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   Ägypten als Einfallstor für die Pest in der Antike (4)
  Autor/in  Thema: Ägypten als Einfallstor für die Pest in der Antike
Chontamenti  maennlich
Member



Ägypten als Einfallstor für die Pest in der Antike 
« Datum: 13.12.2023 um 15:15:27 »   

In vielen antiken Berichten über die Pest der damaligen Zeit ist von Ägypten als Einfallstor für Krankheitserreger in den Mittelmeerraum die Rede. Stimmt das tatsächlich? Forschende der Universität Basel unterziehen antike Literatur und Dokumente einer kritischen Analyse und ergänzen sie mit archäogenetischen Erkenntnissen. Dies relativiert die tradierte Meinung über Pestepidemien.

Gerötete und entzündete Augen, übelriechender Atem, Fieber, heftige Krämpfe, Blasen und Geschwüre am ganzen Körper: Diese und andere Symptome nennt der Geschichtsschreiber Thukydides im Zusammenhang mit der «Pest von Athen» 430 bis 426 v. Chr. Die Herkunft der Seuche vermutet er in Aithiopia. «Das ist allerdings nicht mit dem heutigen Äthiopien gleichzusetzen, sondern bezeichnete damals generell die Regionen südlich von Ägypten», sagt Prof. Dr. Sabine Huebner. Sie ist Professorin für Alte Geschichte an der Universität Basel.

Zeitgenössische Schilderungen legen nahe, dass auch spätere Seuchen im Mittelmeerraum ihren Anfang in Ägypten und Aithiopia nahmen. So etwa die Antoninische Pest, die Cyprianische Pest und die Justinianische Pest, die zwischen dem zweiten und sechsten Jahrhundert die antike Welt heimsuchten.
Papyri liefern neue Informationen zur Pest
War Ägypten tatsächlich Einfallstor für Krankheitserreger in den Mittelmeerraum? Sabine Huebner und Postdoc Dr. Brandon McDonald wollten es genauer wissen. In einem vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützten Projekt suchten sie deshalb gemeinsam in allen zur Verfügung stehenden antiken Quellen – insbesondere in Papyri – nach Hinweisen auf Krankheitswellen, die mit Ägypten in Verbindung gebracht wurden. Ihre Erkenntnisse veröffentlichten sie kürzlich im «Journal of Interdisciplinary History».

Im Falle der Justinianischen Pest (541 bis 544 n. Chr.) fanden sie denn auch verschiedene Hinweise, die darauf hindeuten, dass die Epidemie zuerst Ägypten erfasste, bevor sie sich im Mittelmeerraum ausbreitete. Anders sieht es bei der Antoninischen Pest (165 bis mind. 180 n. Chr.) und der Cyprianischen Pest (251 bis 270 nach Chr.) aus. «Es gibt keine eindeutigen Belege dafür, dass diese beiden Seuchen sich von Nordafrika her ausbreiteten», sagt Sabine Huebner.
Verkehrsknotenpunkt verbreitete die Pest
Obschon sich der Verdacht auf Ägypten nicht in allen Fällen erhärten lässt, nahmen manche Seuchen ihren Anfang tatsächlich dort. Sabine Huebner: «Es gibt glaubhafte Berichte von medizinischen Schriftstellern aus römischer Zeit, die höchstwahrscheinlich Ausbrüche der Beulenpest im frühen römischen Libyen, Ägypten und Syrien beschreiben.» Mehrere Faktoren begünstigten sowohl die Entstehung von Krankheitserregern als auch deren Verbreitung.

Ein Treiber für die schnelle und großräumige Verbreitung von Krankheiten war der Handel. Über Jahrhunderte war Ägypten der «Brotkorb Roms», baute also Getreide im Übermaß an und exportierte dieses. Über den Nil und das Rote Meer gelangten Waren aus Zentralafrika und Südasien ins Mittelmeer und wurden in den Häfen von Alexandria und Pelusium verschifft. So trafen auch Menschen aus verschiedenen Regionen zusammen.

Entlang des Nils entwickelten sich Krankheitserreger zudem eher als im heißen, trockenen Wüstenklima, wo es weniger Wirte für Viren und Bakterien gab. «Klimaveränderungen begünstigten die Entstehung und Verbreitung von Epidemien», sagt Mitautor Brandon McDonald. Die Studie zeigt, dass ausbleibende oder schwächere Nilfluten zu Missernten und Nahrungsmittelknappheit geführt haben können und die Bevölkerung durch Unterernährung geschwächt war. Dies begünstigte den Ausbruch von Krankheiten. «Klimaveränderungen selbst können zudem die Überträger von Krankheitserregern wie Flöhe oder Mücken beeinflussen», so McDonald. Klimawandel und der Ausbruch von Epidemien in der Antike könnten also zusammenhängen, die genauen Wechselwirkungen müssen aber noch mehr untersucht werden.

Weitere archäogenetische Untersuchungen, die derzeit im Rahmen des Projekts stattfinden, werden neue Informationen über antike Krankheitserreger und die von ihnen betroffenen Gesellschaften liefern. Sie könnten auch zu unserem Verständnis der Evolution von Krankheitserregern und der Epidemiologie in Zeit und Raum beitragen.

https://antikewelt.de/2023/12/12/aegypten-als-einfallstor-fuer-die-pest-in-der-antike/
Sen-nefer  maennlich
Member



Re: Ägypten als Einfallstor für die Pest in der Antike 
« Antwort #1, Datum: 23.12.2023 um 07:06:53 »   

Es gibt dazu auch einen Bericht in Archäologie-online. Der bezieht sich auf eine Arbeit von Prof. Dr. Sabine Huebner, Professorin für Alte Geschichte an der Universität Basel.

Gruß

Sen-nefer
> Antwort auf Beitrag vom: 13.12.2023 um 15:15:27  Gehe zu Beitrag
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Ägypten als Einfallstor für die Pest in der Antike 
« Antwort #2, Datum: 02.01.2024 um 13:43:10 »   

Ich bin der Meinung, dass es auch in Ägypten schon immer Flöhe und Ratten gegeben haben wird, welche das Pestbakterium übertragen konnten. Ein Grund für das schreckliche Ausmaß der Justinianischen Pest dürfte jedoch darin gelegen haben, dass die Atmosphäre der nördlichen Erdhalbkugel in den Jahren ca. 535 - 538 n.Chr. durch die Aschewolke eines Vulkans verdunkelt worden ist, weshalb die Früchte nicht reiften und die Menschen überall hungerten, wie Cassiodor sagt. In diesen Jahren der Finsternis nun eröffnete der byzantinische Kaiser Justinian (482-565) einen langjährigen Krieg gegen die Ostgoten, sowie gegen die Vandalen, in dessen grausamen Verlauf die hungernden Menschen zusätzlich geschwächt wurden.

Als es 541 dann in Ägypten wieder einmal zu einem Pestausbruch kam, wurden die von Hunger und Krieg gebeutelten Menschen in Afrika und Europa zu Millionen von der Seuche dahingerafft. Daher bezeichnen einige Historiker diese grässliche Plage denn auch als "die Pest des Justinian" und genau darin dürfte man Prokop recht geben. Die Menschen hätten den Hunger überstanden und selbst die Pest und die Verdunkelung der Sonne, aber den schrecklichen Krieg, welchen Justinian in dieser finsteren Zeit dann gegen sie führte, eben dieser raffte sie dahin wie die Fliegen.

Cassiodor Variae XII, 25 https://archive.org/details/cassiodori-senatoris-variae-xii-25-siemer-goslar-d-29.11.2022-illustriert-u-besc/mode/2up?view=theater

Procopii Anecdota https://books.google.de/books?id=SHuaEE2S_D0C&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false

Cassiodor und Prokop sind zuverlässige Berichterstatter. Sie zeichneten sehr genau und ungeschönt auf, wie Justinian und seine Feldherren den Zusammenbruch der antiken Zivilisation herbeiführten. Sachlich wäre es von daher sicherlich zutreffender, wenn man den Hunger und die Kriege des Justinian als Einfallstor für die damalige Pest bezeichnen würde.

Lolli
   
« Letzte Änderung: 03.01.2024 um 18:35:22 von Lolli2u »
> Antwort auf Beitrag vom: 23.12.2023 um 07:06:53  Gehe zu Beitrag
Meritneith  weiblich
Member



Re: Ägypten als Einfallstor für die Pest in der Antike 
« Antwort #3, Datum: 06.04.2024 um 07:07:46 »   

Es ist alles andere als klar, dass es sich bei den verschiedenen "Pest"-Epidemien immer tatsächlich um die Pest gehandelt hat. Zu dieser Zeit machte es keinen Unterschied, welcher Erreger die Menschen tötete.
"Blasen und Geschwüre am ganzen Körper" passen zum Beispiel gar nicht zur Pest. Die Pest verursacht entweder eitrige Abszesse der Lymphknoten (sog. Beulenpest) oder blutigen Husten mit besonders schnellem Tod (sog. Lungenpest).

Liebe Grüße
> Antwort auf Beitrag vom: 13.12.2023 um 15:15:27  Gehe zu Beitrag
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