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Ein Veranstaltungsbericht - Teil 2
Von Gitta am 13.07.2004 um 22:13:55 

10.07.2004

Maria M. Luiselli M.A., Basel, sprach in ihrem Beitrag, dem sie den Titel "Wie Echnaton nach Byblos kam" gegeben hatte, über ein aus funerärem Kontext stammendes Rollsiegel aus Byblos, das sich heute in einer Privatsammlung befindet.
Aus Byblos existieren bereits archäologische Funde aus der 12. und frühen 13. ägyptischen Dynastie, jedoch bezog sich Luiselli bei dem vorgestellten Stück auf die 18. Dynastie. Bei der Siegelabrollung erscheinen zwei Register. Das obere zeigt eine Barke mit einer Sitzfigur, die mit Sonnenscheibe und Was-Szepter an Amun-Re erinnert (eine analoge Darstellung aus dem Tempel Ramses' II. in Wadi es-Sebua wurde angeführt), während sich im unteren Register zwei Personen gegenübersitzen, von denen eine zwei Kinder auf dem Schoß trägt, die andere eines. In der Mitte ist ein Symbol erkennbar, das für die Sonnenscheibe des Aton mit ihren Strahlenhänden gehalten werden könnte. Wenn auch einige Details leicht unstimmig sind, kann man doch ohne weiteres eine Ähnlichkeit mit einer kleinen Berliner Stele (Foto) feststellen.
Die Siegelabrollung trägt Inschriften, die jedoch leider nicht entzifferbar sind, bei denen es sich aber nach Luiselli um in anderen Zusammenhängen belegte Pseudohieroglyphen aus Byblos handeln könnte. Obwohl der Fundkontext sehr unsicher, eine Fälschung also nicht ausgeschlossen ist, tendiert die Referentin doch dazu, dass dieses Siegel als Beleg für Kontakte zwischen Byblos und Amarna zu werten sei. Der Siegelinhaber könnte ihrer Meinung nach Ägypten und speziell Amarna besucht und die Ikonografie kopiert haben, in Unkenntnis darüber, dass die Barke des Amun-Re und das Königspaar aus Amarna niemals hätte in ein und der selben Darstellung auftauchen können.

Karin Dohrmann M.A., Göttingen, konnte in ihrem Vortrag "Das Sedfest-Ritual Sesostris' I. - Kontext und Semantik des Dekorationsprogramms der Lischter Sitzstatuen" einen Vorschlag über die einstige Anordnung der zehn bereits im Jahre 1894 in einer Cachette in Lischt aufgefundenen Statuen sehr plausibel vermitteln. Die Ausgräber des 19. Jahrhunderts hatten leider bei der Dokumentantion ihres Fundes nicht die reine Sorgfalt walten lassen, so dass nun andere Wege beschritten werden mussten, um die Aufstellungsanordnung zu ermitteln. Anhand einer Neubearbeitung der Dekoration im Zusammenspiel mit angebrachten Texten - sowohl auf den Statuen als auch auf verbliebenen Mauerresten - war es jedoch möglich, eine Systematik zu erkennen. Bei den Thronreliefs ergaben sich zwei gegenüberliegende Motivreihen: auf der Südseite Horus und Seth, auf der Nordseite Hapi. Auch bei den Texten war ein Schema auszumachen. Der Text auf der Südseite beginnt mit  "Er gibt Leben..." (-> Überreichung der Segenswünsche), während auf der Südseite "Worte zu sprechen..." (-> Überreichung der Länder) den Textbeginn bildet. Die Inschriften geben Hinweise auf Krönungszeremoniell und Hebsed. Eine von Dieter Arnold erstellte Rekonstruktion des Hofes zeigt an jeder Seite fünf Nischen, in denen die Statuen zu Lebzeiten des Königs gestanden haben könnten - analog denen des Chephren in Giza, auch wenn keine entsprechenden Spuren gefunden werden konnten. Von der Gestaltung her könnte dieser Teil des Tempels jedoch eine Kultbühne für das Hebsed Sesostris' I. gewesen sein - möglicherweise sogar mit realem Hintergrund - während mit dem Tode des Königs auch die Sitzfiguren in situ bestattet wurden.

"Tod und Regeneration: Zum Erneuerungsprozess im Sedfest", so der Titel des von Dr. Ute Rummel, Hamburg/Kairo, vorgetragenen Referates.
Zu den tatsächlichen Abläufen des Hebsed ist nur wenig bekannt. Alle Texte und Darstellungen sind nur unzureichend aufschlussreich, jedoch scheint die entscheidende Phase das Thronen im Hebsed-Gewand zu sein. Dieses Gewand wird nun als eine symbolisierte Form von Mumienbinden erachtet. Es wird bereits vor der Sänftenprozession erwähnt. Zum Opfer und Rituallauf wird es abgelegt auf einem Löwenmöbel - einem Symbol der Wiedergeburt, auf dem sich Rinderschenkel und Herz befinden. Ein Junmutef überreicht als Opfergaben Öl, Räucherwerk und Leinen, genauer gesagt Idemi-Leinen, Zutaten für die Balsamierung.
Ein Aspekt des Idemi-Leinen ist die Vergöttlichung und es ist gleichzeitig Synonym für das Hebsed-Gewand, das der König schließlich im Pavillon thronend und angetan mit der weißen Krone wieder angelegt hat. Diese Darstellung wäre dann das Zeichen der Erneuerung (nicht der körperlichen, sondern der Vergöttlichung des Königstums) nach vorherigem Durchlaufen des symbolischen Todes. Das obige Foto zeigt zusammengefasst zwei Hebsed-Szenen Amenophis' I.: Thronen im Pavillon und Opfergabe von Balsamierungszutaten durch den Junmutef.

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(Fotos: Gitta)


Geändert: 18.02.2021 um 23:14:07

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