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Re: Pharaonen Herrschaft = eine art absolutismus???

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Geschrieben von Dr. Karl H. Leser am 13. Januar 2001 00:11:11:

Als Antwort auf: Re: Pharaonen Herrschaft = eine art absolutismus??? geschrieben von Jörg Müller am 12. Januar 2001 23:13:27:

>>>>>Hallo!
>>>>>Mich beschäftigt seid einiger Zeit die Frage ob man die Pharaonen Herrschaft mit dem Absolutismus vergleichen könnte. Da der Pharao ja absolut geherrscht hat.
>>>>>Würde mcih riesig freuen wenn ihr antwortet
>>>>>Désirée
>>>>Hi Désirée,
>>>>grundsätzlich hast Du Recht. Es gab allerdings Phasen, in denen die Gaufürsten dem König die Macht streitig machten. Vor allem Ende des Alten Reiches, in der 1. Zwischenzeit und auch noch zu Beginn des Mittleren Reiches bis Sesostris II.
>>>>Gruss
>>>>semataui
>>>Hi semataui,
>>>und wie siehst Du das gegen Ende des Neuen Reiches (Priester-Herrschaft)?
>>>Gruss, Karl
>>Hi Karl,
>>bin leider mitten in der Antwort durch Kundschaft unterbrochen worden. Natürlich kann auch in der 2. Zwischenzeit und nach Ende des Neuen Reiches nicht mehr von Absolutismus gesprochen werden.
>>Gruss
>>semataui
>
>Jetzt muss ich euch mal den Streithandschuh hinwerfen!
>Meiner Meinung nach kann man die Pharaonenherrschaft nicht mit dem Absolutismus vergleichen.
>Zwar ist der Absolutismus mit absoluter Monarchie zu übersetzen, aber dies ist lediglich die Bezeichnung einer Epoche, die die vorherrschende Regierungsform im Europa des 17./18. Jahrhundert beinhaltet. Dabei galt der absolute Monarch als über dem Recht stehend, zumindest aber über den Gesetzen stehend. Dabei war mit dem Pharao lediglich gemeinsam, dass er alle wesentlichen Staatstätigkeiten in sich vereinigte: Gesetzgebung, Verwaltung, Rechtsprechung und militärische Gewalt.
>Anders aber als der absolutistische Herrscher ist der Pharao ein Diener der Maat. Ihr ist er unterworfen. Er steht also nicht über dem göttlichen Gesetz. Es gibt Unterschiede in der ägyptischen Auffassung von Wirken und Wesen der Götter und dem Königtum. Der Ägypter setzt der "Göttlichkeit" seines Königs relativ enge Grenzen und spricht oftmals von ihm anders als von "echten" Gottheiten.
>Viele König (u.a. Echnaton) führen den Beinamen "der von der Maat lebt".
>"Die Maat hält diese kleine Welt zusammen und macht sie zum Bestandteil der Weltordnung. Sie ist die Ablieferung der Ernte, sie ist die Rechtschaffenheit des Menschen in Gedanken, Wort und Tat; sie ist die treue Führung der Verwaltung; sie ist Gebet und Opfer des Königs an den Gott. Maat umfasst alle Kreatur, die Menschen, den König, den Gott; sie durchdringt Wirtschaft, Verwaltung, Gottesdienst, Recht. All dieses Strömen mündet in einen Kreuzungspunkt, den König. Er lebt von der Maat und gibt sie weiter nicht nur nach oben, zum Sonnengott, sondern auch nach unten, zu seinen Untertanen." [Rudolf Anthes: Die Maat des Echnaton von Amarna, S.31]
>Es gibt keine überlieferte Definition des Maat-Begriffes. Aber die Ägypter "...wussten natürlich, was Maat ist, und sie waren der festen Überzeugung, dass Maat lehrbar sei - allerdings nicht durch die Weitergabe von Definitionen, sondern durch das Lehren und Vorleben vom richtigen Verhalten, kurz: durch das Verwirklichen der Maat." [Hornung]
>Dies war Aufgabe des Königs, diesem war er unterworfen. Und das unterscheidet ihn ganz deutlich vom absolutistischen Herrscher.
>Jörg

Hi, das kommt davon, daß man einen neuzeitlichen Terminus retrospektiv anwendet, ohne die Randbedingungen zu verabreden.

Ich denke, über den Teil der Machtfülle, und -ausübung, etc., sind wir uns einig. Dies war auch das Ziel meiner Frage bzgl. eine absolutistischen "Verhaltens" der Nomarchen in Schwächezeiten der Zentralmacht.

Der "ideale" absolutitische Herrscher steht allerdings auch meiner Ansicht nach nicht über dem "göttlichen" Gesetz (schließlich ist er sterblich und die Kirchen haben ihn schon "beraten" oder gar "gesteuert"). Wenn Du den Begriff der "Maat" (ohne in zu definieren) auf einen abs. Herrscher, nämlich einen "von Gottes Gnaden", anwendest, dann sind "cum grano salis" ziemliche Ähnlichkeiten vorhanden. Aber eben nur "cum grano salis" oder mit einem zugekniffen Auge.
Die wesentlichen Unterschiede bestehen, wie Du darstellst, in der "Wirkungsrichtung" nach "unten" und eben auch nach "oben" in der Hierarchie der ägypt. Weltvorstellung. In diesem Sinne (ist das das richtige Wort?) hätte sich ein abs. Herrscher wahrscheinlich leicht und ggf. auch begeistert im Pharaonenreich zurechtgefunden - ein Pharao umgekehrt wohl eher nicht.

Gruss, Karl

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