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   Pharao & Hofstaat (308)
   Echnaton und die Amunpriester (43)
  Autor/in  Thema: Echnaton und die Amunpriester
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #30, Datum: 19.02.2005 um 12:46:39 »   

Hallo Gast_A,

ich werde mich hüten, aus der Distanz von rund 3000 Jahren anhand weniger Begriffe eine - im wahrsten Sinne des Wortes - Ferndiagnose zu erstellen, das überlasse ich lieber Medizynern, die nach einer angemessenen Ruhestandsbeschäftigung suchen. Ich habe auch nicht an eine temporäre noch an eine permante Erblindung gedacht, und schon gar nicht an eine "unilaterale (halbseitige) E." in Deir el-Medina, wodurch die Benennungen "Mannschaft der rechten und Mannschaft der linken Seite" allerdings eine völlig neue Bedeutung bekommen würden.

Der Hinweis auf die Alterserblindung war nur als Hinweis für Gitta gedacht, dass der Kerl muss ja nicht immer "im Dunklen" gestanden haben muss.

Also konzentrieren wir unsere Bemühungen zur Einordnung des Textes auf kultische Zusammenhänge.

Gruss, Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 17.02.2005 um 12:33:09  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #31, Datum: 28.02.2005 um 11:27:16 »   

Hallo Iufaa,

Zitat:
Lanny Bell schreibt in seiner Publikation zum Luxortempel, dass das "Dekadenfest" (mit dem Auszug des Amen-em-ipet aus dem Luxor-Tempel hin zum kleinen Tempel des "Amun vom Djeser set" (18. Dyn. Tempel von Hatschepsut/Thutmosis III in Medinet Habu) erst ab Ramses II nachweisbar wäre.

nach C. Graindorge (Vom weißen Stier des Min zu Amenemope: Metamorphosen eines Ritus, in: C. Metzner-Nebelsick (Hrsg.), Rituale in der Vorgeschichte, Antike und Gegenwart, Rahden/Westf. 2003. S. 42) ist ein Dekadenfest für Amun bereits unter Thutmosis II. belegt:
(in einer Ritualszene für Amun heißt es: ) „...man opfert Rinderfett, [...] Gänse, [...] Thutmosis II. in der Kapelle „Menet-anx“ 10-tägig, an diesem Tag.“
Die Quelle stammt aus dessen Millionenjahrhaus (passender Weise) auf der Westseite, was insofern Sinn machen würde, als diese Bauten ja in den Prozessionsverlauf eingebunden waren. Zu dem Bau Menet-anx konnte ich bislang nichts finden. Vielleicht ein Vorgängerbau zum Kleinen Tempel d. 18. Dynastie in Medinet Habu?
Auch unter Hatschepsut findet sich auf einer Statue des Senmut ein Hinweis auf einen solchen Fest-Turnus (M. Doresse, Le Dieu voilé dans sa châsse et la fête du début de la décade, in: RdE 31, 1979, S. 36f.; Urk. IV, 411, 9f.): „Ich bin es, der [die Inspektion] in der Scheunde des Gottesopfers des Amun für den ersten Tag jeder Dekade angeordnet hat.“
Die Belegkette setzt sich unter Thutmosis III. fort (Grab d. Rechmire, Urk IV, 1115, 8): „Er ist es, der die Trankopfer jede Dekade überwacht“
Insofern zeichnet sich die Bedeutung dieser Ritual-Zyklen schon in der frühen Thutmosidenzeit ab.

Gruß A.
« Letzte Änderung: 28.02.2005 um 11:28:11 von Gast_A. »
> Antwort auf Beitrag vom: 16.02.2005 um 11:05:09  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #32, Datum: 28.02.2005 um 14:16:03 »   

...
Da die Publikation des Blockes mit der Nennung von "mn.t-anx" bei Doresse sehr skizzenhaft ist, habe ich bei Luc Gabolde (Les temples "m´moriaux" de Thoutmosis II et Toutankhamon, in: BIFAO 89, 1989, S. 127-178) auf Tafel XVI.A nachgesehen. Hier ist der Name ganz klar als "Hw.t-Ssp.t-anx" zu lesen. Also nicht "Hw.t-mn.t-anx"!
Gabolde interpretiert diesen Namen als Titel des Millionenjahrhauses des Thutmosis II., das dieser in seinen Fundamenten und Grundbauten zwischen dem Tempel Amenophis' Sa Hapu und Ramses' III. (Medinet Habu) hat errichten lassen. Später wurde der Bau ja von Hatschepsut und Thutmosis III. ausgebaut und dekoriert (es könnte also durchaus sein, dass die Deko, die das Dekadenfest nennt Hatschepsut- oder Thutmosis III.-zeitlich datiert).
Die direkte Nachbarschaft des Baus zu Medinet Habu ist unter Berücksichtigung der Erwähnung eines Dekadenfestes natürlich besonders interessant.
Wie Graindorge (s.o.) vermutet basiert das Fest des Amenemope auf einem ursprünglich landwirtschaftlich und fruchtbarkeitsbezogenen Stierkult des Min-Kamutef, wobei bei diesem Kultgeschehen die königlichen Ahnen- und Regenerationsgötter (bzw. der königliche Ka) im Mittelpunkt gestanden haben sollen. Amenemope übernimmt im Kult für die Urgötter-Ahnen im Kleinen Tempel von Medinet Habu dieselben Funktionen wie der Stier Min-Kamutef im frühen Neuen Reich. Graindorge spricht hierbei von einem "nahtlosen Übergang" der Min-Kamutef Stier-Kultes zum Amenemope-Festgeschehen (S. 42).
Die Reliefs des Thutmosis II.-Totentempels zeigen übrigens mehrfach Schlitten- und Barkenprozessionen sowie Statuenrituale an Ka-Statuen Thutmosis' II.

Gruß A.
> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 11:27:16  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #33, Datum: 28.02.2005 um 20:39:28 »     

Hallo zusammen,

mit der Erwähnung des Dekadenfestes "erstmals unter Ramses II." könnte es sich demzufolge ebenso verhalten, wie laut Kesslers Aufsatz mit der Petitionspraxis. Kessler sieht in den hauptsächlich von Assmann propagierten Belegen "persönlicher Frömmigkeit", die erst ab der Ramessidenzeit als Schriftgut greifbar sind, nicht als solche, sondern als eine Fortsetzung und nunmehr auch schriftlich niedergelegte Petitionspraxis an, die bereits in der Voramarnazeiten ausgeübt wurde: ein Wab nimmt die an einen Gott zu richtenden Wünsche/Bitten von "Privat"personen entgegen, bringt sie des Nachts vor einem Festtag im Verborgenen (dunklen Raum) und Geheimen vor die Gottheit und nimmt deren Entscheidung entgegen. Am Morgen des Festtages, also nach der Verjüngung (Chepri), wird die Entscheidung der nun sichtbaren Gottheit (Sonne) draußen den Petitenten kund getan, entweder mündlich oder eben schriftlich, und zwar in Anwesenheit einer Götterstatue, die unter Echnaton durch den König selbst ersetzt wurde. Dabei scheint nicht erwiesen, dass die Anrufung eines jeden Schöpfergottes im Geheimen nicht auch unter Echnaton stattfinden konnte. Lediglich die aussen stattfindende Zeremonie war vorgegeben. Nach Kessler ist die ganze Zeremonie eine juristische und die aufgefundenen Stelen oder Inschriften bezeugen eben diese Orakelsprüche. Seiner Ansicht nach haben die Inschriften nichts mit "persönlicher Frömmigkeit" und auch nichts mit Dissidententum zu tun. Dass man keine derartigen Schriftzeugnisse gefunden hat, die vor die Ramessidenzeit zu datieren sind, könne daran liegen, dass die Texte auf Papyrus niedergeschrieben wurden. Archive dieser Art sind bisher nicht aufgetaucht.

Kesslers Artikel ist mit einer ganzen Reihe von Wenn's, Aber's und Konjunktiven versehen. Aber er ist ziemlich überzeugend.

Wegen der Stele des Nebre und der vielen "wahr an Stimme", die auch nachträglich angebracht worden sein können, habe ich mal den Leiter unseres Berliner Museumsdepots angesprochen, ob sie überhaupt noch im Original existiert oder vielleicht auch als Kriegsverlust abgeschrieben werden muss. Gegebenenfalls würde ich mir das Original dann sehr gern einmal genauer anschauen - sofern ich die Möglichkeit bekomme.

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 14:16:03  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #34, Datum: 28.02.2005 um 20:49:52 »   

Hallo Gast_A,

sieht irgendwie nach einem Zirkelschluss aus. Man hat eine 7-tägige Woche und jeder 7. Tag ist Sonntag, an dem ist frei, man kann in die Kirche und auf den Friedhof gehen - sonst geht´s ja nicht. Und wenn man das so beibehält, veranstaltet man auch zu besonderen Gelegenheiten auch ein Fest an dem Tag.

Besonders amüsiert mich in diesem Zusammenhang die Stelle mit der
Zitat:
Statue des Senmut .... „Ich bin es, der [die Inspektion] in der Scheune des Gottesopfers des Amun für den ersten Tag jeder Dekade angeordnet hat.“
- das heisst doch nichts anderes, dass der am Wochenanfang eine Zeremonie angeordnet hat. Wir haben auch jeden Montag unseren Jour Fix
Die Aussage bedeutet doch nicht, dass am Sonntag Hochamt mit Prozession war.

Ein defätistischer Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 11:27:16  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #35, Datum: 28.02.2005 um 20:57:51 »     

Hi Iufaa,


Zitat:
Die Aussage bedeutet doch nicht, dass am Sonntag Hochamt mit Prozession war.


Ich weiß auch nicht, ob man diese Zeremonien immer mit Festen in Verbindung bringen muss. Ich kann mir gut vorstellen - und ich glaube Kessler schreibt das auch irgendwo - dass diese Vorgänge zeitlich nicht unbedingt genau festgelegt waren.

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 20:49:52  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #36, Datum: 28.02.2005 um 21:23:50 »   

Hallo Gitta,

ich hoffe, Du bist wieder fit(ter).

Es geht eigentlich weniger um die Frage, wann diverse Feste stattfanden, sondern um die Suche nach den "Anfängen des Dekadenfestes". Wenn man eine zyklische Zeiteinteilung, d.h. eine 10-tägige Woche hat und diese immer mit einem Feiertag abschliesst, dann legt man auch die "kirchlichen" Aktivitäten dahin - ich darf hier auf die dörflichen Traditionen verweisen.
Die Frage ist, sind die "Dekadenfeste" etwas besonderes? Haben sich also im Laufe der Zeit an den "Sonntagen" besondere religiöse Aktivitäten herausgebildet? Offensichtlich ja, denn ab R. II gibt es lt. Bell textliche Belege - nur kann man umgekehrt folgern "Weil irgendwo textliche Bezüge zu den Wochenenden erhalten sind, gab es die Dekadenfeste schon früher".
Sicherlich haben diese Feste eine Historie und man wird selten in der Lage sein, ein Datum "post quem" für die Einführung einer solchen Veranstaltung festzumachen, aber einfach einen zeitlichen Bezug zum "Sonntag" heranzuziehen, erscheint mir etwas zu einfach.

Gruss, Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 20:57:51  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #37, Datum: 28.02.2005 um 22:03:52 »     


Zitat:
ich hoffe, Du bist wieder fit(ter).


Ja, danke. Es geht ganz gut - für den Hausgebrauch

Die zeitliche Festlegung ist in der Tat etwas vage. Die Hinweise von Gast_A scheinen ja darauf hinzudeuten, dass irgendein Dekadenfest schon vor Ramses II. stattgefunden hat. Ob nun die Anrufungsriten immer mit dem Dekadenfest in Verbindung stehen, wage ich zu bezweifeln. Wir haben ja eigentlich nur ein einziges echtes Datum, nämlich das im Pawah-Graffito (oder ich habe etwas übersehen). Das kann m.E. Zufall sein oder es war so bedeutsam eben weil es auf einen Festtag fiel. Viel interessanter finde ich die komplette Umdeutung der sogenannten Votivstelen (und auch des obigen Graffitos). Diese Texte wurden ja immer mit herangezogen als Beweis dafür, dass "das Volk" persönliche Götter wählte, angeblich als Folge des aufgezwungenen Aton. Oder gar eine Gegenbewegung anzettelte. Ob hier nicht doch einfach aus heutiger Sicht die "Revolution" Echnatons weit überbewertet wird...

Auf der anderen Seite: als wir in den Gräbern von Amarna waren fiel uns direkt ins Auge, wieviel Katzbuckelnde dort abgebildet sind. Auch auf den Talatatblöcken ist das ziemlich deutlich. Daraufhin aber eine inhaltliche Aussage zu machen, würde ich mich nicht trauen. Vielleicht wurde in Gegenwart des Königs ja zu allen Zeiten gekatzbuckelt, es wurde nur nie so eindeutig und massiert dargestellt.

Gitta
« Letzte Änderung: 28.02.2005 um 23:10:19 von Gitta »
> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 21:23:50  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #38, Datum: 01.03.2005 um 01:46:14 »   

Hallo Gitta! Hallo Iufaa!

@Iufaa: Der Vorwurf eines Zirkelschlusses ist hier meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt. Ein solcher liegt eher dann vor, wenn teils krampfhaft eine irgendwie geartete „Persönliche Frömmigkeit“ aus allen möglichen altägyptischen Quellen herausgelesen wird. Denn soweit ich das sehe, decken sich die philologischen, ikonographischen und materiellen Phänomene  doch mit den von Assmann und anderen „entdeckten“ Kriterien der „Persönlichen Frömmigkeit“ nur deshalb, weil sie auf eben diese Bedeutung hin erfasst und benannt worden sind. Bislang hat es noch niemand geschafft eine klare Definition dieses Phänomens für eine Objekt-/Textklassifizierung vorzulegen. Das halte ich nicht gerade für eine gesunde Ausgangsbasis um darauf eine komplette „Sinngeschichte“ oder „Volkstheologie“ aufzubauen...
Wir suchen ja auch nicht nach der Henne oder dem Ei. Dass die ägyptische Dekaden-Woche sich aus dem Rhythmus der 10-tägigen Rationenverteilung an die Arbeitergemeinschaften entwickelt hat ist eine IDEE von Helck - nicht mehr. Sie besagt aber nicht OB und wenn ja, WANN diese Entwicklung erfolgte. Da die Dekadenwoche bereits seit dem Alten Reich nachweisbar ist, kann man auch problemlos einen sehr frühen Ansatz fahren. Da die ägyptische Gesellschaft wohl keine säkularen Freiräume kannte, ist es falsch anzunehmen, es hätte zunächst eine rein säkulare und ökonomische Dekaden-Woche gegeben, auf die dann theologisch begründete Feste verteilt wurden.

@ Gitta: Entscheidend für eine Anrufung eines Gottes ist wohl der allgemeine Festkontext bei dem ein Gott xaj also in der Prozession "erschien". Ein solcher Kontext lag auch bei den vielen kleinen, lokalen Festen einzelner Städte oder Dörfer vor. Da die Stelen mit ähnlichen hymnischen Texten wie beim Pawah-Graffito zu 99,9% kein Datum aufweisen ist die Zuweisung zu einem Dekadengeschehen oder einem lokalen Fest an einem anderen Tag nicht immer vorzunehmen. J. Clère hat zB. in seinem Beitrag „Un Monument de la Religion populaire“ (in: RdE 27, 1975, S. 76f.) eine Stele (Musée des Beaux-Arts, Bordeaux, keine Inventarnummer) vorgestellt, in der es heißt:

„Lobpreis spenden für Meresger, Renenutet, die Schöne, Herrin der Speise(n), kehre zu mir um in Frieden! Bei deinem Ka! mögest Du dich besänftigen! Seitens des Bildhauers Qen, wahr an Stimme. Er spricht: „Oh, jedermann der sich vor dieser (Stele) befindet, mögest Du opfern einen Krug Bier für Renenutet, am ersten Monat der Peret-Saison, den 20. Tag. Und sei nicht nachlässig! Hüte dich wohl vor ihr!“

Hier haben wir also ausnahmsweise (!!) ein Datum: 20. Tag des I. Peret. Dies war nicht nur ein Dekadentag, sondern auch - und das überwiegt hier wohl - der Tag der Bootsausfahrt der thebanischen Wadjet (ebenfalls eine Schlangengottheit und funktional mit Meresger austauschbar).
Die einmalige Formulierung mit dem Bieropfer passt durchaus zur Rolle der Göttin: Durch das Bier wird - entsprechend dem Augenmythos - die wilde, gefährliche Gottheit besänftigt.
Clère deutet die Stele ohne Begründung als „monument de la religion populaire“ und den Inhalt wieder so, dass Qen die Gnade für irgendeine reale Sünde sucht und daher persönlich um Vergebung bittet. Von Qen besitzen wir weitere Stelen, in der er u.a. Schu und Iach anruft. Eine dieser Stelen aus der ramessidischen Kapelle B bei Deir el-Medine bezeugt für ihn wieder mal seine reale „Blindheit“ (so von Clère gedeutet) wegen eines falschen Eides (PM I2 II 694 Kapelle B).

Nach der ganzen Reihe an Stelen kann man nun argumentieren, dass Qen unheimlich fromm war und eine ganze Menge „persönlicher“ Lieblingsgötter hatte und dass er es nicht schaffte einen festen Freund im ägyptischen Pantheon zu finden.
Andererseits könnte man hier wieder mit Kessler interpretieren, dass die Stele an Qen als besonders „tüchtigen“ wab-Priester erinnern und dessen günstige Orakel-Anrufungen (angedeutet z.B. durch die Verkündigungs-Floskel „Hütet Euch!“ und die Befriedungssituation der bedrohlichen Göttin) im Festgeschehen (zB. Wadjet-Fest oder Dekadenfest) für die Kultgemeinschaft permanent sichern sollte.

Auch eine ganz andere Deutung innerhalb einer Festsituation muss eventuell in Erwägung gezogen werden.

Diejenigen, die in der Stele angesprochen sind, könnten also auch exklusiv die späteren wab-Priester sein, die in der Kapelle die Anrufungen durchführten und nicht unbedingt beliebige „fromme“ Besucher, in staatlichen Kapellen.

Gruß A.

P.S. @Gitta: Die Stele des Ptah stammt mit sehr großer Wahrscheinlichkeit aus dem Ptahheiligtum, denn dort wurde die spezielle Form des Ptah-(n)-tA-s.t-nfr.w verehrt, also der Ptah des "Tals der Königinnen" wenn man so will. Und eben jenen Ptah finden wir auch auf der Stele wieder.
Übrigens ist das Ptah-Heiligtum gespickt mit Stelen-Löchern, die dort in passend eingeschnittenen Nischen in den Kapelle- und Felswänden eingelassen waren. Wenn Du die Stele mal kurz ausleihen und Iufaa zu seinem nächsten Trip nach Luxor mitgeben könntest, dürfte er wohl feststellen, dass die Stele in eine der Nischen hineinpasst.
« Letzte Änderung: 01.03.2005 um 02:13:40 von Gast_A. »
> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 22:03:52  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #39, Datum: 01.03.2005 um 11:07:29 »     

Hallo Gast_A,


Zitat:
Die Stele des Ptah stammt mit sehr großer Wahrscheinlichkeit aus dem Ptahheiligtum, denn dort wurde die spezielle Form des Ptah-(n)-tA-s.t-nfr.w verehrt, also der Ptah des "Tals der Königinnen" wenn man so will. Und eben jenen Ptah finden wir auch auf der Stele wieder.


Und nicht nur ihn, sondern auch Meretseger, Herrscherin ihres Westens, der neben Ptah im unteren Text Lobpreisung zugedacht wird. Die kleine Figur rechts unten scheint wiederum der Bruder des Steleninhabers zu sein (nicht der Sohn). Ich lese "sein Bruder am Tag seiner Geburt", also sein älterer Bruder? Vielleicht auch sein Onkel?

Dieser Bruder/Onkel, so steht es m.E. im oberen Text, "reinigt für Dich (Ptah) die Erde indem er Wohlriechendes ausgießt auf seinem Boden". Und er spricht Ptah weiter an, meiner Ansicht nach in etwa folgendem Sinne "Lobpreisung für Deinen Ka, der ist der Herr der Götter. Du gibts Dein .... (Speise, Trank ??) jeden Tag für den Ka des Bildhauers am hochgelegenen Platz (?), den Vater (?), Kjj ..., Bildhauer bei Ptah".

Michael würde das wahrscheinlich viel besser und genauer deuten können als ich . Bin immer zu ungeduldig.

Jedenfalls scheint es auch hier so zu sein, dass eine Person zugunsten einer anderen agiert.


Zitat:
Wenn Du die Stele mal kurz ausleihen und Iufaa zu seinem nächsten Trip nach Luxor mitgeben könntest, dürfte er wohl feststellen, dass die Stele in eine der Nischen hineinpasst.


Das geht wohl nur mit einiger krimineller Energie. Ich weiß nicht, ob ich die aufbringe.

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 01:46:14  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #40, Datum: 01.03.2005 um 15:50:08 »   

Hallo,

hier mal eine - teilweise noch etwas verbesserungsfähige - Übersetzung. Der Text ist wie so oft bei den Stelen verhältnismäßig unaussagekräftig.

Giebelfeld:

(Beischrift zur Person)

Lobpreis spenden deinem Ka, dem Herrn der Götter
mögest Du  [mir] geben eine (schöne) Lebensdauer vor dir jeden Tag
Für den Ka des Graveurs an der Stätte (der Wahrheit?)
Qaha, wahr an Stimme,
sein Vater: Qeny-Min, wahr an Stimmer bei Ptah

Sein Bruder, der Wab des Herrn der Beiden Länder (in Deir el-Medine i.d.R. der „vergöttlichte“ Amenophis I.; möglicherweise auch der lebende Herrscher),
der Stellvertreter (?), Henet-Achutef (? müsste man mal in einen Deir el-Medine Namensindex schauen).

(Beischrift zu den Göttern)

Ptah-„des-Tals-der-Königinnen“
Maat, Tochter des Re
Mögen (sie) geben Leben, Heil und Gesundheit
Guten Schutz hinter ihm
wie Re, jeden Tag.

Textfeld:

(Haupttext)

Lobpreis spenden für Ptah-„des-Tals-der-Königinnen“
die Erde küssen für Meresger
die Herrin des Westens
Verherrlichen der Hathor, Oberste in Theben
mögen sie mir geben eine schöne, gesunde und heile Lebensdauer in meiner „Stellung“ (?)
an der „Stätte der Wahrheit“
nicht werde gebracht Ähnliches/Gleiches (?) zu dem (also unübertroffen?),
was ihr (die Götter?) gebt jeden Tag;
bis dass ich sterbe (?) als 110-Jähriger auf Erden
für den Ka des Vorstehers der Graveure an der „Stätte der Wahrheit“
Qaha, wahr an Stimme
sein Vater: der Vorsteher der Graveure an der „Stätte der Wahrheit“
Qeni-Min, wahr an Stimme
Sein Sohn: Iy-r-njw.t
sein Bruder: Ramose

Gruß A.

P.S.: Auch hier agieren wieder "Kultleiter", also authorisiertes Personal, das durch seine Stellung (wab-Priester, Mannschaftsleiter usw.) berechtigt war, an den staatlichen Kultstätten zu agieren. Das Räucher-, Speise- und Wasseropfer weist ebenfalls darauf hin.
Wie Gitta schon angemerkt hat, ist das Ptahheiligtum eine königliche Kultstätte (vgl. etwa die Inschriften Ramses' III. und des Vezirs).
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 11:07:29  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #41, Datum: 01.03.2005 um 16:49:33 »     


Zitat:
mögen sie mir geben eine schöne, gesunde und heile Lebensdauer in meiner „Stellung“ (?)
an der „Stätte der Wahrheit“
nicht werde gebracht Ähnliches/Gleiches (?) zu dem (also unübertroffen?),
was ihr (die Götter?) gebt jeden Tag;
bis dass ich sterbe (?) als 110-Jähriger auf Erden


Das klingt zwar nicht unbedingt nach Petition, aber warum soll ein solcher Wunsch nicht auch durch einen Wab vorgebracht worden sein? Jetzt könnte man spekulieren: vielleicht sägte jemand am Stuhl Bei den Familienclans und -klüngeln in DEM...

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 15:50:08  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Echnaton und die Amunpriester 
« Antwort #42, Datum: 02.03.2005 um 21:34:16 »   

Hallo, Gast_A.,

hier mein Vorschlag zu den Spalten 3-5 (von links) des "Haupttextes", allerdings auch nicht ganz unproblematisch:

...

Spalte 3-4 von links

dj=tn n=j aHaw nfr snb wDA Hr=j m s.t mAa.t
"möget ihr mir geben eine erfüllte / schöne Lebenszeit, Gesundheit und Heil auf mich an der 'Stätte der Wahrheit'"

aHaw nfr "eine erfüllte / schöne Lebenszeit" (es gibt auch "lange Lebenszeit" u.ä.) ist oft in Opferformeln belegt. Ich kenne kein Beispiel mit mehreren Adjektiven, daher habe ich "Gesundheit und Heil" nominal übersetzt.
Hr "[Präp, vor Suffix mit Einkonsonatenzeichen r komplementiert] auf, über ... " (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 546)

Mir scheint daher das folgende nur eine Variante zu sein:



Spalte 4

nn jnj sp Hr-a
"ohne sogleich das Elend wegzuräumen" - scheint mir nicht ganz richtig zu sein aber wie sonst?

jnj sp "das *Unglück / Elend wegräumen" (S. 74, 691)
Hr-a "[Adverb] sofort, (so)gleich, unverzüglich" (S. 549)


Spalte 4-5

dj=tn ra nb r pH.wj m jmj 110 Hr-tp tA
"möget ihr geben jeden Tag bis zum Ende / Lebensende als einer von 110 [Jahren] auf der Erde"

pH.wj "... (13) Ende, Lebensende ..." (S. 288)
jmj "[Substantiv, Nisbe] ... der als ... auftritt ... - jmj wAs.t der von Theben ..." (S. 47)
Hr-tp "auf, oben auf" (S. 546)

...

Eigentlich geht es schön auf - bis auf die eine Stelle!

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 15:50:08  Gehe zu Beitrag
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