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Re: Marfan-Syndrom

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Geschrieben von Dr. Karl H. Leser am 07. Mai 2001 13:30:50:

Als Antwort auf: Marfan-Syndrom geschrieben von Mutnjodmet am 07. Mai 2001 12:57:48:

>Hallo,
>ich hätte mal einige Fragen zum Marfan-Syndrom, unter dem Echnaton angeblich gelitten haben soll. Keine Angst, jetzt kommen keine medizinischen Fragen *g*, da hab ich mich schon auf die "Spezialisten" gestürzt. ;-))
>Da das Marfan-Syndrom zu den Erbkrankheiten gehört, gab es doch eine 50:50 "Chance", daß Echnatons Töchter diese Krankheit ebenfalls hatten. Da die Töchter Echnatons auf Darstellungen häufig deformierte Schädel aufwiesen (was man ja auch auf das Marfan-Syndrom zurückführen könnte) und ich auch irgendwo *g* gehört habe, daß bereits Mumien gefunden wurden, die eben diese Deformation aufwiesen, frage ich mich nun, ob die Körper auch darauf untersucht wurden? Oder wurden gar keine Mumien mit solchen Deformationen gefunden? Es wurde ja auch mal aufgrund der Bilder vermutet, die Schädel wären künstlich verändert worden!
>Kann mir da jemand Fachliteratur empfehlen, die sich ausgiebig mit Echnatons Krankheiten befasst? Es wurden ihm ja bereits mehrere "angedichtet" und mich würde nur die Argumentation interessieren, die zu dieser Auffassung führte.
>Ich bin jetzt nur etwas verwirrt, denn der arme Mann muss ja sein ganzes Leben lang, sterbenskrank gewesen sein! Sicher wäre die Mumie, wenn sie irgendwann mal aufgefunden werden sollte, eine Fundgrube für jeden Pathologen. ;-) Aber mal im Ernst, wird die Theorie vom Marfan-Syndrom, von namhaften Ägyptologen unterstützt? Es könnte ja auch sein, daß Echnaton gar nicht wirklich so ausgesehen hat, wie auf all diesen Darstellungen. Für mich sehen sie alle etwas zu karikaturistisch aus!
>Es würde mich natürlich auch interessieren, welche Meinung ihr dazu habt!
>Liebe Grüße Mut

Hi mut,

Marfan-Syndrom kann eigentlich nicht sein, siehe unten Auszug aus Pschyrembel:

© 1998 Walter de Gruyter GmbH Pschyrembel 258. Auflage

Marfan-Syndrom (Antoine-Bernard M., Päd., Paris, 1858-1942) n: syn. Achard-Marfan-Syndrom; autosomal-dominant vererbte (Genlokalisation auf Chromosom 15), generalisierte Bindegewebeerkrankung (Fibrillindefekt) mit variabler Expressivität, charakterisiert durch Veränderungen des Habitus, des kardiovaskulären Systems u. der Augen; Häufigkeit: ca. 1:10000; Vork. familiär (75% der Fälle) od. sporadisch durch Neumutation; Sympt.: 1. Habitus (s. Abb.): lange, schmale Extremitäten (Dolichostenomelie), Hände u. Füße (Arachnodaktylie, sog. Madonnenhände), Trichter- od. Hühnerbrust, Kyphoskoliose, oft nichtfamiliärer Großwuchs, langer u. schmaler Kopf mit prominenten Augenleisten u. tiefliegenden Augen, spitzer Gaumen, Gelenke überstreckbar, weiche Haut, gehäuft Striae, Leistenhernien; 2. kardiovaskuläre Veränderungen: progressive Erweiterung der Sinus Valsalvae u. der Aorta ascendens mit Aorteninsuffizienz od. dissezierendem Aortenaneurysma (cave: Ruptur), Mitralklappenprolaps u. -insuffizienz; 3. Augen: Dysmorphie der Cornea, Subluxation od. Luxation der Linsen, evtl. mit Iridodonesis*, evtl. Kugellinse, Achsenmyopie, Glaukom, Netzhautablösung, enge Pupillen; Ther.: regelmäßige Echokardiographie, bes. während der Schwangerschaft, Endokarditisprophylaxe bei Aorten- u. Mitralinsuffizienz, rechtzeitige Herzchirurgie, u.U. Prävention der Aortendilatation mit Betarezeptorenblockern, orthop. Maßnahmen, evtl. frühzeitige Pubertätseinleitung zur Wachstumsreduktion, Augenkontrollen, keine körperl. Überforderung; Progn.: mittlere Lebenserwartung ohne Behandlung ca. 32-35 Jahre (kardiovaskuläre Kompl.); DD: kontrakturelle Arachnodaktylie, Homocystinurie (geistige Behinderung), Klinefelter-Syndrom, Syndrom des fragilen X-Chromosoms u. best. Formen des Ehlers-Danlos-Syndroms.

Marfan-Syndrom:typischer Habitus: nichtfamiliärer Hochwuchs, distal betonte Langgliedrigkeit, Thoraxdeformität und -kyphose; Zustand nach mehreren Operationen wegen Zwerchfellhernien [477]

Marfan-Syndrom:Arachnodaktylie bei einem 10jährigen Jungen [540]

Die zitierten Bilder findest Du am angegebenen Ort.

Das Syndrom würde nicht die Kopfform erklären. Ansonsten liegen natürlich keine genetischen US vor, es es auch noch nicht geklärt, ob die an Mumienproben funktionieren (s. abgesagte DNA-Vergleiche an Tut). Ich denke, da rätseln alle "free-lancing" rum.


Gruss, Karl

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