ich suche eine Übersetzung von "Ich liebe dich" ins Mittelägyptische. Hab da die Transkription Tw=j mr=k gefunden, bin mir aber nicht sicher, ob das stimmt. Außerdem hätte ich gern die Hieroglyphen dazu, und da ich erst beim Erlernen der Schrift bin, tu ich mir da derzeit noch etwas schwer...
Danke für die schnelle Antwort! Was die Aussprache betrifft: Da die Sprache nun seit ca. 2000 Jahren tot ist, d.h. nicht mehr gesprochen wird, ist eigentlich jede Aussprache nur eine "Hilfsaussprache" der Ägyptologen. Wie tatsächlich zwischen die Konsonanten die Vokale eingefügt wurden, bzw. wie überhaupt die Konsonanten ausgesprochen wurden, ist nicht überliefert. Soviel weiß zumindest ich - vielleicht gibt es diesbezügl. ja schon neue Erkenntnisse...?
Ob das aber seriös ist, kann ich nicht beurteilen.
Nachtrag zur Vervollständigung: Die von Michael (Antwort #6) angeführte Form
mrj=j Tw r Dw aA wr.t "ich habe mich ganz heftig in dich verliebt." (vgl. Carsten Peust, Bemerkungen zum Kauderwelsch-Sprachführer "Hieroglyphisch", in: Lingua Aegyptia 6 (1999), S. 117) sieht in der vom Autor im Kauderwelschband (S. 122) geformten (neuägyptischen, von mir etwas angepasstere) Schreibung so aus:
seltsamerweise scheint ein solcher Satz wie "ich liebe dich" nicht überliefert zu sein!
Geht man den Vorschlägen nach, soweit sie original sind, so findet man (Wb. II, 99):
von der Liebe zwischen Eheleuten, aber sie sprechen über- oder voneinander, aber nicht miteinander.
von der Liebe in der Beziehung zu Gott
Hermann Grapow hat in der Abhandlung "Wie die Alten Ägypter sich anredeten, wie sich begrüßten und wie sie miteinander sprachen, Teil II: Die Verwendung der Anreden, Berlin, 1940 (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Jg. 1940, Nr. 12) in einem Abschnitt "Anreden im täglichen Leben ... 1. In der Familie ... c) Verliebte miteinander" die Belege zusammengetragen (S. 23-25). Da tauchen nur die Anreden "Schwester" oder "Bruder" für die Verliebten auf. Eine Stelle aus einem Liebeslied kann "nur nach Verbesserung" mit "mein geliebter Bruder! mein Herz ist hinter deine Liebe her" übersetzt werden. Ansonsten: Fehlanzeige!
Nun hat Carsten Peust, Hieroglyphisch - Wort für Wort, Bielefeld, 1997 auf S. 121-122 die folgenden Sätze aufgeführt, die weiter oben schon zitiert wurden:
jb-j r=T bzw. jb=j r=k "mein Herz (geht) zu dir" (= "ich liebe dich" - zu einer Frau bzw. zu einem Mann)
Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 39 faßt es verbal auf: jb "wünschen ... jb=f r sein Herz steht nach, er wünscht"
Peust hat zwischenzeitlich verraten, wo er es herhat (Carsten Peust, Bemerkungen zum Kauderwelsch-Sprachführer "Hieroglyphisch", in: Lingua Aegyptia, Bd. 6, S. 111-117 (1999)), nämlich aus: Jac J. Janssen, Late Ramesside Letters and Communications, London, 1991. Dort wird der Papyrus BM 10416 zitiert (verso, Zeile 8):
jnn jb n pAj rmT r=T ... "if the heart of that man is after you ..." (let him enter the court together with his wife) usw. (übersetzt auf S. 29), dabei wird für die 2. Person Singular feminin =T im Neuägyptischen auch das Frauendeterminativ B1 verwendet (Hannig, S. 943; Erman, Neuägyptische Grammatik, § 68).
Man sieht also, daß Peust die Originalformulierung angepaßt hat. Ebenso sein Satz:
mrj=j Tw r Dw aA wr.t "ich habe mich ganz heftig in dich verliebt."
Als Quelle gibt er an: LES 44, 11 [= Alan H. Gardiner, Late-Egyptian Stories, Bruxelles, 1932, S. 44, Zeile 11]. Es handelt sich um eine Stelle aus dem Zweikampf zwischen Horus und Seth, wo es heißt:
aHa.n=f mrj.tj st r Dw aA wr ... "da begehrte er (Seth) sie auf das bedrängendste ..." (Übersetzung nach Friedrich Junge, in: TUAT III, S. 940)
Auch hier hat Peust die originale Fassung umgeschrieben.
In beiden Fällen wurde die Erzählung über jemanden in eine direkte Ansprache gewandelt. Nun hat aber schon Michael V. Fox, The Song of Songs and the Ancient Egyptian Love Songs, Madison/London, 1985 darauf hingewiesen, daß in den Liebesliedern des Neuen Reiches kein Dialog der Verliebten vorkommt, sondern nur ein (innerer oder äußerer) Monolog bzw. ein wechselseitiger Monolog (S. 259-265).
Der langen Rede kurzer Sinn: Uns ist aus dem Alten Ägypten kein Satz überliefert, den wir direkt mit "ich liebe dich" übersetzen könnten! Man kann zwar versuchen, einen solchen Satz aus ähnlichen Formulierungen herzuleiten, die aber doch aus anderen Zusammenhängen stammen. Dennoch dürfen wir nicht sicher sein, daß ein Alter Ägypter oder eine Alte Ägypterin ihn tatsächlich so gesprochen hätte!
Das ist mir auch schon aufgefallen und ist sehr verwunderlich angesichts der Fülle an Schriftlichkeit, dass ausgerechnet derlei nicht vorhanden zu sein scheint oder nur noch nicht gefunden worden ist. Ich denke, dass es v.a. mit der Heiligkeit der Zeichen zusammenhängt, indem Texte persönlicher Art allenfalls in privater Korrespondenz, nichtsakraler Literatur inkl. Poesie oder "Graffiti" etc. zu finden wären denn an Wänden in Gräbern und Tempeln oder in den sakralen Papyri usw. usf. Ich glaube, es ist längst nicht alles gefunden, gelesen und enträtselt worden.
Eine sinngemäße Liebeserklärung als direkte Rede ist im Atonhymnus Echnatons (im Grab des Eje, in der vorletzten Kolumne) belegt. Dieser markierte Ausschnitt aus der Umzeichnung (Quelle: wikimedia.org) wird übersetzt:
jw=k m jb=j nn wnn=ky Du* bist in meinem* Herzen (und) kein Anderer ist da. * männlich
Hiervon ist ableitbar:
a) vom Mann zur Frau gesagt
jw=T m jb=j nn wnn=k.ty Du** bist in meinem* Herzen (und) keine Andere ist da. * männlich, ** weiblich
b) von der Frau zum Mann gesagt
jw=k m jb=j nn wnn=ky Du* bist in meinem** Herzen (und) kein Anderer ist da. * männlich, ** weiblich
das ist tatsächlich eigenartig, dass es eine Formulierung von "Ich liebe dich" nicht zu geben scheint, wenn man bedenkt, wie viele Schriften von damals erhalten sind. Die von euch genannten Beispiele sind ja (nur) Umschreibungen. Interessant wäre es aber, wie ein Ägypter von damals eine Liebesbezeugung formuliert hätte (einem anderen Ägypter gegenüber, wie bereits erwähnt gibt es ja überlieferte Formulierungen zur Liebe zu einem Gott, etc.).
Vielen Dank für die interessanten Infos diesbezüglich!
Haiko hat in seinem Posting #5 auf eine Webseite verwiesen, auf der eine weitere Formulierung zu "ich liebe dich" genannt wird.
Haiko hat es ganz richtig mit
tw=j Hr mr.t
umschrieben, denn die Leserichtung ist eindeutig von rechts nach links. Allerdings stimmt die auf der Webseite angegebene Übersetzung "My face loves you" überhaupt nicht! Es handelt sich um Neuägyptisch, und zwar um das sog. Präsens I.
tw= "[Bildungselement des 1. Präsens] tw=j ich" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 919; Erman, Neuägyptische Grammatik, § 479)
Es folgt dann Hr + Infinitiv, so daß das Ganze mit "ich liebe" zu übersetzen wäre; es fehlt ein Objekt.
Zum Präsens I führt Erman aus:
Zitat:
Das Praesens I steht in Aussagen und Behauptungen, die auf die Gegenwart gehen oder die zeitlich unbestimmt sind.
Näheres kann man in neuägyptischen Grammatiken nachschlagen.
Falls "Mein Gesicht liebt dich" gemeint ist, müßte man erwarten:
*mrj Tw Hr=j
Ich habe * angefügt, um anzudeuten, daß diese Formulierung hypothetisch ist und nicht aus einem Originaltext stammt.
Nach Gardiner, Egyptian Grammar, § 27 ist die übliche Reihenfolge: Verb - Subjekt - Objekt - Adverb. Falls aber das Objekt ein abhängiges Pronomen ist, gilt (§ 66):
Zitat:
This word-order is, however, modified when the subject or object is a pronoun ... In these conditions the rule is that a noun must not precede a pronoun and that the dependent pronoun must not precede precede a suffix. Exx. ... hAb Tw sS the scribe sends thee ...
Der von Kara Cooney angegebene Satz ist daher mit Sicherheit falsch oder unvollständig aus einem Zusammenhang gerissen!
Ergänzend soll noch die folgende Passage der Webseite erläutert werden:
Zitat:
"There’s also what’s called the love papyrus, or some people call it the pornographic papyrus," she says. "It’s got all kinds of crazy positions of people having sex. It’s not really like a Karma Sutra because it’s not a catalog of sexual positions but it’s close. It’s like a pornographic ancient Egyptian papyrus."
Es handelt sich offensichtlich um den sog. satirisch-erotischen Papyrus Turin 55001, der lange Zeit unter Verschluß gehalten wurde und erst 1973 veröffentlicht wurde: Jos. A. Omlin, Der Papyrus 55001 und seine Satirisch-erotischen Zeichnungen und Inschriften, Torino, 1973. Ein Großteil der Abbildungen wurde mal in dem Posting Literatur Erotika hier im Forum angehängt. Im Internet läßt sich Weiteres finden.
Im Buch Love Songs of the New Kingdom von John L. Foster (University of Texas Press, Austin 1974) wird auf S. 16f. aus dem Kairoer Ostrakon 25218 eingangs eine Formulierung in Hieroglyphen wiedergegeben, welche vom Autor mit „I love you through the daytimes, in the dark, “ übersetzt wird, wobei ganz am Anfang eine defekte Eingagspassage vorhanden ist:
was sich für mich wie folgt liest: mrw.t tw=k m hrw grH (statt N2 steht bei Foster N46, was hier nicht wiedergegeben werden kann)
Ich weiß nur nicht, ob das Ganze im Neuägyptischen auch noch so gelesen worden ist, sofern meine Umschrift stimmt.
Speziell zu mrw.t tw=k: Müller übersetzt
in seiner Liebespoesie (London IV/Tafel 8, Zeile 2): mit „mit Deinem Liebes(sehnen)”
Wb V 245f. sowie Hannig (1995er Ausg., S. 919) helfen mir zu tw=k nur bedingt. Auch Junge (S. 118) hat die Sache für mich noch nicht geklärt.
mrw.t ist sicher kein Verb sondern ein feminines Substantiv (Liebe, Beliebtheit, Wunsch) – vgl. Wb 2, 102.1-103.10; FCD 111
Im Zettelarchiv bin ich u.a. wie folgt fündig geworden:
Wäre es also eigentlich „[ich gebe (meine)] Liebe zu Dir am Tage und (in der) Nacht“ oder aber „[Ich empfange] deine Liebe am Tage und (in der) Nacht” zu übersetzen? Kann mrw.t u.U. auch verbal verstanden bzw. übersetzt werden?
Ich gehe wegen der Fehlstelle am Textanfang davon aus, dass vor dem fraglichen Text noch etwas gestanden haben könnte.
Es wäre schön, wenn das noch einmal analysiert werden könnte, auch wenn dieses eigentlich sozusagen eine Neuägyptische Frage ist.
es handelt sich um die neuägyptische Schreibung des femininen Substantivs mrw.t mit dem Suffix =k. Das .t am Ende des Wortes wurde in dieser Zeit nicht mehr gesprochen, vor einem Suffix aber doch. Um das in der Schrift anzudeuten, wird ein zusätzliches tw zur Verstärkung angegeben. Siehe die Ausschnitte aus Adolf Erman, Neuägyptische Grammatik, zweite, völlig umgestaltete Auflage, Leipzig, 1933, §§ 138-139. So auch im Wb II, 102: "*n [Neuägyptisch] vor Suffix".
Das Ganze ist also nur so zu transkribieren: ... mrw.t=k m hrw grH "... deine Liebe am Tag (und) in der Nacht"
Den Anfang muss man sinngemäß ergänzen: z.B. "ich denke an ..." oder etwas ähnliches.
Übrigens ist diese Erscheinung auch in mittelägyptischen Texten der Spätzeit zu beobachten: "(..) gibt es auch einige Fälle, wo die Femininendung im Status pronominalis [= mit Suffix] zusätzlich markiert wird: ...", nämlich mit tw oder tj (Karl Jansen-Winkeln, Spätmittelägyptische Grammatik der Texte der 3. Zwischenzeit, Wiesbaden, 1996, § 132).
Aber auch im Standard-Mittelägyptischen gibt es Ähnliches: "When a suffix-pronoun is added to certain feminine nouns, an apparently intrusive -w appears before the feminine ending -t (...) This phenomenon is due to a displacement of the accent when the suffix is added (...) Coptic, where such modification of the noun before the suffix is regular." (Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, 3rd ed., rev., Oxford, 1957, § 78).
Danke Dir, Michael! Es ist also, wie ich schon vermutet habe, eine ungenaue, im Grunde sehr ungenaue Übertragung ins Englische, von wegen "Ich liebe dich ...". Die Probleme mit dem Neuägyptischen, d.h. die Andersschreibungen inkl. Gruppenscheibungen usw. usf. werden auch hier offenbar.
Im Alten Ägypten sagte man leider nicht "ich liebe dich"
Gerald Moers, Why “the” Egyptians never said I love you, in: Hana Navratilova, Renata Landgráfová (Hgg.), Sex and the Golden Goddess II, World of the Love Songs, Prag 2015