herzlich willkommen im Forum. Deine Identifizierung der Zeichen hakt am Anfang noch etwas.
Ich habe dir aus der Publikation Deir El-Bahari VI Janusz Karkowski: The Temple of Hatshepsut. The Solar Komplex; Warschau 2003 Seite 250 eine Umzeichnung der Inschrift der Ostseite des Alters angehängt.
Vielleicht kannst du die Zeichen nun leichter den Zeichen der Gardiner Liste zuordnen. Vielleicht notierst du dann auch die Gardiner Nummer dazu.
Also übersetzt Geh weg von dem Grab, wenn Dir Dein Leben lieb ist?
Macht auf einem Altar keinen Sinn oder?
In der Tat; das ergibt keinen Sinn!
Nauna hat einen Teil der weggemeißelten Inschrift hinzugefügt. Es handelt sich - wie Du schon vermutet hast - um die Titulatur Hatschepsuts, der am Ende ein Epitheton (ein Beiwort) folgt, das von der damaligen Aktion des Aushackens verschont geblieben ist.
Nauna hat Dir empfohlen, die Zeichen erneut zu identifizeren. Allerdings braucht man auch ein Wörterbuch und ein paar Grundkenntnisse der ägyptischen Grammatik, um den Sinn zu entschlüsseln.
Zum Sonnenheiligtum und Altar gibt es auf dieser Webseite weitere Informationen.
Ich fand meine Übersetzung eigentlich ganz schlüssig, um die Ecke steht dann "sonst holt Dich der Fluch des Pharao", hatte ich aber nicht fotographiert
Ok, also kein Sandkorn+Wachtel sondern Ra+Horus (N5, G5). Da hab ich aus dem Falken ne Wachtel gemacht!
Sonne als Deutzeichen, Horus am Horizont
Also die aufgehende Sonne gibt das Leben?
Werde mich wohl erstmal mit Grammatik beschäftigen. Und die Vögel muss man sich genau anschauen...
jetzt bist Du der Sache schon ziemlich nahe gekommen!
Vor den Zeichen, die Du fotografiert hast, steht eine Kartusche mit dem Thronnamen der Hatschepsut. Da kann N5 nicht ein Determinativ sein, sondern ist Ideogramm: Ra "Re".
Die beiden gleich aussehenden Kreise sind aber unterschiedliche Zeichen, wie Du in hieroglyphischen Darstellung sehen kannst, die Nauna ihrem Posting angehängt hat. Der erste Kreis ist wie gesagt N5 "Re", der zweite Kreis hingegen Aa1 mit Lesung x. Dieses Zeichen ist eine "Lesehilfe" (ägyptologisch: "phonetisches Komplement") für den davor stehenden Vogel G25 "Waldrapp", phonetisch Ax; der zweite Konsonant wird zwar noch einmal wiederholt, aber nicht zweimal gelesen! Danach folgt ein X1 "Brot" mit Lesung t. Zum Schluss ein N18 "Sandfläche": Das ist das Determinativ für dieses Wort: Ax.t und bedeutet "Horizont". Gemeint ist der Gottesname @r-Ax.tj "Harachte", der "horizontische Horus" (siehe das "Wörterbuch Ägyptisch-Deutsch", Bd. I, S. 18, Nr. 3 oder kurz: Wb I, 18.3).
Wo kommt das j her? Das ist eine Eigentümlichkeit des Ägyptischen, die sog. Nisbe-Bildung: Aus Substantiven oder auch Präpositionen kann durch ein Anhängen dieser Endung ein Adjektiv gemacht werden, also aus Ax.t "Horizont" ein Ax.tj "horizontisch". An den Punkten "." darfst Du nicht stören: Das ist eine Sitte (oder auch Unsitte) mancher Ägyptologen, bestimmte Endungen vom Stamm eines Wortes abzugrenzen. Das hat sonst mit den Hieroglyphen nichts zu tun. In diesem Fall ist das j nicht geschrieben, da es ein sog. "schwacher" Konsonant ist, muss in der Umschrift ergänzt werden. Solche Ergänzungen werden gern in Klammern gesetzt. Wenn es geschrieben wird, dann mit den zwei Diagonalstrichen Z4. Wieso das? Die Nisbe Ax.tj "horizontisch" klingt genauso wie der Dual Ax.tj "die beiden Horizonte". Die Ägypter kannten nicht nur Einzahl und Mehrzahl, sondern bezeichneten auch die Paare mit einer eigenen Endung. Die Schreibung einer von einem weiblichen Substantiv gebildeten Nisbe wird daher "spielerisch" mit dem Dualzeichen geschrieben.
Wieso "die beiden Horizonte"? Es gibt doch nur einen Horizont! Das hat der Ägypter anders gesehen: Er unterschied die Stelle, wo die Sonne aufgeht, von der, wo die Sonne untergeht. Manche Ägyptologen übersetzen Ax.t daher lieber mit "Lichtland" statt mit "Horizont".
Insgesamt haben wir also: Ra-@r-Ax.t(j) "Re-Harachte", ein zusammengesetzter Gottesname.
Es handelt sich wohl um RE-Harachte. Re+Horus der 2 Horizonte.
Ich würde es so transkribieren: ra(.w)-Hr.w-Ax.t(j) mry di anx => Re+Horus der Horizontische/der 2 Horizonte (Re-Harachte), Geliebter, dem Leben gegeben wird/sei.
Würde jedenfalls zum "Thema" passen. Der König wurde als Harachte nach seinem Tod wiedergeboren. (Oder in dem Fall die Königin;D)
In mry erkenne ich z.B. ein Partizip substantiviert (Geliebter) und ein Posterior (?) in di anx (dem Leben gegeben wird).
Re-Harachte ist übrigens (meistens) der Mann mit Falkenkopf, Sonnenscheibe und Uräusschlange. Er kann auch mit anderen Götternamen verbunden werden... (Näheres im Lexikon nachzulesen!)
Zunächst zum folgenden Wort. Es beginnt mit U6 "Hacke", das die Lesung mr hat. Du hast es zutreffend mit dem Verb mrj "lieben" in Verbindung gebracht. Die zwei "Schilfblätter" M17 werden jj oder y gelesen, so dass wir haben: mry.
Du hast es als substantiviertes Partizip aufgefasst: "Geliebter". Genau genommen handelt es sich um ein perfektisches passives Partizip, für das die Endung y in allen Formen charakteristisch ist (es gibt jedoch auch Beispiele ohne diese Endung; kurz: "Keine Regel ohne Ausnahme!" gilt auch im Ägyptischen.) Also: mry "geliebt" (Wb II, 100.12). Und Partizipien lassen sich auch als Substantive verwenden. Insoweit kann man Deiner Argumentation folgen.
Dennoch bin ich der Meinung, dass wir es mit der Form mry Gott NN "geliebt von Gott NN" zu tun haben (Wb II, 101.1). Die Verwirrung entsteht dadurch, dass es hier genau andersherum steht! Das ist kein Einzelfall, sondern hat System: Es handelt sich um die sog. "ehrenvolle Voranstellung", wenn es sich um die Wörter "Gott" oder "König" bzw. um einen Götter- oder Königsnamen handelt. Insgesamt also:
mry Ra-@r-Ax.tj (Maatkare) "geliebt von Re-Harachte"
und schon haben wir ein kleines Problem: Da Hatschepsut eine Frau ist, müsste sich das auch in der Partizipendung niederschlagen; es müsste also heißen: mry.t .... Nun nahmen es die Ägypter mit dieser weiblichen Endung im Neuen Reich, besonders in der Ramessidenzeit und später mit dem .t nicht mehr so genau, da es in der damaligen Alltagssprache nicht mehr gesprochen wurde. Wir könnten uns also mit einer Klammerschreibung behelfen:
mry(.t) Ra-@r-Ax.tj "geliebt von Re-Harachte"
Aber so einfach ist es nun leider nicht! Danach folgt eine Floskel dj anx "mit Leben beschenkt" (Wb I, 198.5), als "Zusatz zum Namen des Königs" - "des Königs"! Denn bei einer Königin heißt es: dj.t anx mit folgender Schreibung (Wb I, 198.8 - in der Abbildung habe ich nicht interessierende Teile herausgenommen):
"die mit Leben beschenkt ist"
auch noch mit zwei .t! Auf die Wiedergabe der jahrzehntelangen Diskussion, wie diese Floskel grammatikalisch genau zu verstehen ist, verzichte ich an dieser Stelle!
Die fehlenden femininen Endungen haben nämlich eine viel näherliegende Erklärung: Der Pharao war eine männliche Institution! Darauf war auch die ganze Phraseologie aufgebaut. Als Hatschepsut den Thron bestieg, hatte sie eine Menge Probleme: mit der Legitimation, der Ikonographie - und eben auch mit den Floskeln. Es gibt etliche Texte, in denen Hatschepsut behauptet, sie sei durch ihren Vater oder durch den Gott Amun als Pharao auserwählt worden. In den Statuen schwankt ihre Darstellung zwischen männlichen und weiblichen Formen. Und so auch in den Texten: Man könnte fast meinen, dass die Schreiber unsicher waren, ob sie die überlieferten Texte so wie sie waren übernehmen oder an die neue Situation anpassen sollten. Man findet übrigens beide Schreibweisen an den verschiedenen Stellen in ihren Tempeln.
Lieber Ole,
das Schöne an Deinem Beispiel ist, dass man an diesen wenigen Zeichen (fast) das halbe hieroglyphische Schriftsystem und (fast) die halbe Grammatik erläutern kann, und darüber hinaus auch noch die Besonderheiten in der Zeit Hatschepsuts!
Vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen, das hat mich (nach initialem Kopfschütteln über die Komplexität, aber dann erneutem lesen sehr motiviert. Lese gerade Höveler-Müller, es wird immer klarer. Man braucht wohl Geduld - und Quellen für die Deutungen. Ist definitiv kein Assembler (falls noch jemand weiss was das ist;-)
Wenn ich dich richtig verstanden habe gehst du davon aus, dass es sich darum handelt, weil z.B. auch Hm-nTr nTr-Hm geschrieben wird. Aber gibt es dafür auch etwas klares und eindeutiges, sprich, dass meine Übersetzung eindeutig falsch herum übersetzt ist? Ich habe nämlich so eine "Umdrehung" noch nie gesehen, auch wenn ich von der EV weiß. Einen ganzen Götternamen vorran zu stellen finde ich natürlich nicht abwegig.
Wenngleich ich meine Übersetzung dann theoretisch anpassen könnte. Nämlich "RE-Harachtes Geliebte" .
Bis dahin nehme ich Beides gerne an.
Im Wörterbuch steht ja auch "Geliebter (von)", was deiner Deutung ja in die Hände spielt, aber mir leider auch, da Menschen gemeint sein könnten, wenn ich mich nicht irre. Da fehlen dann natürlich andere Beispiele.
Immerhin ist RE-Harachte auch als Herscher der "Schöpfung" bekannt.
Bei den Endungen bin ich Vorsichtig, eben weil Hatschepsut in der Kunst als Mann/Frau abgebildet ist.
PS: Kann mir jemand bei Gelegenheit sagen, wie man Glyphen im Forum schreibt?
"RE-Harachtes Geliebte" wäre ein inditekter Genitiv, das ist hier nicht der Fall.
Die "ehrenvolle Voranstellung" von Götternamen ist in Inschriften unendliche Male anzutreffen!
Zitat:
Kann mir jemand bei Gelegenheit sagen, wie man Glyphen im Forum schreibt?
Siehe in der Hilfe Punkt 10. Setze die Codierung der Zeichen zwischen [m d c] und [/m d c] (ohne Leerzeichen) mit Hilfe des -Buttons. Für die Zeichen gilt die Gardiner-Liste. MdC-Codierung im Forum
A) Deswegen ist es ja in "". Ich wollte einfach zeigen, wie die Inschrift dann Umgestellt aussehen würde. Das das so nicht existiert ist mir sonnenklar.
B) Bitte überlass das Michael. Er kann das so weit ich das beurteilen kann besser erklären. Bloß sagen, was richtig und falsch ist kann jeder, aber es erklären ist wichtig. Ich tendiere auch zu seiner Übersetzung, nur möchte ich eben wissen, wie man darauf gekommen ist. Es muss ja irrgendwas geben, was die Forscher damals überzeugt hat. Aber vielleicht schätze ich dich ja falsch ein und du weißt eine Antwort auf meine Frage.
Ich lass mich nicht gerne mit "Das ist richtig! Und das falsch!" abspeisen.