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   Literatur & Lernen (366)
   Bibliothek in Edfu (6)
  Autor/in  Thema: Bibliothek in Edfu
Chontamenti  maennlich
Member



Bibliothek in Edfu 
« Datum: 19.12.2022 um 20:27:49 »   

Hallo zusammen!
Weiß zufällig jemand,wo ich eine vollständige Liste der Buchtitel finde, die in die in die Wand der Bibliothek im Tempelvvon Edfu eingemeißelt sind?
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Bibliothek in Edfu 
« Antwort #1, Datum: 19.12.2022 um 22:05:37 »   

Hi Chontamenti,

vermutlich hilft dir das folgende Werk weiter :

Johannes Duemichen : Die im Tempel von Edfu aufgefundenen Recepte, 2. Abteilung, 100 Tafeln, Leipzig 1866.

Ein Link zu dem von Dümichen herausgegebenen Tafelband findet sich in # 5 zu dem von Kapitaen eröffneten Thema Literatur, Bodenschätze des alten Ägypten. In den im Tafelband bei Dümichen vorgestellten Inschriften aus Edfu finden sich nicht nur Rezepte zur Metallurgie der Ägypter, sondern auch einzelne Werke genannt, deren Titel ich aber nicht wiedergeben kann. Es gibt zudem einen erläuternden Textband dazu, welcher 1865 erschien.

Dürfte für deine Fragestellung durchaus interessant sein    
> Antwort auf Beitrag vom: 19.12.2022 um 20:27:49  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Bibliothek in Edfu 
« Antwort #2, Datum: 20.12.2022 um 12:57:08 »   

Hallo, Chontamenti,

eine Liste der Buchtitel findet man in Dieter Kurth, Treffpunkt der Götter, Zürich / München, 1994, der eine Auswahl aus der riesigen Menge der Inschriften im Edfu-Tempel übersetzt hat. Text 21 behandelt "Das Bücherhaus und seine Schriften" (S. 140-147). Darin sind zwei Listen von Buchtiteln enthalten, die der König dem Horus Behedeti und der Götterneunheit von Edfu mit den Worten überreicht: "damit ich euch zahlreiche Kästen bringe, mit Buchrollen (aus Papyrus) und mit großen Schriftrollen aus reinem Leder, welche enthalten:" bzw. "damit ich euch die Kästen mit den hehren Geheimnissen bringe, als eine Auslese unter den Bas des Re (Schriften), nämlich:". Einige der Buchtitel sind auch in den Inschriften des Tempels zu finden. Es gibt aber auch Bücher in den Inschriften, die nicht in der Liste sind.

Vor 150 Jahren hat auch Heinrich Brugsch eine Übersetzung dieser Buchtitel gemacht, in seinem Artikel "Bau und Maße des Tempels von Edfu (Fortsetzung)", in: ZÄS, Bd. 9, S. 32-45 (1871), die Listen auf S. 43-45. Es ist reizvoll, diese frühe Bearbeitung mit der heutigen zu vergleichen. Der "erste Katalog" entspricht Kurths zweiter Liste, der "zweite Katalog" seiner ersten.

Ich hänge noch eine Umzeichnung der Wand an, die die Buchtitel enthält (Émile Chassinat, Le Temple d'Edfou, Bd. 9, Le Caire, 1929, Taf. 82). Sie sind auf der Südwand ("paroi sud"), oben.

Nachtrag:

Dieter Kurth hat zwei Bücher dieser Listen, die auf den Tempelwänden niedergelegt waren, auch übersetzt: "Schutz des Jahres" (Text 32) und "Schutz des Hauses" (Text 33).

Viele Grüße,
Michael Tilgner
« Letzte Änderung: 20.12.2022 um 14:20:48 von Michael Tilgner »


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> Antwort auf Beitrag vom: 19.12.2022 um 22:05:37  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Bibliothek in Edfu Waende_Buecherhaus_Edfu-Tempel.jpg - 96 KB
« Antwort #3, Datum: 20.12.2022 um 22:44:42 »   

Hallo, Leute,

ich habe eine schöne Zeichnung der Bibliothek von Edfu gefunden, die die Wände sozusagen aufgeklappt hat und auch die Nischen zeigt, in die Schriftrollen oder die Schriftbehälter gelegt werden konnten, denn es handelt sich tatsächlich um eine richtige Bibliothek mit dem Katalog an der Wand (Kim Ryholt, Libraries from Late Period and Graeco-Roman Egypt, c. 800 BCE - 250 CE, in: Kim Ryholt, Gojko Barjamovic (Hrsg.), Libraries before Alexandria, Oxford, 2019, S. 429).

Jeweils am Ende der Bücherlisten steht ein Text, der auf die eigentliche Aufgabe des Bücherhauses verweist.

Am Ende der ersten Liste heißt es in der Übersetzung von Dieter Kurth (siehe vorhergehendes Posting):

Zitat:
Alle Kontrolllisten (Inventare), die deine geheimen Abbilder und alle geheimen Gestalten deiner Götterneunheit enthalten, werden (noch) am selbigen Tag in deinem Haus schriftlich geführt, Tag für Tag, eine jede im Anschluss an ihre [Vor]gängerin, so dass die Bas der Götter (die Abbilder) dauerhaft bleiben an deinem Sitz, ohne dass sie sich von deinem Hause entfernen, ewiglich.

Und nach der zweiten Liste:

Zitat:
Alle Bestimmungen für den Auszug (die Prozession) Deiner Majestät aus deinem Hause (Tempel) an deinen Festen werden aufs neue (ab)geschrieben in deinem Hause, Tag für Tag, indem die eine (die Kopie) ihre Genossin (die Vorlage) auffrischt, so dass die Festordnung fest bestehen bleibt und die Bestimmungen dauerhaft sind, ohne je in deinem Hause auszugehen, ewiglich.

Mit anderen Worten: Die Texte müssen ständig abgeschrieben werden, damit sie nie verlorengehen.

Kim Ryholt hebt hervor, dass das Wort D.t "ewiglich" genau über den Nischen steht, in denen die Papyri gelagert werden, um so die "ewige Natur und Funktion der Bibliothek" zu betonen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 20.12.2022 um 12:57:08  Gehe zu Beitrag
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Bibliothek in Edfu Duemichen_Buecher_in_den_Inschriften_zu_Edfu_Tafel_84_Leipzig_1866_.jpg - 155 KB
« Antwort #4, Datum: 21.12.2022 um 00:46:42 »   

Herrlich, wirklich schön gesehen Michael !

Das lässt das Herz eines jeden Bibliothekars höher schlagen - und das einer jeden Bibliothekarin natürlich auch.

Ich habe aus Dümichen (1866) noch Tafel 84 zu bieten, weiß aber nicht, wie der dort in A 1 genannte Titel des Buches bzw. des dort genannten Papyrus zu lesen ist.

Wenn ich Spalte A 1 abwärts gehend lese, meine ich mit Brugsch zunächst eine "Vorschrift über das Bemalen der Augen gegen Ausfluss" (retu, mit dem Tua Salböl ?) und direkt danach ein "Buch über die Wissenschaft von den Opfern" übersetzen zu können. Trifft das ungefähr zu ?

Beim Ausfluss (retu) und dem lindernden Tua Salböl dachte ich an Lemm, Ritualbuch, Leipzig 1882, S. 34 oben bzw. S. 35 unten.

https://www.archive.org/details/dasritualbuchde00lemmgoog/page/n53/mode/2up?view=theater

Ich wünsche euch an dieser Stelle bereits frohe Weihnachten

Lolli  
« Letzte Änderung: 21.12.2022 um 02:13:34 von Lolli2u »


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> Antwort auf Beitrag vom: 20.12.2022 um 22:44:42  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Bibliothek in Edfu 
« Antwort #5, Datum: 23.12.2022 um 20:39:04 »   

Hallo, Lolli2u,

Du hast auf Chontamentis Anfrage Taf. 84 aus Johannes Dümichen, Geographische Inschriften altägyptischer Denkmäler nebst einem Anhange, enthaltend die im Tempel von Edfu aufgefundenen Recepte ..., Zweite Abtheilung, Leipzig, 1866 ins Gespräch gebracht und fragst

Zitat:
wie der dort in A 1 genannte Titel des Buches bzw. des dort genannten Papyrus zu lesen ist.

Nach dem zugehörigen Textband, Leipzig, 1866 heißt es auf S. 50-51 (zur "zweiten Abtheilung"):

Zitat:
Die ersten beiden Tafeln Pl. LXXX und LXXXI geben die untere Umschrift des Zimmers.
...
Auf den folgenden drei Tafeln [LXXXII-LXXXIV] werden nur zwei Recepte gegeben, welche die Bereitung einer Mischung behandeln, deren Name mit der Löwenklaue geschrieben ist. Es sind nur zwei Recepte, denn Nr. 3 [= das dritte Rezept] auf Pl. LXXXIV ist ja das Duplikat von Nr. 1 [= Pl. LXXXII], den Monumenten Philäs entnommen.

Der Text auf Taf. LXXXIV stammt also nicht aus Edfu, sondern aus Philae! Das wird noch einmal durch eine Fußnote auf S. 55 unterstrichen, wo Dümichen das "Philenser Duplikat Pl. LXXXIV" anspricht, und anderswo (z.B. S. 57).

Bei der Mischung, "deren Name mit der Löwenklaue" geschrieben wird, handelt es sich Kyphi, ägyptisch kAp.t "Räucherwerk" (Wb. V, 104.1-2). Das Zeichen "Löwenklaue" gehört nicht zur Gardiner-Liste, sondern zur sog. "extended library" und wird dort unter den Nummern F118A und F118B geführt (letzteres ist das bei Dümichen verwendete Zeichen) und hat die Lesung kAp, kp bzw. auch gb (Dieter Kurth, Einführung ins Ptolemäische, Bd. I, Hützel, 2007, S. 225; Kurth hat seine eigene Nummerierung).

Dieses Rezept ist mehrmals bearbeitet worden, zuerst von Dümichen, zuletzt von Agnes Lüchtrath, Das Kyphirezept, in: Dieter Kurth (Hrsg.), Die Inschriften des Tempels von Edfu, Begleitheft Nr. 5: Edfu: Bericht über drei Surveys; Materialien und Studien, Wiesbaden, 1999, S. 97-145. Leider ist dieses Begleitheft nicht mehr online. Ich hänge den Anfang bzw. Titel dieses Rezeptes an (S. 97). Vergleicht man die Hieroglyphen, die hier als Zeile von links nach rechts geschrieben worden sind, mit denen bei Dümichen, Taf. LXXXII, Sp. 1 (dort von oben nach unten und von rechts nach links zu lesen), sieht man den gleichen Text. Der Beginn des Philenser-Textes (Taf. LXXXIV, Sp. A.1) weicht in Teilen davon ab; es handelt sich - wie gesagt - um den Titel des Rezeptes, nicht um den eines Buches.

Der Raum des Edfu-Tempels, in dem sich dieser Text befindet, wird sinnigerweise als "Laboratorium" bezeichnet, wegen der Rezepte, die dem Tempel-Ritual dienen und nicht medizinischer Natur sind.

Eine Bemerkung zum Schriftsystem: In ptolemäischer Zeit vergrößert sich die Zahl der Hieroglyphen ungemein, je nach Autor liest man von 5000-6000 Zeichen. Es gibt auch unter den Ägyptologen nur wenige Spezialisten, die sich in dieses System eingearbeitet haben.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 21.12.2022 um 00:46:42  Gehe zu Beitrag
Thema wurde als gelöst markiert. Vielen Dank für eure Beiträge :-).
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