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Ägyptologie Forum >> Nachbarländer


1) Libyen (und) Kassiten
Talim am 12.02.2008 um 14:01:51

Große Frage an euch, denn ich finde perdu nichts darauf:

Erstmal LIBYEN

Welche Sitten?
Weiß man doch einiges über einige Götter?
Wie nannten die Ägypter das Land damals und wie nannten sie sich selbst?
(Ich glaub, was mit Lbw... abba wie kann ich mir das mit Umlauten vorstellen)
Welche Namen gibt es und was für Kleidung trugen sie (wie kann man die genau beschreiben. Ich finde, die Bilder zeigen es. Treffen es aber nicht detailliert auf den Punkt in Thematik Stoff etc.)


KASSITEN
Tja, Kleidung, Götter etc. (das gleiche)


2) Re: Libyen (und) Kassiten
 NebTauiAmunRe am 12.02.2008 um 19:39:43

Erstmal, ich hoffe, das geht aus deiner Frage hervor.

Die Kassiten hatten nichts mit Libyen zu tun!!! Über Libyen sollen andere hier schreiben; und zu den Kassiten nur ganz kurz.
Dieses Volk stammt vermutlich aus der bergigen Region des Zagros-Gebirges. Sie hatten eine eigene Sprache und natürlich auch einen eigenen Pantheon; beides ist nur rudimentär erforscht. Es gibt einige Onomastika und andere Listen, die kassitische Götter und Wörter nennen. Balkan hat vor etlichen Jahrzehnten dem Kassitischen seine "Kassitenstudien" gewidmet. Einige mittelbabylonische Königsnamen, die kassitisch sind, sind Kurigalzu und Kashtiliash, Kara'indash etc. Die Kassiten haben - als sie die Macht in Babylonien usurpiert hatten, ihre Sprache und Religion nicht als Dogma in Babylonien eingeführt, sondern haben sich recht stark angepasst. Ihre Königsinschriften sind oft áuf Sumerisch abgefasst. Aber die Kassiten sind schon vor der Mitte des 2. Jt.s fassbar. Bereits in der altbabylonischen Zeit werden die kashshû in Jahresnamen erwähnt. Eine Denkmälergattung ist besonders mit dieser Zeit zu verbinden, die sog. narû-(alt: kudurru)-Stelen. Das sind in Stein verfasste Dokumente, die Grundstückslehen dokumentieren. Vermutlich waren diese Stelen in den Tempeln aufgestellt. Sehr berühmt sind sie aufgrund der Reliefierung mit Göttersymbolen, unter denen auch die beiden kassitischen Gottheiten Shuqamuna und Shumalia auftauchen. [Wenige der Göttersymbole tragen auch Beischriften; cf. Slanski 2003 !!!] Aber mir sind gerade keine Darstellungen bekannt, die auf die Kleidung der Kassiten hinweisen. Liegt vielleicht an meiner Müdigkeit. Ich weiß jetzt auf Anhieb von einem kleinen Tonköpfchen aus Nippur.

Neb

> Antwort auf Beitrag vom: 12.02.2008 um 14:01:51


3) Re: Libyen (und) Kassiten
Talim am 12.02.2008 um 21:44:07

Vielen Dank für deine Antwort

Einiges wusste ich zwar schon, aber wie gesagt: Danke  


Dass Libyen in Nordafrika liegt, westlich, und damit weit entfernt von den Kassiten und Babyloniern, ist mir klar. Dass beide zusammengehören, habe ich auch nie behauptet.

Die Überschrift war Regelrecht auf den beiden Themen ausgerichtet, welche hier angesprochen werden sollen und das "und" ist ja auch in Klammern gesetzt, womit eigentlich eine gewisse Trennung herrscht.

> Antwort auf Beitrag vom: 12.02.2008 um 19:39:43


4) Re: Libyen (und) Kassiten
 NebTauiAmunRe am 15.02.2008 um 19:11:57

Keine Sorge, war nicht böse gemeint, aber wollte nur sichergehen.

Neb

> Antwort auf Beitrag vom: 12.02.2008 um 21:44:07


5) Re: Libyen (und) Kassiten
psammetik am 16.03.2008 um 22:44:21

Zu Libyen und seinen Bewohnern:

Man weiß in der Tat sehr wenig über die Libyer. Über ihre politische Organisation, über ihre Sprache und über ihre Religion weiß man nichts bis sehr wenig.

Libyer tauchen aber unter verschiedenen Bezeichnungen im Alten, Mittleren und Neuen Reich auf.

Libyer ist die griechische Version von rbw= rebu/ Libu
Für Ägypter waren die rbw bzw. Libyer ein bestimmter Stamm, westlich vom Nildelta. Die Griechen allerdings (Hekataios und Herodot) bezeichneten ganz Nordafrika (ohne Ägypten) als Libyen.
Weitere Bezeichnungen für Libyer sind thnw =Tjehenu und tmhw =Temehu. Eine wichtige Bezeichnung, die später  immer wieder in Inschriften auftaucht, ist der Name mšwš =Meschwesch (oder Maschwesch); taucht auch sehr häufig als M[a] bzw. 'Leute der M[a]' auf.

Libyer treten seit dem Ende des Neuen Reiches verstärkt in den Mittelpunkt des Geschehens. Denn mit dem Beginn der Spätzeit haben wir libysche Pharaonen auf dem ägyptischen Thron sitzen. Die Macht wurde von den Libyen aus dem Inneren heraus ergriffen, d.h. Libyer müssen schon lange in Ägypten heimisch gewesen sein. Daß es sich eindeutig um Libyer handelt, zeigen ihre Namen, die klar libysch sind. Auffallend ist ihre schnelle, gründliche Akkulturation. ِAußer in der Namensgebung und in der Herrschaftsorganisation gibt es keine eindeutigen 'fremden' Merkmale. Sie waren fast vollständig ägyptisiert.

Die 21.- 24. Dynastie waren libyschen Ursprungs, die 25. war  kuschitisch, die 26. Dynastie (Saiten) wiederum libysch.

Zur Religion läßt sich sagen, daß die Gottheiten ɜš =Asch und ḥɜ=Ha vermutlich libysche Gottheiten sind.

Die Forschung im Zeitraum des spätzeitlichen Ägypten bzw. der Dritten Zwischen Zeit befindet sich -nach Jahrzehntelanger Vernachlässigung-  noch in den Anfängen.

Literaturhinweise:


Zu den Bezeichnungen Libyer rbw =Rebu/Libu oder tmhw =Temehu verweise ich auf den Lexikoneintrag "Libyer" in Lekikon der Ägyptologie.

Zu Libyer in Ägypten:

- G. Vittmann, Ägypten und die Fremden im 1. vorchristlichen Jahrtausend, Mainz 2003.
- K. Mysliwiec, Herr beider Länder. Ägypten im 1. Jahrtausend v. Chr., Mainz 1998.
- K.J. Winkeln, Das Ende des Neuen Reiches, ZÄS (119) 1992, S. 22 – 37.
- I.E.S. Edwards, Egypt: from the Twenty-Second to the Twenty-Fourth Dynasty. In: CAH III/1. The prehistory of the Balkans, and the Middle East and the Aegean world, tenth to eighth centuries B.C, hrsg. von J. Boardman et al.,  Cambridge 21982, S. 534 – 581

> Antwort auf Beitrag vom: 12.02.2008 um 14:01:51


6) Re: Libyen (und) Kassiten
 Kemeti am 17.03.2008 um 08:51:15


Zitat:
wie nannten sie sich selbst?

Es ist wohl davon auszugehen, dass die antiken Libyer über keine übergreifende Selbstbezeichnung verfügten, wie ja auch die Germanen sich nicht als Germanen und die kelten nicht als Kelten bezeichneten. Aus ägyptischen und später griechisch-römischen Quellen sind aber Namen einzelner Stämme überliefert, von denen psammetik ja auch schon einige genannt hat. Zu den Namen vgl.:

- Desanges, Jehan: Catalogue des tribus africaines de l'antiquité classique à l'ouest du Nil. Dakar 1962
- Zibelius, Karola: Afrikanische Orts- und Völkernamen in hieroglyphischen und hieratischen Texten. Wiesbaden, 1972

Darüberhinaus sei angemerkt, dass die Sprache der Libyer wahrscheinlich eine Frühform der heutigen Berbersprachen war, wie Personennamen, der Fürstentitel ms (Wb II 142,9) und die Kontinuität einiger Stammesnamen nahe legen.

> Antwort auf Beitrag vom: 12.02.2008 um 14:01:51