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Thema: Endung .tj |
Iset  Member
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Endung .tj |  | |
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« Datum: 05.10.2024 um 10:57:39 » |
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Hallo zusammen, ich hab mal wieder eine kleine Frage  Ich versuche mich gerade an der Übersetzung des Wortes bHd.tj bzw. bHd.t (Wb I, S. 470). Erman und Grapow führen für die gleichen Hieroglyphen zwei verschiedene Transkriptionen auf, die sich in der Endung .t bzw. .tj unterscheiden. Das .t verstehe ich aufgrund von Hiero X1, aber ich verstehe nicht, in welchen Fällen es zu .tj wird. Hat jemand eine Idee und könnte mir einen Hinweis geben wonach ich suchen muss? Dankeschön im Voraus! Viele Grüße Julia
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Michael Tilgner  Member
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Re: Endung .tj |  | |
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« Antwort #1, Datum: 05.10.2024 um 21:41:39 » |
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Liebe Julia, bei bHd.tj handelt es sich um ein sog. Nisbe-Adjektiv. Der Begriff "Nisbe" ist aus der arabischen Grammatik in die Ägyptologie übernommen worden und bezeichnet ein Wort, das aus einem Substantiv oder einer Präposition durch Anhängen einer Endung, nämlich j oder y hervorgeht. Näheres erfährt man in jeder mittelägyptischen Grammatik oder z.B. auch hier. Wie jedes Adjektiv, kann auch dieses Nisbe-Adjektiv substantiviert, d.h. als Substantiv verwendet werden, wie es auch im Deutschen üblich ist: "groß" - "der/die/das Große". BHd.t ist ein Stadtname, z.B. Edfu. Durch ein Anhängen von j oder y wird daraus ein Adjektiv "Edfu-artig" oder so ähnlich; substantiviert "der Edfu-artige" bzw. "der von Edfu". Im Deutschen kennen wir das so ähnlich: Berlin-er = "der von Berlin"; nur bei uns heißt es nicht Nisbe-Adjektiv. Beim Anhängen des Wörterbuch-Ausschnittes hast Du den rechten Rand abgeschnitten; dort sind nämlich die Schreibvarianten aufgeführt. Ich habe mit gelb die Schreibungen markiert, die die vollständige Schreibung zeigen. Daher weiß man in diesen Fällen, was gemeint ist. Da es sich aber bei j oder y um "schwache" Konsonaten handelt, werden sie in der Schreibung meist weggelassen. Das macht es für uns Heutige schwer, im Einzelfall zu entscheiden, wie zu lesen ist. Meist hilft einem der Kontext weiter: Sieht man die Beischrift zu einer Flügelsonne - wie im Anhang - so ist BHd.tj zu lesen; das gleiche gilt, wenn davor G5 "Horus" steht, denn dan haben wir den "Horus Behedeti" vor uns. Manche Ägyptologen ziehen es nämlich vor, dieses Beiwort so stehen zu lassen und nicht als "der von Edfu" zu übersetzen, da nicht ganz klar ist, ob wirklich diese Stadt gemeint ist. Zum Anhang: Die Flügelsonne wird als nTr aA "großer Gott" bezeichnet. Daher kann davor nicht ein Stadtname stehen, sondern der Name eines Gottes, nämlich BHd.tj. Beachte auch die Ausrichtung: Der linke Flügel zeigt nach links; die dazu korrespondierenden Hieroglyphen sind auch nach links ausgerichtet. Das heißt, dass von links nach rechts gelesen werden muss. Entsprechendes gilt für den rechten Flügel. Das ist übrigens eine fast allgemeine Regel: Inschriften haben die gleiche Blickrichtung wie die Person oder Gottheit, zu der sie gehören. Diese Abbildung stammt aus dem Tempelbezirk des Month in Medamud bei Karnak und gehört zum Sedfestbau des Königs Sesostris III. (Kurt Lange, Max Hirmer, Ägypten, München, 1967, Tafel 104-105). Viele Grüße, Michael Tilgner
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Iset  Member - Themenstarter
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« Antwort #2, Datum: 06.10.2024 um 08:30:58 » |
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Hallo Michael, ah ich verstehe, ich hab die Substantivierung nicht erkannt, kein Wunder, dass ich es nicht in der Literatur gefunden habe. Bei der gelbe Schreibvariante war es mir auch logisch, wie man auf j/y kommt, aber eben nicht in der Grundvariante. Aber klar, wenn es ein schwacher Konsonant ist, dann lassen sie es gerne mal weg. Vielen Dank für die umfangreiche Antwort, dass hat mir sehr weiter geholfen! Viele Grüße und einen schönen Sonntag! Julia
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