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   Architektur & Kunst (513)
   profil-frontalansicht????? (3)
  Autor/in  Thema: profil-frontalansicht?????
marieke  
Gast

  
profil-frontalansicht????? 
« Datum: 14.12.2005 um 11:22:10 »     

kann mir vielleicht jemand erklären warum die ägypter immer "in" einer mischung aus profil-und frontalansicht dargestellt wurden
und sonst noch weitere informationen über die proportionen und wer gemalt wurde
danke schonmal im voraus
ta_ian.t  weiblich
Member



Re: profil-frontalansicht????? 
« Antwort #1, Datum: 15.12.2005 um 18:40:57 »   

Hallo Marieke,
ausschlaggebend für diese "gemischte" Darstellungsweise ist zunächst der Grund der Darstellung. Bei ägyptischen Darstellungen geht es nicht um die unmittelbare Wirkung einer Darstellung auf irgendeinen Betrachter, sondern um die dargestellte Handlung, die so magisch Realität wird und allgemeine Gültigkeit bekommt (König erschlägt Feinde - er hat das Fremdland unter Kontrolle). Die Handlungen spielen sich also in der Fläche ab - die Figuren können ja nicht miteinander agieren, wenn sie heraustreten. Die einzelnen Teile der Lebewesen werden so wiedergegeben, daß sie auf Anhieb erkennbar sind und funktionieren können (so ist das Auge von vorne auf ein Gesicht im Profil gesetzt und kann "sehen"). Emma Brunner-Traut hat das im LÄ I, 474-487 u.a. so beschrieben:

Zitat:
Der menschliche Körper ist kein auf einen Mittelpunkt bezogenes Gebilde, er setzt sich vielmehr zusammen aus seinen "Gliedern" (...), die je nach Fragestellung anders kombiniert werden und auch anders heißen können

Für die altägyptische Darstellungsweise gibt es auch den Begriff der Aspektive als Gegensatz zur Perspektive.(Dazu auch Emma Brunner-Traut, Frühformen des Erkennens, Aspektive im Alten Ägypten)

Zitat:
Von der Bildkunst ausgehend, ist die Bezeichnung übertragen auf die übrigen Phänomene der geistigen Kultur, da sie denselben Regeln unterliegen: Das Ganze durch überschaubare, sinnvoll ausgegrenzte und parataktisch in die Fläche gesetzte Teile (Aspekte) zu erfassen. Perspektivische Darstellungsweise hingegen strabt danach, ein Objekt hypotaktisch in seiner Tiefe einheitlich als Ganzes zu erkennen.
(op.cit.)

Zu Proportionen gibt es interessante Arbeiten u.a. von Gay Robins, nähere Infos dazu später!
Gruß, t
> Antwort auf Beitrag vom: 14.12.2005 um 11:22:10  Gehe zu Beitrag
Sobeknefer  weiblich
Member



Re: profil-frontalansicht????? 
« Antwort #2, Datum: 15.12.2005 um 23:08:07 »   

Ein anderer guter Artikel ist noch von Hans Wolfgang Müller: Der Kanon in der ägyptischen Kunst.

Ansonsten eben wie gesagt unter dem Bergriff der "Aspektive" weitersuchen.
Dazu finde ich das Nachwort im Buch "Heinrich Schäfer: von ägyptischer Kuns" recht gut, er behandelt dort das Thema Asüpektive sehr ausführlich.


Ich schreibe dir hier noch schnell, was ich in der Uni als kurze Zusammenfassung dazu bekommen habe:

Aspektive (kombinatorische ansicht)
Die wichtigesten Elemente, das Wesen der Dinge muss dargestellt werden, es wird eine überindividuelle Erkennbarkeit erzeugt, um etwas magisch lebendig und ewig funktionsfährig, also unvergänglich zu machen (für die Ewigkeit geschaffenes Abbild der vergänglichen Welt); Das Gesicht des Menschen (Stirn-Nase-Mund)wird im Profil, das Auge (hieroglyphisch) von vorne, Hals und Schultern in Vorderansicht , vordere und hintere Brustlinie in Profilansicht (Brustwarze in Seitenansicht), die Beine in Seitenansicht wiedergegeben; Die Aspektive gilt jedoch nicht nur für magische Wirksamkeit durch Abkehr vom Fehlerhaften und Unvollkommenen; das Wesensbild nicht das Sehbild ist das Ziel (zb Kind im Leib einer schwangeren oder Wasser um den gefangenen Fisch, Gefäßinhalte etc).

Seit der griech. klassik ist das Auge an die tiefenräumlich-perspektivische Darstellungsweise gewöhnt, die ägypt Bilder erscheinen dagegen wie flächig ausgebreitete Gebilde ohne Körperlichkeit und Raumtiefe, sie entsprechen nicht dem normalen optischen eindruck.

Eine Art Klapptechnik scheint hier umgesetzt zu sein, hier werden Binnenteile eines Gegenstandes unverkürzt wiedergegeben, das Bildganze wird Teil für Teil erfasst und die Einzelelemente wiederum zum Ganzen addiert.

Nur die Teile, die wesentlich sind um zum Verständnis des Ganzen beitragen, werden abgebildet; da "Aspekt für Aspekt" gelesen wird spricht Brunner-Traut von Aspektive.

Bei der Perspektive wird der Binnenteil dem Ganzen untergeordnet, die Einzelteile werden verkürzt; das Bildganze kommt als Einheit in den Blick, so wie es optisch erscheint -> Aspektive und Perspektive unterscheiden sich durch dsa Verhältnis der Teile zum Ganzen, die Perspektive hat die Absicht, in einer zweidimensionalen Darstellung dreidimensionale Tiefe zu illusionieren: Es wird ein Eindruck von Körper- und raumtiefe vermittelt.
> Antwort auf Beitrag vom: 15.12.2005 um 18:40:57  Gehe zu Beitrag
Thema wurde als gelöst markiert. Vielen Dank für eure Beiträge :-).
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