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Verlauf:
Djehutinefer (Kämmerer, 18. Dyn, TT80 + 104)
Abydos (Ort)
Sarkophag
Djehutinefer (Kämmerer, 18. Dyn, TT80 + 104)
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  Tekenu
Eine beim "Butischen Begräbnis" auf einem Schlitten mitgeführte, in ein Fell eingewickelte Gestalt.
Später hat man darin anscheinend eine Erscheinungsform des Toten gesehen, die es diesem ermöglichte, bestimmte Orte in der jenseitigen Welt aufzusuchen.

Bei den Beisetzungsriten, wie sie auf Grabwänden und Särgen dargestellt werden, spielt seit dem Mittleren Reich das Tekenu eine Rolle. In seiner Wiedergabe gehen die Darstellungen auseinander. Die älteren geben es als einen hockenden Mann, der bis auf den frei aufragenden Kopf in ein gestreiftes Gewand, also wohl ein Fell, gehüllt ist (Davies, Antefoker, pl. 22; JEA 11 pl. 5) oder unter Weglassung des Kopfes als eine Art Sack (Quibell, Ramesseum pl. 9); die jüngeren zeichnen es zumeist als ein etwa birnförmiges Bündel, seltener als einen nackten Mann mit angezogenen Beinen und Armen und einem zur Erde gewendeten Gesicht (Davies, Five Theban tombs pl. 2,8). Gelegentlich wachsen ein Armpaar und ein Haupt in der gleichen Haltung aus dem Bündel heraus (Virey, Rekhmara pl. 26). Die Bilder ergänzen sich gegenseitig; denn ihnen allen geht es um den gleichen Gegenstand; nur die Art, in der sie sich seiner bemächtigen, ist verschieden. Die einen verweilen bei der äußeren Form, die anderen machen den Inhalt sichtbar oder deuten wenigstens auf ihn hin. Der Tekenu ist demnach ein in sich zusammengekrümmter, in ein Fell gewickelter Körper; er erinnert damit ohne weiteres an die alte Sitte der Hockerbestattung. Davies (Five Theban tombs p. 10) warf denn auch die Frage auf, ob er nicht ein "ceremonial survival" der letzteren sei. Sie ist gewiß zu bejahen; denn der Tekenu-Ritus ist alt und geht ohne Frage weit über das Mittlere Reich zurück. Wahrscheinlich wird er in den Bereich des uralten butischen Bestattungsrituales gehören, unter dessen Zeremonien er ja auch oft genug dargestellt ist. Auf Unterägypten als seine Heimat deutet jedenfalls eine leider stark verstümmelte Beischrift (Gardiner, Amenemhet p. 51), in der von den "nördlichen Gauen" sowie von einem Priester der in Unterägypten beheimateten Selket die Rede ist, wie denn auch sonst ein solcher in dem Geleit des Tekenu eine Rolle spielt. Bewahrte man die alten Riten im Gedächtnis, so mußte man es schließlich auch mit der Bestattungsart tun.

Schwieriger ist die Frage nach der Bedeutung zu klären, die man in geschichtlicher Zeit dem Tekenu beimaß. Neben Sarg und Kanopenkasten wird er von Männern auf einem Schlitten zum Grabe gezogen, "zum Westen, zum Land mit süßem Leben, zu dem Ort, an dem du sein sollst" (Tylor-Griffith, Tomb of Paheri pl. 5). Was dann weiter am Grabe mit ihm geschieht, wird nicht recht deutlich. Nach einer arg zugerichteten Bilderreihe scheint man ihn den Opfern von Rindern und Ausländern eingereiht zu haben, die man am Grabe darbrachte und ihn schließlich in einer Grube versenkt zu haben (Davies, Five Theban tombs pl. 7-10, insbes. 8). Man sieht darum in dem Tekenu vielfach ein symbolisches Menschenopfer (Wb. V. 335; Tylor-Griffith a.0. p. 21). Freilich wird man dabei der doch offensichtlich vorhandenen Beziehung des Toten zum Tekenu noch nicht gerecht. Kees (Totenglauben 332) rechnet darum mit der "Möglichkeit, daß der Tekenu eine Darstellung des Toten in seiner üblen Bedeutung sein soll, gleichsam ein Ersatzbild, an das sich die bösen Mächte, die im Tode über den Menschen Macht gewonnen haben, anheften sollen, damit der wirkliche Körper davon frei bleibt, also eine Art Sündenbock".

Andererseits hören wir aber von Segnungen, die dem Toten durch den Tekenu zuteil werden. "Gehen lassen zu der Stadt der Tierhaut als Tekenu, unter ihr schlafen im See des Chepre" heißt es in einer Beischrift zu einem Bilde, das den Tekenu auf einem Bett ruhend zeigt (Virey, Rekhmara pl. 26). Zu beseeligenden Jenseitsstätten soll also der Tote durch den Tekenu geführt werden. Denn der See des Chepre kann nach seinem Namen kaum etwas anderes sein als ein Ort neuen Werdens. Dazu stimmt, daß nach einem anderen Bild des gleichen Grabes unmittelbar neben ihm ein "See der Heket", der Geburtsgöttin, liegt. Ebenso erinnert der Name "Stadt der Tierhaut" (äg. m§k3) an den der Mesket, einer Himmelsgegend, nach der der Tote verlangt und die nach Sethe (Komm. zu Pyr. 279) vielleicht die Milchstraße ist. Verlockt durch den Gleichklang, der auch manche Ägyptologen beide Begriffe zusammenwerfen ließ, scheint man also den alten Namen umgedeutet und auf das Fell bezogen zu haben, unter dem der Tekenu ruht. Damit käme auch diesem eine gewisse Bedeutung zu. Welcher Art sie ist und wie man sich das Neuwerden dachte, das das Schlafen am See des Chepre offenbar wirkt, läßt sich nicht sagen. Maspero (M(-m. Miss. 5, 453) sprach die Vermutung aus, daß der Ritus auf eine "renaissance de 1'homme par le passage ä travers une peau de boeuf" hindeute. Moret (Mysteres (-g. 42; s. a. Lefebure, Sphinx 8, 1'7) nahm diese Hypothese auf und baute sie weiter aus, indem er den Tekenu mit dem Foetus in Beziehung setzte und in ihm den Toten aus der Tierhaut zu neuem Leben geboren werden läßt. Trotz offenbarer Fehldeutungen und auch mancher Übersetzungsfehler hat diese Theorie viel Anklang gefunden. Thomas (Anc. Eg. 1923, 3 ff, 46 ff) suchte sie durch Hinweise auf magische Fellriten außerhalb Ag.s zu stützen und van der Leeuw (Studi e Materiali di Storia delle Rel. 14,164) fügte den Gedanken der Wiedergeburt mit dem des Opfers zusammen. Die Beseitigung des Bösen macht der Neugeburt Raum.

Alle diese Theorien überschätzen bei weitem die Tragfähigkeit des Materiales. Wer es nüchtern betrachtet, wird Zurückhaltung üben und vorerst lieber auf ein volles Verständnis des Tekenu-Ritus verzichten. Unsicher ist auch die Bedeutung des Wortes Tekenu. Es könnte allenfalls von dem Stamm tkn sich nahen abgeleitet sein und würde dann etwa "der Nahende" bedeuten. Jedenfalls liegt kein Anlaß vor, in Tekenu ein Fremdwort oder die Bezeichnung eines Fremdvolkes (Lefebure, Sphinx 3, 150) zu sehen.


Quelle:
Helck, W., Otto, E., Kleines Lexikon der Ägyptologie. Wiesbaden 1999
Bonnet, H., Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. Berlin, New York 2000

Eingestellt durch: Iufaa (16.11.2002)
Bearbeitet durch:  manetho (20.01.2004)
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