können, wohl aber hätte mit ihm der wahrscheinlich letzte seiner Dynastie umkommen können. Deine Aussage, "daß es Feldzüge gab, dürfte klar sein", ist zumindest mir nicht ganz klar und bis dato unbewiesen... Im Süden gab's doch wahrscheinlich nur ein paar der üblichen Scharmützel, dafür sprechen Erfahrungswerte.

4.) "Belege" dafür, daß die Armee nach Echnatons Herrschaft darniederlag, habe ich zwar keine direkten, aber es gibt doch Briefe, in denen E. aus Syrien von dortigen Vasallen um Hilfe gebeten wurde, diese aber nicht gewährt wurde. Hätte man eine gute Armee gehabt, würde man doch wohl seinen Untergebenen geholfen und sie beschützt haben (abgesehen davon, daß ja mit jedem Vasallen, der über die Wupper ging, auch Tributzahlungen entfielen).

5.) Zur Restaurationsstele: Ich kenne keine anderen Stelen. Aber: kennst Du Pharaonen, die Kriege geführt haben und dies nicht großartig und so oft wie möglich darstellen ließen? Ich nicht... Und warum ist auch auf der bekannten Stele, die ja eine Aufzählung aller Erfolge der Regentschaft Tuts ist, keine Rede davon?

6.)
Zitat:
Darstellungen dieser Art sind hinlänglich bekannt, danach klingt die Beschreibung für mich nicht.
Vielleicht sollte man einem GEO-Redakteur, der kein Ägyptologe ist und nur wiedererzählt, was ihm erzählt worden ist, keine so große Bedeutung beimessen...

7.) Fotos habe ich keine, nur die bekannten von der Mumie, und die entsprechenden Daten über Größe, Schädelumfang usw., aber daraus kann ich nur lesen, daß sein Kopf nicht 100%ig normal war und er kein Riese war. Es werden von ihm aber auch nie sportliche Wunderdinge wie z.B. von Thutmoses berichtet, und von einer militärischen Ausbildung ist auch nichts bekannt.

8.) So lange mir kein umfangreiches Bildmaterial präsentiert werden kann (und nauna konnte ausnahmsweise einmal nicht aushelfen, obwohl ihre Wohnung mit Material vollgestopft sein muß   ), habe ich immer noch nix verwertbares...

9. zum "Chicago House": sicherlich eine gute Institution, aber es wäre nicht das erste Mal, daß auch einer guten Institution ein Lapsus unterläuft...

10. Zu den Amarna-Briefen: der zitierte Brief stammt doch wohl aus der Zeit Echnatons, nicht Tuts...

11. Was spricht dagegen? - Was spricht eigentlich dafür
Wie Du so schön sagst,

Zitat:
"alles Vermutungen"
...

Vielleicht bekommen wir ja bald aus Luxor Aufklärung und Erleuchtung...

Gruß, Seqenenre

> Antwort auf Beitrag vom: 05.04.2004 um 10:21:02


17) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 05.04.2004 um 20:15:43

Hallo Seqenenre,
Hallo zusammen,

Seqenenre :

Zitat:
wenn da der junge König Tut in Syrien sein sollte, so wäre das die 1. und wohl bisher einzige Darstellung, die beweist, daß Tut einen Krieg geführt hat.

Lutz :

Zitat:
... ach ?!  

Seqenenre :

Zitat:
Ja, ach! Ist zwar kein Geistesblitz


... genau.    Aber da Du mit meinem Humor nicht klar zu kommen scheinst, entschuldige ich mich natürlich.


Zitat:
immerhin besser als Spekulationen

Zumindest kennzeichne ich meine Spekulationen ausdrücklich  als solche ...


Zitat:
gewiß war der Kindpharao kein innenpolitisches Genie, aber würden ein einigermaßen vernünftiger Pharao und sein Beraterstab ihn selbst in solch ein Gebiet lassen, wenn ein solcher Feldzug ja auch von Generälen ohne ihn durchgeführt werden könnte?




Abgesehen davon das Dir da einiges durcheinander gegangen zu sein scheint (würde ein vernünftiger Paharao sich seibst ? oder den Kindpharao ?), mußt Du dann schon erklären warum andere Pharaonen von ihrem Beraterstab (und sich selbst   ) in gefährliche Kriege gelassen wurden wenn das bei Tutanchamun, Deiner Meinung nach, auf gar keinen Fall so gewesen sein kann (übrigens, für jemanden der einem  anderen Spekulation vorwirft, spekulierst Du ganz schön viel ...).

Weiterhin scheinst Du meinen Beitrag nicht genau gelesen zu haben. An keiner Stelle behaupte ich das ein "Kindpharao",  wie Du Tutanchamun bezeichnest (Bis zu welchem Alter eigentlich ?), als Heerführer auftrat.
Ich sprach vom 16-19 jährigem Tutanchamun. Das ist kein Kind mehr. Das ist ein junger Mann der möglicherweise darauf brannte sich als Pharao zu beweisen.
Ich weiß, ich spekuliere wieder. Aber ich merk`s wenigstens selbst und benutze bewußt die Möglichkeitsform bzw. weise gleich darauf hin ...


Zitat:
Deine Aussage, "daß es Feldzüge gab, dürfte klar sein", ist zumindest mir nicht ganz klar und bis dato unbewiesen...

Da gebe ich Dir recht, bewiesen ist wohl nix (auch deshalb war ich so scharf auf besagtes Foto ... um das es hier ursprünglich mal ging ...). Aber die außenpolitische Lage dürfte wohl ein weiteres Stillhalten Ägyptens nicht mehr zugelassen haben.
Kemet 02/2004, S.: 20 :
"Obwohl es keine eindeutigen Beweise gibt, spricht einiges dafür, daß es in Tutanchamuns Regierungszeit einen Feldzug nach Palästina gegen die Hethiter und ihre Verbündeten gab."


Zitat:
"Belege" dafür, daß die Armee nach Echnatons Herrschaft darniederlag, habe ich zwar keine direkten, aber es gibt doch Briefe, in denen E. aus Syrien von dortigen Vasallen um Hilfe gebeten wurde, diese aber nicht gewährt wurde.

Wofür es diverse Gründe geben kann ...


Zitat:
Hätte man eine gute Armee gehabt, würde man doch wohl seinen Untergebenen geholfen und sie beschützt haben (abgesehen davon, daß ja mit jedem Vasallen, der über die Wupper ging, auch Tributzahlungen entfielen).

Nun, da Du hier wieder den Pfad der Spekulation betrittst, obwohl Du letzteres an mir so scharf ktitisierst, folge ich Dir einfach mal, allerdings in anderen Richtungen (denn auch die gibts) :

Das "man" (Echnaton ?) keine Hilfe leistete muß ja nun wirklich nicht am Zustand der Armee gelegen haben und sagt über letzteren nicht das geringste aus. Dafür fallen mir auf Anhieb (rein spekulativ versteht sich   ) div. Gründe ein :

Echnaton braucht seine Armee im Inneren, zur Stabilisierung seiner Macht. Viele Darstellungen aus der Amarnazeit strotzen von Polizei und Militär. Einige Ägyptologen vermuten einen Polizeistaat.

Ein Feldzug kostet Geld. Nach den doch beachtlichen Bauaktivitäten reichts dafür nicht. Atons Tempel waren ihm  wichtiger.

Es hat ihn einfach wirklich nicht interessiert.

usw., usw., usw. ...


Zitat:
Zur Restaurationsstele: Ich kenne keine anderen Stelen. Aber: kennst Du Pharaonen, die Kriege geführt haben und dies nicht großartig und so oft wie möglich darstellen ließen? Ich nicht...

Vieleicht hat er das ja, u.a. in seinem Totentempel.  


Zitat:
Und warum ist auch auf der bekannten Stele, die ja eine Aufzählung aller Erfolge der Regentschaft Tuts ist, keine Rede davon?

Die Restaurationsstele zählt nicht "alle Erfolge der Regentschaft Tuts" auf. Schön wärs, dann könnten wir uns das Ganze hier sparen.
Sie beschäftigt sich mit der Wiedereinsetzung der Götter in ihre alten Rechte, der ideologischen Restauration nach der Amarnazeit. Maat wurde von Pharao im Lande wieder errichtet, die Tempel wurden restauriert, neu ausgestattet und wiedereröffnet. usw., usw., usw. ...

Seqenenre :

Zitat:
Ich nehme eher an, daß es sich um ein symbolisches Niederwerfen der Feinde Ägyptens handelt.

Lutz :

Zitat:
Darstellungen dieser Art sind hinlänglich bekannt, danach klingt die Beschreibung für mich nicht.

Seqenenre :

Zitat:
Vielleicht sollte man einem GEO-Redakteur, der kein Ägyptologe ist und nur wiedererzählt, was ihm erzählt worden ist, keine so große Bedeutung beimessen...

Wenn Du meinst ... Nur, warum diskutieren wir dann hier eigentlich darüber ?

+++ Ende Teil 1 +++  

> Antwort auf Beitrag vom: 05.04.2004 um 17:05:10


18) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 05.04.2004 um 20:19:21

+++ Teil 2 +++ :



Zitat:
Fotos habe ich keine, nur die bekannten von der Mumie, und die entsprechenden Daten über Größe, Schädelumfang usw., aber daraus kann ich nur lesen, daß sein Kopf nicht 100%ig normal war und er kein Riese war.

Um als "athletisch" zu gelten muß man kein Riese sein. Was war an seinem Kopf, Deiner Meinung nach, nicht 100 % ig normal ?  


Zitat:
Es werden von ihm aber auch nie sportliche Wunderdinge wie z.B. von Thutmoses berichtet, und von einer militärischen Ausbildung ist auch nichts bekannt.

Ist Dir vieleicht mal der Gedanke gekommen, daß dies eventuell mit der Tatsache zu tun haben könnte das sein Andenken unter der nachfolgenden 19.Dynastie (fast) erfolgreich ausgelöscht wurde ?
Die Waffen und Streitwagen im Grab zeigen deutliche Gebrauchsspuren, sind also nicht als symbolische Beigaben nur fürs Jenseits gefertigt worden.

Echnatons "Hinterlassenschaft" ist wohl allein durch ihre schiere Zahl an Bauten, Bildwerken und Reliefs, durch ihre Einmaligkeit und ihre erheblichen Nachwirkungen in Kunst, Kultur und Gesellschaft diesem Schicksal entgangen, obwohl es ganz klar ebenfalls versucht wurde.


Zitat:
So lange mir kein umfangreiches Bildmaterial präsentiert werden kann (und nauna konnte ausnahmsweise einmal nicht aushelfen, obwohl ihre Wohnung mit Material vollgestopft sein muß   ), habe ich immer noch nix verwertbares...

Mein lieber Seqenenre, darum gings mir doch, ob jemand Bilder hat !


Zitat:
9. zum "Chicago House": sicherlich eine gute Institution, aber es wäre nicht das erste Mal, daß auch einer guten Institution ein Lapsus unterläuft...

Ich spare mir jeden Kommentar ... außer vieleicht : Sicher, wie jedem anderen Menschen auch, nicht mehr aber auch nicht weniger ...


Zitat:
Zu den Amarna-Briefen: der zitierte Brief stammt doch wohl aus der Zeit Echnatons, nicht Tuts...

Auch wenn das weiterhin eine strittige Frage ist, tendiert die Mehrheit der Ägyptologen heute nicht mehr zu dieser Ansicht (siehe auch Kemet 02/2004, S.:29, rechts, unteres Drittel d. Kolumne). Als Verfasserin der Briefe wird wohl doch eher Anchesenamun angesehen.


Zitat:
Was spricht dagegen? - Was spricht eigentlich dafür
Wie Du so schön sagst,

Zitat:"alles Vermutungen"

Ja, zumindest sage ich es ...    wenn ich "vermute" ...  


Zitat:
Vielleicht bekommen wir ja bald aus Luxor Aufklärung und Erleuchtung...

Wir werden im November, so Amun will, unser Möglichstes versuchen ...    

Grüße, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 05.04.2004 um 20:15:43


19) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Gast_A. am 06.04.2004 um 00:48:33 - Anhang: Tutanchamun-Zip.zip

Hallo!

Bevor sich hier einige Leute verbal die Köpfe einschlagen gibt’s mal ein paar Bilder...

Bereits 1992 hat W.R. Johnson (An Asiatic Battle Scene of Tutankhamun from Thebes, Chicago) die Reliefblöcke des einstigen Tutanchamun-Tempels (PM II, 40) als Dissertation publiziert.

Davor sind einige der Blöcke (u.a. mit den hier relevanten Reliefszenen bereits veröffentlicht worden:
Chevrier, in: ASAE 53 (1956), S. 11 (Tf. 7);
Abdul-Kader Mohammad, in: ASAE 56 (1959), S. 132;
Grimm, in: JEA 73 (1987), S. 204-6).

Die Bilder im Anhang sind als zip-files komprimiert (wie kriegt man mehrere Bilder in einen Anhang? ) und entsprechen nach Johnsons Systematik:
01- Schlacht.jpg = Rekonstruktion nach R. Johnson [1992, S. 187].
02- Gefangenenpräsentation.jpg = Rekonstruktion nach R. Johnson [1992, S. 189].
03- Schiffsprozession.jpg = Rekonstruktion nach R. Johnson [1992, S. 191].
04- Tempelgrundriss.jpg = Rekonstruktion nach R. Johnson [1992, S. 193].
05- Detail_1.jpg = äg. Streitwagen & hethitischer Verwundeter [Block, Mitte des 19. Jh. in der Nähe des Chons-Tempels gesehen (keine Maße)].
06- Detail_2.jpg = Pfeildurchbohrte Hethiter u. Asiaten [Block Metropolitan Mus. 13.180.21 (Maße: 60.5x115cm)].
07- Detail_3.jpg = Abgeschlagene Hände auf Lanzen [Block, heutiger Verbleib unbekannt (nur Photo bekannt); Maße: 22,5x42cm)].
08- Detail_4.jpg = Libysche Gefangenen [Karnak, Chons-Tempel, Hypostyl, Nordwand; Maße: 64x83cm)].
09- Detail_5.jpg = Libyscher Gefangener und äg. Soldat [Karnak, Chons-Tempel, Hypostyl, Nordwand; Maße: 75x90cm)].
10- Detail_6.jpg = Gefangenenkäfig an Schiffsbug [Karnak, Magazin „Scheich Labib“; Maße: 70x150cm)].
11- Detail_7.jpg = Asiatische Festung (Ort in Qedem? Qadesch?) [Karnak, Chons-Tempel, Pylon, Ostturm, Treppenaufgang (Maße: 80x80cm)].

Dem GEO-Artikel nach klingt es wirklich so, als gehe Johnson davon aus, hier ein historisches Dokument vor sich zu haben. Wieso von ihm aber ein so gravierender Umschwung in der historischen Bewertung der Szenen vorgenommen wurde, ist mir unklar. Johnson selbst (1992, S. 98) notiert nämlich in seiner Dissertation, dass die Szenen ein Topos wiedergeben, generisch-programmatischen Inhaltes – also reine Idealabbildungen – seien. Ich hab’ eher den Eindruck, dass da – wie hier schon angesprochen – ein recht unbedarfter Schreiberling (Jens Schöder? Eigentlich arbeiten in der GEO-Epoche Redaktion „echte“ Ägyptologen. Wieso dieser Herr den Artikel geschrieben hat ist mir nicht nachvollziehbar!) etwas mehrdeutige Aussagen Johnsons recht frei ins Deutsche „übersetzt“ hat. Diesen 180 Grad Schwenk von Johnson kann ich mir sonst nicht erklären.

Die Szenen sind ausserdem so fragmentarisch erhalten, dass es wohl stark übertrieben wäre, von einem sicheren Beleg für einen „Feldzug“ unter Tutanchamun zu sprechen (auch wenn M. Eaton-Krauss, in: MDAIK 44, 1988, S. 7 die Stücke für „a representation of an Asiatic Campaign“ hält – obwohl sie nur eine handvoll Blöcke der Szenen kannte!). Die weiss-gelassenen Blöcke mit Nummern in der Reliefrekonstruktion (Nr. 01-03) sind die erhaltenen Partien (viell. 2-5%). Der Rest ist Spekulation (Johnson hat sich aber sehr ausgiebig mit den inhaltlichen Komponenten solcher Schlachtszenen auseinandergesetzt. Seine Rekonstruktion hat damit aber einen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad).

Die Schlachtszene (Szene 01) mit dem Streitwagen und den niedergstochenen und –gefahrenen Gegnern entspricht weitgehend dem „normalen“ Motivschatz solcher Darstellungen. Die Schlachtszene an sich kann daher kaum in dem Sinne ausgedeutet werden, dass hier Realität wiedergegeben worden sei. Aus den standardisierten Schlachtszenen der berühmten Truhe aus dem Grabinventar des Tutanchamun, oder der Tatsache, dass ihm Schilde und Waffen ins Grab gelegt wurden, hat bisher auch niemand einen realen Feldzug herauslesen wollen.
Die innovativen Elemente der Darstellung (zB. der Gefangene im Käfig) werden von Johnson in seiner Diss. als „experimentation“ bzw. „mix of old and new“ (S. 107) interpretiert. Nach der Etablierung der Streitwagen-Schlachtszenen in Tempeldekorationen unter Thutmosis III., soll ein „kreativer Prozess“ stattgefunden haben, bei dem immer detailliertere und verspieltere Szenerien kreiert wurden (Manierismus). Das bloße Auftreten solcher „ungewöhnlichen“ Szenen ist aber noch kein Kriterium für Realitätsnähe oder Wahrheitsgehalt.

Grimm (in: JEA 73 (1987), S. 204-6) kann in seiner Untersuchung zu Gefangenendarstellungen in den Tutanchamun-Reliefs plausibel machen, dass es sich bei einigen der „brutalen“ und „einmaligen“ Darstellungen um Szenen eines „Siegesfestes“ handeln könnte. Ein solches Fest fand von der Frühzeit bis zum Ende der pharaonischen Kultur im Rahmen der Thronbesteigung und der Neujahrszeremonien in den großen Residenzzentren statt. Dabei kam es zu eben solchen „martialischen“ Szenen (Erschlagen der Feinde, Ertränken von Gefangenen in einem Käfig im Nil, Aufhängen der Toten und öffentliche Präsentation der Leichen; vgl. hierzu A. Grimm, op.cit., der dort einen solchen, in Gize gefundenen Käfig bespricht), wie wir sie z.B. auch auf den Karnak-Blöcken belegt haben. Ein solches Siegesfest aber war jährliche Pflicht eines jeden Pharao – egal ob Siegertyp oder Mauerblümchen. Auch hier finden wir also keinen Bezug zu einem realen Feldzug!

Dass es in Anbetracht der hethitischen Bedrohung der nördlichen Grenze der ägyptischen Einflußsphäre (Byblos) zu vielen Scharmützeln und zahlreichen Strafaktionen gekommen ist, scheint unbestreitbar. Den EINEN „großen Asien-Feldzug“ Tutanchamuns halte ich allerdings für kaum nachweisbar. Schließlich läßt sich auch nicht belegen, dass die ägyptische Armee irgendwelche Gebietsgewinne nördlich von Byblos gemacht hat (Kadesch/Amurru blieb ja bis Sethos I. unter feindlicher Kontrolle).

Gruss A.

> Antwort auf Beitrag vom: 05.04.2004 um 20:19:21


20) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 06.04.2004 um 06:20:12

Hallo Gast_A.,
Hallo zusammen,


Zitat:
Bevor sich hier einige Leute verbal die Köpfe einschlagen

dann hätten wir Fotos gemacht und wären halt so zu den Schlacht-Szenen gekommen !  


Zitat:
gibt’s mal ein paar Bilder...

So gehts natürlich auch ... und ist sicher viel besser ...  Danke !  


Zitat:
Eigentlich arbeiten in der GEO-Epoche Redaktion „echte“ Ägyptologen.

Davon bin ich bisher auch ausgegangen. Daher war dies eine der wenigen Zeitschriften der ich bezüglich "Quellen" vertraute.


Zitat:
... etwas mehrdeutige Aussagen Johnsons recht frei ins Deutsche „übersetzt“ ...

Genau soetwas wäre wohl neu für GEO ... Sparmaßnahmen ?  
Da hilft zwecks Klärung wohl nur eine Nachfrage per E-Mail, bin ja mal gespannt ob eine Antwort kommt ...  


Zitat:
Diesen 180 Grad Schwenk von Johnson kann ich mir sonst nicht erklären.

Vielleicht hat er in den letzten 12 Jahren noch mehr gefunden ? Immerhin ist im Artikel die Rede von "200 (!) erhaltenen Blöcken".

In diesem Zusammenhang würden mich Deine Ansichten zur Dahamunzu-Affäre interessieren. Welche ägyptische Königin hat Deiner Meinung nach den Brief verfasst und warum ?

Danke nochmal !  

Grüße, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 00:48:33


21) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Seqenenre am 06.04.2004 um 14:20:26

Hallo, Lutz!
Nur noch ein paar Anmerkungen zu Deiner Antwort auf meine 2. Beitrag:

1. Wenn ich "würde" und "könnte" schreibe, setze ich voraus, daß ein Leser weiß, es handelt sich um Überlegungen/Vermutungen/Spekulationen und nicht um Fakten. Ich kann nicht sehen, wo ich dies nicht getan habe. Das ist nun einmal die deutsche Grammatik...

2. Wenn Du von einem Grund sprichst, warum Tut etwas wie einen solchen "Feldzug" geführt oder nicht geführt haben könnte, solltest Du beim zitieren Zitate auch im Zusammenhang und vollständig lassen. Meine Überlegungen zur Begründung fangen direkt nach Deinem Zitat an.

3. Du zitierst die neue Kemet und sagst, die Situation dürfte ein weiteres Stillhalten nicht zugelassen haben, um zu begründen, warum ein Feldzug Tuts evtl. erforderlich gewesen sei. Etwas später (eine halbe Seite) fallen Dir aber auf einmal diverse Gründe dafür ein, warum Echnaton seinen Verbündeten nicht helfen konnte, so u.a. der, daß das Geld wegen der Bauaktivitäten dafür nicht reichte. Bei Tut, der viel weniger baute, reichte es dann aber auf einmal sogar zu einem Feldzug?

4. Schädel Tuts: schau Dir doch bitte die Röntgenaufnahmen von Tut an, also für mich sieht das nicht normal aus.

Weitere Erwiderungen erspare ich mir hier, da ich weder  Gast_A noch mich selbst wiederholen will, z.B. bezügl. der Darstellungsweise des "Sieges" oder der Berichterstattung in der Geo (die ich immer sehr geschätzt habe). Gast_A hat das toll zusammengetragen, viel besser, als ich das gekonnt hätte (ich hab' ja vom Büro geschrieben, außerdem kenne ich die von ihm zitierten Arbeiten zum großen Teil nicht).

Lassen wir's dabei...

Seqenenre



> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 06:20:12


22) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Iufaa am 06.04.2004 um 14:28:16

Hi,

die Röntgenaufnahme des Kopfes ist im Fotoalbum Der Mordfall Tutankhamun1, die Maße finden sich zum Teil schon bei Carter, ich kann aber auch die Maße liefern, die FF Leeks im Bd. 5 "The Human Remains from the Tomb of Tutankhamun", der Tutankhmamun´s Tomb Series, geliefert hat.

Mich würde mal die "anthropomorphe" Begründung für seinen angeblich nicht normalen Kopf interessieren.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 14:20:26


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=albumthumb&idn=20030213125536


23) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 naunakhte am 06.04.2004 um 14:58:39


Zitat:
Mich würde mal die "anthropomorphe" Begründung für seinen angeblich nicht normalen Kopf interessieren.


um es mal auf gut Deutsch zu sagen: Ich (naunakhte) verstehe auch nicht warum der Schädel unnormal sein soll.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 14:28:16


24) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Seqenenre am 06.04.2004 um 15:41:05

Also ich bin der Meinung, daß der Schädel eine etwas arg nach hinten langgestreckte Form hat. Da ich erst am letzten Samstag eine ganze Reihe echter Schädel gesehen habe, die diese Streckung nicht hatten, finde ich die Form halt nicht normal.

Zitat Gerhard Polt:   "Was einmal genetisch versaut ist, das läßt sich mit Prügel allein nicht korrigieren" ...und auch nicht durch einen Feldzug?  

Bitte, bitte, jetzt aber nicht schon wieder eine Diskussion über Erbkrankheiten u.ä.

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 14:58:39


25) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 naunakhte am 06.04.2004 um 15:49:27


Zitat:
aber nicht schon wieder eine Diskussion über Erbkrankheiten


genau. Diskussionen über Erbkrankheiten lassen wir. Diskussionen über die Schädelform hatten wir auch schon.

Ein langgestreckter Schädel sagt nichts über den Gesundheitszustand oder die Intelligenz der Person aus.

Damit fehlt Dir eine Grundlage für die Behauptung der Schädel sei "nicht normal".

lg
nauna


> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 15:41:05


26) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Iufaa am 06.04.2004 um 15:56:44

Hi,

in Deutschland ist das Wort ja ein wenig verpönt, aber sagt Dir der Begriff "Rasse" was?
Du vergleichst nach dem Augenschein, nicht nach genauen Messungen und hast darüber hinaus keine "Referenzwerte" für die altägyptische Bevölkerung.

Nunja, mit einer gesundern Voreinstellung kann man vielleicht auch noch "anderes" sehen.

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 15:41:05


27) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Seqenenre am 06.04.2004 um 16:45:46

Hi, lufaa & nauna!
Ich glaube schon, daß ich eine "gesunde" Einstellung habe, wäre auch schlimm, wenn's anders wäre, schließlich gehört meine bessere Hälfte einer anderen "Rasse" an. Auch urteile ich nicht nach dem Augenschein, die Abmessungen des Schädels sind mir wohlbekannt (finden sich ja schließlich auch in x Büchern...

Das Ganze ist wohl eine ziemliche Ansichtssache, ich wollte nur vermeiden, daß ein Leser mich alten Juso evtl. für einen Rassisten hält.

Im Sinne einer fröhlichen Meinungsvielfalt liebe Grüße

Seqenenre

P.S.: wenn schon ein Pharao, der auf dem Schlachtfeld starb, wie Lutz von Tut spekuliert, dann mein Namensvetter, dessen zerbeulter Visage sieht man's wirklich schon per Augenschein an: das muß weh getan haben!

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 15:56:44


28) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 06.04.2004 um 16:51:48

Hallo Seqenenre,
Hallo zusammen,


Zitat:
Nur noch ein paar Anmerkungen zu Deiner Antwort auf meine 2. Beitrag:

aber bitte, nur zu, immer wieder gerne ...  


Zitat:
1. Wenn ich "würde" und "könnte" schreibe, setze ich voraus, daß ein Leser weiß, es handelt sich um Überlegungen/Vermutungen/Spekulationen und nicht um Fakten.

Gut, dann weiß ich jetzt bescheid. Doch auch auf die Gefahr mich zu wiederholen : Bei Deinen häufigen "würden" und "könnten" wär ich mit Kritk an den Meinigen dann doch etwas zurückhaltender. Aber die Menschen sind ja verschieden.


Zitat:
2. Wenn Du von einem Grund sprichst, warum Tut etwas wie einen solchen "Feldzug" geführt oder nicht geführt haben könnte, solltest Du beim zitieren Zitate auch im Zusammenhang und vollständig lassen. Meine Überlegungen zur Begründung fangen direkt nach Deinem Zitat an.

Wenn Du, wie (Thot sei Dank !) die Meißten hier, das überaus praktische und einfache System zum Zitieren aus Beiträgen benutzen würdest, anstatt dieser unübersichtlichen und  albernen Nummerierung, dann könnte ich vielleicht auch nachvollziehen welches Zitat Du meinst. So gelingt mir das leider nicht, sorry.


Zitat:
3. Du zitierst die neue Kemet und sagst, die Situation dürfte ein weiteres Stillhalten nicht zugelassen haben, um zu begründen, warum ein Feldzug Tuts evtl. erforderlich gewesen sei. Etwas später (eine halbe Seite) fallen Dir aber auf einmal diverse Gründe dafür ein, warum Echnaton seinen Verbündeten nicht helfen konnte, so u.a. der, daß das Geld wegen der Bauaktivitäten dafür nicht reichte.

Und was hat Deiner Meinung nach beides miteinander zu tun ?

Lies doch bitte nochmal etwas genauer. Ich versuche an dieser Stelle nirgends "ein(en) Feldzug Tuts" zu begründen. Ich gehe lediglich davon aus das auf Grund der außenpolitischen Situation etwas geschehen mußte. Unter wessen Führung bleibt in meiner Aussage völlig offen.

Die "diversen Gründe" die mir "etwas später" einfielen sollten lediglich Dir veranschaulichen, das eine am Boden liegende Armee, wie Du sie für die Amarna-Zeit als Grund für nichtgeleistete Hilfe gegenüber Vasallen annimst (ohne Belege bringen zu können), nicht der einzige Grund sein muß.

Diese "diversen Gründe" spiegeln also keinesfalls meine Meinung zu dieser Frage wieder (Was Du, wie mir scheint, zu unterstellen versuchst.).


Zitat:
Bei Tut, der viel weniger baute, reichte es dann aber auf einmal sogar zu einem Feldzug?

So so, Tutanchamun hat also viel weniger gebaut. Ist ja interessant ... und ganz ohne "würde" und "könnte" ... Belege bitte !  


Zitat:
4. Schädel Tuts: schau Dir doch bitte die Röntgenaufnahmen von Tut an, also für mich sieht das nicht normal aus.

Das habe ich. Das erste Mal wohl vor ca. 15 Jahren, das letzte Mal vor 15 Minuten. Zwischendurch auch ein paar Mal ... ohne das ich je irgendwas "nicht normal aussehendes" entdecken konnte.
Deine Aussage : "... also für mich sieht das nicht normal aus." reicht mir nicht. Könntest Du bitte konkreter werden ? Was ist für Dich in diesem Zusammenhang "normal aussehend" und in wie weit weicht Tutanchamuns Schädel von Deinem Normal-Schädel-Bild ab ?


Zitat:
Berichterstattung in der Geo

Die Anfrage an die GEO-Redaktion ging gestern per Mail raus. Falls eine Antwort kommt werde ich sie hier veröffentlichen.


Zitat:
Gast_A hat das toll zusammengetragen, viel besser, als ich das gekonnt hätte (ich hab' ja vom Büro geschrieben, außerdem kenne ich die von ihm zitierten Arbeiten zum großen Teil nicht).

Na da haben wir doch zu guter Letzt dann doch noch etwas das wir beide unterschreiben können ... Bis auf den Teil mit dem Büro ... ich mach das hier in meiner Freizeit ...

Grüße, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 14:20:26


29) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 manetho am 06.04.2004 um 17:00:18

Wenn Du die Möglichkeit hast, nimm Dir mal bitte Rösings Abhandlung zum Qubbet el Hawa vor. Er hat dort (als Anthropologe die Untersuchungen an über 1000!! Skeletten und Skelettteilen gemacht. In diesem Buch sind hervorragenden Schädelfotos in zwei Seitenansicht, die auch alle verschiedene dort ansässige Rassen umfassen. Dort fallen schon die Unterschiede auf. Noch interessanter - allerdings für Nichtmediziner nicht ganz leicht - die entsprechenden Erläuterungen.

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 16:45:46


30) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 naunakhte am 06.04.2004 um 17:04:52


Zitat:
Die Anfrage an die GEO-Redaktion ging gestern per Mail raus. Falls eine Antwort kommt werde ich sie hier veröffentlichen.


Das wäre schön Lutz.

Ansonsten muß ich aber sagen, ich finde den Schlagabtausch von euch beiden etwas albern.

nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 16:51:48


31) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 06.04.2004 um 17:19:04

Hallo Nauna,

Zitat:
Ansonsten muß ich aber sagen, ich finde den Schlagabtausch von euch beiden etwas albern.

hast ja recht ... i bin halt a `bissl fanatisch ...   ... wenn`s um mei Lieblingssipp` geht ...   ...

Aber ich hör jetzt auf, versprochen.  

Muß ja in meiner Freizeit schreiben ...     ... also nicht aus`m Büro mein` ich ...

Grüße, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 17:04:52


32) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Gitta am 06.04.2004 um 22:48:33


Zitat:
Dem GEO-Artikel nach klingt es wirklich so, als gehe Johnson davon aus, hier ein historisches Dokument vor sich zu haben


Und nicht nur das!

Hallo Gast A,

den GEO-Artikel habe ich ausserdem so verstanden, als würden die Fragmente, zusammengesetzt wie ein Puzzle, im "Lager" am Luxor-Tempel rumliegen. Das kann aber nicht der Fall sein, denn zwei der Stücke scheinen nicht mehr auffindbar und eines befindet sich im Metropolitan Museum.

Ich muss auch ganz einfach mal diese Frage stellen: wie ist festgestellt worden, dass es sich um Fragmente aus Tuts Totentempel handelt? Anhand des Bildprogramms oder gibt es noch andere Hinweise? Schlachtszenen findet man ja z.B. auch am Luxortempel und in Karnak. Gibt es Schriftzeugnisse auf den Blöcken, die das vermuten lassen? Irgendwo müsste ja auch der Name des Königs auftauchen, um die Zuordnung so eindeutig vornehmen zu können. Sicher war es nicht so, wie Johnson es im GEO erklärt (oder wie es ihm in den Mund gelegt wurde): Die Gestalt des Kindkönigs erkenne er ohnehin meist auf den ersten Blick "König Tut hat eine ziemliche Mitte, sozusagen eine etwas tropfenförmige Figur". Das kann doch nur eines von mehreren Kriterien sein.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 00:48:33


33) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 naunakhte am 07.04.2004 um 08:56:29

Hallo Gitta,

woran Johnson festmacht das es sich um Tut handelt zitiert Lutz bereits Eingangs


Zitat:
Und auf einem übergroßen Streitwagen steht ein athletischer Tutanchamun, ausgewiesen durch seinen königlichen Namensring,


Wie er allerdings auf das MJH haus kommt wüßte ich auch gerne.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 22:48:33


34) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Gitta am 07.04.2004 um 09:25:17

Stimmt, habe mir gerade die Rekonstruktionen nochmal genau angesehen. Zumindest nach Nr. 01 sieht es so aus, als seien Kartuschenfragmente gefunden worden, bei denen Teile des Namens noch sichtbar gewesen sein müssten.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 07.04.2004 um 08:56:29


35) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Seqenenre am 07.04.2004 um 12:07:26

@Lutz: wenn ich von meinem Büro aus schreibe, heißt das nicht, daß ich das während meiner Arbeit tue...

Gruß, Seqenenre

P.S.:
Zitat:
Lies doch bitte nochmal etwas genauer. Ich versuche an dieser Stelle nirgends "ein(en) Feldzug Tuts" zu begründen. Ich gehe lediglich davon aus das auf Grund der außenpolitischen Situation etwas geschehen mußte. Unter wessen Führung bleibt in meiner Aussage völlig offen.

...aber Du spekulierst, Tut könne auf einem Feldzug umgekommen sein? Da komme ich nicht mehr mit  

> Antwort auf Beitrag vom: 07.04.2004 um 09:25:17


36) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Gast_A. am 07.04.2004 um 19:09:49

Hallo Gitta!


Zitat:
wie ist festgestellt worden, dass es sich um Fragmente aus Tuts Totentempel handelt? Anhand des Bildprogramms oder gibt es noch andere Hinweise? Schlachtszenen findet man ja z.B. auch am Luxortempel und in Karnak. Gibt es Schriftzeugnisse auf den Blöcken, die das vermuten lassen? Irgendwo müsste ja auch der Name des Königs auftauchen, um die Zuordnung so eindeutig vornehmen zu können. Sicher war es nicht so, wie Johnson es im GEO erklärt (oder wie es ihm in den Mund gelegt wurde): Die Gestalt des Kindkönigs erkenne er ohnehin meist auf den ersten Blick "König Tut hat eine ziemliche Mitte, sozusagen eine etwas tropfenförmige Figur". Das kann doch nur eines von mehreren Kriterien sein.


Gute Frage. Da gibt es tatsächlich einige Probleme. Die Blöcke sind
a) über Karnak, Luxor und Medamud verstreut und
b) nicht alle zwangsläufig mit Tutanchamun zusammenzubringen.

Die meisten der von Johnson herangezogenen Blöcke stammen nicht aus dokumentierten "Grabungen". Sie wurden einerseits von frühen Reisenden abgezeichnet/fotografiert (zB. P. d’Avennes, Monuments égyptiens, 1847). Andererseits wurden sie völlig wahllos von Forschern aus den Pylonen (2., 9. und 10. Pylon) bzw. deren Umfeld zusammengesammelt. So erwähnt etwa Pillet, der 1921 im Bereich des 9. Pylons arbeitete und tausende Talatat aus diesem barg, dass Legrain bereits vor ihm tausende entnommen hatte (unpubliziert! u.a. fand er auch die „Käfigszene“). Von einer zuverlässigen Ausgangsbasis kann hier also keinesfalls gesprochen werden.
Auch aus Medamud wurden Blöcke (Talatat) mit asiatischen Kampfszenen geborgen, die von Johnson Tutanchamun zugeordnet werden, da sie den Reliefs aus Luxor/Karnak „ähneln“.

Andere Stimmen gibt es natürlich auch: Abdul-Kader Mohammad (in: ASAE 56 (1959), S. 132) datiert die Reliefs der Käfigszene unter Amenophis II. und möchte den historischen Hintergrund in dessen Palästina/Syrien-Feldzug im 7. oder 9. Jahr sehen, als dieser ja bis nördlich von Ugarit vorstieß und über Kadesch bis an die mitannischen Provinzen heranrückte. Diesen Bezug stützt er weiter darauf, dass wir aus der Amada-Stele wissen, dass Amenophis die Fremdlandfürsten tatsächlich an die Mauern der thebanischen Tempel und des Amuntempels von Napata aufhängte. Auch in PM II.2, S. 40 findet sich die Datierung unter Amenophis II.!
Ein Teil der Blöcke (zB. die nubische Gefangenenvorführung) wird auch (etwa in PM II.2, S. 40) unter Amenophis IV. datiert. Leclant, der Blöcke in den 1950ern aus dem 9. Pylon barg spricht immer nur von Amenophis IV. bzw. vereinzelt von Thutmosis III. und Amenophis III. Funden. Einige Objekte Tutanchamuns seien ebenfalls geborgen worden (J. Leclant, in: Orientalia 19 (1950), S. 363; 20 (1951), S. 472; 22 (1953), S. 86 n.2).

Ein promineter Fachvertreter – D.B. Redford – hat die Blöcke sämtlich ohne Zögern Tutanchamun zugewiesen, da dies hervorragend in seine Theorie von Dahamunzu = Nofretete und zu seinen Vorstellungen passt, dass Tutanchamun der König gewesen sei, der nach dem Tod des hethitischen Kronprinzen (Zananza) die anstürmenden rachdurstigen Hethiter von Amki und Kadesch fernhalten musste. Diese Meinung hat er mehrfach publiziert (D.B. Redford, Akhenaten: The Heretic King, 1984; ders., History&Chronology u.a.). Sie hatte nachhaltig Einfluss.

Etwas albern wird es dann, wenn in einer (!) Publikation (Akhenaten Temple Project Bd. II, 1987) zum einen Redford die Datierung der Blöcke unter Tutanchamun angibt, wenige Seiten später aber Schulman (S. 53-79) notiert dieselben Szenen seien mehr oder weniger zweifelsfrei („almost certain“) von Echnaton und dokumentierten einen Asien-Feldzug Echnatons.
M. und L. Gabolde (in: BIFAO 89, 1989, S. 127-78) argumentierten, dass die Szenen mehrheitlich von Eje stammen würden, da dieser den Gedächtnistempel des Tutanchamun zur eigenen Legitimation errichten und dekorieren ließ.

Eingehend hat Johnson in seiner Diss versucht die einheitliche Datierung der 36 Schlachtenszenen-Blöcke unter Tutanchamun zu rechtfertigen. So ist sein Hauptargument für eine Zuweisung an Tutanchamun der Unterschied der Echnaton-Reliefs, die in versenktem Relief gearbeitet sind, zu den Nach-Amarna-(also Tut?)-Blöcken in deren erhabenem Relief-Stil (was aber nicht seine Erkenntnis ist, sondern bereits 1988 von M. Eaton-Krauss, Tutankhamun at Karnak, in: MDAIK 44, S. 7 vorgestellt wurde). Da viele der geborgenen Talatat-Blöcke (u.a. auch die mit Schlachtszenen) sowohl versenktes Relief auf einer Seite, wie auch erhabenes auf einer anderen Seite aufweisen, spricht hier vieles dafür, dass diese Blöcke nach Echnaton wiederverwendet worden waren (allerdings spricht das nicht zwangsläufig für Tutanchamun!). Johnson führt aber selbst auch Belege aus Luxor, Medamud und Karnak auf, die in versenktem Relief auf Talatat-Blöcken gearbeitet sind und die sicher in die Zeit Ramses’ II. datieren bzw. von einer Qadesch-Szene an den Aussenwänden des Hofes zw. dem 9. und 10. Pylon stammen). Kommen noch alle mit?  

Johnson notiert einmal:
„During the final stages of fragment analysis in 1985, this author dicovered that in the course of the fragment project, the Epigraphic Survey had collected not only (Luxor) Collonade Hall fragments, but fragments of another, previously unrecognized monument of Tutankhamun’s as well. This was made up entirely of small talatat-size blocks decorated in raised relief very similar in style, iconography, and inscription to the Collonade Hall decoration; several blocks were even inscribed with the cartouches of Tutankhamun.“ Dieses "andere Gebäude" sei eben das Millionenjahrhaus und alle nicht-Kollonaden-Blöcke seien ihm zuzuweisen.
...

> Antwort auf Beitrag vom: 07.04.2004 um 09:25:17


37) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Gast_A. am 07.04.2004 um 19:11:49

...
Tatsächlich tragen ein paar Blöcke des fraglichen Konvoluts eine Kartusche Tutanchamuns. Ein in Karnak-Süd gefundener (keine Angaben zu Herkunft und Aufbewahrungsort) Architrav sowie ein aus Luxor stammender Block mit einer Bogenschieß-/Streitwagenszene des Pharao kann daher sicher mit Tutanchamun in Verbindung gebracht werden (Johnson, 1992, S. 156 Nr. 5). Diese Blöcke bilden für Johnson dann die „Leitstilistik“, nach der er die anderen Blöcke/Fragmente mit angeblich ähnlicher Bearbeitung einordnet. Allerdings sind seine Skizzen (eben die, die ich in dem oberen Anhang reingestellt hatte) so wackelig und grob, dass da kaum etwas nachzuvollziehen, geschweige denn zu prüfen ist. Wichtiges Kriterium für die allgemeine Zuweisung zu einem Reliefzyklus (Asiaten- und Nubienfeldzug) ist der angeblich einheitliche Maßstab der Szenen, was aber ebenfalls kaum an den Zeichnungen nachgeprüft werden kann (Fotos wurden bisher nicht veröffentlicht).
Daneben ist die angebliche stilistische Ähnlichkeit der Reliefausarbeitung der Fragmente eines der wichtigsten (und mit das einzige) Argument für Johnson alle Stücke einem Zyklus zuzuweisen. Er gibt aber nie eine detaillierte Auskunft über die Kriterien dieser „stilistischen Ähnlichkeiten“, sondern führt sie immer als nachdrücklichen Beweis an (eigentlich würde ich das ohne Beweisführung als grobe Arbeitshypothese betrachten, aber er nimmt sie halt als Beweis).

Auch die Zuweisung zu Tutanchamun wegen einer angeblichen Einmaligkeit bestimmter Motive ist eine fragwürdige Methode Johnsons. So kennen wir zB. bereits von Thutmosis IV.-Reliefs die Darstellung von Gefallenen (Asiaten), deren Hände fehlen, also ebenfalls für den „body-count“ abgetrennt worden waren (H. Carter&PE. Newberry, The Tomb of Thoutmôsis IV, 1904, Tf. 10, 11). Zu dem „Käfig“ habe ich mich bereits oben geäußert.

Johnsons Argumentation wirkt zunächst bequem und nachvollziehbar. Allerdings „mißbraucht“ er eine ganze Reihe unerklärter Thesen als Beweise/Belege. Nur eine Handvoll Szenen weisen eine Kartusche Tutanchamuns auf, und seit langem ist bekannt, dass die Dekoration der Tutanchamun-Bauten in Karnak und Luxor auch von Eje und Haremhab usurpiert wurde. Daher besteht nicht abschliessend Gewissheit, dass alle Szenen originär von Tutanchamun stammen. Da Eje offenbar gezielt versuchte, durch die Fortsetzung (oder generelle Neukonzeptionierung) der Tutanchamun-Dekoration seinen eigenen Status als Thronfolger zu etablieren und Haremhab die Dekoration zunächst ebenfalls modifizierte (um das Andenken an beide Vorgänger zu eliminieren) besteht ein breites Options-Spektrum, wer denn nun der militante Herr auf den Reliefs eigentlich ist und ob die Szenen nicht posthum angebracht wurden. Betrachtet man etwa die Szenen 01-03 (s.o.), so kann Johnsons Argument, er erkenne Tutanchamun wegen dessen Proportionen im Schlaf, kaum ausreichend sein – keiner der erhaltenen Blöcke weist ausreichend „Körper“ des Königs auf um hier wirklich Zuweisungen vorzunehmen (die Füsse des Königs in der „Schiffsprozession“ sind wohl kaum aussagekräftig – ausserdem zerhackt). Sowohl Echnaton, wie auch Semenchkare, Tutanchamun, Eje und Haremhab waren in Syrien-Palästina militärisch/diplomatisch aktiv.

Gruss A.

> Antwort auf Beitrag vom: 07.04.2004 um 19:09:49


38) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Gitta am 07.04.2004 um 22:13:05

Hallo Gast A,

danke für Deine Mühe. Ich habe mich köstlich amüsiert

Als Laie fragt man sich natürlich auch, wie man aus 40 Fragmenten so umfassende Szenen rekonstruieren kann. Aber da ich mich in den Methoden nicht auskenne, kann ich natürlich auch nichts in Frage stellen. Allerdings - nach Deinem Beitrag steht die ganze schöne Theorie auf wohl ziemlich tönernen Füßen.

Was mich daran ein bißchen ärgert: das Gros der GEO-Leser hat sicher keine Möglichkeit, an Hintergrundinformationen zu kommen (und sieht dafür wohl auch keine Veranlassung) und läuft nun als Multiplikator durch die Gegend.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 07.04.2004 um 19:11:49


39) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 07.04.2004 um 22:33:56

Hallo zusammen,

wie versprochen die erstaunlicherweise sehr schnell eingetroffene Antwort auf meine Anfrage bei der Redaktion der Zeitschrift GEO :


Zitat:
Sehr geehrter Herr Franke,

vielen Dank für Ihre E-Mail zu unserem Artikel über Tutanchamun. Nein, ich denke nicht, dass ich Raymond Johnson zu frei übersetzt habe. Ich habe meine Zitatauswahl nochmal für ihn ins Englische rückübersetzt und zur Autorisierung vorgelesen. Aber möglicherweise ist die Stelle in meinem Text missverständlich gefasst: Johnson geht, wenn ich das richtig sehe, noch immer davon aus, dass das die betreffenden Szenen grundsätzlich generisch-programmatischen Inhalts und damit idealisierend sind. Es gibt aber Details, wie etwa die auf einer Lanze aufgespießten Hände der Feinde, die deutlich vom üblichen Schema abweichen (sonst liegen die Hände ja in den Darstellungen meist auf einem Haufen).

Aus solchen Anhaltspunkten wagte er sich vor zu der Vermutung, das möglicherweise tatsächliche Begebenheiten in diesen Szenen mitverarbeitet wurden - und sieht darin immerhin ein Argument für die These, dass Tutanchamun an einer realen Schlacht teilgenommen haben könnte. Dies sieht er allerdings nicht als wissenschaftlich belegt an, sondern eher als eine durch einige Hinweise begründete Spekulation. Ich könnte mir vorstellen, dass er diese Überlegung, die er mir gegenüber mündlich geäußert hat, auch nicht in einer eigenen rein wissenschaftlichen Veröffentlichung vorgebracht hätte, dafür ist sie womöglich zu sehr zugespitzt und zu wenig belegbar. In einem direkten Widerspruch zu seiner Aussage in der Dissertation stehen sie meiner Ansicht nach aber nicht.

Zu ihrer zweiten Frage: Die Vermutung, es handle sich in der betreffenden Szene um die Belagerung einer syrischen Festung stammt von Johnson (mündlich bei unserem Treffen) und er bezieht sich dabei auf die Kampfmontur der in dem Relief dargestellten Gegner der Ägypter. Die Vermutung, es handle sich bei der Festung um Qadesch, stammt ebenfalls von ihm. Ich habe das nicht nachprüfen können und daher auch ausdrücklich als Vermutung übernommen.

Ich hoffe, diese Informationen helfen Ihnen weiter.

Vielen Dank für Ihre Interesse und herzliche Grüße aus Hamburg! Für weitere Fragen stehe ich gern zur Verfügung.

Jens Schröder


Jens Schröder
Redakteur
GEO-Magazin
Am Baumwall 11
20444 Hamburg
Tel:  ++49-40-3703 2744
Fax: ++49-40-3703 5648



Na da bin ich doch als "gebranntmarkter Spekulant"    zumindest in hochkarätiger Gesellschaft !  

Grüße, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 07.04.2004 um 22:13:05


40) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 07.04.2004 um 23:02:14

Hallo Seqenenre,
Hallo zusammen,

Hallo Nauna,

... ich weiß ... ich hatte es versprochen ...   ...
Aber Frauen sind`s doch gewohnt das Männer ihre Versprechen nicht halten ... ?!  
Hast als Entschuldigung jetzt `nen Wunsch für November in Luxor frei.  

Seqenenre :

Zitat:
@Lutz: wenn ich von meinem Büro aus schreibe, heißt das nicht, daß ich das während meiner Arbeit tue...

Also interessieren tut`s mich nicht wirklich ... so lange Du nicht aus Steuergeldern bezahlt wirst ...  
Und petzen würde ich nicht, keine Angst.


Lutz :

Zitat:
Lies doch bitte nochmal etwas genauer. Ich versuche an dieser Stelle nirgends "ein(en) Feldzug Tuts" zu begründen. Ich gehe lediglich davon aus das auf Grund der außenpolitischen Situation etwas geschehen mußte. Unter wessen Führung bleibt in meiner Aussage völlig offen.

Seqenenre :

Zitat:
...aber Du spekulierst, Tut könne auf einem Feldzug umgekommen sein?  Da komme ich nicht mehr mit

Nun, mein lieber Seqenenre, dann nochmal extra für Dich (und als Abschluß dieser mich langsam langweilenden Diskussion mit Dir ... ) :

Die "außenpolitische Situation" bei Thronbesteigung (also als er noch ein "Kindpharao"   , wie Du immer so hübsch sagst, war).
Ein möglicher Unfall im Streitwagen / eine Verletzung in der Schlacht (der berühmte Schlag auf den Hinterkopf, der so gern Aja in die Schuhe geschoben wird, beispielsweise) im Alter von 18-19 Jahren, während besagter, eventuell stattgefundener  Schlacht (siehe Mail Jens Schröder, GEO).

Ich hoffe das war jetzt auch für Dich deutlich genug ...

Grüße, Lutz.  

> Antwort auf Beitrag vom: 07.04.2004 um 12:07:26


41) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 08.04.2004 um 00:51:05

Hallo Gast_A.,
Hallo zusammen,

Zitat:
Nur eine Handvoll Szenen weisen eine Kartusche Tutanchamuns auf, und seit langem ist bekannt, dass die Dekoration der Tutanchamun-Bauten in Karnak und Luxor auch von Eje und Haremhab usurpiert wurde. Daher besteht nicht abschliessend Gewissheit, dass alle Szenen originär von Tutanchamun stammen. Da Eje offenbar gezielt versuchte, durch die Fortsetzung (oder generelle Neukonzeptionierung) der Tutanchamun-Dekoration seinen eigenen Status als Thronfolger zu etablieren und Haremhab die Dekoration zunächst ebenfalls modifizierte (um das Andenken an beide Vorgänger zu eliminieren) besteht ein breites Options-Spektrum, wer denn nun der militante Herr auf den Reliefs eigentlich ist und ob die Szenen nicht posthum angebracht wurden.

nur damit ich Dich richtig verstehe, findet man auf diesen Szenen auch die Kartuschen Ajas und Haremhabs oder doch nur die des Tutanchamun ?
Hast Du die Blöcke eigentlich mal livehaftig gesehen ? Wenn ja, wann (Jahr) ?

Grüße, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 07.04.2004 um 19:11:49


42) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Gast_A. am 08.04.2004 um 10:42:35

Hallo Lutz.

1.
In seiner Diss führt Johnson auch einen Block auf, der die Kartusche Haremhabs aufweist (und der vielleicht zuvor die des Eje zeigte), den er stilistisch dennoch dem Tutanchamun-Bau zuweisen möchte. Da er ausschließlich die Schlacht-Szenen mit ihren „identifizierten“ Blöcken behandelt und zusammensetzt, ist die einzige Tutanchamun-Kartusche, auf die er in der Schlachtdarstellung verweisen kann, die der Bogenschießszene (s.o.) – und eben die ist insofern recht unaussagekräftig, da der bogenschießende Pharao im Streitwagen – wie ebenfalls oben behandelt – seit Thutmosis III. zum Topos gehörte. Auch ist bisher nicht geklärt, ob nicht doch Eje die Dekoration nach dem Tode Tutanchamuns ausführen ließ, um seine Position zu stärken. In seiner Diss führt Johnson etwa die Hälfte der Fragmente (auch solche ohne irgendeine Kartusche!!) unter der Rubrik „Fragmente, die von Eje/Haremhab (wieder)verwendet wurden“ auf, ohne allerdings zu begründen wieso er diese Kategorisierung vornimmt. Auf die Usurpation der Tutanchamun-Blöcke durch Eje und Haremhab ist eingehend  bei O. Schaden (The God's Father Ay, Minnesota, 1977) eingegangen worden, der einen Teil der Reliefs aus Johnsons Korpus ebenfalls unter Eje aufführt.

2.
Johnsons Rekonstruktion des Zyklus ist trotz aller grundsätzlichen Kritik m.E. gut gemacht. Er bedient sich für diese Rekonstruktion topischer, also GÄNGIGER Motive, wie sie als maat-gemäße Ikonen überall sonst zu finden sind und kommt damit zu einem typischen Schlacht-„Gemälde“.  Und das ist für mich eben der Punkt an dem ich mich frage wie er dann – wenn er für die Lücken ein durchweg programmatisches 0815 Schlacht-Bild rekonstruiert – aufgrund winziger Details (Käfig, Hände an Lanze etc.) auf einen realen Hintergrund schließen möchte. Nehmen wir für unseren Kulturkreis nur einmal das bekannte und gerade wieder aktuelle Motiv (Topos) der Passion bzw. Pietà. Dieses Motiv entwickelte sich von einem Denkmal des grauenvollen Leids Christi im Zuge einer „Ästhetisierung“ um 1400 zu den sogenannten „schönen“ Vesperbildern. Diese waren dann manieristisch vollgestopft mit winzigen Details, die die Szene in eine scheinbar reale (mitteleuropäische) Wald- und Flußlandschaft einbetteten (meist mit einer Burg „Jerusalem“ im Hintergrund, Flüsschen, Blumen etc.; vgl. etwa die „lamentatio“ des Dirk Bouts d.Ä. um 1450). Realer waren sie deswegen nicht. Es würde wohl kaum jemandem wegen der Detailflut einfallen, der niederländische Maler sei direkt vor Ort gewesen und habe alles mit „eigenen Augen“ gesehen. Solche Gedankengänge sind leider bei Ägyptologen weit verbreitet (Stichwort: funktionale Kunst) und werden auch von Johnson vorgenommen. Auch die Lesung des Stadtnamens (s. Detailansicht 11.Detail_7.jpg) als „Qadesch“ wie sie bislang von Redford (Egypt, Canaan and Israel in Ancient Times, 1992, S. 177) und Johnson vertreten wurde (um die These des Qadesch-Feldzuges unter Tutanchamun zu belegen) kann m.E. angezweifelt werden:
Die Beischrift bezeichnet den Ort nur sehr allgemein als dmj xf.n Hm=f m pA tA n Qd[...] „(Ein) Ort, den Seine Majestät im Land von Q(e/a)d[...] geplündert hat“.
Angesichts des Erhaltungszustandes wäre auch die Lesung „... im Land von Qed[em]“ möglich. Die Phrase „Land von...“ als Bezeichnung einer Region und nicht einer Stadt passt für Qedem wesentlich besser als für Qadesch. Denn „Qedem“ ist die Bezeichnung des waldreichen Hinterlandes von Byblos (Libanon), das im Osten an die Region Amurru (Qadesch/Kinza) grenzt.
Qedem würde sich wiederum perfekt in die oben geschilderte Situation einfügen, dass die Ägypter unter Tutanchamun im Grunde nur noch Byblos als nördlichen Brückenkopf besassen und die Hethiter bis Qadesch das Hinterland kontrollierten.
Wie gesagt: Es kann hier Qadesch gestanden haben – muss aber nicht.

3.
Ja ich habe das Block-Depot schon gesehen (was macht der Zeitpunkt für einen Unterschied?). Allerdings habe ich bei den ca. 50.000 Talatat-Blöcken nicht auf die 40 Szenen Tutanchamuns geachtet... tut mir leid...

Gruss A.

> Antwort auf Beitrag vom: 08.04.2004 um 00:51:05


43) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Seqenenre am 08.04.2004 um 16:02:01

Zitat Lutz:

Zitat:
Was spricht dagegen das Tutanchamun an diesem Zug gegen Qadesch leilnahm ? Was spricht dagegen das er dabei verwundet wurde und an den Folgen starb ? Was spricht dagegen das sein Tod vor den Feinden verheimlicht wurde ? Was spricht dagegen das die gesamte Dahamunzu-Affäre ein Ablenkungsmanöver zwecks Zeitgewinn war ?
Sicher, alles Vermutungen ... Aber ich finde : es paßt ganz gut !  


Zitat Seqenenre :

Zitat:
...aber Du spekulierst, Tut könne auf einem Feldzug umgekommen sein?


Zitat Lutz:

Zitat:
Lies doch bitte nochmal etwas genauer. Ich versuche an dieser Stelle nirgends "ein(en) Feldzug Tuts" zu begründen. Ich gehe lediglich davon aus das auf Grund der außenpolitischen Situation etwas geschehen mußte. Unter wessen Führung bleibt in meiner Aussage völlig offen.
 


Zitat:
Ich hoffe das war jetzt auch für Dich deutlich genug ...


Völlig deutlich..., völlig offen...

...und mir wird's jetzt mit unserer Diskussuion auch zu langweilig. Vor Allem, da ja die Anzahl der Anwärter darauf, auf diesen Blöcken dargestellt zu sein, nach den Ausführungen von Gast_A ja langsam inflationär zu steigen scheint und somit die Wahrscheinlichkeit, aus dem Spekulieren herauszukommen, immer mehr sinkt...

Allen hier frohe Ostern

P.S.: Ich lebe nicht von Steuereinnahmen, ich nehme, wie Du wahrscheinlich auch, wegen der hohen Steuern zu wenig ein...

> Antwort auf Beitrag vom: 07.04.2004 um 23:02:14


44) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 09.04.2004 um 02:37:28

Die überaus billige und primitive Art und Weise meine Beiträge zu fleddern und Zitate aus ihnen in neue Zusammenhänge zu drücken, nur um mich zu diskreditieren, sagt `ne ganze Menge über Deine Persönlichkeit aus ... Das ist Dir hoffentlich bewußt ... ?!

Naja, zumindest scheinst Du ja dadurch ein paar Fortschritte beim Zitieren lernen zu machen ...    

Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 08.04.2004 um 16:02:01


45) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 09.04.2004 um 03:23:26

Hallo Gast_A.,
Hallo zusammen,

Zitat:
Johnsons Rekonstruktion des Zyklus ist trotz aller grundsätzlichen Kritik m.E. gut gemacht. Er bedient sich für diese Rekonstruktion topischer, also GÄNGIGER Motive, wie sie als maat-gemäße Ikonen überall sonst zu finden sind und kommt damit zu einem typischen Schlacht-„Gemälde“.  Und das ist für mich eben der Punkt an dem ich mich frage wie er dann – wenn er für die Lücken ein durchweg programmatisches 0815 Schlacht-Bild rekonstruiert – aufgrund winziger Details (Käfig, Hände an Lanze etc.) auf einen realen Hintergrund schließen möchte.

ohne jetzt den Überblick über alle weiteren vergleichbaren Szenen aus der Zeit der 18.Dynastie zu haben würde mir spontan nur einfallen, es gibt nur entweder oder :
Sie sind alle entweder "reine maat-gemäße Ikonen" oder,  bekanntermaßen, Schilderungen historischer Vorgänge und nur dann abweichend vom Schema "F", sprich gespickt mit dieser Art Details.
Dann könnte ich seine Überlegungen nachvollziehen.
Aber wie gesagt, es fehlt mir der Überblick um das beurteilen zu können.

Irgendwie finde ich es einfach recht gewagt und überraschend für einen Ägyptologen von Johnsons Ruf und Stellung, Aussagen dieser Deutlichkeit auf so einer Basis zu treffen ...

Zitat:
Ja ich habe das Block-Depot schon gesehen

Wo genau befindet sich das Depot ?

Zitat:
was macht der Zeitpunkt für einen Unterschied?
Mein Gedanke war, die Diss ist von 1992, der Artikel klingt danach als ob laufend neue Stücke dazu kommen (Abriß von Wohnhäusern in Luxor = Johnson vor Ort) ...

Danke für Deine Mühe !

Grüße, Lutz.
 

> Antwort auf Beitrag vom: 08.04.2004 um 10:42:35


46) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Gast_A. am 09.04.2004 um 16:27:21

Hallo Lutz!

Antonio Lorpieno (Topos und Mimesis, Wiesbaden, 1988) hat in einer Studie zu topischen („klassizistischen“) und mimetischen („realistischen“) Elementen in ägyptischen Texten festgestellt:
„In den Topos-Texten wird der Ausländer beschrieben, in den Mimesis-Texten wird er erzählt“ (S. 21)
Das Prinzip gilt v.a. für narrative Texte, kann aber (v.a. im Bilddekor) auch auf den Tempel ausgeweitet werden. Kernaussage ist, dass die ägyptischen Texte als Kommunikationssystem je nach Gattung bestimmten Schwerpunkten unterliegen. Einerseits dominiert die topische Darstellungsweise, bei der Inhalte als „beispiel-/lehrhaft“ (paradigmatisch) bzw. erwartungsgemäß vermittelt werden (v.a. in der „Weisheitsliteratur“).
Auf der anderen Seite kann ein dargestellter Archetyp variiert werden, bzw. durch gesellschaftliche Veränderungen (zB. die beginnende gesellschaftliche Etablierung von Ausländern in Ägypten seit der 1. Zwischenzeit) zur Modifizierung gezwungen sein (vom Topos: „besiegter/unkultureller Ausländer“ zu Mimesis: „integrierter Ausländer“).
Mimetische und topische Elemente begegnen häufig innerhalb eines Textes.
Ein gutes Beispiel für mimetische Prozesse in grundsätzlich topischen Texten ist etwa Sinuhes Geschichte:
Hier begegnet der Ausländer (Asiat) in einem narrativen Text. Aber er ist nicht der topische Asiat, der Ägypten bedroht und anonym und unpersönlich Unruhe stiftet. Hier begegnet ein Asiat der, (a) einen Namen hat (Amunenschi) und (b) eine soziale Stellung innehalt (Herrscher von Oberretjnu) und dadurch eine (ägyptenähnliche) Kultur aufweist. Dieses mimetische Beschreiben wird ergänzt und umrahmt durch topische Passagen, in denen der Herrscher in seiner bekannten Rolle sowie Charakteristiken Ägyptens bzw. des Auslandes beschrieben werden.
Aus einer weiteren Perspektive betrachtet, ist die gesamte Sinuhe-Erzählung ein Wechselspiel zwischen Topos (Paradigma) und Mimesis (Variation):
Das Topos des Königstreue und Amtsloyalität ist in der Sinuheerzählung das Kernthema. Doch eigentlich widerspricht Sinuhe diesem Topos durch seine Flucht nach Asien. Diese - pseudorealistisch gestaltete - nicht-maatgemäße Handlung des Sinuhe führt aber selbst wieder zur Erfüllung der Maat (Topos), indem Sinuhe in Asien den Sinneswandel erfährt und sich seiner loyalen und ur-ägyptischen Rolle bewußt wird. Dieser eigentlich nicht-maatgemäße/realistische und damit menschliche Einschub stellt die Mimesis dar.
Topos und Mimesis begegnen also nebeneinander ohne einander aufzuheben oder zu widersprechen. Wie aus dem Beispiel des Sinuhe schon deutlich geworden sein dürfte geht es bei Mimesis aber nicht um Historizität (also historischen Wahrheitsgehalt).
Die mimetischen Elemente dienen nicht als Darstellungen „echter“ Realität, sondern als symbolische, wirklichkeitsnahe (!) Ikonen, die wiederum vom Ägypter als solche und nicht als „Wirklichkeit“ verstanden wurden. Dargestellt wird also eine mögliche Welt, nicht Realität.

Einfach formuliert liesse sich sagen:
Topos ist die zeitlose, maat-gemäße Konstante, in die mittels (scheinbar) individueller und fiktionaler Elemente die Gestaltung des menschlichen Daseins (Mimesis) einführt wird.

Scheinbar realistische und topische Elemente können also durchaus nebeneinander begegnen.


Selbst wenn Johnson neues Material gefunden und daraus neue Schlüsse gezogen hat, wäre es seine berufliche Verpflichtung gewesen, diese Indizien (etwas anderes wäre es ja zunächst nicht) in einer wissenschaftlichen Diskussion (d.h. via Artikel, Monographien etc.) einer allgemeinen kritischen Prüfung in Fachkreisen zu unterziehen. Sich gleich an ein Blatt solchen Bekanntheitsgrades wie GEO zu wenden und dort neue Behauptungen undurchleuchtet vorzustellen ist m.E. unverantwortlich.
Ein ähnliches Phänomen gab es vor 4 Jahren bereits (ich glaube, es war auch in GEO), als in Qantir angeblich DER GOLDFUSSBODEN DES AUSWÄRTIGEN AMTES entdeckt wurde. Anstatt wissenschaftliche Untersuchungen abzuwarten und das Material fachgerecht zu publizieren gings’ damit gleich in die populäre Wochen- und Monatspresse (dort entsprechend präsentiert). Wie sich wenig später herausgestellte, war es aber Abfall einer Statuen- und Glaswerkstatt (Vergoldungs-Reste). Eine Gegendarstellung gab es nach diesem peinlichen Vorfall in GEO und auch anderswo nicht und so begegnen mir heute noch permanent Hobbyägyptologen, die nach dem Goldfussboden oder dem Auswärtigen Amt der Ramsesstadt fragen!
Es geht nicht so sehr um den Ruf des Herrn Johnson (einen solchen hat er auch eigentlich nicht), sondern um das Problem, dass auch bei Falschaussagen immer „etwas hängenbleibt“...

Gruss A.

> Antwort auf Beitrag vom: 09.04.2004 um 03:23:26


47) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
Mubarek am 01.05.2004 um 15:25:39

Ein kriegführender Tutanchamun widerspricht dem heutigen Kenntnisstand genauso wie ein athletisch gebauter.
Auch GEO kann irren und liegt manchmal meilenweit daneben ...
Ich habe es "hautnah" an einem Report aus meinem allernächsten Umfeld selbst miterlebt.


> Antwort auf Beitrag vom: 31.03.2004 um 04:58:11


48) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 naunakhte am 24.09.2004 um 12:27:05

Hallo,

wärmen wir ein altes Thema wieder auf und nutzen die Gelegenheit alle Luxorfahrer auf Alufolie, Brotpapier und Zeichenstift hinzuweisen

Zudem auf dem Wunsch einer Audienz bei Herrn Johnson.

Soweit so gut. Ich bin beim lesen von  G.T. Martin: Auf der Suche nach dem verlorenen Grab S. 82f über folgendes gestolpert:

Zitat:
Die Andeutungen militärischer Auseinandersetzungen faszinieren; ohne Zweifel beziehen sie sich auf tatsächliche Ereignisse, in denen Haremhab als Generalfeldmarschall in der Zeit kurz nach der Thronbesteigung Tutanchamuns verantwortlich war für die Wiederherstellung ägyptischer Herrschaft über die Stadtstaaten Vorderasiens und die nubischen Stämme. So wird auch im zweiten Text implizit deutlich, daß der junge Pharao auf dem Schlachtfeld anwesend gewesen ist, was uns wiederum einen willkommenen Hinweis für die Datierung dieser militärischen Tätigkeit gibt. Sie ist eher in Tutanchamuns spätere Regierungszeit zu setzen ...


Grundlage dieses Zitats bilden Inschriften des Türpfostens von Haremhabs Grab in Saqqara aus dem Statuenraum.

Ich füge es hier ein weil vorne davon die REde war es gebe keine Stelen (Inschriften) die auf eine Anwesenheit Tutanchamuns bei einer Schlacht hinweisen.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 01.05.2004 um 15:25:39


49) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 25.09.2004 um 00:44:19

Hi Nauna,

Zitat:
G.T. Martin: Auf der Suche nach dem verlorenen Grab

ich wußte ich hatte da mal was gelesen ... nur nicht mehr wo ...  
Werd` mir das Teil auch gleich nochmal vornehmen, so als Einstimmung auf November ...  

Gruß, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 24.09.2004 um 12:27:05


50) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Gast_A. am 26.09.2004 um 21:22:52 - Anhang: Tuerpfosten_Haremhab2.jpg

Hallo Naunakhte,


Zitat:
„Die Andeutungen militärischer Auseinandersetzungen faszinieren; ohne Zweifel beziehen sie sich auf tatsächliche Ereignisse, in denen Haremhab als Generalfeldmarschall in der Zeit kurz nach der Thronbesteigung Tutanchamuns verantwortlich war für die Wiederherstellung ägyptischer Herrschaft über die Stadtstaaten Vorderasiens und die nubischen Stämme. So wird auch im zweiten Text implizit deutlich, daß der junge Pharao auf dem Schlachtfeld anwesend gewesen ist, was uns wiederum einen willkommenen Hinweis für die Datierung dieser militärischen Tätigkeit gibt. Sie ist eher in Tutanchamuns spätere Regierungszeit zu setzen ...“
Grundlage dieses Zitats bilden Inschriften des Türpfostens von Haremhabs Grab in Saqqara aus dem Statuenraum.


Hinzufügen hätte man noch sollen, dass es sich bei der Inschrift auf dem Türpfosten um eine TITELSEQUENZ handelt.
Wenn Martin wirklich glaubt was er da schreibt ist das schon mehr als witzig. Er will aus einer altägyptischen Titelsequenz deren Bestandteile für moderne Ägyptologen nach wie vor in weiten Teilen ein versiegeltes Buch darstellen irgendeinen Standardtitel herausgreifen und diesen dann historisch als aussagekräftigen Beleg für einen königlichen Feldzug werten.
Das wäre in etwa dieselbe Herangehensweise, die Frank Doernenburg mal mit dem „Versuch die deutsche Geschichte allein aus alten Grabsteinen herauszulesen“ verglichen hat.

Auf der Abbildung habe ich den hier entscheidenden Titel rot markiert:
(Kolumne 2) Smsw-nswt r-nm(t).t=f Hr-xAs.t rsj.t mHt.t „Gefolgsmann des Königs bei dessen Unternehmungen zum südlichen und nördlichen Fremdland“.

Der für Martin so wichtige „Gefolgsmann“ steht inmitten höchster Palast- und Rangtitel (Haremhab wird als „Größter“, „Wichtigester“ (?), „Einziger Freund“ und „Ehrwürdigster“ betitelt), was vermutlich den Status des Haremhab im Umfeld des Königs angibt. Konkrete oder sonst wie reale Bezüge zum König treten in den Titeln nicht zutage.
Typisch für derartige Hof- und Rangtiteln ist aber, dass sie seit der 18. Dynastie in verstärktem Maße als „höfische Epitheta“ begegnen. Der Titel charakterisiert den Träger einerseits als zum direkten königlichen Umfeld gehörend andererseits besaß der so genannte Beamte wohl den Status und die Kompetenzen dieser ehemaligen Funktionsträger ohne ihre Funktion/Rolle wirklich auszuüben.

Besonders beim Smsw-nswt bezeichnet dieser Titel in militärischem Kontext in der frühen bis mittleren 18. Dynastie noch (soweit überhaupt feststellbar) die absolute Elitegruppe um den König (A. Gnirs, Militär und Gesellschaft, Heidelberg 1996, S. 52 nennt sie passend „Garde“). Wie Gnirs weiter bemerkt, kennzeichnet der Titel „dann den Königsdienst im allgemeinen und betont die unbedingte Loyalität des Titelträgers.“ (ibidm. mit Verweis auf Schulman, in: JARCE 2, 1963, S. 79 sowie Guksch, Königsdienst, S. 58-65).
Der Titel muss also weder auf eine reale Nähe des Königs anspielen noch darauf, dass der Titelträger seine militärischen Tätigkeiten AUSSCHLIESSLICH im Beisein Seiner Majestät ausübte. Es hatte einfach die Kompetenzen inne, die eine Person normalerweise besaß, die zur Garde des Königs gehörte und konnte diese auch ohne wirkliche Nähe des Königs ausüben.

Bemerkenswert ist die Kompetenz-Unterscheidung, die Haremhab selbst in seinen Titelsequenzen vornimmt. Im gegenüberliegenden Türpfosten nennt er sich nämlich Hrj-tp mnfy.t nb.t jry.t Hn.wt r-rwtj aH „Leiter des ganzen Heeres, das ausserhalb des Palastes Dienst tut (wörtl.: „Befehle ausführt“; Martin selbst übersetzt etwas unsinnig „chief of all troops and of (?) those who transact business (?) at the gates of the palace“; G.T. Martin, The Memphite Tomb of Horemheb, S. 61 Nr. 63, Tf. 63, 65).
Hier trennt Haremhab seinen Amts- und Statusbereich klar von der persönlichen PALAST- und LEIBGARDE des Königs ab. Diese Palastgarde haben wir zB. in den zahllosen detaillierten Amarna-Reliefs (v.a. die Grabszenen) um Echnaton permanent vor Augen geführt bekommen. Ihre Aufgabenbereich war offenbar vom regulären stehenden Heer (dem Haremhab als Generalissimus vorstand) getrennt.

Es wäre weit jenseits der historischen Aussagekraft von Titeln und Titelsequenzen aus einem Epitheton des Haremhab einen Beleg für ein historisches Ereignis wie den vermuteten Syrienfeldzug Tutanchamuns zu rekonstruieren (auch wenn dies für Martin offenbar „ohne Zweifel“ daraus abzulesen ist). Speziell im Falle Haremhabs ist bei dessen Machtfülle (Erbprinz, Fürst, Königssiegler usw.) eh kaum anzunehmen, dass einer seiner Titel tatsächlich auf eine spezielle und konkrete Funktion zu reduzieren ist.

Zitat:
„...was uns wiederum einen willkommenen Hinweis für die Datierung dieser militärischen Tätigkeit gibt. Sie ist eher in Tutanchamuns spätere Regierungszeit zu setzen ...“

und so spinnt man sich dann von einer Hypothese zur nächsten bis man das erste Fragezeichen vor lauter „Beweisen“ aus den Augen verloren hat...

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 24.09.2004 um 12:27:05


51) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Lutz am 01.10.2004 um 11:20:29

Hallo Gast A,
Hallo zusammen,

Zitat:
... irgendeinen Standardtitel ... „Gefolgsmann des Königs bei dessen Unternehmungen zum südlichen und nördlichen Fremdland“

Martin schlußfolgert keineswegs aus diesem Titel (in meiner deutschen Übersetzung   ) sondern aus : " ... einer der seinem Herrn [dem Pharao] auf dem Schlachtfeld nicht von der Seite weicht an diesem Tag des Niederschlagens der Asiaten ..." .
Nicht gerade Standard, zumindest ist mir kein anderer Würdenträger bekannt der diese "Bezeichnung" so führt - was natürlich erstmal nix bedeutet   ...

Zitat:
... aus einem Epitheton des Haremhab einen Beleg für ein historisches Ereignis wie den vermuteten Syrienfeldzug Tutanchamuns zu rekonstruieren ...

Es geht ihm auch nicht um einen speziellen Feldzug. Er hält dieses Epitheton lediglich für einen Beweis für die Anwesenheit des erwachsenen Tutanchamun auf dem Schlachtfeld - welchem auch immer.

Gruß, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 26.09.2004 um 21:22:52


52) Re: Reliefs aus Tutanchamuns Millionen-Jahre-Haus
 Gast_A. am 01.10.2004 um 17:46:07

Hallo Lutz,

auch hier wird kein einziger „Sondertitel“ genannt, sondern wieder nur altbekannte Titel, die sich leider kaum speziell auf Haremhab auslegen lassen:
Die irj-rd.wj-Phrase (von Martin recht „frei“ mit „der seinem Herrn ... nicht von der Seite weicht“ übersetzt. In der ägyptologischen Literatur sonst etwas trockener als „Gefolgsmann“ oder „Begleiter“ wiedergegeben) ist mit den Smsw-Titeln vergleichbar und in der 18., 19 und 20. Dynastie gut belegt. Beide (Smsw und irj-rd.wj) drücken grundsätzlich den Aspekt der „loyalen Gefolgschaft“ aus. Insofern wundert es nicht, wenn Sms und irj-rd.wj in gleichen Titelnphrasen austauschbar sind (vgl. Guksch, Königsdienst, SAGA 11, Heidelberg 1994, S. 65 und (080)01-(087)05).
In der 18. bis 19. Dynastie gibt es zahllose irj-rd.wj-Titelphrasen (vgl. Guksch, op.cit und Gnirs, Militär und Gesellschaft. SAGA 17 Heidelberg 1996), die sich grundsätzlich darauf beziehen, dass der Titelträger dem König zur Tages- wie Nachzeit folgte und zwar immer dann wenn der König allein war oder sich in Ägypten bzw. beim Kampf im feindlichen Ausdland aufhielt.
Bereits aus der Phrase „beim Alleinsein des Königs“ ergibt sich die Betonung auf das Nähe-Verhältnis von Titelträger und König (entsprechende Konstruktionen wendet ja auch der Pharao in der 18. und 19. Dynastie in den Feldzugberichten an, um sein Gottvertrauen in Amun und seine Heldenrolle auszudrücken. REALITÄT war das keinesfalls!). Hier wird insgesamt das Loyalitätsverhältnis von Herr und Diener angesprochen, das in den höchsten Beamten-Chargen eben dadurch zum Ausdruck kam, dass man in die direkte Umgebung des Königs durfte bzw. wollte.

Passend hierzu kann die irj-rd.wj/Smsw-Phrase auch schon im frühen/mittleren Neuen Reich durch die sogenannte r/Xr-rd.wj-Phrase ersetzt werden. Diese ist eigentlich wörtlich als „unter den Beinen / zu den Füßen“ (des Königs) zu verstehen und drückt die bedingungslose Loyalität der Beamtenschaft gegenüber ihrem Herren aus (ähnlich sind dann ja die besiegten Provinzen „unter den Füßen des Pharao“ – oder möchte Martin auch hier entsprechend behaupten, der Arbeitsplatz des Beamten wäre tatsächlich „unter den Füßen“ des Königs? Reichlich unbequem!). Diese Loyalität wird u.a. auch in Bezug zu militärischen Kampagnen ausgedrückt:
Ich erreichte die südlichen Teile des Landes und ich gelangte bis an sein nördliches Ende, indem ich zu Füßen seiner Majestät LHG war. Ich war tapfer wie die Herren der Stärke und ich packte zu wie seine Tapferen“ [Intef (TT 155 (Stele Louvre C 26)]
Entsprechend der anderen r/Xr-rd.wj-Belege ist auch hier davon auszugehen, dass der Beamte mittels dieser Epitheta seine Vertrauenswürdigkeit und seine Amtsloyalität ausdrückt, was eben seinen Status im Königsumfeld wiedergibt (so zB. auch bei Mencheperraseneb, dem Hohepriester des Amun oder Benia, dem Vorsteher aller Arbeiten in Theben und auch in der Amarnazeit belegt).
Entsprechend ist auch das Epitheton „Einziger Freund“ oder „Vertrauter“ etc. zu sehen, das auch Haremhab aufweist. Eben nicht wörtlich aus einer realen Funktion heraus, sondern als Umschreibung für eine subtile Rangabfolge im Umkreis des Herrschers.
So verweist Gnirs (Militär und Gesellschaft, SAGA 17, Heidelberg 1996, S. 51 Anm. 91) auf die „übertragenen Bedeutung der ursprünglich militärisch konnotierten Beititel Sms-nswt und irj-rd.wy (n nb-tA.wj) des Königs“ hin, „die ein persönliches Verhältnis von Herrscher und Titelträger zum Ausdruck bringen können und dann keinen realen militärischen Hintergrund haben“.
Die Gefolgsmann-/Botentitel (wpwt.j), Smsw- und irj-rd.wj-Titel legen für Haremhab nahe, dass er in königlicher Mission im Ausland weilte (eine ähnliche Kombination von Titeln weisen mehrere ramessidische Boten auf). Nun muss Haremhab kein tatsächlicher Königsbotschafter/-gesandter gewesen sein, doch war er – wie seine Titel kennzeichnen – eben auf derselben hierarchischen Stufe wie diese Gruppe – also einfach ein „VIP“.

Nebenbei bemerkt ist völlig offen, ob das Epitheton den Status des Haremhab unter Tutanchamun oder unter Eje markiert.
Ejes „Herrinnen“-Name lautete ja bekanntlich „sxm-pH.tj dr sT.t / dr sT.tj.w“ („der mächtig an Kraft ist und Asien / die Asiaten bezwingt“). Soll man hieraus und aus den Titeln im Grab des Haremhab direkt auf einen in vorderster Front kämpfenden Eje schließen dürfen – mit Haremhab im Gefolge? Wohl kaum! Die Option der Haremhab’schen Titeldatierung unter „Eje“ zieht Martin aber von vornherein nicht in Betracht, da es nicht in sein Erkärungsmodell passt.

Es gehörte zum zentralen Element der Königsrolle, Ägypten nach Aussen zu verteidigen und ebenso selbstverständlich wurde angenommen, dass es im Sinne des Königsbildes eben der Pharao selbst war, der die Feinde erschlägt. Ob er dies nun persönlich oder über die Hand eines Generalfeldmarschall tat, war ein anderes Thema. Insofern ist auch verständlich, wieso selbst ein Generalissimus wie Haremhab von sich sagte, er folge dem König nur hinterher (auch in die Schlacht). Eine andere Rollenkonzeption gab es eben zu der Zeit nicht – wie es ja auch das Rollenkonzept des Herrschers war ALLEIN die Feinde besiegt zu haben.

Es ging hier von Anfang an um die Frage ob Tutanchamun PERSÖNLICH auf dem Streitwagen in die Kämpfer verwickelt war und ob dies aus den Reliefsszenen herauszulesen sei. Und das geben eben die Titel (wie auch die Reliefs) m.E. nicht her. Die Reliefs nicht, da sie trotz einzelner Details dem Tempelkanon folgen (vgl. S.P. Harvey, The Cults of Ahmose at Abydos, Pennsylvania 1998, S. 529ff.) und nur im Vergleich zu diesen Objekten zu verstehen sind; die Titel nicht, da sie nach allem was wir über ägyptische Beamten-Epitheta wissen, keine konkreten Einzelleistung einer Person ausdrücken, sondern im Sinne komplexer Rollen- und Rangschemata gesehen werden müssen.

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 01.10.2004 um 11:20:29