Ägyptologie-Blatt

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Ägypter oder Sumerer: Wer schenkte der Menschheit die Schrift?
Jahrzehnte lang galt es als gesicherte Erkenntnis, dass es die Sumerer waren, die einst in Mesopotamien die Schrift erfanden...
Von chufu am 27.10.2002 um 17:57:47 

Kairo (dpa) - Jahrzehnte lang galt es als gesicherte Erkenntnis, dass es die Sumerer waren, die einst in Mesopotamien die Schrift erfanden. Diese These will der Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Kairo, Günter Dreyer, im kommenden Januar bei einem Colloquium in Berlin zum Einsturz bringen. Dabei wird Dreyer, der «seine» Schriftzeichen in einem prädynastischen Königsgrab im ägyptischen Abydos entdeckt hat, mit Margarete van Ess, einer von ihm sehr geschätzten Kollegin aus dem eigenen Haus, wissenschaftlich die Klingen kreuzen.

Van Ess gräbt seit Jahren im irakischen Uruk, wo einst die berühmten Tontafeln mit den Schriftzeichen der Sumerer entdeckt worden waren. Sie glaubt, dass eine genauere Untersuchung der Schicht, aus der die Tafeln stammen, belegen könnte, dass «ihre» Schriftzeichen älter sind als die Dreyers.

Doch Dreyer, der in dem auf 3 200 Jahre v. Chr. datierten Grab U-j in Abydos eine große Anzahl beschrifteter Täfelchen aus Rinderknochen und Elfenbein gefunden hat, lässt dieses Argument nicht gelten. «Ich bin nämlich der Meinung, dass die ältesten Zeichen aus Mesopotamien noch keine Schrift im eigentlichen Sinne darstellten, da sie Gegenstände und nicht Laute ausdrückten», sagt er. Anders sei dies bei den ägyptischen Täfelchen, die laut Dreyer so etwas wie «Warenbegleitscheine» für Abgaben an den König waren. So zeigt eine Tafel einen Elefanten und Bergspitzen, was nach der aus späteren Jahrhunderten bekannten Hieroglyphenschrift den Lauten «Ab» für Elefant und «Dschu» für Berge entspricht und «Abydos» bedeuten könnte. Dass die alten Ägypter sparsam waren, kann man an anderen Täfelchen erkennen, auf denen Zeichen durchgestrichen wurden, weil man die Rückseite für eine neu Beschriftung nutzen wollte.

«Eine vollständig benutzbare Schrift hat man erst dann, wenn man damit alle Wörter der gesprochenen Sprache ausdrücken kann», meint Dreyer. Bei den ersten Zeichen aus Uruk handelt es sich seiner Ansicht nach dagegen eher um Symbole. «Das ist so ähnlich wie ein Zeichen, das am Flughafen zeigt, wo es zur Rolltreppe geht», erklärt er. Im alten Ägypten dauerte der Weg von den den ersten Schriftzeichen bis zum ersten vollständigen Satz nach bisherigen Erkenntnissen fast 400 Jahre.

Dafür ist der erste belegte Satz in ägyptischen Hieroglyphen aber auch nicht nur eine profane Mitteilung, sondern gleich ein kunstvoll formulierter Herrschaftsanspruch. Er findet sich auf einer Siegelabrollung aus dem Grab des Peribsen in Abydos (späte 2. Dynastie, rund 2750 v. Chr.) und lautet: «Der Goldene (Gott) hat die beiden Länder (d.h. Ober- und Unterägypten) seinem Sohn, dem König von Ober- und Unterägypten, Peribsen, anvertraut.»

Doch Dreyer hofft, dass die Ägyptologen vielleicht bald schon einen Satz rekonstruieren können, der noch älter ist. Denn irgendwo in den Kellern des Ägyptischen Museums in Kairo muss noch ein unerforschter Papyrus aus der 1. Dynastie (3000 bis 2850 v. Chr.) liegen. Als man die von außen schwarz verfärbte Rolle, die im Grab eines hohen Beamten in Sakkara entdeckt worden war, vor 50 Jahren ins Museum brachte, hieß es, der Papyrus sei unbeschrieben. «Ob das wirklich stimmt, weiß aber niemand, da er nie entrollt wurde», erklärt Dreyer. Er will die ägyptischen Behörden nun um eine Erlaubnis bitten, die Rolle zu untersuchen.

© dpa - Meldung vom 23.10.2002 14:04 Uhr
Quelle: web.de


Geändert: 06.11.2002 um 23:42:54

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Kommentare zu diesem Artikel
Irjnefer_d.J. E-Mail30.10.2002 um 09:29:56
Bereits irgendjemands Polarisationstip?



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