Re: Krankheit oder Religion?
[ Archiv-Startseite ] Geschrieben von Dr. Karl H. Leser am 12. Januar 2001 21:18:04: Als Antwort auf: Re: Krankheit oder Religion? geschrieben von Jörg Müller am 12. Januar 2001 18:18:13:
>>
>>Vor allem würde mich interessieren, ob Echnaton sich eigentlich aus
>>religiösen Gründen so merkwürdig darstellen ließ, oder ob er eine seltene Krankheit hatte?
>Hier sind nur Spekulationen möglich, die sich vielleicht auflösen würden, wenn man seine Mumie sicher identifiziert und entsprechenden Untersuchungen unterziehen würde. Fest steht, dass er einige der ihm "angedichteten" Krankheiten nicht hatte. So wird beispielsweise behauptet, sein in vielen Abbildungen dargestelltes Aussehen wäre der Beweis für das "Fröhlichsche Syndrom". Dies dürfte aber nicht der Fall sein, da er dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zeugungsunfähig gewesen wäre und dies dürfte wohl kaum der Fall gewesen sein.
>Mit dem Wandel der amtlichen religiösen Vorstellung vollzog sich ein Stilwechsel in der Kunst, Abbildungen die vorher unmöglich gewesen wären, waren an der Tagesordnung. Abgesehen von einer sicherlich vorhandenen Disproportion Echnatons liegt für mich hier der Hauptgrund.
>JörgHi Jörg,
semataui machte mich auf eine kemet-Artikel (Okt. 2000) aufmerksam, den ich übersehen hatte. In diesem wird die abnorme Anatomie mit derm Marfan-Syndrom in Verbindung gebracht (sieh unten Auszug aus dem Pschyrembel). Das könnte grob passen, wäre auch vererbbar (vlg. die Darstellungen seiner Töchter), natürlich paßt es dem Autor auch ins Bild, weil dieses Syndrom nicht gegen eine Identifizierung der Mumie aus KV 55 mit Echnaton sprechen würde.
Ansonsten bewegen wir uns da wirklich im großen Bereich der Spekulationen. Ich denke ebenfalls, der Stilwechsel muß als "politisches" Programm bewertet werden, für Pharao wäre es sicherlich kein Problem gewesen, eine Darstellung der abnormen Anatomie zu unterdücken.
Gruss, Karl
© 1998 Walter de Gruyter GmbH Pschyrembel 258. AuflageMarfan-Syndrom (Antoine-Bernard M., Päd., Paris, 1858-1942) n: syn. Achard-Marfan-Syndrom; autosomal-dominant vererbte (Genlokalisation auf Chromosom 15), generalisierte Bindegewebeerkrankung (Fibrillindefekt) mit variabler Expressivität, charakterisiert durch Veränderungen des Habitus, des kardiovaskulären Systems u. der Augen; Häufigkeit: ca. 1:10000; Vork. familiär (75% der Fälle) od. sporadisch durch Neumutation; Sympt.: 1. Habitus (s. Abb.): lange, schmale Extremitäten (Dolichostenomelie), Hände u. Füße (Arachnodaktylie, sog. Madonnenhände), Trichter- od. Hühnerbrust, Kyphoskoliose, oft nichtfamiliärer Großwuchs, langer u. schmaler Kopf mit prominenten Augenleisten u. tiefliegenden Augen, spitzer Gaumen, Gelenke überstreckbar, weiche Haut, gehäuft Striae, Leistenhernien; 2. kardiovaskuläre Veränderungen: progressive Erweiterung der Sinus Valsalvae u. der Aorta ascendens mit Aorteninsuffizienz od. dissezierendem Aortenaneurysma (cave: Ruptur), Mitralklappenprolaps u. -insuffizienz; 3. Augen: Dysmorphie der Cornea, Subluxation od. Luxation der Linsen, evtl. mit Iridodonesis*, evtl. Kugellinse, Achsenmyopie, Glaukom, Netzhautablösung, enge Pupillen; Ther.: regelmäßige Echokardiographie, bes. während der Schwangerschaft, Endokarditisprophylaxe bei Aorten- u. Mitralinsuffizienz, rechtzeitige Herzchirurgie, u.U. Prävention der Aortendilatation mit Betarezeptorenblockern, orthop. Maßnahmen, evtl. frühzeitige Pubertätseinleitung zur Wachstumsreduktion, Augenkontrollen, keine körperl. Überforderung; Progn.: mittlere Lebenserwartung ohne Behandlung ca. 32-35 Jahre (kardiovaskuläre Kompl.); DD: kontrakturelle Arachnodaktylie, Homocystinurie (geistige Behinderung), Klinefelter-Syndrom, Syndrom des fragilen X-Chromosoms u. best. Formen des Ehlers-Danlos-Syndroms.
Marfan-Syndrom:typischer Habitus: nichtfamiliärer Hochwuchs, distal betonte Langgliedrigkeit, Thoraxdeformität und -kyphose; Zustand nach mehreren Operationen wegen Zwerchfellhernien [477]
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