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   meteoreisen (9)
  Autor/in  Thema: meteoreisen
menna  maennlich
Member



meteoreisen 
« Datum: 07.11.2008 um 18:43:08 »   

Hallo an alle Papyruskenner,
bei der Beschäftigung mit Meteoreisen und bj3 finde ich in dem Buch von Wolfgang Engelhardt "Planeten, Monde und Kometen" (Darmstadt 1990) den Satz:
"Die erste uns überlieferte Nachricht von einem Stein, der aus dem Himmelgefallen war, findet sich in einem ägyptischen Papyrus aus dem Jahr 2000 v.Chr."
Weiss einer, um welchen Papyrus es sich handelt?
Das wüsste gern
Menna
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: meteoreisen 
« Antwort #1, Datum: 07.11.2008 um 19:38:14 »   

Hallo menna,

das LÄ erwähnt im Stichwort Eisen, dass der pChester Beatty IV, vso 47 das bjA n pt aus Syrien erwähnt.

Gruss, Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 07.11.2008 um 18:43:08  Gehe zu Beitrag
menna  maennlich
Member - Themenstarter



Re: meteoreisen 
« Antwort #2, Datum: 07.11.2008 um 22:28:04 »   

Danke Iufaa
für diese Angabe. Darf ich eine Nachfrage stellen?
Wenn ich E. Graefe ("Untersuchungen zur Wortfamilie bjA") und auch Wainwright (JEA 18(1932)3ff) richtig lese, wird das bjA n pt erst in der 18.Dyn. gebraucht.
Ich weiß nicht, aus welcher Zeit der pChester beatty IV stammt, aber wenn er jünger als 2000 v.Chr. ist, kann es nicht der im Buch von Engelhardt gemeinte sein - sofern diese Angabe wirklich zutrifft. (Solche Probleme kommen eben auf, wenn keine Quellen angegeben werden.)
Gruß von Menna
> Antwort auf Beitrag vom: 07.11.2008 um 19:38:14  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: meteoreisen 
« Antwort #3, Datum: 07.11.2008 um 22:57:16 »   

Tja,

bzgl. der zeitlich Einordnung liefert der LÄ-Artikel zum pChester Beatty IV auch nur Verdachtsmomente, die auf das NR verweisen (vso. Schülerhandschriften, darunter vielleicht die Lehre des Amennacht).

Insgesamt ist das LÄ nicht hilfreich, da wird man wohl die Originalstelle anschauen müssen.

Gruss, Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 07.11.2008 um 22:28:04  Gehe zu Beitrag
naunakhte  weiblich
Moderatorin



Re: meteoreisen 
« Antwort #4, Datum: 08.11.2008 um 09:29:26 »   

Der Thesaurus Linguae Aegyptiae setzt den pChester Beatty IV in die 19. - 20. Dynastie.

Zum Lemma bjA hat er den frühesten Papyruseintrag in pBM EA 10477 (pNu), Tb 153 B (Zeile 7) aus der Zeit Amenophis II. (damit auch nicht im Jahre 2000 v. Chr.) wo dann nach deren Übersetzung folgendes steht:

Zitat:
Das ist das Erz(?), das im Himmel ist.

nach: Belegstellen für das Lemma: bjA "Erz (allg); Metall; Meteoreisen; Kupfer" (Wb 1, 436.1-438.5; Harris, Minerals, 50 ff., 62) (Lemma-Nummer 54290)

Gruß
nauna
> Antwort auf Beitrag vom: 07.11.2008 um 22:57:16  Gehe zu Beitrag
petrie08  maennlich
Member



Re: meteoreisen 
« Antwort #5, Datum: 08.11.2008 um 11:16:14 »   

Hallo!
Es ist ja immer schön, wenn aus seltsamen Fragen (na ja...) Wissen entsteht. Was ich aber nicht glaube, ist: dass es bei den Ägyptern eine Vorstellung von einem Himmel als eine Sache an sich gab, aus dem ein Stein herausfallen konnte. Schon gar nicht 2000 v. Chr.! Was ich aber nicht glaube,ist: dass es bei den Ägyptern auch nur annähernd eine "Ereignis-Literatur" im Sinne der griechischen Geschichtsschreiber gab, die einen solchen Vorfall ("Stein vom Himmel") mitgeteilt hätte. Schon gar nicht 2000 v. Chr.! Außerdem ist "Stein" was ganz anders als "Meteoreisen". Vor vielen Jahren meinte Arno Schmidt, dass ein Buch ohne Register wie eine Frau ohne K*tzler sei. Nichtbellestristische Bücher ohne Quellenangaben sollte man/frau ungelesen verheizen!
Schönes Wochenende
> Antwort auf Beitrag vom: 08.11.2008 um 09:29:26  Gehe zu Beitrag
menna  maennlich
Member - Themenstarter



Re: meteoreisen 
« Antwort #6, Datum: 08.11.2008 um 20:00:27 »   

Danke für die Bemühungen, auf meine seltsame Frage (naja...) eine Antwort zu finden. Zusammenfassend ist zu sagen:
1.offenbar - vermutlich ist die Zeitangabe von Engelhardt falsch
2.sei kritisch bei Büchern ohne Quellen
3. nach Auskunft des Thesaurus gibt es keine früheren ägyptischen Zeugnisse als aus der 18. Dyn.
4.scheue dich nicht, seltsame Fragen zu stellen.

Immerhin scheinen die alten Ägypter bezüglich der himmlischen Herkunft der Meteoriten bzw. des bjA viel früher Vorstellungen gehabt zu haben als die Europäer. Hier dauerte es bis ins 19. Jahrhundert, ehe man glauben konnte und Beweise dafür hatte, dass "Steine vom Himmel fallen können". Doch davon später mehr.
Gruß Menna
> Antwort auf Beitrag vom: 08.11.2008 um 09:29:26  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: meteoreisen 
« Antwort #7, Datum: 08.11.2008 um 22:55:25 »   

Liebe Leute,

ich habe keine Ahnung, woher Wolfgang Engelhardt sein "Wissen" hat, den ich übrigens auch in astronomischen oder raumfahrtgeschichtlichen Fragen nicht unbedingt für zuverlässig halte.

Im LÄ IV, 117-118 gibt es einen Eintrag "Meteor" (in französischer Sprache), aus dem ich folgendes referieren möchte:

In der berühmten Geschichte des Schiffbrüchigen trifft der Erzähler auf einer Insel eine mythische Schlange, die ihm u.a. folgendes erzählt:

Zitat:
Jetzt will ich dir etwas Entsprechendes erzählen, was auf dieser Insel geschah:
Ich war auf ihr mit meiner Sippe, darunter waren Kinder;
Alle zusammen waren wir 75 Schlangen, meine Kinder und meine Sippe.
Nicht erwähne ich dir eine kleine Tochter, die mir auf ein Gebet hin geschenkt worden war. -
Da fiel ein Stern (vom Himmel) und sie alle gingen durch ihn in Flammen auf!
Es traf sich aber, daß ich nicht unter den Verbrannten war, denn ich war gerade nicht bei ihnen.
(Emma Brunner-Traut, Altägyptische Märchen, München, 1989, S. 38)

Diese Erzählung ist nur in einem einzigen hieratischen Papyrus überliefert, der sich jetzt in der Eremitage in St. Petersburg befindet (pPetersburg 1115). "Als Entstehungszeit wird mittlerweile übereinstimmend ebenfalls das Mittlere Reich, vermutlich die 12. Dynastie, angenommen." (Günter Burkard, Heinz J. Thissen, Einführung in die altägyptische Literaturgeschichte I: Altes und Mittleres Reich, Münster / Hamburg / London, 2003, S. 142) Das würde zur Engelhardts Angabe 2000 v. Chr. passen.

Der Verfasser des LÄ-Eintrags (Dimitri Meeks) stellt die gängige Interpretation, daß es sich um die - wenn auch fiktive - Beschreibung eines Meteoriteneinschlages handelt, in Frage. Um den beschriebenen Effekt hervorzurufen, müßte er schon ziemlich groß sein. Im übrigen sind Unglücksfälle, die durch Meteoriten verursacht werden, extrem unwahrscheinlich und bisher so gut wie nie dokumentiert.

Seiner Meinung gibt es - "so scheint es" - eine einzige Beschreibung eines tatsächlichen Meteoritenfalls, nämlich auf der Gebel-Barkal-Stele von Thutmosis III:

Zitat:
Die [Wachen] aber waren gerade dabei aufzuziehen, um sich in der Nacht zu begegnen und um die Wache nach Vorschrift durchzuführen. Es war die zweite Stunde, da ging ein Stern auf südlich von ihnen. Nie geschah etwas Ähnliches. Er strahlte aber gegen sie an seiner richtigen Stelle. Da konnte keiner bestehen ..." (Urk. IV, 1238, 10-13; Übersetzung nach: Wolfgang Helck, Urkunden der 18. Dynastie. Übersetzung zu den Heften 17-22, Berlin, 1961, S. 10)

Nun, diese Beschreibung ist denkbar knapp, würde ich meinen. Sie dient vor allem als himmlisches Omen für die Vernichtung der Feinde, denn es geht weiter mit: "[ich aber schlachtete sie, als seien sie nie gewesen, in ihrem Blut schwimmend und nieder]geworfen in Haufen."

Nicht so richtig eingehen möchte Meeks auf den Pyramidenspruch 528, in dem es heißt: "%wnTw, der du den Himmel neunmal durchfährst in einer Nacht, fasse die Seitenlocke des N. ..." (Kurt Sethe, Übersetzung und Kommentar zu den altägyptischen Pyramidentexten, Bd. V, S. 150-151), zu dem Sethe anmerkt: "%wnTw, hier augenscheinlich eine Sternschnuppe, denn nur eine solche kann neunmal in der Nacht über den Himmel fahrend gesehen werden. Dabei muß natürlich die Vorstellung vorausgesetzt werden, daß die Sternschnuppen, die man nach einander sieht, ein und dasselbe himmlische Wesen seien, und das ist ja durchaus begreiflich."

Meeks erwähnt noch, daß der Himmel allgemein als aus Metall bestehend aufgefaßt worden sei und verweist auf Erhart Graefe, Untersuchungen zur Wortfamilie bjA, Köln, 1971, Kapitel III und IV. Leider liegt mir dieses Buch nicht vor.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 08.11.2008 um 20:00:27  Gehe zu Beitrag
menna  maennlich
Member - Themenstarter



Re: meteoreisen 
« Antwort #8, Datum: 10.11.2008 um 14:32:06 »   

Hallo Michael,
danke für den sehr hilfreichen Beitrag!!
Was bjA betrifft: ich bin an der Erarbeitung eines Lexikonbeitrags, der auch ausführlich auf Graefes Dissertation eingeht, da ich finde, dass das eine sehr "erhellende" Arbeit ist.
Gruß von
Menna
« Letzte Änderung: 10.11.2008 um 18:50:04 von menna »
> Antwort auf Beitrag vom: 08.11.2008 um 22:55:25  Gehe zu Beitrag
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