| Koenigsgruefte im Altsyrischen Palast von Qatna entdeckt |
Nach den Keilschrifttafeln weitere sensationelle Funde |
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Von Gitta am 24.11.2002 um 18:00:08 |
| Ein Team der Universitaet Tuebingen (Altorientalisches Seminar) unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Pfaelzner (Vorderasiatische Archaeologie) hat am 10. November 2002 Koenigsgruefte aus der Spaeten Bronzezeit unter dem Palast der Herrscher von Qatna (Syrien) entdeckt. Die sensationelle Entdeckung gelang dem deutschen Ausgrabungsteam waehrend einer zweimaligen Verlaengerung der eigentlich auf Anfang Oktober terminierten Ausgrabungskampagne des Sommers 2002. Die Verlaengerung der Arbeiten war notwendig geworden, nachdem ein Archiv mit Keilschrifttafeln in einem Korridor des Kellergeschosses des Palastes entdeckt worden war (darueber war im September in der internationalen Presse berichtet worden). Die jetzt entdeckten Gruefte bestehen aus mehreren unterirdischen Felskammern. Sie sind mit steinernen Sarkophagen ausgestattet und besitzen ein umfangreiches Inventar an Grabbeigaben. Zum ersten Mal in der Archaeologie Syriens ist es damit gelungen, koenigliche Graeber mit erhaltenem Grabinventar aus der Bronzezeit aufzudecken. Dieser Fund wird folglich erstmals ein Licht auf die Bestattungsweise und die Grabausstattung altsyrischer Koenige werfen. Die Ausgrabungen auf dem Ruinenhuegel Tell Mishrife, der altsyrischen Stadt Qatna, werden seit 1999 von einem internationalen Archaeologenteam aus Syrien, Italien und Deutschland durchgefuehrt. Der Ort liegt im Westen Syriens, ca. 200 km noerdlich der syrischen Hauptstadt Damaskus und in der Naehe der modernen Grossstadt Homs. Die im Rahmen dieses Kooperationsprojektes initiierten Ausgrabungen verteilen sich auf mehrere Stellen innerhalb der riesigen Stadtanlage, die von noch heute 20 Meter hoch anstehenden und ein Quadrat von 1000 Meter Seitenlaenge umschreibenden Festungswaellen umgeben war. Die Freilegung des Palastes im Zentrum dieser antiken Grossstadt der Bronzezeit wird von deutschen und italienischen Teams vorgenommen. Das von der Universitaet Tuebingen entsandte deutsche Team, das seine Aktivitaeten ausschliesslich auf die grossflaechige Aufdeckung der Reste des Palastes gerichtet hat, besteht aus 15 Archaeologen, Studenten und Experten, die sich seit Anfang August in Syrien aufhalten. In dem durch das Tuebinger Team (Leitung Prof. Dr. Peter Pfaelzner, oertliche Leitung Dr. Mirko Novak) bearbeiteten Palastbereich liegen die entdeckten koeniglichen Gruefte. Die unterirdischen Gruefte waren direkt vom Palast aus zugaenglich. Eine Treppe, die ihren Ausgang hoechstwahrscheinlich ehemals vom Thronsaal aus nahm, fuehrte zwischen den Fundamenten des Palastes in die Tiefe. Am Ende der Treppe erreichten die Archaeologen zunaechst eine Tuer, die mit einer verkohlten Holzrahmenkonstruktion versehen war. Sie liegt ca. 4 Meter unter den Fussboeden des Palastes. Die Tuer oeffnet sich auf einen 40 Meter langen Korridor, der im Niveau bestaendig abfaellt, bis er eine Tiefe von ca. 7 Metern unter den Fussboeden des Palastes erreicht. Er war ehemals mit einer Holzdecke abgedeckt, von der noch erhaltene Dachbalkenauflager ein deutliches Zeugnis ablegen. Der Gang war auf diese Weise gegenueber den darueberliegenden Palastraeumen abgeschlossen. Nach einem weiteren Tuerdurchgang endet der Gang vor der hier sehr tief hinabreichenden Aussenmauer des Palastbezirkes. Damit war klar geworden, dass der Korridor keine Verbindung zwischen dem Palast und der Unterstadt von Qatna gebildet haben konnte. Stattdessen knickt der Korridor an seinem Ende ab und muendet in eine tiefe Kammer, die auf einer Seite in den Fels gehauen war und auf der anderen Seite mit einer schweren Steinmauer eingefasst worden ist. Dies ist die Aussenkammer der Grabanlage. Somit handelt es sich bei dem langen Korridor um einen direkten Verbindungsgang zwischen dem Thronsaal des Palastes und den koeniglichen Grueften. Von der Aussenkammer fuehrt ein Tuerdurchgang in das Innere der Grabanlagen, die vollstaendig in den Fels gehauen sind. Die Grabkammer ist unverschuettet, kann aber noch nicht betreten werden, zum einen weil der Eingang durch Erde und Schutt blockiert ist, zum anderen weil sich innerhalb der ueber Jahrtausende von der Luft abgeschlossenen Kammer giftige Schimmelpilze ausgebreitet haben koennten, die schon manchem Archaeologen zum Verhaengnis geworden sind. Es wird wohl noch mindestens eine Woche dauern, bis die Grabkammer fuer die Archaeologen betretbar sein wird. Allerdings gestattete eine Oeffnung in dem verschuetteten Eingangsbereich bereits einen Blick in das Innere. So konnten mit Hilfe einer eingefuehrten langen Stange und darauf montierter Filmkamera bereits erste Aufnahmen vom Innenraum gemacht werden. Die Kammer enthaelt einen Sarkophag sowie zahlreiche Gefaesse aus Keramik, Alabaster und Granit, die auf steinernen Baenken an zwei Seiten der Kammer stehen. Es handelt sich in einigen Faellen offensichtlich um aegyptische Gefaesse, die Geschenke von aegyptischen Pharaonen an die Koenige von Qatna gewesen sein koennten. Ausserdem laesst sich bereits jetzt erkennen, dass von der Hauptkammer Zugaenge zu drei weiteren Grabkammern vorhanden sind. In einer dieser Nebenkammern laesst sich bereits ein weiterer Sarkophag erkennen. Dies beweist, dass in diesen Felskammern mehr als eine Bestattung vorgenommen wurde. Folglich duerfte es sich um die Gruefte des Herrscherhauses von Qatna handeln. Die Bestattungen datieren wahrscheinlich in das 14. Jh. vor Christus. Die Freilegungsarbeiten in den ausgedehnten Gruftanlagen werden sicher mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Es kann mit vielen ueberraschenden Funden gerechnet werden. Zunaechst muss die Aussenkammer bis auf ihren Fussboden hinab ausgegraben werden. Dort ist ebenfalls mit weiterem Inventar zu rechnen. Fuer die erste Betretung der Hauptkammer in ungefaehr einer Woche werden die fuehrenden Politiker Syriens, der deutsche Botschafter in Damaskus und Filmteams erwartet. Anmerkung Es wäre sehr zu wünschen, wenn sich hier eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Altorientalen, Vorderasiaten und Ägyptologen erreichen ließe: nach den Keilschrifttafeln nun die Funde offensichtlich ägyptischer Provenienz. Hier könnte Einiges zu Tage kommen, das die gerade im 14. Jh. v.Chr. teilweise verschwommene ägyptische Geschichte ein wenig aufklären könnte. Quelle http://idw-online.de/
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