Ahmose (= Iahmes [bei Dodson, Hilton, Royal Families, S. 137, = Ahmes B]), deren Name "Iah (Der Mond) ist geboren" (Sethe, Hatschepsut-Problem, S. 10) bedeutet, war die "Große königliche Gemahlin" Thutmosis I. und Mutter der Königin Hatschepsut, sowie einer älteren, aber vorzeitig verstorbenen Prinzessin, Neferubiti. Gelegentlich wird auch diskutiert, ob sie auch die Mutter der beiden Prinzen Amenmose und Wadjmose (Grab des Paheri, Elkab; Sethe, Urk. IV, 108 - 110) gewesen sein könnte. Nach Ratié (Reine Hatchepsout, 1979, S. 24) war sie möglicherweise auch die Mutter weiterer Prinzen namens Binpu, Ramose, Nekenkhal, Aahmosis.
Troy (Queenship, S. 163, §18.12) listet für Ahmose lediglich 14 erhaltene Quellen (darunter Statuen, Gefäße, Grab- und Tempeldarstellungen, etc.) mit diversen Titelangaben auf. Vor allem in den Tempelszenen des Totentempels der Hatschepsut in DeB findet man Ahmose mit dem Titel einer "Großen königlichen Gemahlin", dem einer "Königsmutter" (während der Herrschaft von Hatschepsut), und vereinzelt auch den einer "Königsschwester" (nach Troy neben DeB auch auf der Stele Berlin 15699; sowie im Grab des Duauneheh, TT125). Dagegen fehlt der Titel einer "Königstochter"!
Foto: Iufaa
Die familiäre Herkunft der Königin Ahmose ist völlig ungeklärt. Es hat zahlreiche Versuche gegeben, sie mit der herrschenden Familie der Ahmosiden zu verbinden. Nicholas Grimal schreibt ohne weitere Angaben in seiner Geschichte Ägyptens (History, S. 207), dass nach dem vorzeitigen Tod des Sohnes von Amenhotep I., Amenemhat, ein Abkömmling aus einem Seitenzweig der kgl. Familie, Thutmosis I., seinen Anspruch auf den Thron durch die Hochzeit mit einer Tochter Amenhotep I. namens Ahmose festigte. Christiane Desroches Noblecourt berichtet (Hatschepsut, S. 19) von der Geburt der Hatschepsut durch Ahmose, "Ehefrau und durch ihre gemeinsame Mutter Seniseneb zugleich Schwester des Thutmosis". Nach Suzanne Ratié (Hatschepsut, 1974, S. 18) wird die durch den vorzeitigen Tod der Söhne von Amenhotep I. und seiner Königin Ahhotep II. gestörte Thronfolge dadurch wieder hergestellt, dass die Tochter des kgl. Paares, Ahmose, ihren Halbbruder Thutmosis, den Sohn aus der Verbindung von Amenhotep I. mit der nicht-königlichen Konkubine Seniseneb heiratet. Auch Vandersleyen hält nach Bryan (18th Dynasty, S. 231) Ahmose für eine Schwester von Thutmosis I., da ihr ja der Titel einer "Königstochter" fehlte. Thutmosis I. habe sie anlässlich seiner Thronbesteigung geheiratet, um so den Brauch früherer Könige, die ihre Schwestern zur Legitimation ihrer Thronansprüche geheiratet hatten, fortzusetzen. Sethe vermutet (Hatschepsut-Problem, S. 10), dass Ahmose eine Tochter der Ahmose-Nefertari, also eine Schwester Amenhotep. I. war.
Darüber hinaus wurde Ahmose auf Grund einer Fehlinterpretation der Statue Louvre N 496 mit der ‚Königsschwester und Königstochter, geboren von der großen Königsgemahlin und Konigsmutter Ahhotep’ (Gitton, S. 16) Ahmose-Nebetta gleichgesetzt. Die Inschrift der Statue datiert diese ins Ende der Herrschaft von Ahmose I. Die Prinzessin Ahmose-Nebetta wird daher heute als eine Tochter der Königin Ahhotep und des Königs Seqenenre Taâ II (17. Dynastie) angesehen, die zwei Generationen vor der Königin Ahmose gelebt haben.
Es gibt somit keine archäologischen Hinweise, die die große königliche Gemahlin Ahmose mit der Familie von Amenhotep I verbinden, eher Indizien, die diese Verwandtschaft unwahrscheinlich machen.
Ahmose überlebte ihren Gatten Thutmosis I. (Sethe, Hatschepsut-Problem, S. 10) und möglicherweise auch die Herrschaft seines Sohnes und Nachfolgers Thutmosis II., d.h. sie starb vermutlich während der Herrschaft ihrer Tochter Hatschepsut. Grundlage hierfür bietet eine Kohl-Vase aus dem Ramesseum mit folgender Aufschrift:
"Der gute Gott [Thutmosis I.], gerechtfertigt bei Osiris, Osiris die Königsgemahlin Ahmes, sie möge leben. Der gute Gott, Herr der Beiden Länder Thutmosis II. dem Leben gegeben sei, er machte es als ein Denkmal für seinen Vater.“
Gelegentlich wird Ahmose auch der Titel einer "Gottesgemahlin (=Gottesweib) des Amun" zugewiesen. Die Annahme, dass auch die Mutter der Hatschepsut den Titel einer Gottesgemahlin geführt habe, beruht auf der falschen Zuweisung einer Elfenbeinhand (Ägypt. Museum, Turin; siehe folgendes Foto) mit der Inschrift: "Gottesgemahlin Ahmose, sie (möge) lebe(n) (= Hmt nTrJaH-ms anx-tj)" zu Ahmose, der Mutter von Hatschepsut. Während Maspero (Maspero, G., RecTrav III, 1982, S. 124) die Elfenbeinhand noch mit dem Hinweis erwähnt, "..dass man nicht sagen könne, welcher Königin dieses Namens das fragliche Objekt gehört hat", wurde es schon wenige Jahre später von Petrie (Petri, W. M. F., History of Egypt II, 1897, S. 69) der Gemahlin von Thutmosis I. zugewiesen.
Elfenbeinhand (Teil einer Klapper?) aus dem Museo Egizio di Torino, Kat.-Nr. 6921 (Foto aus Gitton, Divines épouses, 1984, Tafel 1).
Diese falsche Zuweisung zieht sich dann u. a. über Sander-Hansen (Gottesweiber, S. 6), der Ahmose-Nebetta als Mutter der Hatschepsut aufführt, noch bis in den Artikel zu Ahmose im Lexikon der Ägyptologie (W. Seipel, 1975, Bd. 1, Sp. 101).
Die Schreibweise des Namens Ahmose mit der sich nach oben öffnenden Form des Mondes datiert diese Gottesgemahlin jedoch ganz an den Anfang der 18. Dynastie (s. a. Gitton, Divines épouses, 1984, S. 25). Diese Elfenbeinhand kommt nach Gitton vermutlich, wie auch andere Objekte der Sammlung Rosellini, aus der thebanischen Nekropole - genaue Fundumstände sind jedoch nicht überliefert.
Somit fehlen Belege dafür, dass die Mutter der Hatschepsut und Gemahlin Thutmosis I., Ahmose jemals das Amt der "Gottesgemahlin" innegehabt hat.
Quelle: Bryan, Betsy M., The 18th Dynasty before the Amarna Period (Ian Shaw, The Oxford History of Ancient Egypt), Oxford University Press, 2000
Desroches Noblecourt, Chr.; Hatschepsut, die geheimnisvolle Königen auf dem Pharaonenthron, dt. Ausgabe Bergisch-Gladbach 2007
Dodson, A., Hilton, D., The Complete Royal Families of Ancient Egypt. London 2004
Gitton, M., Les divines épouses de la 18e dynastie, Paris 1984
Grimal, N., A History of Ancient Egypt. Oxford 2005
Maspero, G., Rapport à M. Jules Ferry, Ministre de l'Instruction Publique sur une mission en Italie. RecTrav III, 1982
Petrie, W. M. F., A History of Egypt. Vol II: During the XVIIth and XVIIIth Dynasty, 2nd ed., New York 1987
Quibell, J. E., The Ramesseum, London 1898
Ratié, S., Hatschepsut, die Frau auf dem Thron der Pharaonen. Dt. Übersetzung Wiesbaden 1974
Ratié, S., La Reine Hatchepsout - Sources et Problèmes. Lugdunum Batavorum 1979
Sander-Hansen, C.E., Das Gottesweib des Amun. Kopenhagen 1940
Sethe, K., Das Hatschepsut-Problem noch einmal untersucht. Berlin 1932
Troy, L., Patterns of Queenship in Ancient Egyptian Myth and History., Upsala 1986
Pa-charu war "Aufseher der Schreiner am Tempel des Amun" und lebte in der Ramessidenzeit. Seine Grabanlage befindet sich im Assasif (TT 244). Der Grundriss bei P&M und auch die dort angegebene Örtlichkeit ist nach Kampp nicht korrekt.
Das Grab befindet sich in der südlichen Seitenwange des Zugangs zum Hof von Kampp -28-. Über einen Durchbruch zu Kampp -268- hat es später als Zugang zu --> TT 192 (Cheruef) gedient.
Aus Platzgründen wurden die Räume hintereinandergeschaltet.
Zeichnung: semataui.de/Klaus Adams, nach Kampp/P&M
Dekoration:
1. Im Durchgang links der betende Grabherr 2. Der Grabherr und seine Frau knien vor dem Anubis-Schakal. Über diesen Durchbruch zu Kampp -268- Zugang zur Querhalle von TT 192. 3. Auf dem Sturz eine Doppelszene mit dem Grabherrn und seiner Frau, die einem [Gott] Blumen opfern. Opferformeln.
Über die Bestattungsanlage des Grabes scheint es einen weiteren Durchbruch zur Längshalle von TT 192 gegeben zu haben.
Quelle: Porter & Moss, The Theban Necropolis Part One, Oxford 1994
Kampp, F., Die Thebanische Nekropole. Zum Wandel des Grabgedankens von der XVIII. bis zur XX. Dynastie, Mainz 1996
Pa-miu war "Bürgermeister der Südstadt" (Theben) in der Saitenzeit. Sein Vater war Prophet im "südlichen On", ein weiterer Name für Theben. Die Grabanlade des Pa-miu befindet sich im Assasif (TT 243).
Zeichnung: semataui.de/Klaus Adams
Dekoration
Hof 1. Titel des Grabherrn
Raum III 2. Auf dem äußeren linken Pfosten verehrt der Grabherr heilige Kühe und Ochsen. Auf dem rechten Pfosten wird er als königlicher Schreiber genannt. Innen: Götter der Sternenbilder.
Quelle: Porter & Moss. The Theban Necropolis Part One. Oxford 1994
Nach dem Tod ihres Mannes Seti I führte Tawosret für ihren noch unmündigen Stiefsohn Si-Ptah mit Unterstützung des einflussreichen Beamten Bay die Regentschaft. In seinem sechsten Regierungsjahr starb Si-Ptah, knapp 20 Jahre alt; seine Mumie zeigt, dass er an spinaler Kinderlähmung gelitten hat.
Anlässlich des Opet-Festes ließ sich Tawosret durch die Götter in der Thronfolge bestätigen. Sie beanspruchte die Königswürde und nahm den vollen Pharaonentitel an.
Sie baute einen Tempel in Pi-Ramesse und begann einen Totentempel in Theben-West, zwischen den Anlagen von Thutmosis IV und Merenptah.
Tawosret zählte Siptahs Regierungsjahre ihren eigenen hinzu, doch bereits zwei Jahre nach ihrer alleinigen Regentschaft verschwand sie aus den Annalen.
Die innenpolitische Lage verschlechterte sich in ihren Regierungsjahren. Aus dem pHarris I und einer Stele aus Elephantine wissen wir von Gesetzlosigkeit und Plünderungen, auch den Göttern wurde nicht mehr geopfert.
In dieser unruhigen Zeit erhob sich ein Sethnacht. Dieser sah sich von Rê zum König auserwählt die Maat wieder herzustellen. Die Auseinandersetzungen um die Herrschaft dauerte mehr als ein Jahr.
Als Grab der Tawosret gilt KV 14 im Tal der Könige. Wahrscheinlich bereits unter ihrem Mann Seti II begonnen gestaltete sie dieses Grab mit den Elementen eines Königsgrabes aus. Sethnacht betrachtete sie als persona non grata, ließ die Inschriften ändern und baute das Grab für sich selbst um. Ob Königin Tawosret jemals in diesem Grab bestattet wurde wird heute bezweifelt.
Quelle: T. Schneider. Lexikon der Pharaonen. Düsseldorf 2002
J. v. Beckerath. Chronologie des pharaonischen Ägypten. Mainz
N. Reeves. Valley of Kings. London
Wa-ib-Rê war "Kämmerer der göttlichen Anbeterin" mit Namen Anchnes-nefer-ib-Rê", die in der Saitenzeit lebte. Verheiratet war Wah-ib-Rê mit Tadepaneheb, seine Eltern nannten sich Ped-amunai und Mut-ardas.
Innerhalb der riesigen Grabanlage des --> Ped-amen-opet (TT 33) im Assasif durfte auch Wah-ib-Rê sein Grab anlegen (TT 242). Die Fassade seines Grabes wird durch die linke Wand des ersten Vorhofs gebildet.
Zeichnung: semataui.de/Klaus Adams nach P&M
Dekoration:
Halle 1. Auf dem Sturz außen: Söhne, Psametik (Diener der Gottesgemahlin), Padi-hor-es-net gen Har-pe-may. Sie opfern dem Grabherrn und seiner Mutter Blumen in Vasen. 2. Scheintüre. Oben: der [Grabherr], betend; Kartusche des Osiris-Onophris zweischen Harsiese und Anubis. Auf dem Sturz des inneren Teils der Scheintüre ein geflügelter Falke. Der Pfosten rechts zeigt die Götter [Osiris] und Nephthys. Hinter dem rechten Pfosten zwei Kolumnen mit den Titeln.
Quelle: Porter & Moss. The Theban Necropolis Part One. Oxford 1994
Pen-hut war "Gouverneur der Nordländer" und lebte mit seiner Frau Hetepi in der Zeit des Thutmosis IV bis Amenhotep III (nach Kampp).
Seine Grabanlage befindet sich in Dra Abu el-Naga (TT 239). Die Säulenhalle wurde nicht vollendet. Das Grab ist stark zerstört (Erdbeben?), es ist schwer zugänglich, aber ungeschützt. Die Dekoration ist durch Steinraub fast verschwunden.
Zeichnung: semataui.de/Klaus Adams nach Kampp
Dekoration
1. [Der sitzende Grabherr mit Frau], Reste einer Opferliste 2. - 3. Drei Register: Syrer bringen Blumenvasen als Tribute sowie Barren aus Metall. Ein Mann trägt ein Kind auf seiner Schulter, Pferd vor einem [König]. 4. Unten: Ein Mann opfert einem sitzenden weiteren Mann. 5. Stele (nach Kampp eine Scheintür), imitiertes Rosengranit. Sie zeigt Reste einer Doppelszene mit dem Grabherrn und seiner Frau vor Göttern. Auf der rechten Seite zwei Register: ein Mann opfert einem Paar und ein weiterer Mann. 6. Reste von drei Registern: a. Pflanzen b. Der Grabherr mit einer Militäreskorte c. Zwei Segelboote
Das Grab scheint mehrmals benutzt zu sein.
Quelle: Porter & Moss. The Theban Necropolis Part One. Oxford 1994
F. Kampp. Die Thebanische Nekropole. Zum Wandel des Grabgedankens von der XVIII. bis zur XX. Dynastie. Mainz 1996, S. 516
Bei den Ausgrabungen im Großen Amuntempel (B500) von Napata am Gebel Barkal fand Georg A. Reisner (1867-1942) 1916 eine 61 cm hohe „bienenkorbähnlich“ geformte Rundplastik aus Sandstein, die wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem aus der Antike bekannten Omphalos von Delphi (Nabelstein) von F.L. Griffith (1916) in der ersten Kurzmitteilung darüber als „Omphalos von Napata“ bezeichnet wurde. Die antiken Schriftsteller Curtius Rufus und Diodor hatten das vermutlich ganz ähnlich aussehende Kultbild im Amonsorakel der Oase Siwa (das Alexander der Große im Jahre 331 BC besucht hatte) als „umbilico maxime similis“ und „smaragdo et gemmis coagmentatus“ beschrieben, d.h.: „ganz ähnlich wie ein Nabelstein aussehend und mit Smaragden und Edelsteinen/Perlen geschmückt“. Die Ähnlichkeit mit dem delphischen Omphalos war damit für die mit der griechischen Antike vertrauten Finder und Bearbeiter (Reisner, Griffith, Steindorff) offenkundig und führte zur Benennung des für Ägypten und Nubien einzigartigen Fundstückes als „Omphalos von Napata“, was vielleicht auch durch die in dieser Zeit erschienenen umfangreichen Publikationen von W.H. Roscher (1918) über Omphaloi beeinflusst worden sein mag. Die Bezeichnung und die sich daran anknüpfenden Vorstellungen zu Bedeutung und Funktion des Fundstückes finden sich in der Literatur bis in die 1970er Jahre. Die weitere Entwicklung der Kenntnisse von diesem einzigartigen Fundstück rechtfertigen eine neue Bearbeitung, zumal seit 1970 (I. Hofmann) keine neuere Übersicht hierzu vorliegt. Das Fundstück selbst gehört seit 1921 dem Boston Museum of Fine Arts (MF 21.3234). Es ist auch auf mehreren Ausstellungen in Europa zu sehen gewesen und in mehreren Katalogbüchern beschrieben worden, s. Wenig 1978, Kendall 1996. Abb. 1 zeigt den „Omphalos von Napata“, Abb. 2 den rekonstruierten Omphalos von Delphi zum Vergleich.
Abb. 1: Der sogenannte Omphalos von Napata oder Götterschrein vom Gebel Barkal. Man blickt in das leere Innere. Details s. Abb. 4 und 5. Vorlage: M.F.A. Boston Inv.-Nr. 21.3234
Abb. 2: Der Omphalos von Delphi nach Teilrekonstruktion. Der Schmuck mit „Perlen und Edelsteinen“ lässt sich recht gut erkennen. Alte Wiedergaben auf antiken Münzen lassen vermuten, dass er früher mit einer Adlerfigur gekrönt war. Ähnliche Nabelsteine gab es in mehreren griechischen Tempeln. Vorlage: CeCILL Wikipedia-User Rama
1. Der Fundort Der Gebel Barkal ist ein Sandsteinmassiv auf dem rechten Nilufer nahe dem 4. Katarakt, wo der Nil in die „verkehrte Richtung“ fließt, von Nord nach Süd. Er stellt eine weithin sichtbare Landmarke dar, zu deren Füßen in der 18. Dyn. die Stadt Napata als Verwaltungszentrum für die neu eroberten nubischen Gebiete gegründet und ein Tempelzentrum errichtet wurde.
Abb. 3: Ansicht des Gebel Barkal von Süden; links der Felsenturm des „pinnacle“, davor und noch weiter nach links (nicht sichtbar) befinden sich die Reste des Großen Amuntempels B500 und viele weitere Tempel- und Palastruinen. Vgl. auch Abb. 14. Bild: CC Wikipedia-User LassieHU.
Der Haupttempel B500, dem Amun von Napata geweiht, stammt mit seinen ältesten Teilen aus dem NR, wurde später vor allem von den Herrschern der 25. Dyn. (Piye, Taharqa) erneuert und erweitert, aber auch noch von meroitischen Königen (Natakamani, Generation 53, ca. 0 – 20 AD, nach St. Wenig, 1978, S. 16/17) erneut renoviert (vgl. LÄ II 434-439 sowie Kendall, 1996). In diesem großen Tempelkomplex fand man im hinteren Teil (B 503, Halle hinter dem 3. Pylon) im Schutt das zunächst als Omphalos angesprochene Steinobjekt. Weitere bedeutsame Funde aus diesem Tempel sind u.a. große Steinstelen von Thutmosis III., Sethos I., Piye und Nastasen, Harsiotef und Aspelta sowie Altäre, Statuen und Widdersphingen (Liste der Fundstücke bei Reisner ZÄS 66 (1931)S. 80-83).
2. Beschreibung Georg Steindorff (1861- 1951) ist 1933 in einer Arbeit „Der Orakeltempel in der Amonsoase“ auch kurz auf den Fund Reisners aus Napata eingegangen und hat sich der Deutung von Griffith angeschlossen, dass damit ein Analogon zum von Curtius und Diodor beschriebenen Kultbild des „Ammoniums“, dem Orakeltempel der Oase Siwa, vorliegen dürfte. Griffith hatte seiner Publikation „eine nach einem Foto angefertigte Zeichnung“ zur Vorstellung des Fundes beigegeben, die sowohl von Steindorff (1933) als auch von Roscher übernommen wurde. Im Jahre 1937 dann konnte Steindorff das Stück in Boston erstmals in natura sehen. Er hat es von allen Seiten fotografiert und vermessen und darüber im JEA 1938 berichtet. Unter dem Eindruck des eigenen Augenscheins kommt Steindorff nun zu einem ganz anderen Ergebnis. Er verwirft nicht nur die Omphaloshypothese und jede Beziehung zum Orakelkult von Siwa oder gar Delphi, sondern er bezweifelt sogar (S. 147), dass Griffith (er war 1934 gestorben) das Stück je im Original gesehen habe: denn es ist kaum vorstellbar, dass Griffith dann nicht auch einen Naos darin vermutet hätte. (Seine Zeichnung zeigt den Stein von hinten mit Blick auf die beiden Kartuschen, die in Abb. 5 zu sehen sind.) Steindorff kommt nun vielmehr zu dem Schluss, dass es ein kleiner Schrein war, in dessen Innerem mit hoher Wahrscheinlichkeit ein kleines Götterbild gestanden haben dürfte. Aus Ägypten kennt man solche Götterschreine als Naos, aber sie sind dort immer viereckig, wie Kapellen oder Kioske.
Abb. 4: Auf- und Grundriss des Götterschreins. (aus D. Dunham: The Barkal Temples. Boston 1970. Pl. XXXVI, nach Steindorff 1938)
Die Abb. 4 zeigt den Auf- und Grundriss; die Maße sind H.: 61 cm; B. Basis: 58 cm; größter Durchmesser: 52 cm. Die „Türöffnung“ ist 20x24 cm, die wohl für die Aufnahme einer kleinen Statue in den Boden eingelassene Vertiefung misst 8,5x13 cm. Kleine Stein- oder Bronzefigürchen entsprechender Abmessungen auch aus der Entstehungszeit des Schreins (s.u. Pkt. 3) wurden in Napata und anderen nubischen Orten gefunden. Die Hauptausschmückung der Außenseite (mittleres Register) stellt ein Band mit 8 Figuren dar, die von den hinten paarweise angeordneten Kartuschen her zu je 4 auf die vorn befindliche Öffnung zulaufen, s. Abb. 5.
Abb. 5: Nachzeichnung des mittleren Registers, Vorlage wie Abb. 4.
Die Figuren sind symmetrisch angeordnet, je eine Königsfigur direkt vor der Öffnung und an jeweils dritter Position, dann je zwei Göttergestalten mit beflügelten Armen, in einer Hand noch eine Feder haltend und mit Sonnenscheiben auf dem Menschen- bzw. Löwenkopf; sie stehen schützend jeweils hinter den Königen. Die Könige haben die Unterarme anbetend erhoben, tragen den (in Nubien eher selten zu findenden) plissierten Kurzrock, eine Nubierkappe mit je zwei Uräen und Schleife sowie den Tierschwanz. Der im unteren Register befindliche Fries zeigt abwechselnd Knospen und Blüten von Lotuspflanzen, vgl. Abb.1. Als oberstes Register sieht man 6 Reihen von Kugel- oder Perlen-, Rhombus- und Tropfen-förmigen Kettenverzierungen. Das obere Ende der Kuppel zeigt Bruchspuren und könnte eine Figur getragen haben, die Ränder der Türöffnung sind ebenfalls schartig, als sei die Tür, um an die wohl wertvolle Götterfigur zu kommen, gewaltsam herausgebrochen worden.
Die Bedeutung der Kartuscheninschriften konnte nur zum Teil ermittelt werden. Die linke lautet Neb-maat-Re, wie der Thronname von Amenophis III. Man kennt zwei kuschitische Könige aus dem 1. nachchristlichen Jahrhundert, die sich diesen Namen zugelegt hatten, Amanitenmemize (Generation 57, Wenig 1978) und Amanikhanewel (Gen. 58). Der Name in der rechten Kartusche wurde von Griffith als Mnhnewel = Amanikhanewel gedeutet, Steindorff vermutete mit Dunham (S. 150) eher mit großer Vorsicht Mani-Hanaqerme oder Hataqerme. St. Wenig (1978, p. 209) sieht, übereinstimmend mit F. Hintze, die Möglichkeit, dass die einigermaßen sicher erkennbaren Zeichen „(--)reqerem“ bedeuten könnten und damit auf (Amanikhe)reqerem (Gen. 67) zutreffen würden. Dieser Name findet sich, allerdings in meroitischen Hieroglyphen, auch auf einem in Soba gefundenen Widder – sollten beide Namen dieselbe Person meinen, so ergäbe sich damit eine Datierungsmöglichkeit in die zweite Hälfte des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts, vgl. Wenig 1978, p. 16/17, Gen. 67: 190-200 AD. Letztlich bleibt die personelle Zuordnung und damit auch die Datierung mit Zweifeln behaftet, da für Amanikhereqerem der Thronname Nebmaatre nicht nachgewiesen zu sein scheint.
Die Form des Götterschreins erinnert an sudanesische oder Tuareg-Hütten, wie sie ganz ähnlich auf einer sogen. Königinnenschale aus Karanog (bei Steindorff 1938, fig. 4; die ganze Schale auch in Wenig 1978, Nr. 196 abgebildet) eingraviert sind. I. Hofmann (1970) vermutete so gar einen Einfluss aus Indien, von wo man mit ganz ähnlicher Form sogen. Stupas als Reliquiare oder Votivgaben seit den letzten vorchristlichen Jahrhunderten kennt. Diese weit hergeholte Einflussnahme konnte aber nicht erhärtet werden und ist später von der Autorin selbst verworfen worden.
3. Die „Gebel-Barkal-Hieroglyphe“ Ein wesentlicher Fortschritt im Verständnis dieses einzigartigen meroitischen Götterschreins ergab sich durch K.-H. Prieses Bearbeitung der im Berliner Ägyptischen Museum aufbewahrten Skizzenbücher der Zeichner der Lepsius-Expedition nach Ägypten und Nubien 1842-1845, G. Erbkam und M. Weidenbach. Max Weidenbach aus Naumburg war schon 1840 von Lepsius nach Berlin geholt und im Schreiben von Hieroglyphen ausgebildet worden. Es wird berichtet, dass er nicht nur die vielen Hieroglyphentexte während der Expedition kopierte, sondern auch in den Zeichnungen der anderen Teilnehmer die Hieroglyphen jeweils einzutragen hatte (Freier u. Grunert 1984, S. 176). In seinem Skizzenbuch findet sich unter „Nuri 31. Mai 44“ die Zeichnung eines Steinbruchstückes mit Inschrift, das Lepsius auf dem Pyramidenfeld von Nuri gefunden hatte. Die Abmessungen von 3,82x 0,31x0,20 m lassen vermuten, dass es wohl zur Verkleidung einer Ziegelwand gedient hatte und von dort neuzeitlich zur Wiederverwendung als Baumaterial entfernt und zersägt worden war. Dieses Stück mit seiner Inschrift ist merkwürdigerweise nicht in das große Tafelwerk von Lepsius aufgenommen worden, und es ist als Objekt auch leider verschollen. Erst Priese hat es in seiner Aufarbeitung der Skizzenbücher 1977 unter dem Titel: „Eine verschollene Bauinschrift des frühmeroitischen Königs Aktisanes (?) vom Gebel Barkal“ bekannt gemacht und die Seite aus Weidenkams Skizzenbuch abgebildet. Aktisanes war ein König in der Zeit zwischen der napatanischen und meroitischen Dynastie (Zeitraum zw. 310 und 275 BC), der wohl spätestens zur Zeit von Ptolemäus I (308-282 BC) gelebt hat (Priese, S. 355) und in der Pyramide Bar 11 am Gebel Barkal begraben wurde. K.-H. Priese verdankt man mit dieser Publikation nicht nur den Nachweis, dass das verschollene Fundstück, obwohl in Nuri gefunden, aus dem Amuntempel B500 von Napata stammen dürfte, sondern bezüglich des Götterschreins von Napata machte er auch eine für das Verständnis der Bedeutung dieses Fundstückes sehr wesentliche Beobachtung: er erkannte, dass in Weidenbachs Skizze in der Schreibung des Ortsnamens von Napata eine als Determinativ fungierende Hieroglyphe vorkommt, die sonst nur noch auf der seit 1857 bekannten Stele des Königs Nastasen (Gen. 27 nach Wenig, 335-315 BC)(Berlin Ägypt. Museum Nr. 2268, Abb. s. Wildung: Sudan, Nr. 265) mehrmals als Determinativ für Napata zu sehen ist.
Abb. 6: Die „Gebel-Barkal-Hieroglyphe“ zusammengestellt aus der Arbeit von Priese 1977, untere Reihe der vollständige Name der Stadt Napata
Abb. 7: Der Name von Napata auf der Nastasenstele, Zeile 6 (aus Kendall 2008, Fig. 10). Schon die ältere Bearbeitung der Nastasen-Stele durch Schäfer (Leipzig 1901) zeigt die sehr sauber geschnittenen Hieroglyphen auf den Tafeln 2-4.
Abb. 8: Die „Gebel-Barkal-Hieroglyphe“ in der Lunette der Nastasen-Stele am linken Rand unter dem k3-Zeichen. (Dank an T. Kendall für die Überlassung der Vorlage, 6.3. 2009)
Somit war Ende der 1970er Jahre der Götterschrein aus Tempel B500 in Napata als charakteristische meroitische Arbeit, vermutlich aus dem Ende des 2. Jhdts unserer Zeitrechnung stammend, erkannt, der in seiner äußeren Form durchaus nubischen Rundhütten ähnlich gestaltet erscheint, wie sie z.B. von Borchardt (1937) abgebildet wurden (auffallend in dieser Arbeit die von Petrie übernommene Abbildung einer Rundhütte auf einem Elfenbeinplättchen aus Abydos, die ganz unserem Götterschrein gleicht).
4. Deutungsversuche auf Grund neuerer Forschungsergebnisse Alle früheren Forscher, die am Gebel Barkal gearbeitet haben (Lepsius, Budge, Breasted, Reisner) haben übereinstimmend die Vorstellung herausgearbeitet, dass Napata mit dem Heiligen (oder Reinen) Berg Dw wab das wichtigste kuschitische Kultzentrum und die Krönungsstätte der kuschitischen Könige war, an der Amun durch ein Orakel jeden neuen König bestimmte. Seit der Gründung von Napata unter Thutmosis III. galt der Gebel Barkal als die Heimat der südlichen und ursprünglichen Form des thebanischen Gottes Amun, wie er als „Amun von Napata, der im Heiligen Berge wohnt“ in vielen Texten des NR und danach zu finden ist.
Die Arbeitsgruppe von T. Kendall aus Boston hat seit 1986 fast alljährlich am Gebel Barkal gearbeitet und im Laufe der Jahre zunehmend bestimmtere Äußerungen zur Bedeutung dieser alten Kult- und Königsstadt und ihrer Tempel publiziert, die hier in ihren Bezügen auf den Götterschrein zusammengefasst werden sollen:
Kendall führt mit vielen Belegen aus, dass der Berg mit dem auffälligen Felsenpfeiler (pinnacle) an seiner Südecke (s. Abb. 3 und 14) von den Kuschiten als ein Abbild des Uräus an der Stirn des Königs gesehen wurde, womit die weitgespannte Mythologie der Augensagen (Auge des Re, Auge des Horus) und die Heimholung der Tefnut aus Nubien, wo sie im Gebel Barkal gewohnt hatte, mit diesem Felsenmassiv verbunden wurde (ausführlich in Kendall 2008). Auch eine phallische Funktion als Amun-Kamutef zur Deutung des Gebel Barkal als Urhügel lässt sich hineinlesen – alles Anspielungen und Vorstellungen, die diesen Ort als Ursprung des Königtums im Niltal überhaupt verstehen lassen wollten. Die Herrscher der 25. Dyn. (Piye und Nachfolger, 716-656 BC) leiteten ganz bewusst von da her ihren Herrschaftsanspruch auf das ganze Ägypten ab, so wie es umgekehrt 700 Jahre vorher Thutmosis III. ebenso für gottgegeben hielt, das kuschitische Nubien zu beherrschen, da der Reichsgott Amun von dort gekommen sei. Die von Priese erkannte Gebel-Barkal-Hieroglyphe wird nun von Kendall als Symbol für den Gebel Barkal verstanden, da sie in dem von Priese bearbeiteten Text und auf der Nastasen-Stele ausschließlich als Determinativ für Napata erscheint, im Wechsel mit anderen Natur- bzw. Erdaspekte bezeichnenden Determinativen wie Rechteck für Steinblock oder blockförmiger Berg (= Gebel Barkal!), oder das Bergzeichen. Der Name Napata erscheint auf der Stele oft, aber nur dreimal mit der Gebel-Barkal-Hieroglyphe (Kendall 2008, 13134; Priese sieht sie viermal: auf Zeile 6, 15, 50, 54), ohne dass ein spezieller Grund für den Wechsel der Determinative erkennbar wäre. Auch in der Lunette, Abb. 8, linke Seite hinter der Königinmutter, sieht man diese Hieroglyphe noch einmal, mit einer Bedeutung dieser Stelle, die nach Kendall (persönl. Mitteil. 6.3.2009) direkt auf den Berg hinweist: als „k3 der Krone von Re-Harachte, die der Berg Gebel Barkal selbst ist“. (R.H. Pierce in Eide et al., 1994, übersetzt deutlich anders, indem dort k3(r) = Schrein gelesen wird und so auch Schäfer, 1901.)
Die folgenden Abbildungen zeigen einige der Belege für die von Kendall (2008) entwickelten Vorstellungen zum „Amun von Napata, der im Heiligen Berge“ wohnt, die sogar bis in die 19. Dyn. zurückgehen:
Abb. 9: Nachzeichnung eines Wandreliefs aus dem Mut-Tempel am Gebel Barkal (B300) von Budge 1907. Die schräg nach unten verlaufende Bergsilhouette wurde im unteren Teil ergänzt. Der Schrein, in dem der Amun von Napata vor Mut sitzt, wird durch diese Linie deutlich als der Gebel Barkal gekennzeichnet, und Abb. 10 soll verdeutlichen, dass der Uräus am oberen Rande des Berges dem pinnacle entspricht bzw. von dieser Naturform abgeleitet worden sein dürfte. Vor den Göttern opfern der wie Shu-Onuris gekrönte Taharqa und seine Hauptkönigin (Kendall 2008, 127). Bedeutsames ikonographisches Detail: Shu-Onuris war es, der das Gottesauge zurück nach Ägypten geholt hatte. (Bildvorlage: Robisek 1989, Fig. 1).
Abb. 10: Von einer solchen Projektion der Bergansicht aus Westen könnte die Darstellung auf der Abb. 9 inspiriert worden sein. Darauf beruht auch der Schluss von Kendall, dass die Tempel B200 und B300, der Hathor-Tefnut bzw. Mut-Sachmet geweiht, sich westlich des Felsenturmes befinden, von wo aus die Uräus-Form so wie es die Abb. zeigt, zu sehen ist. (Vorlage: T. Kendall 1990, Fig. S. 122)
Abb. 11: links: Detail der südl. Wand der großen Halle im Südtempel (Ramses-T.) von Abu Simbel. Ramses II opfert dem Amun von Karnak, der im Berg sitzend dargestellt ist, davor der „pinnacle“ als Uraeus mit weißer Krone. Die Uräenreihe oben auf dem Berg symbolisiert die verschiedenen auch im Berge wohnenden Göttinnen. Rechts: das natürliche Vorbild, der Felsenturm vor dem Bergmassiv, von Osten. (Quelle: links: Kendall 2008, Fig. 8; rechts: Bonnet/Valbelle: Pharaonen aus dem Schwarzen Afrika, Mainz 2006, S. 182)
Abb. 12: Gottheit mit Kopf in der Form der Gebel-Barkal-Hieroglyphe (zweite Figur v. links, vor dem ibisköpfigen Thot) aus dem Grabtempel zu Beg. N 11 der Shanakhdakete. Das Blatt 30 LD V zeigt die sich links anschließende Szene, in der die Königin mit ihrem Sohn im Gebel Barkal sitzend dargestellt ist, rechts, direkt davor, dann die oben gezeigte Szene. (Quelle: Kendall 2008, Fig. 13, nach Lepsius LD V, Bl. 31).
Unter Berücksichtigung dieser alten Quellen zieht Kendall dann den Schluss (s. l.c. 2008, 13134), dass der Götterschrein von Napata wohl selbst als ein Modell des Gebel Barkal aufzufassen ist; denn er stammt aus dem großen Amuntempel von Napata, er ähnelt einer ganz ähnlich geformten kleinen Plakette aus Napata, auf der die Götter Schu und Tefnut im Berg abgebildet sind (Wildung 1996, Nr. 287) und die Götterfiguren im mittleren Register sind solche menschen- bzw. löwenköpfigen Götter/Göttinnen, wie sie in den oben aufgeführten ikonographischen Beispielen als eng mit dem Gebel Barkal verbunden herausgestellt wurden.
Natürlich ist diese Beweisführung indirekt, aber sie hat inzwischen auch von Priese (1992) und wohl auch von Wenig (1978, vgl. dort den Kommentar zu Kat.-Nr. 131) Zustimmung gefunden. Außerdem wird sie nachdrücklich durch Kendalls Bericht über die Inschrift auf der Spitze des Felsturms unterstützt. Diese Inschrift wurde schon 1941 von Barter und Kenrick gesehen (ausführlich zit. bei Kendall 2004), Chittick (1957) hat darin die Kartuschen von Taharqa und Nastasen lesen können. 1987 und 1989 dann konnten Kendall und Paul Duval den Felsenturm besteigen (vgl. Kendall 1990; 2004) und den Lokalbefund aufnehmen (s. Abb. 13), auch über die umfangreichen und komplizierten Bauvorgänge wurden Details erarbeitet. Auf den vorhandenen Resten der Inschrift, die 2,70x1,20 m misst, erkennt man neben den Kartuschen von Taharqa und von Nastasen bruchstückhafte Erwähnungen von Mntjw %Tt und §mHw (Asiaten/Assyrer bzw. westliche Wüstenvölker), offenbar Reste der Berichte von Kriegszügen oder Kämpfen gegen diese „üblichen Feinde“. Die Namensnennung zeigt, dass die Anbringung der Inschrift offenbar unter Taharqa erfolgte und dass sie dann 300 Jahre später von Nastasen erneuert wurde.
Abb. 13: Die Inschrift auf dem Felsenpfeiler am Gebel Barkal von Taharqa (rechte Kartuschen) und Nastasen (linke Kart.). (Vorlage: Kendall 2004, Fig. 24)
Drei weitere Beobachtungen unterstreichen die symbolische Bedeutung des kleinen Heiligtums auf der Felsenspitze:
Kendall fand über die Inschrift unregelmäßig verteilt ca. 20 kleine Löcher (s. die Punkte in Abb. 13), die offenbar von Bolzen stammten, wie man sie von anderen Stellen zur Befestigung von Goldplatten auf Stein kennt; in zwei der Löcher fanden sich noch in Mörtel steckende Bronzestifte.
Auffällig ist auch die noch gut erkennbare Hieroglyphe der weißen Krone ganz rechts, die mit der Deutung des Felsens als Götterfigur mit weißer Krone zu tun haben dürfte.
Direkt unterhalb der Inschrift fand sich eine teils mit Mörtel gefüllte Vertiefung, in der man die Standfläche für eine kleine Statue vermuten darf.
Man weiß, dass Taharqa ein sehr frommer und traditionsbewusster König war, wie u.a. aus seinen Bauten im Karnaktempel hervorgeht. Er wollte vermutlich hier auf diesem herausragenden Platz durch seine Statue und die Inschrift den Wunsch zum Ausdruck bringen, seinem Göttervater Amun nahe zu sein, die Symbolkraft der Felsenfigur, die Vorstellungen vom Urhügel, der göttlichen Schöpferkraft und des in den Uräen symbolisierten Königtums auf seine Person, aber auch auf das ewige Königtum von Ägypten projizieren. Ein Ort wie diese Felsenspitze am Gebel Barkal, in dem seit alters her eine Götterwohnung gesehen wurde, ist dafür prädestiniert. Die Goldverkleidung dürfte allem zusätzlich eine weithin sichtbare Strahlkraft verliehen haben. Das Luftbild der Abb. 14 lässt ein wenig erahnen, wie gewaltig das Bergmassiv aus der flachen Wüstenebene aufragt und macht damit die besondere mythologische Bedeutung, die der Berg für Ägypter und Nubier seit alters hatte verständlich.
Abb. 14: Luftbild des Gebel Barkal aus südwestlicher Richtung. Im Vordergrund das Fruchtland und der gerade nicht mehr sichtbare Nil. Jenseits und rechts des Berges die Stadt Karima, Endpunkt der Eisenbahnlinie von Khartum und Anfang der Wüstenpisten nach Norden. Ganz hinten am Horizont sind die Pyramiden von Nuri zu ahnen, dort befindet sich auch die Grabstätte von Taharqa in der größten nubischen Pyramide. Details dazu bei Kendall 2008. Bildvorlage: Bonnet/Valbelle: Pharaonen aus dem Schwarzen Afrika, Mainz 2006, S. 182.
Auf der Stele des Nastasen findet sich die Gebel-Barkal-Hieroglyphe erstmals, und dieser König ließ auch die Inschrift auf dem Felsen erneuern, nicht einfach mit seinem Namen usurpieren. (Vielleicht stammt auch die „Vergoldung“ von ihm oder wurde durch ihn ebenfalls erneuert?) Auch wenn nur ganz wenige Beispiele des Gebrauchs dieser Hieroglyphe bisher gefunden worden sind, so blieb doch offenbar die Kenntnis davon lange erhalten: über Aktisanes (zwischen 315 und 270 BC, s. Priese 1977), Shanakhdakete (170-150 BC, s. Abb. 12) und den Ring der Amanishaketo (10 BC-0, Abb. 15) – bis noch einmal etwa 200 Jahre später, schon in der Spätzeit des meroitischen Königtums, vielleicht der König (Amanikha)reqerem mit dem Götterschrein ein „greifbares“ Abbild zur Aufstellung im Amuntempel anfertigen ließ. Noch längst nicht sind alle nubischen Tempel und Gräber vollständig ausgegraben und erforscht. Vielleicht finden sich ja noch irgendwo weitere Zeugnisse, die die hier zusammengefassten Vorstellungen von Kendall mit zusätzlichen Daten bereichern.
Abb. 15: Amun vom Gebel-Barkal, überwölbt von der Bergsilhouette mit Uraeus. Platte eines Ringes der Amanishakheto aus der Pyramide Beg. N6, woraus er von Ferlini 1830 entnommen wurde. H. der Ringplatte: 1,45 cm. Der Ring befindet sich heute in Berlin, Ägypt. Museum, Nr. 1721. (Vorlage: Priese, 1992, Abb. 31a)
Dank für Literaturhinweise an Thomas Becker und Timothy Kendall, sowie an Jens Lippoldt für das Scannen von Abbildungen.
Quelle: Borchardt, L.: Altägyptische Mattenhütten und Mattenhütten bei den Tuaregs. ZÄS 73(1937)118-119
Chittick, H.N.: An inscription on Gebel Barkal. JEA 43(1957)42-44
Eide,T., T. Hägg, R.H. Pierce, L. Török (eds.): Fontes Historiae Nubiorum II, Bergen 1994, p. 471/2
Freier, E. und St. Grunert: Eine Reise durch Ägypten. Nach den Zeichnungen der Lepsius-Expedition in den Jahren 1842-1845, S. 176
Griffith, F.Ll.: An omphalos from Napata. JEA 3(1916) 255
Hofmann, I.: Der sogenannte Omphalos von Napata (Boston M.F.A. 21.3234). JEA 56(1970)187-192
Kendall, T: Discoveries at Sudan's sacred mountain Jebel Barkal reveal secrets of the Kingdom of Kush. Natl. Geographic 178(1990)96-124
Kendall, T.: Die Könige vom Heiligen Berge. Napata und die Kuschitendynastie. In: D. Wildung (Hrsg.): Sudan. Antike Königreiche am Nil. München/Paris 1996. S. 161-171 und Kat.-Nr. 288
Kendall, T.: The monument of Taharqa on Gebel Barkal. Meroitica 21(2004)1-45
Kendall, T.: Why did Taharqa build his tomb at Nuri? In: Between the Cataracts. Proc. 11th Conf. for Nubian Studies Warsaw 2006. Publ. Warsaw 2008. P. 117-147
Priese, K.-H.: Eine verschollene Bauinschrift des frühmeroitischen Königs Aktisanes (?) vom Gebel Barkal. In: Endesfelder, E., K.-H. Priese, W.-F. Reineke, St. Wenig: Ägypten und Kusch. Schriften zur Geschichte und Kultur des Alten Orients 13, Berlin 1977, S. 343-367
Priese, K.-H.: Das Gold von Meroe. 1992, Berlin und Mainz. Katalog der Sonderausstellung im Ägyptischen Museum Berlin-Charlottenburg 1992
Robisek, Ch.: Das Bildprogramm des Mut-Tempels am Gebel Barkal. Beitr. Ägyptol. 8, Wien 1989
Roscher, W.H.: Der Omphalosgedanke bei verschiedenen Völkern, insbesondere bei den semitischen: ein Beitrag zur vergleichenden Religionswissenschaft. Leipzig 1918
Steindorff, G., H. Ricke, H. Aubin: Der Orakeltempel in der Amonsoase. ZÄS 69(1933)1-24, besonders S. 23/24
Steindorff, G.: The socalled Omphalos of Napata. JEA 24(1938)147-152
Wenig, St.: Africa in Antiquity II. The arts of ancient Nubia and the Sudan. Brooklyn Museum 1978
Wildung, D. (Hrsg.) : Sudan, s. Kendall 1996
Im altägyptischen Tempel ist das Darbringen von Opfern ein fester Bestandteil des täglichen Tempelrituals. Im Vordergrund steht hier die Versorgung der Gottheit mit Nahrung. So wurde dem Kultbild in Anlehnung an die drei Mahlzeiten drei Opfer pro Tag dargebracht, die von königlichen Stiftungen und von den Ländereien des Tempels stammten. Das Opfer bestand zum größten Teil aus Nahrungsmitteln und Konsumgütern, wie Brot, Bier, Früchte, Blumen, Öle und Salben. Es konnten aber auch Kräfte symbolisch dargebracht werden, wie das Ritual vom "Darbringen der --> Maat" zeigt. Die täglichen Rituale wurden von Priestern verrichtet, die eigens vom König ernannt wurden. Das Opferritual bildet dabei einen festen Bestandteil in dem täglichen Kultbetrieb. So wurde das morgendliche Opferritual erst nach der rituellen Waschung und Schmückung des Kultbildes vollzogen. Die Priester brachten die Gaben auf der --> Opfertafel der Gottheit dar. Neben der eigentlichen Opferhandlung existieren auch zahlreiche Nebenkulte. So wurde das Opfer erst den Gottheiten des Tempels dargebracht,dann einer Statue des Königs und anschließend einigen ausgewählten Privatstatuen innerhalb des Tempels. Neben den offiziellen Opfern konnten jedoch auch Privatpersonen den Göttern vor dem --> Pylon, im Vorhof oder ggf. in einem --> Gegentempel eigene Opfer darbringen. An Festtagen fielen die Opfergaben sehr reichhaltig aus, da man damit auch die Gläubigen nach dem Opferritual versorgen musste. Je nach Bedeutung des Festes wurden auch ganze Tiere geopfert, wobei Gänse und kleinere Tiere wohl direkt auf dem Opfertisch geschlachtet wurden. Rinder wurden dagegen in den tempeleigenen Schlachthäusern geschlachtet und zerlegt. Neben dem Gedanke an die Versorgung der Gottheit mit Nahrung spielt wohl auch die symbolische Feindopferung eine Rolle. Man sah die Opfertiere als Verkörperung von Götterfeinden an, die man den Göttern feierlich darbrachte.
Der Pharao opfert dem Gott Sobek zwei Weingefäße Aus dem Album von Mitglied-Haremhab
Als fester Bestandteil der täglichen Riten fand das Motiv des Opferritus auch Eingang in die Tempeldekoration. Neben immer wiederkehrenden Motiven wie dem "Erschlagen der Feinde" stellen Opferdarstellungen einen Hauptbestandteil des Bildprogrammes im Tempel dar.
Der zweite Bereich für den Opferritus bildete das Totenopfer. Wie die Götter müssen auch die Verstorbenen im Jenseits mit Nahrung versorgt werden. Zu diesem Zweck werden im AR kleine Opferkapellen an die --> Mastaba angebaut, in die der Ba des Verstorbene durch eine --> Scheintür eintreten und die Opfergaben in Empfang nehmen konnte. In diesem Ahnenkult übernahm meist der Sohn den Opferdienst für seinen Vater, es konnte aber auch ein Totenpriester mit dem Opfer beauftragt werden. Die Opfergaben bestanden hauptsächlich aus Nahrungsmitteln, wie Brot, Bier ect. Während des Opferrituals wurden die sog. Totenliturgien rezitiert. Durch die Anrufungen des Priesters erschien der Ba, um das Opfer in Empfang zu nehmen. In der Regel wurde der Opferdienst jedoch nach wenigen Generationen eingestellt. Damit der Verstorbene im Jenseits nicht unter Hunger leiden musste, ging man dazu über das Motiv des Opferdarbringens in die Dekoration des Grabes aufzunehmen. Die im MR erstmals bezeugten Opferformeln sollten so die Versorgung des Totens mit Nahrung auf magische Weise sicherstellen. Opferszenen bilden ein immer wiederkehrendes Motiv in der Gestaltung der Gräber. Dabei kann der Verstorbene sowohl den Göttern opfern als auch Opfergaben von seinen Angehörigen erhalten.
Opferdarstellungen vor Gottheiten sind besonders in den Königsgräbern des NR verbreitet.
Quelle: Guy Rachet; Lexikon des alten Ägypten; Düsseldorf/Zürich 2002
Jan Assmann; Tod und Jenseits im alten Ägypten; München 2003
Hans Bonnet; Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte; Berlin 2000
Dieter Arnold; Die Tempel Ägyptens; Zürich 1992
Nefer-weben trug den Titel "Diener der Reinen Hand" und lebte in der 18. Dynastie, nach Kampp etwa in der Zeit des Amenhotep II. Seine Grabanlage befindet sich in --> el-Chocha (TT 238, C/9). Das Grab mit dem kleinen quadratischen Vorhof blieb unvollendet.
Zeichnung: semataui.de/Klaus Adams nach Fakhry und Baraize
Die Grabdekoration ist nur in Teilen der Deckenmalerei erhalten. Neben Resten eines Cheker-Frieses ist auch der Name und Titel des Grabherrn ersichtlich.
Der Grabschacht ist verschüttet.
Quelle: Porter & Moss. The Theban Necropolis Part One. Oxford 1994
F. Kampp. Die Thebanische Nekropole. Zum Wandel des Grabgedankens von der XVIII. bis zur XX. Dynastie. Mainz 1996, S. 515
Wenen-nefer war erster Vorlesepriester und lebte in der 20. Dynastie. Seine Grabanlage (TT 237) befindet sich innerhalb einer Häuserzeile im Dorf Dra Abu el-Naga und ist nicht zugänglich. Nach P&M befindet sich in der Grabkammer noch der beschriftete Sarkophag des Wenen-nefer. Die Datierung des Grabes erfolgte mit Hilfe des Sakophages.
Quelle: Porter & Moss. The Theban Necropolis Part One. Oxford 1994
F. Kampp. Die Thebanische Nekropole. Zum Wandel des Grabgedankens von der XVIII. bis zur XX. Dynastie. Mainz 1996, S. 514