Die Zeichen und die Umschrift habt Ihr beide herausgefunden, das wiederhole ich jetzt nicht noch einmal, bis auf die folgenden Anmerkungen:
Die Leserichtung in den Kartuschen ist zur Leserichtung des davor stehenden Textes und der Kartusche entgegengesetzt ("spiegelverkehrt", wie Seschen schrieb).
Zum Kartuscheninhalt rechts: Das Zeichen S38
HqA "Herrscher" fehlt, das Ihr kommentarlos ergänzt habt. Stattdessen steht am Ende ein nicht erkennbares Zeichen.
Thoth hat darauf hingewiesen, dass M23 statt M26
Smaw verwendet wurde. Diese Verwechslung kommt häufiger vor, wie Alan H. Gardiner,
Egyptian Grammar, 1957 in der Zeichenliste, S. 482 unter M23 vermerkt hat: "Sometimes [M23] is inaccurately used for [M24] or [M26]."
Oft wird der Name des Pharao eingeleitet mit
nTr nfr "der gute Gott" (Wb II, 361); hier ist es
HqA nfr "der gute Herrscher" (vom König), ebenfalls häufiger belegt (Wb III, 171.15).
Nun aber zum "Clou", wie ich es bezeichnet habe: Eigenname und Thronname sind vertauscht! Hinter
sA Ra "Sohn des Re" müsste der Eigenname folgen, und das ist "Tutanchamun"! Und hinter
HqA nfr nb tA.wj "der gute Herrscher, Herr der Beiden Länder" müsste der Thronname folgen, und das ist Nebcheperure!
Das Pektoral trägt die Inventar-Nr. JE 61943 bzw. Carter-Nr. 261 P3. Die Abbildung ist entnommen dem Buch: T. G. H. James,
Tutanchamun, Köln, 2000, S. 236. Der Autor schreibt in seinem Kommentar:
Zitat:Es ist daher wahrscheinlich, dass die Kartuschen - nicht sehr fachmännisch - abgeändert wurden und dass sie ursprünglich die Namen von Echnaton trugen. Wenn dies der Fall war, muss das Pektorale schon zu Beginn seiner Herrschaft angefertigt worden sein, als Nut noch angebetet wurde. |
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"Wahrscheinlich"? Ich halte das eher für Spekulation, aber klar ist, dass hier vom ägyptischen Handwerker ziemlich "gemurkst" wurde.
Zum Geier und zur Nut schreibt James:
Zitat:Somit ist dieses Pektorale ein gutes Beispiel dafür, dass die ägyptische Ikonographie nicht nur anhand ihrer Symbole, sondern auch anhand der Begleittexte verstanden werden muss. Nur so wird in diesem Fall deutlich, dass der Geier Nut und nicht Nechbet darstellt. |
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Allerdings habe ich in den Einträgen "Nut" und "Nechbet" im
Lexikon der Ägyptologie, Bd. IV keine Querverbindungen zwischen diesen Göttinnen finden können.
Es gibt jedoch noch ein anderes Pektoral aus dem Grab des Tutanchamuns (JE 61946, Carter-Nr. 261o); die Abbildung aus: Zahi Hawass,
Tutanchamun. Der legendäre Pharao, München, 2008, S. 162. Die Geiergöttin Nechbet und die Kobragöttin Wadjet / Uto werden hier als Isis und Nephthys bezeichnet.
Zu den Übersetzungen der Königsnamen nach Thomas Schneider,
Lexikon der Pharaonen, Zürich, 1994: Schneider ist einem Vorschlag von H. Buchberger, 1993, gefolgt. Soweit ich sehe, hat dessen Vorschlag ansonsten keine weitere Anerkennung gefunden.
Tutanchamuns Grabschatz ist bei näherer Betrachtung immer für eine Überraschung gut!
Eine Frage an Seschen bleibt: Du hast den Eigennamen als
&wt-anx(.w)-Jmn transkribiert: Wieso
anx(.w) mit
(.w)?