Von Gitta am 20.10.2004 um 00:39:47 |
| Informationsdienst Wissenschaft - idw - - Pressemitteilung Bayerische Julius-Maximilians-Universitaet Wuerzburg, 18.10.2004 Katze voll, Gott leer Roentgenuntersuchung bringt Aegyptologen Klarheit Es sind merkwuerdige Patienten, die da auf ihre Roentgenuntersuchung warten. Beide uralt und so klein, dass man sie in einem Karton in die Wuerzburger Uniklinik eingeliefert hat. So klein, dass sie zusammen auf den schmalen Tisch passen, der sie gleich in den hoch modernen Computertomographen schieben wird. Donnerstag abend im Zentrum fuer Operative Medizin der Uni Wuerzburg. Der Radiologe Matthias Beissert und sein Team bereiten die aussergewoehnliche Kundschaft fuer die Untersuchung vor. Mit dabei: Der Aegyptologe Martin Stadler, der die Patienten eingeliefert hat - eine kunstvoll eingewickelte Katzenmumie und eine altaegyptische Goetterfigur aus Holz und Gips. Der Wissenschaftler will beide mit dem Computertomographen untersuchen lassen. Stadler bereitet zurzeit eine Ausstellung vor: "Wege ins Jenseits". Sie zeigt vom 10. Februar bis 29. Mai 2005 im Wuerzburger Museum am Dom einen Querschnitt durch die aegyptische Sammlung des universitaetseigenen Martin-von-Wagner-Museums. Zu den Exponaten gehoeren auch die Katzenmumie und die Figur des Gottes Ptah-Sokar-Osiris. Enthaelt die Mumie tatsaechlich den vollstaendigen Koerper einer Katze? Das laesst sich am besten durch die Computertomographie klaeren, denn dabei bleibt die Mumie unversehrt. Stadler will diese Frage beantwortet haben, weil in altaegyptischen Tiermumien bisweilen nur Skelettteile gefunden wurden. Sowohl fuer ihn als auch fuer Beissert stellt diese Art von Untersuchung eine Premiere dar. Nachdem die Mumie den Tomographen durchlaufen hat, dauert es nur wenige Minuten, bis der Computer die Daten zu einem dreidimensionalen Bild zusammengesetzt hat. Das Geraet wurde erst zwei Tage zuvor am Institut fuer Roentgendiagnostik in Betrieb genommen. Es zeichnet sich durch eine so genannte 64-Zeilen-Detektortechnologie aus und gehoert zu den ersten Computertomographen dieses Typs, die jetzt ausgeliefert wurden. Ergebnis der Untersuchung: Die Mumie birgt in der Tat das komplette Skelett einer Katze. Wie Beissert und seine Kolleginnen auf dem Bildschirm demonstrieren, sind Schaedel, Wirbelsaeule und andere Knochen hervorragend erkennbar. "Die Gliedmassen wurden in die Laenge gestreckt und an den Koerper angelegt", sagt Beissert. Dadurch konnte die Katze in sehr kompakter Form mumifiziert werden. Zertruemmerte Knochen sind auf den ersten Blick nicht erkennbar - das haette einen Hinweis auf die Todesart geben koennen. Wie Stadler erklaert, hat man bei anderen Katzenmumien oft Genickbrueche oder Schaedelverletzungen gefunden. Wurden die Tiere getoetet, obwohl sie den alten Aegyptern heilig waren? "Die Schriften schweigen sich ueber dieses Thema aus. Offenbar wollten die Aegypter ihrer Nachwelt hierzu nichts mitteilen", sagt Stadler. Doch die Wissenschaft hegt eine Vermutung: Wenn Tempelkatzen sich allzu stark vermehrt hatten, duennten die Priester den Bestand aus - sie toeteten die Tiere. Nun war aber der gesamte Tempelbereich Gottesbesitz und aus ihm durfte nichts entfernt werden. Darum mumifizierten die Priester die Katzen und bestatteten sie im Tempel. Auf diese Weise taten sie der Pietaet Genuege. Die Katzenmumie aus Wuerzburg duerfte rund 2600 Jahre alt sein, ihr genauer Herkunftsort in Aegypten ist unbekannt. Sie stammt noch aus der Sammlung Martin von Wagners (1777-1858), die dieser der Uni Wuerzburg ueberliess. Die computertomographischen Bilder will Aegyptologe Stadler nun mit Zoologen und Tiermedizinern weiter analysieren. Denn er moechte wissen, wie alt das Skelett ist und auf welche Weise die Katze zu Tode kam. Dann geht es weiter mit Patient Nummer zwei, der bunt bemalten Goetterfigur. Sie wurde im ersten Jahrhundert vor Christi Geburt angefertigt, auch ihre Herkunft ist unbekannt. Der Privatsammler Alexander Kiseleff hat sie dem Wagner-Museum gestiftet. Anders als die Mumie erweist sich die Figur bei der Untersuchung als weniger spektakulaer. Sie ist leer. Stadler hatte gemutmasst, dass sich darin ein Papyrus oder eine weitere Figur verbergen koennte. Haette das Roentgenbild einen Papyrus gezeigt, waere der Aegyptologe in einer Zwickmuehle gelandet. "Ich haette den Papyrus lesen und uebersetzen wollen." Doch dazu waere es noetig gewesen, die schoene Figur zu oeffnen - und sie damit zu zerstoeren. Letzten Endes war Stadler also zufrieden. Katze voll, Gott leer - und beide Patienten konnten in ihrem Karton unbeschaedigt ins Martin-von-Wagner-Museum in der Residenz zuruecktransportiert werden. Vor der Untersuchung im Computertomographen: Ägyptologe Martin Stadler (links) und Radiologe Matthias Beissert haben die Mumie und die Götterfigur in Position gebracht. Foto: Emmerich Die altägyptische Katzenmumie: Links eine Aufsicht, rechts ein Längsschnitt, der erkennen lässt, dass die Mumie ein komplettes Skelett enthält. Diese Bilder sind im Computertomographen entstanden. Aufnahmen: Institut für Röntgendiagnostik Diese Pressemitteilung wurde ueber den - idw - versandt. Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Im WWW: http://idw-online.de/
Geändert: 20.10.2004 um 00:41:24 |