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  Autor/in  Thema: Heerwesen 26.Dynastie
Mubarek  
Gast

  
Re: Heerwesen 26.Dynastie 
« Antwort #15, Datum: 30.04.2006 um 15:08:20 »     


Zitat:
Mich interessiert auch sehr, was genau denn dann das Heerwesen z.B. des Alten Reiches noch mit dem der Sais-Dynastie zu tun hat, Nomenklatura ausgeschlossen versteht sich.


Bereits im Alten Reich wurden die wesentlichen Militärstrukturen geschaffen, welche sich bis in die Ptolemäerzeit erhielten.
In der Waffentechnik wurde die Kriegskeule ausgemustert, den Schwerpunkt des Heeres bilden jetzt die Beil- und Lanzenträger. Erst mit der Einführung des Streitwagens und des Kompositbogens in der XV. Dynastie (sowie der des Kamels in der XVII. Dynastie) kommt es zu relevanten Modernisierungen. Mit dem Streitwagen werden auch Panzerhemd und Lederkappe des Fahrers übernommen. Das Panzerhemd wird zunächst als mcc n HA, Kampfhemd, bezeichnet und besteht aus Leder oder mehrfachen, gestärkten Leinenlagen. In der IXX. Dynastie setzen sich mit Bronzeschuppen verstärkte Panzerhemden durch und verdrängen das Kampfhemd durch das vom semitischen sirjon abgeleitete Trjn. Die XXVI. Dynastie zeichnet sich durch ein Übermaß an Söldnern, meist Karier und Ionier, aus.
« Letzte Änderung: 30.04.2006 um 16:22:19 von Mubarek »
> Antwort auf Beitrag vom: 30.04.2006 um 00:54:58  Gehe zu Beitrag
Mubarek  
Gast

  
Re: Heerwesen 26.Dynastie 
« Antwort #16, Datum: 30.04.2006 um 16:02:29 »     

Nach A. Erman und  H. Ranke war das Alte Reich mangels äußerer Bedrohung friedlich und bedurfte keines stehenden Heeres. Doch gab es nachweislich in ägyptischen Diensten befindliche nubische Hilfstruppen und so muss es wenigstens einen Kern ägyptischer Truppen zur Kontrolle eben dieser Söldner gegeben haben.
Im Grab des Jntj in Deschascheh und des K3=j-m-Hzj.t in Saqqara finden sich Szenen vom Erstürmen feindlicher Festungen. Ein Vorgang, welcher auf eine gewisse Erfahrung mit dem Erstürmen von Festungen und ein Mindestmaß einheitlicher Ausbildung schließen lässt.
Der Titel eines Truppenleiters, jmj-rA mS, ist nicht nur als solcher sondern auch als erblicher im Alten Reich belegt. Das kann nur bedeuten, dass es sich hier um ein reguläres Amt und nicht um eine zeitlich begrenzte Ernennung handelt, was das Bestehen einer ständig gegenwärtigen militärischen Institution bedeutet.
Die zum Schutz des Deltas sowie anderer Regionen angelegten Festungen, mnw.w, bedurften einer ständigen, berufsmäßigen Besatzung.
Die Grundlagen des stehenden Heeres der XXVI. Dynastie wurden also schon im Alten Reich geschaffen, einschließlich der Söldnertruppen und teilweiser Formulierung der Rangbezeichnungen.

Literatur:
Faulkner, R.O.; Ancient Egyptian Military Organization; JEA 39; 1953
« Letzte Änderung: 30.04.2006 um 17:29:41 von Mubarek »
> Antwort auf Beitrag vom: 30.04.2006 um 15:08:20  Gehe zu Beitrag
Flieger  
Gast - Themenstarter

  
Re: Heerwesen 26.Dynastie 
« Antwort #17, Datum: 30.04.2006 um 18:01:02 »     

Ich kann die Originalbezeichnungen nur unzureichend wiedergeben, aber dennoch:

Im.i-r’ mnf.yt – Vorsteher der Fußtruppen
Hrp tm3.w – Leiter der Bogenschützen
Hrp `pr.w – Leiter der Mannschaft

Bei den Pferdetruppen unterscheidet er zwischen:

Im.i-r’ htr – Vorsteher der Gespanne
Im.i-r’ Ssmt – Vorsteher der Pferde
Im.i-r’ ssmt nhp.t – Vorsteher des Gestüts
`3 (n.i) smmt – Meister des Pferdestalls
kt(n) – Wagenlenker
kr (´)w `3 – Schildträger des Streitwagens

Er drückt sich allerdings eher unklar aus und schreibt über den Einsatz von Pferden im militärischen Bereich (S.91), was praktisch alles heißen könnte.
Es erscheint mir aber sehr merkwürdig, dass nach all den Kontakten mit Gegnern, die über starke Reiterein verfügten, v.a. die Assyrer, selbst keine solchen Truppen aufgestellt wurden. Dieser Fall ist ein relativ üblicher Prozess im Rahmen der acculturation. Geographisch gesehen stand dem ja nicht viel im Weg und dass Pferde militärisch eingesetzt wurden, steht außer Frage.
Herodot berichtet übrigens, dass Amasis zu Pferde reitend gegen Apries zog (Hdt. 2,162,3: hep hippou katemenos), was ich als Hinweis auf berittene Truppen deute.
> Antwort auf Beitrag vom: 30.04.2006 um 16:02:29  Gehe zu Beitrag
Mubarek  
Gast

  
Re: Heerwesen 26.Dynastie 
« Antwort #18, Datum: 30.04.2006 um 20:16:02 »     

Nur ein Beispiel zur Komplexität des Themas:
Der Ausdruck apr.w bedeutet nichts weiter als Mannschaften, ohne auf die militärische Eigenschaft dieser “Mannschaften” einzugehen. Die Gliederung der Truppen in Zehnergruppen ist seit dem Alten Reich unverändert geblieben, der Titel ihres “Gruppenleiters” hingegen nicht. Lautet dieser zum Beispiel zXA aprw, so handelt es sich um einen Offizier im Range eines Militärschreibers. Die in Zehnergruppen gegliederten Truppen werden als apr.w nfr.w bezeichnet; was lediglich die Gliederung und nicht die Funktion (im Sinne von Bewaffnung) aufzeigt.
Hinzu kam eine “Jägertruppe”, nw.w, die wohl kaum als Jäger im waidmännischen Sinne aktiv war, sondern eher die Funktion einer speziellen Wüstentruppe erfüllte, also im Sinne einer Art Mischung von Wüstenpolizei, Spurensucher und Pfadfinder, welche von einem Truppenvorsteher, jmj-rA mSa kommandiert wurde.

Die Eindeutigkeit Herodots ist zu bezweifeln, da seine Informationen überwiegend aus zweiter oder dritter Hand stammen. Die (in Hdt. 2, 163) von Apries aufgebotene Söldnertruppe beziffert er beispielsweise mit 30 000 Mann, was nicht nachweisbar und mehr als unwahrscheinlich ist.
In seiner Beschreibung der Schlacht zwischen Apries und Amasis (Hdt. 2, 169) taucht an keiner Stelle eine Reiterei auf und so bleibt die Vermutung, dass sich Amasis zum Abgehen einer Blähung nicht von einem Sattel erhob, sondern maximal seine stehende Position in einem Streitwagen kurz veränderte (Hdt. 2, 162).
Allerdings wird Amasis vorzugsweise in der griechischen und demotischen Überlieferung als trinkfreudiger, geselliger Griechenfreund dargestellt. So mag denn angenommen werden, dass Amasis seine niedrige Herkunft durch übertrieben griechisches Gebaren zu kompensieren suchte und es als Ägypter auf sich nahm, sich “griechisch” auf einem Pferd zu zeigen.
« Letzte Änderung: 30.04.2006 um 20:21:39 von Mubarek »
> Antwort auf Beitrag vom: 30.04.2006 um 18:01:02  Gehe zu Beitrag
Mubarek  
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Re: Heerwesen 26.Dynastie 
« Antwort #19, Datum: 30.04.2006 um 22:23:05 »     


Zitat:
Es erscheint mir aber sehr merkwürdig, dass nach all den Kontakten mit Gegnern, die über starke Reiterein verfügten, v.a. die Assyrer, selbst keine solchen Truppen aufgestellt wurden. Dieser Fall ist ein relativ üblicher Prozess im Rahmen der acculturation. Geographisch gesehen stand dem ja nicht viel im Weg und dass Pferde militärisch eingesetzt wurden, steht außer Frage.

Die Frage, warum man Pferde nur zum Ziehen von Wagen und mit wenigen Ausnahmen nicht als Reittiere nutzte, ist oft gestellt und nie beantwortet worden. Vielleicht spielten religiöse Gründe eine Rolle, wahrscheinlicher ist aber, dass die doch sehr innige Berührung zwischen Ross und Reiter den Ägypter abgestoßen hat, der in allen Belangen sehr auf Reinlichkeit bedacht war; durch Deichsel und Wagen blieb der Abstand zum vielleicht nicht ganz so reinen Pferd gewahrt.

Sind die Bezeichnungen der indigenen Truppen und Ränge durch ihre Vielfalt schon kompliziert genug, wird es bei den Söldnern noch komplizierter. Der Titel xrp jaA.w xAs.wt nb. wt, Vorsteher der jaA.w aller Fremdänder, also eines Truppenvorstehers, macht deutlich, dass es sich bei diesen Einheiten um nubische Hilfstruppen (jaA.w) handelt.
Auf den ersten Blick befremdlich wirkt das Fehlen eines Titels, der mit „Soldat“ übersetzt werden kann. Der einzelne „Soldat“ war nicht existent, es zählte die Zehnergruppe, vertreten durch den Gruppenleiter.
« Letzte Änderung: 30.04.2006 um 22:39:32 von Mubarek »
> Antwort auf Beitrag vom: 30.04.2006 um 20:16:02  Gehe zu Beitrag
Flieger  
Gast - Themenstarter

  
Re: Heerwesen 26.Dynastie 
« Antwort #20, Datum: 30.04.2006 um 23:56:27 »     

Es stimmt, dass es sich bei den Pferden durchaus um Zugpferde handeln könnte. Das Verb κάθημαι jedoch heißt soviel wie sitzen oder thronen und passt auch zu jener Reithaltung, die Xenophon später so heftig an der griechischen Reitkultur kritisiert. Sollte Amasis keinen Stuhl in seinem Kampfwagen gehabt haben, muss es sich daher wohl um ein Reitpferd handeln. Herodot ist an dieser Stelle eindeutig, im Gegensatz zur ausfallend kurzen Schlachtdarstellung, die ihren nicht verdient.

Zudem ist es eher arg unwahrscheinlich, dass sich Amasis bei dieser Gelegenheit griechisch zeigen wollte. Er war später in der Tat äußerst philhellen, zu dieser Zeit aber stand er mit den ägyptischen Truppen als Emporkömmling gegen die weitgehend griechischen Söldner des Apries. Es ist kaum zu viel gesagt, dass Amasis seinen Aufstieg xenophoben Elementen, v.a. im ägyptischen Heer verdankte, die ihre Stellung durch die griechischen Söldner bedroht sahen.

Herodot mag sich irren, da er tatsächlich kein Augenzeuge war, dies an den inflationären Zahlenangaben festzumachen, überzeugt nicht (dann könnten wir Herodot auch gleich sein lassen).
Interessanter finde ich da den religiösen Hintergrund. Kannst du das bitte weiter ausführen? Oder vielleicht Aspekte der Diskussion um den Gebrauch des Pferdes als Reittier paraphrasieren? Da könnte ich einen deutlich überzeugenderen Hintergrund vermuten...
> Antwort auf Beitrag vom: 30.04.2006 um 22:23:05  Gehe zu Beitrag
Mubarek  
Gast

  
Re: Heerwesen 26.Dynastie 
« Antwort #21, Datum: 01.05.2006 um 00:54:23 »     

Herodot ist nicht nur in dieser Bezifferung mit Vorsicht zu geniessen; ich denke da u.a. auch an den Zug der Fünfzigtausend des Kambyses, die auf Nimmerwiedersehen in der Wüste verschwanden. Das stellt Herodot jedoch keineswegs umfassend in Frage.
Amasis verdient eine eingehende Betrachtung, auf welche ich gerne zurückkommen werde. - Aber nicht jetzt und nicht heute.
Eine Vertiefung des Themas "rein und unrein" unter besonderer Berücksichtigung der Tierwelt und speziell des Pferdes würde diesen Thread sprengen und ist durchaus einen eigenen wert, der dann wohl auch eine breitere Beteiligung generieren würde.
« Letzte Änderung: 01.05.2006 um 06:43:11 von Mubarek »
> Antwort auf Beitrag vom: 30.04.2006 um 23:56:27  Gehe zu Beitrag
Mubarek  
Gast

  
Re: Heerwesen 26.Dynastie 
« Antwort #22, Datum: 20.09.2006 um 12:00:09 »     

Den wohl umfassendsten Einblick in das System sowie die facettenreichen Bezeichnungen der militärischen Ränge, wenn auch nur verbindlich für den Zeitraum des Neuen Reiches, gewährt A. Gniers:

Gnirs, Andrea M.; Militär und Gesellschaft – Ein Beitrag zur Sozialgeschichte des Neuen Reiches; Studien zur Archäologie und Geschichte Altägyptens, Band 17, Heidelberger Orientverlag; 1996
« Letzte Änderung: 20.09.2006 um 12:00:54 von Mubarek »
> Antwort auf Beitrag vom: 30.04.2006 um 00:54:58  Gehe zu Beitrag
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