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   Senet - Hieroglyphen. (32)
  Autor/in  Thema: Senet - Hieroglyphen.
zett  maennlich
Member



Senet - Hieroglyphen. 
« Datum: 24.07.2023 um 15:03:15 »   

Als Nicht-Ägyptologe staune ich immer, daß wir selbst von den berühmteren Museums-Stücken keine rechten Übersetzungen der Zeichen vorliegen haben, im 21. Jh... Ein bekanntes Senet-Brett, welches im Brooklyn Museum sich befindet, da kriege ich gegensätzliche Übertragungen und ich nehme an, daß mir da jeder ein paar Zeichen und keiner alle Zeichen überträgt. Was heißt das denn, kann da wer was sagen? Vielen Dank vorab.

Senet, untere Schmalseite.
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Senet - Hieroglyphen. 
« Antwort #1, Datum: 25.07.2023 um 18:33:41 »   

Also das, was auf der Kopfseite des Senet-Spielkastens gezeigt wird, scheint mir der Horusname eines Königs zu sein. Schwer zu sagen, was da genau steht, denn der Name enthält ein hieratisches Zeichenpaar, wie es sich im sog. Zeichenpapyrus Tanis findet, genauer 1.A.7. P.III, Zeile 2 :

https://sae.saw-leipzig.de/de/wissensbereiche/listenwissenschaft-lexikographie-philologie

Möglicherweise lautet der Name "Mas[ha]enpa" und dies könnte ein König (Masaharta) sein, welcher in der 21. Dynastie zwischen 1054 - 1046 v. Chr. von Theben aus Oberägypten regierte. Näheres zu diesem Horusnamen bitte ich dich jedoch bei Seschen und Michael zu erfragen. Eine zuverlässige Auskunft könnten dir dazu sicherlich auch Thoth und Sokar erteilen.  

Der Ägyptologe Schiaparelli bezeichnet das Senet Brett ziemlich ungenau als Schachspiel ("scacchiera"), weshalb deine weitere Recherche sicherlich erfolgreicher ausfallen dürfte, wenn du diese begrifflich entsprechend ausweiten würdest.

Ich selbst hätte in diesem Zusammenhang eine Frage zu jenem Senet-Spielkasten, welchen Ernesto Schiaparelli 1927 in Turin veröffentlichte. Soweit ich es verstanden habe, wurde dieses Senet Spiel im Grab des Architekten Cha gefunden, welches völlig unberührt im Tal der Königinnen in Theben West entdeckt wurde. Meine Frage lautet : Wie lautet der Name der Person, welcher in den Fuß der Spielsteine geschrieben wurde ? Die Unterseite der Spielsteine mit der genannten Inschrift wird Schiaparelli, Seite 177, Figur 161 gezeigt.  

Quelle :  

Schiaparelli, Ernesto : Relazione sui lavori della Missione Archeologica Italiana in Egitto (anni 1903 - 1920), Vol. 2 : La tomba intatta dell' architetto "Cha" nella necropoli di Tebe, Turin, 1927, S. 175 - 178, Fig. 159 - 162.

Link : https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/schiaparelli1927bd2/0189/scroll

wobei ich mich frage, ob der ebenda auf Seite 175 - 176 genannte Prinz Maharpra, welcher der frühere Inhaber und Stifter des Senet Spieles gewesen sein soll, tatsächlich in den Fig. 161 gezeigten Inschriften der Spielfiguren genannt wird, oder aber in den Seitenwänden. Wäre dies der Fall, würde ich ihn mit König Masaharta (1054 - 1046 BC) gleichsetzen wollen, da seine hieroglyphische Schreibweise bislang offenbar nicht überliefert zu sein scheint.

Die im Dateianhang gezeigten Abbildungen befinden sich in public domain und sind also inzwischen Gemeinfrei.

Lieben Gruß

Lolli  
« Letzte Änderung: 25.07.2023 um 19:28:12 von Lolli2u »


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> Antwort auf Beitrag vom: 24.07.2023 um 15:03:15  Gehe zu Beitrag
zett  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Senet - Hieroglyphen. 
« Antwort #2, Datum: 25.07.2023 um 20:07:49 »   

Herzlichen Dank. Ich meine dieses Senet auch bereits einmal gesehen zu haben... Da gab es wohl auch teilweise einen Übersetzungsversuch, mal sehen, ob ich das noch irgendwo finde.
Das Brooklyn Museum übersetzte: Kha-em-maat, wobei Kha das obere Zeichen in der mittleren Spalte sein solle. Der Falke wird als Palast und serekh benannt. (Der Palast steht für die Totale, das ging meines Erachtens vom begriffenen Zeitraum zwischen den Sonnenwenden aus.)
Und das jeder Schreiber dem Herrscher alles Wissen und Können im Lande zuschrieb, das war ja immer. Es wird u.U.nur eine Modifikation (eine Kalenderumstellung o.ä.) gewesen sein und muß das generelle Senet (Zählbrett) nicht unbedingt betreffen.
Die 30-Felder-Muster passen nun einmal zum "120-Jahrkreis". Man zählte 12 x 30 Tage und schob nach 6 Jahren einen 30 Tage-Zyklus ein und nach 120 Jahren einen weiteren (für die aufgelaufenen Vierteltage des Sonnenjahres, so Al-Biruni. Aus so einer Denkschule hätten solche Zählmuster hervorgehen können. Sie wurden dann mit weiteren Inhalten "beladen", (es wurde vorher schon gezählt und was da gezählt wurde, muß die neue Tafel auch leisten). Die Rechensysteme fallen nicht vom Himmel, die haben sich "schrittweise" herausgewackelt, aus Zählanstrengungen.
> Antwort auf Beitrag vom: 25.07.2023 um 18:33:41  Gehe zu Beitrag
Chontamenti  maennlich
Member



Re: Senet - Hieroglyphen. 
« Antwort #3, Datum: 25.07.2023 um 21:21:39 »   


Zitat:
Man zählte 12 x 30 Tage und schob nach 6 Jahren einen 30 Tage-Zyklus ein
Falls du dich da auf den ägyptischen Kalender beziehst, ist das nicht ganz richtig. Der ägyptische Kalender bestand aus 12 Monaten mit je 30 Tagen, an die jedoch jährlich die 5 https://de.m.wikipedia.org/wiki/Heriu-renpet angefügt wurden. Das Schaltja hr wurde erst mit der Kalenderreform unter Ptolemaios III. Euergetes I. im Jahr 237 vor Christus eingeführt.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/%C3%84gyptischer_Kalender
> Antwort auf Beitrag vom: 25.07.2023 um 20:07:49  Gehe zu Beitrag
zett  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Senet - Hieroglyphen. 
« Antwort #4, Datum: 26.07.2023 um 07:30:30 »   

Nein, von einem einzelnen Kalendermodell gehe ich nicht aus, sondern von einer historischen Entwicklungsleistung insgesamt. Die Rechenkunst entstand aus astronomischen Zählkonstanten- (Ginzel wußte das noch)
Und an Lolli: Sagt Schiaparelli, wieviele „Halma-Männchen“ und wieviele „Spulchen“ zu dem Senet aufgefunden wurden? Seine Spulen sind beschriftet! Zu sehen sind je drei Zeichen und nur das obere differiert. Was steht da? Das wüßte ich zu gern, es sind die ersten Zeichen, die ich auf den Zählsteinen sehe! (Ich dachte immer, die ägyptischen Bildzeichen könne man lesen und nun merke ich, daß alle immer nur herumrätseln. Das kann ich als Außenstehender nicht verstehen.)
Nur als Input: Die Spulen galten m. E. der „Goldenen Spule“, obwohl sie hier ganz himmelblau sind und nicht golden.  Die „Goldene Spule“ galt dem Kreiseln der Sonne – um die Erde, geozentrische Weltsicht – und also dem Zeitraum zwischen den Sonnenwenden, vermute ich. Diesbezüglich konnte man nun das Halbjahr der steigenden von dem der sinkenden Sonne unterscheiden oder man sprach vom Halbjahr der hochstehenden bzw. tiefstehenden Sonne (da war die Tagundnachtgleiche die „Trennlinie“)  Diese Spulchen lassen sich stapeln, sie sehen dann aus, wie der Djed-Pfeiler, der auf dem blauen Senet seitlich zu sehen ist. Obenauf kann ein Halmamännchen gesetzt werden...Wie gesagt, nur als Input.
> Antwort auf Beitrag vom: 25.07.2023 um 21:21:39  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Senet - Hieroglyphen. 
« Antwort #5, Datum: 26.07.2023 um 17:35:25 »   

Hallo, zett,

die Inschrift an der Seite des Spielbretts im Brooklyn Museum, Inv.-Nr. 49.56a-b lässt sich wie folgt lesen (Einzelheiten im Anhang): Die Leserichtung ist von rechts nach links. Das ergibt sich z.B. aus den dargestellten Vögeln, die stets zum Anfang der Leserichtung blicken.

Das Ganze ist in drei Spalten gegliedert. Die erste Spalte - also die ganz rechts - zeigt den Horusfalken auf einer Palastfassade, die mit dem altägyptischen Begriff srx (Wb IV, 200.3) bezeichnet wird. Mit diesem Wort "Serech" ist die spezielle Form der Fassade mit Nischengliederung gemeint, die mindestens seit der 1. Dyn. archäologisch nachgewiesen ist. In Inschriften dient diese Zeichenfolge als Einleitung zum Horusnamen des Königs, wie hier schon angemerkt wurde.

Diesen Namen muss man also in der darauf folgenden Spalte - in der Mitte - erwarten. Das letzte Zeichen - der stehende Mann mit ausgestreckten Armen - ist so nicht in der Gardiner-Liste enthalten, aber in der sog. "extended library" unter der Nr. A85.

In der dritten Spalte - ganz links - steht das geläufige Beiwort (Epitheton) mrj Jmn "geliebt von Amun" (Wb II, 101.1), das also nicht zum Namen zu zählen ist. (Der Gottesname ist "ehrfurchtsvoll" vorangestellt.) - Siehe Anhang.

Für den Horusnamen bleibt also nur die mittlere Spalte. Der Anfang ist zu lesen xa m, wobei das erste Wort hier als substantiviertes Partizip des Verbs xaj "erscheinen, sich zeigen" zu sehen ist, speziell "erscheinen als ..., sich zeigen als ... (mit m) a) von Göttern: als Gott NN erscheinen" (Wb III, 239.10), insbesondere auch: "in der Verbindung xa m MAa.t ... als Name Amenophis III."  (Wb III, 240.25).

Grammatikalisch gesehen, handelt es sich um einen "adverbiellen Nominalsatz": Subjekt ist xa "einer, der erscheint (oder: erschienen ist)"; Prädikat ist eine adverbielle Konstruktion: Präposition (m "in, als") + Substantiv (hier: MAa.t "Maat"). Mit "Maat" kann entweder der abstrakte Begriff "das Rechte, die Wahrheit u.ä." (Wb II, 18) gemeint sein oder die Personifikation dieses Begriffs als Göttin (Wb II, 20).

Hier haben wir jedoch ein Problem: Die Hieroglyphe A85 ist nicht als eine Schreibweise des Namens Maat belegt; insbesondere ist Maat eine weibliche Gottheit, die daher nicht als Mann dargestellt werden kann.

Gemäß den Verzeichnissen der Königsnamen - ich habe Jürgen von Beckerath, Handbuch der ägyptischen Königsnamen, 2. Auflage Mainz, 1999 zugrundegelegt - kommt aber in der Formulierung xa m ... keine andere Gottheit als Maat in Frage! Man kommt daher nicht umhin, in A85 eine Verschreibung zu sehen!

Allerdings ist xa m MAa.t nur Teil eines Horusnamens; vollständig lautet er kA nxt xa m MAa.t "siegreicher Stier, der erscheint in/als Maat". Dieser (vollständige) Horusname ist laut von Beckerath für mehrere Pharaonen belegt, für Thutmosis III., Amenophis III. (beide 18. Dyn.) und sogar für den kuschitischen König Anamalani. Der letztere erscheint mir aber eher unwahrscheinlich. Warum aber sich das Brooklyn Museum für Amenophis III. und nicht für Thutmosis III. entschieden hat, kann ich derzeit nicht nachvollziehen. Dieses Senet-Spiel wurde zuerst von Henry Wallis, Egyptian ceramic art. The MacGregor collection, 1898, S. 8-9, Taf. IV beschrieben. Dort heißt es:

Zitat:
on the end, inscribed with the name of a king, but it is difficult to say which king (...). Prof. Erman inclines to the opinion that it is Amenhotep III.

"Prof. Erman neigt der Meinung zu ..." - Dieser zurückhaltenden "Neigung" kann ich mich anschließen!

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 26.07.2023 um 07:30:30  Gehe zu Beitrag
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Senet - Hieroglyphen. 
« Antwort #6, Datum: 26.07.2023 um 18:23:18 »   

Danke Michael,

Meritamun also. Ich selbst habe kurz daran gedacht, glaubte dort auf das Zeichen für M folgend jedoch den Buchstaben A, sowie trotz der Spalte dann ein S und am Schluss sogar noch sehr störend ein P zu lesen. Letzteres war gründlich falsch  Inzwischen würde ich den Horusnamen am Kopfende des Senet Brooklyn mit Mai Merit Nesch[ai] übersetzen wollen. Neschai ist laut Lexikon eine Gottheit aus dem Höhlenbuch.

@ Zett

Soweit ich das überblicke spricht Schiaparelli einfach von einem Schachbrett mit Bauern, sowie Spielsteinen. Und nein, ich glaube nicht, dass "alle immer nur herumrätseln" würden, denn nach einiger Zeit können die geübteren unter ihnen die altägyptischen Hieroglyphentexte tatsächlich lesen. Ich selbst gehöre nicht dazu, denn mir gelingt die Umstellung einzelner Wortteile nicht und ich erkenne die aus Mehrkonsonanten bestehenden Sonderzeichen oftmals einfach nicht. In der Spätzeit schließlich tauchten zudem immer häufiger weitere Schriftzeichen auf, welche sich in keinem der üblichen Alphabete genannt finden. Es gibt nur wenige, welche das souverän überblicken und die Zahl derer wird offenbar immer geringer. Demnächst werden sie uns dann sicherlich mit einer KI kommen, und was bis dahin nicht in trockenen Tüchern ist, wird schlicht durch den Wolf gedreht.

Kann hier bitte noch jemand etwas zu dem bei Schiaparelli genannten "Prinzeps Maharpra" mitteilen ? Ich würde mich sehr freuen wenn sich jemand die Inschriften der Spielsteine und Seitenwände einmal genauer ansehen würde.

Lolli 
« Letzte Änderung: 26.07.2023 um 19:16:32 von Lolli2u »
> Antwort auf Beitrag vom: 25.07.2023 um 20:07:49  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
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Re: Senet - Hieroglyphen. Pfeiffer_zur_Kalenderreform.jpg - 265 KB
« Antwort #7, Datum: 26.07.2023 um 21:33:38 »   

Hallo, Chontamenti,

die Passage in Wikipedia über die Einführung eines Schalttages in den ägyptischen Kalender ist leider etwas vage:

Zitat:
Die Kalenderreform von Ptolemaios III. im Jahr 237 v. Chr. (→Kanopus-Dekret) bewirkte schließlich die Einführung eines Schalttages, der alle vier Jahre als sechster Heriu-renpet-Tag zusätzlich zum Normaljahr eingeschoben wurde. Mit dem Tod von Ptolemaios III. endete auch wieder die Verwendung dieses neuen "griechischen" Kalenders als offizieller Verwaltungskalender.

Auch der Verweis auf den Wikipedia-Eintrag zum Kanopusdekret bringt keine Klarheit.

Die bisherige Auffassung war, dass "der Versuch der Einführung der Schaltung eines 6. Epagomenentages unter Ptolemaios III. mißlang" (Lexikon der Ägyptologie, Bd. III, Sp. 298, Stichwort: "Kalender") bzw. "Kalenderregulierung durch einen Schalttag alle vier Jahre - dieser Versuch ist bekanntlich gescheitert" (ebd., Sp. 321, Stichwort: "Kanopusdekret"). Mit anderen Worten: Diese Regelung konnte nicht umgesetzt werden!

Vor einigen Jahren hat sich Stefan Pfeiffer erneut mit dieser Frage beschäftigt, in seiner Monographie Das Dekret von Kanopus (238 v.Chr.), 2004 (das übrigens im Wikipedia-Artikel zum Kanopus-Dekret nicht zitiert wird). Zum Argument, dass es keine Belege für die Umsetzung der Kalenderreform, d.h. für die Verwendung des Schalttages gebe, stellt er folgende interessante Überlegung an, dass auch von den üblichen 5 Zusatztagen in den 208 Jahren zwischen dem Jahr des Kanopusdekrets und der Kalenderreform unter Augustus überhaupt nur 5 % papyrologisch erwähnt wurden (S. 250-251; siehe Anhang). Dass Schalttage nicht nachgewiesen sind, könnte also auch bloß an der mangelnden Überlieferung liegen!

Pfeiffer schließt seine Überlegungen zu den Fragen der Kalenderreform im Kanopusdekret mit diesen Worten ab (S. 257):

Zitat:
Wahrscheinlich wurde aber bis zum Ende der Regierungszeit des dritten Ptolemäers alle vier Jahre ein Fest als Schalttag begangen, danach das Fest aber wohl aufgegeben und damit auch der Schalttag. Somit war alles für die ägyptischen Priester wieder "beim alten".

"Wahrscheinlich"! Denn dafür gibt es - wie gesagt - keine Belege ...

Viele Grüße,
Michael Tilgner


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 26.07.2023 um 18:23:18  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
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Re: Senet - Hieroglyphen. Bnr-mrw_Name_und_Titel.jpg - 128 KB
« Antwort #8, Datum: 26.07.2023 um 23:55:16 »   

Hallo, Lolli,

Zitat:
Wie lautet der Name der Person, welcher in den Fuß der Spielsteine geschrieben wurde ?

Das Brettspiel, das im Grab des Cha gefunden wurde, gehört einem Bnr-mrw.t, von Schiaparelli mit "Banermert" umschrieben. Dieser Name und seine Titel sind auf den Spielfiguren eingetragen, aber auch an den Seiten des Spielbretts, z.B. Fig. 159-160, jeweils ganz rechts bzw. unten.

Abb. 161, Spielfigur ganz rechts

Hs.y n Jmn Bnr-mr(w).t
"der Gelobte des Amun Benermerut"

Hs.y "der Gelobte ... (mit Genitiv) der von jemandem Gelobte ... von einem Gott" (Wb III, 156.20)
bnr-mrw.t "beliebt" (Wb I, 463.2-3) sowie als Name "der Beliebte" (PN I, 97.16)

Abb. 161, Spielfigur ganz links

bAk n Jmn Bnr-mr(w).t
"der Diener des Amun Benermerut"

bAk "Diener eines Gottes ... mit Genitiv des verehrten Gottes" (Wb I, 429.18)

Wie Benermerut zu Cha steht - etwa verwandt? - habe ich nicht herausfinden können.

Bei dem von Schiaparelli genannten Marharpra handelt es sich um MAj-Hr-pr "Maiherperi", der ein Grab im Tal der Könige hat (KV 36). In diesem Grab wurde ein Spielbrett gefunden, das allerdings unbeschriftet ist; jetzt im Ägyptischen Museum Kairo (CG 24069 und CG 24070). Wie Schiaparelli schreibt, sind ihm nur zwei publizierte Spielbretter bekannt, dieses hier und eins, das von Quibell (siehe Fußnote (1) bei Schiaparelli, S. 175) veröffentlicht wurde und das ebenfalls einem Cha gehört (auch im Ägyptischen Museum Kairo, CG 68001).

Viele Grüße,
Michael Tilgner


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 26.07.2023 um 21:33:38  Gehe zu Beitrag
zett  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Senet - Hieroglyphen. 
« Antwort #9, Datum: 27.07.2023 um 10:37:48 »   

Vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen! Darf ich mal allgemein fragen: Die Ägypter reihen also die Bildzeichen wie die Chinesen, mal nach links, mal nach rechts und mal nach unten??

Der Herr Tilgner macht scharfe Beobachtungen (kann Maat nicht heißen... oder ... bin eher für Thutmosis III) und traut seinen eigenen Feststellungen dann aber nicht, schließt sich lieber den Lehrbüchern an. Ich kann das fachlich in diesen Fällen natürlich nicht beurteilen, aber diese sehr hochwertigen Artefakte , wie das blaue Senet, sollte man schon als das nehmen, was sie zeigen, denn das stimmt am Ende immer, (das ist jedenfalls meine Erfahrung). Und da ist nicht Maat abgebildet... Diese hervorragenden Schmuckstücke sind doch nicht von drittklassigen Schreibern schlafmützig kopiert worden.

Das blaue Senet (Brooklyn Museum) trägt seitlich zwei Symbole, einen sog. „Isis-Knoten“ und den „Djed-Pfeiler“. Der Herr Tilgner schreibt hier im Forum in etwa: Hieroglyphen zu lesen ist eins, zu sagen, was das dann bedeutet, ist etwas anderes. Was meinten diese Zeichen...
Einer hat den „Knoten“ als Tyt bezeichnet und ein anderer hat diese Deutung kassiert. Was gilt nun und was wissen wir über diese beiden Symbole? Ist Tyt falsch? Meine momentane Deutung ist rein ‚historisch-zeichensprachlich‘ abgeleitet: Es sind beides Zeitsymbole; dargestellt sind gewisse Anschauungen, die sich aus Sonnen-Peilungen ergaben und beide Symbole in Reihe geschalten wollen die Unendlichkeit der Zeit abbilden (und/oder eine genau zusammengesetzte Zeitrechnung). Wenn das in etwa stimmen würde, müssten sich dafür Indizien finden lassen.

Zur Beschriftung der Spulen, sehr geehrter Herr Tilgner: Die Interpretation Diener und Gelobter nehme ich für Umschreibungen. Aus den Spielkarten kennen wir den Ober und den Unter, das hatte mit dem Aufbau der Mengenlehre zu tun, mit Rängen, „Abakus-Etagen“, Stiegen... Würden Sie mir da zustimmen? (Reiter und Fußvolk oder Sänftenträger und Getragener bzw. Fisch und Vogel – das ist das nicht abstrahierte Unten und Oben.) Ich vermutete bereits, die Spulen wurden u. U. gestapelt, sie stehen für zwei zusammengehörige Teile einer Rechnung. Zunächst sind da auch nur zwei „Abschnitte“, nämlich die hochstehende und die tiefstehende Sonne, später wurden daraus auch vier (oder noch später auch zehn) Stufen der Sonne, die zwischen den Sonnenwenden definiert und ausgezählt wurden - je nach Zeitgeist. Ich kenne mesopotamische und ägyptische Gestalten, deren Leib aus zehn gestapelten Spulen zu bestehen scheint... (Man staple gedanklich zwei Spulen und sehe, ob die entstandene Seitenfläche nicht auch als Zeichen in den Zeichensätzen vorhanden ist Die Flugbahnen der Sonne um die Erde - die „Goldene Spule“ - hieß in Ägypten mehen und die Mythen berichten, daß von nun an von verschiedenen Wegen/Abschnitten/Zeiten der Sonne die Rede sein solle...)

Hatten die Ägypter auch ein Zahlenalphabet? (Schrift- und Zahlensysteme waren einst noch nicht getrennt, das alles entwickelte sich aus einem „Betrachtungs-Knäul“. Diese Zahlenalphabete hatten ihre innere Logik, Zahlen müssen angesprochen werden und Zahlen sind andererseits Aufzählungszeichen und Ordnungshilfen.)
Die Inder machten für jeden Tag des Jahres ein Bildzeichen, in Form eines sich verrenkenden Yoga-Männchens; die wollten j e d e n einzelnen Tag des Jahres, die Zahlen von 1 – 365 also, mit einer anderen Körperhaltung anzeigen können, was sich natürlich nicht durchsetzte. Das kam, weil man einst die hohe oder tiefe Sonne des Jahres auf hohen oder tiefen Körperteilen anzeigte. Diese Anfänge entwickelten sich. Es gab keine Lautschrift und keine Schreibwerkzeuge, man simulierte die abstrakten Bildzeichen mit dem Körper. Im griechischen Raum sind diese „Läufer“ auffällig, die die Form der Swastika annehmen, etc. Das ‚Zeichensystem der Körperhaltungen‘ erkennt man in Ägypten doch auch. Man rechnete auch mit Körperteilen, (das berühmte „Handlesen“). Da ist mehr Mathe und Astronomie in der Linguistik, in den Mythen und der Zeichensetzung als man gemeinhin meint. Wir denken heute in viel zu strikt getrennten Kategorien, die man einstmals noch gar nicht trennen konnte. Diese Anfänge wirken unendlich lange nach, es war die Basis! Die Bildzeichen hatten eine vorgelagerte Bedeutung, die zielte aufs universelle und war „weit“. Ich zweifle, ob man immer völlig auf die ihnen später angehefteten Laute verkürzen darf.
Das waren vielleicht zu viele Fragen auf einmal.
> Antwort auf Beitrag vom: 26.07.2023 um 23:55:16  Gehe zu Beitrag
Chontamenti  maennlich
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Re: Senet - Hieroglyphen. 
« Antwort #10, Datum: 27.07.2023 um 11:42:40 »   

@Lolli2u
Ich könnte mir vorstellen, dass mit Schiaparellis "Prinz Maharpra" Maiherpri gemeint war.
https://en.m.wikipedia.org/wiki/Maiherpri
> Antwort auf Beitrag vom: 27.07.2023 um 10:37:48  Gehe zu Beitrag
Chontamenti  maennlich
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Re: Senet - Hieroglyphen. 
« Antwort #11, Datum: 27.07.2023 um 11:48:21 »   


Zitat:
Die Inder machten für jeden Tag des Jahres ein Bildzeichen, in Form eines sich verrenkenden Yoga-Männchens; die wollten j e d e n einzelnen Tag des Jahres, die Zahlen von 1 – 365 also, mit einer anderen Körperhaltung anzeigen können, was sich natürlich nicht durchsetzte. Das kam, weil man einst die hohe oder tiefe Sonne des Jahres auf hohen oder tiefen Körperteilen anzeigte. Diese Anfänge entwickelten sich. Es gab keine Lautschrift und keine Schreibwerkzeuge, man simulierte die abstrakten Bildzeichen mit dem Körper. Im griechischen Raum sind diese „Läufer“ auffällig, die die Form der Swastika annehmen, etc. Das ‚Zeichensystem der Körperhaltungen‘ erkennt man in Ägypten doch auch. Man rechnete auch mit Körperteilen, (das berühmte „Handlesen“). Da ist mehr Mathe und Astronomie in der Linguistik, in den Mythen und der Zeichensetzung als man gemeinhin meint. Wir denken heute in viel zu strikt getrennten Kategorien, die man einstmals noch gar nicht trennen konnte. Diese Anfänge wirken unendlich lange nach, es war die Basis! Die Bildzeichen hatten eine vorgelagerte Bedeutung, die zielte aufs universelle und war „weit“.
Ich bin mir nicht sicher, ob sich das noch im Bereich der Klassischen Ägyptologie bewegt. Und damit meiner Meinung nach nicht im Rahmen dieses Forums

Zitat:
Dieses Forum diskutiert Fragen zur klassischen Ägyptologie
> Antwort auf Beitrag vom: 27.07.2023 um 11:42:40  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Senet - Hieroglyphen. 
« Antwort #12, Datum: 28.07.2023 um 17:02:27 »   

Hallo, zett,

nur soviel: "Diener des Amun" und "Gelobter des Amun" sind bekannte Titel, die auch anderweitig vorkommen, nicht nur auf Spielfiguren.

Was die anderen Ausführungen betrifft, kann ich mich nur Chontamentis Bemerkung anschließen, dass sie nicht mehr zu dem Gebiet gehören, das Gegenstand dieses Forums ist.

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 27.07.2023 um 11:48:21  Gehe zu Beitrag
zett  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Senet - Hieroglyphen. 
« Antwort #13, Datum: 28.07.2023 um 20:31:41 »   

Gehört denn etwas von den anderen drei Fragen zu Ihrer Definition der Klassischen Ägyptologie? Zur Erinnerung:
1. Reihung der Schriftzeichen wie in China?
2. Was wissen wir über die beiden Zeichen an den Seitenwänden, Djed und Isis-Knoten?
3. Hatte man in Ägypten Zahlenalphabete auch? (Wenn ja, würde mich interessieren, ob man den Einsatz zeitlich einordnen/bestimmen kann.)
Mit Dank!
> Antwort auf Beitrag vom: 28.07.2023 um 17:02:27  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Senet - Hieroglyphen. 
« Antwort #14, Datum: 28.07.2023 um 21:23:27 »   

Hallo, zett,

die Antworten zu den Basisfragen der ägyptischen Schrift bzw. Symbole lassen sich leicht im Internet finden, z.B.:

zu 1. Schriftrichtung
zu 2. Isis-Knoten und Djed-Pfeiler
zu 3. Zahlzeichen

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 28.07.2023 um 20:31:41  Gehe zu Beitrag
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