Um nochmal spezifisch auf die oben gestellten Fragen einzugehen: Carter's letzte Lebensjahre Howard Carter verfiel nach dem Ende der Tutanchamun - Ausgrabungen in zunehmende Inaktivität. Zwar verbrachte er die Wintermonate nach wie vor in seinem Haus in Ägypten, allerdings vertrieb er sich seine Zeit eher damit, auf der Terasse des Hotels "Winter Palace" in Luxor herumzusitzen und Löcher in die Luft zu starren, als irgendwelche Karten und Karteien auszuwerten oder gar eine neue Expedition zu planen. Zwar äußerte er vereinzelt, er wisse wo das Grab Alexanders des Großen zu finden sei, man muss aber wohl davon ausgehen, dass diese Aussage nicht ernst genommen werden kann. In London bewohnte er zunächst eine Wohnung in "Prince's Gate", zog aber Mitte der 30er Jahre in die Nähe der Albert Hall. Beide Wohnungen waren teuer und geschmackvoll möbliert, ein Zeichen dafür, dass Carter am Ende seines Lebens durchaus zu bescheidenem Wohlstand gekommen war. Auch wenn er zeitlebens danach strebte, ein Gentleman zu werden, wurde er nie wirklich als solcher anerkannt, was ihn ernstlich deprimierte (zusammen mit der Tatsache, dass er nie auch nur die kleinste Ehrung für seine Entdeckung erhalten hatte - einen Ehrendoktor der Universität Yale einmal ausgenommen). Zeitweilig scheinen seine Depressionen so ernst gewesen zu sein, dass er sogar Sigmund Freud aufsuchte, dieser ihn jedoch zu einem Therapeuten nach Budapest verwies, weil er selbst eher an Carters Ausgrabungen als an seiner Psyche interessiert gewesen sein soll. Weiteres ist mir über Carters Ausflug in die Welt der Psychoanalyse jedoch leider nicht bekannt ... Innerhalb der Londoner Gesellschaft war es eine Art Mode geworden, Carter einzuladen, wenn eine Party schon im Vorfeld langweilig zu werden drohte: Man hoffte, er würde einen der anwesenden Gäste beleidigen oder sich auf sonst eine Art und Weise daneben benehmen, die Aufsehen erregen würde. Zur Familie Carnarvon hatte er seit dem Tod seines Sponsors 1923 nur noch beschränkten Kontakt; es scheint, als wäre lediglich die Freundschaft mit Lady Evelyn Herbert bis zu seinem Tod aufrecht erhalten geblieben. Andere Archäologen und Ägyptologen sah er kaum, da er von ihnen niemals wirklich anerkannt wurde (vgl. Gardiner und Breasted, die sich nur in Carters Nähe begaben, wenn sie sich Profit davon versprachen) und zudem eine Art Minderwertigkeitskomplex über seine so gut wie nicht vorhandene formelle Bildung bis zu seinem Lebensende mit sich herumschleppte. Generell kann man wohl sagen, dass er in Ägypten vor allem mit seinen ägyptischen Hausangestellten in Kontakt stand, evtl. auch mit einigen Mitarbeitern des Metropolitan Museums, wofür es meines Wissens nach aber keine Belege gibt. Als sich seine Gesundheit Mitte der 30er Jahre immer weiter verschlechterte (er litt am Hodgkin'schen Syndrom, einer krebsartigen Erkrankung), verschwand er völlig aus dem Licht der Öffentlichkeit, auch wenn er bis 1938 weiter Jahr für Jahr nach Ägypten reiste und die Sommer zum Teil in St. Moritz bei seinem alten Freund Anton Badrutt (vormals Direktor des Winter Palace) verbrachte. Seine einzige Ansprache in England wurde seine Nichte Phyllis Walker, die Tochter seiner Lieblingsschwester Amy, die sich schließlich auch bis zu seinem Tod im März 1939 aufopferungsvoll um ihn kümmerte. Es ist bekannt, dass Carter ab ca. Anfang 1939 sein Bett nicht mehr verlassen konnte und Vollzeitpflege benötigte, dennoch starb er nicht in einem Krankenhaus, sondern in seiner Wohnung an der Albert Hall. Seine Beerdigung fiel im Verhältnis zu seinem ehemaligen Bekanntheitsgrad ärmlich aus, nur wenige Verwandte und Freunde, darunter Lady Evelyn Beauchamp, nahmen an dem Begräbnis auf dem Putney Vale Friedhof in London teil. Erwähnenswert erscheint vielleicht noch die Tatsache, dass Carter sich gerade in den 30er Jahren häufig als Antiquitätenhändler betätigte bzw. Artefakte für Museen und Privatsammler sichtete, kaufte und verkaufte. Dabei erstreckte sich sein Interesse von ägyptischen Stücken bis hin zu chinesischem Porzellan und Ölgemälden. Die Plünderung Dazu gibt es verschiedene Theorien, die Bekannteste stammt wohl von Thomas Hoving und wird in seinem Buch "Der goldene Pharao" ausführlich dargelegt. Essentiell behauptet Hoving, Carter, Carnarvon und Lady Evelyn wären vor der offiziellen Öffnung der Grabkammer in das Grab selbst eingestiegen und hätten so einiges mitgehen lassen. Dass dieser Einstieg stattfand, gilt als so gut wie gesichert, ob Carter tatsächlich etwas mitgehen ließ, daran scheiden sich jedoch die Geister. Einige Daten zum Thema: - der Einstieg in die Grabkammer fand wahrscheinlich in der Nacht vom 27. auf den 28. November 1922 statt(Vermutung TGH James, Howard Carter - The Path to Tutankhamun) - 1924, während Carters Streit mit der ägyptischen Regierung, wurde die bekannte Büste Tutanchamuns, die ihn als Kind darstellt, in einer unscheinbaren Holzkiste gefunden. Bis heute ist unklar, ob sie dort auf ihre Konservierung wartete, oder ob Carter sie bewusst zur Seite schaffen wollte - Nach Carters Tod stellte man fest, dass seine Privatsammlung einige kleinere Stücke aus dem Grab enthielt (z.T. Geschenke der ägypt. Regierung, z.T. "Diebesgut"); sie alle wurden von Phyllis Walker nach Ägypten zurück geschickt Tut's Sarg Die Antwort ist ganz einfach: Der Sarg befand sich in der Grabkammer, umgeben von mehreren, schweren Schreinen, die allesamt erst abgebaut werden konnten, nachdem die Vorkammer ausgeräumt war. Aufgrund der vielen Objekte und der gewissenhaften Konservierung durch die Ausgräber, nahm diese Arbeit mehr als 2 Jahre in Anspruch. Hinzu kommt, dass die Arbeiten aufgrund von Carters Streit mit der ägyptischen Regierung zeitweise unterbrochen worden waren und erst 1925 wieder aufgenommen werden konnten. LG Räuberli
> Antwort auf Beitrag vom: 08.07.2004 um 18:57:54
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