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Re: Marfan-Syndrom

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Geschrieben von Eva am 07. Mai 2001 15:01:13:

Als Antwort auf: Marfan-Syndrom geschrieben von Mutnjodmet am 07. Mai 2001 12:57:48:

>Hallo,
>ich hätte mal einige Fragen zum Marfan-Syndrom, unter dem Echnaton angeblich gelitten haben soll. Keine Angst, jetzt kommen keine medizinischen Fragen *g*, da hab ich mich schon auf die "Spezialisten" gestürzt. ;-))
>Da das Marfan-Syndrom zu den Erbkrankheiten gehört, gab es doch eine 50:50 "Chance", daß Echnatons Töchter diese Krankheit ebenfalls hatten. Da die Töchter Echnatons auf Darstellungen häufig deformierte Schädel aufwiesen (was man ja auch auf das Marfan-Syndrom zurückführen könnte) und ich auch irgendwo *g* gehört habe, daß bereits Mumien gefunden wurden, die eben diese Deformation aufwiesen, frage ich mich nun, ob die Körper auch darauf untersucht wurden? Oder wurden gar keine Mumien mit solchen Deformationen gefunden? Es wurde ja auch mal aufgrund der Bilder vermutet, die Schädel wären künstlich verändert worden!
>Kann mir da jemand Fachliteratur empfehlen, die sich ausgiebig mit Echnatons Krankheiten befasst? Es wurden ihm ja bereits mehrere "angedichtet" und mich würde nur die Argumentation interessieren, die zu dieser Auffassung führte.
>Ich bin jetzt nur etwas verwirrt, denn der arme Mann muss ja sein ganzes Leben lang, sterbenskrank gewesen sein! Sicher wäre die Mumie, wenn sie irgendwann mal aufgefunden werden sollte, eine Fundgrube für jeden Pathologen. ;-) Aber mal im Ernst, wird die Theorie vom Marfan-Syndrom, von namhaften Ägyptologen unterstützt? Es könnte ja auch sein, daß Echnaton gar nicht wirklich so ausgesehen hat, wie auf all diesen Darstellungen. Für mich sehen sie alle etwas zu karikaturistisch aus!
>Es würde mich natürlich auch interessieren, welche Meinung ihr dazu habt!
>Liebe Grüße Mut

Hallo Mut!

Aus kunsthistorischer Sicht möchte ich noch hinzufügen, daß auch Nofretete mit diesen für uns übertriebenen Merkmalen dargstellt wurde. Wenn man also davon ausgeht, daß es sich bei Echnaton um eine vererbbare Krankheit handelt (das Marfan-Syndrom kommt, soweit ich weiß, nur 1:10000 vor, daher unwahrscheinlich bei seinen Töchtern, berichtigt mich bitte, wenn ich falsch liege), die auch vor seinen Töchtern nicht halt gemacht hat, wie man an den Darstellungen und Plastiken zu sehen glaubt, dann stellt sich die Frage, warum Nofretet ebenfallls mit diesen Merkmalen dargestellt wurde. Sie war keine Blutsverwandte.

Natürlich kann man damit argumentieren, daß Echnaton seine körperlichen Makel als "Schönheitsideal" für die damalige Kunst festsetzte und daher die gesamte königliche Familie dem Erscheinungsbild des Pharao angeglichen wurde.
Dann argumentiere ich lieber wieder mit Westendorfs Schöpfergott-Theorie, daß Echnaton sich als der Schöpfergott Atum darstellen ließ, allerdings mit den weiblichen Komponenten des Gottes, was eher unüblich ist.

Ich persönlich denke, daß man hier eher kunsthistorisch argumentieren sollte (s.o.). Betrachtet man das Ende der Amarna Zeit, so stellt man fest, daß dieses "karikaturhafte" bei Tutanchamun schon sehr stark abnimmt. Man findet zwar immernoch Elemente der Amarna-Kunst, die langen Körperglieder, der hängende, betonte Bauch, vereinzelt auch den langgezogenen Schädel, allerdings in einer wesentlich schwächeren Form.
Von Tutanchamuns Kopf wurden übrigens Röntgenaufnahmen gemacht, und in der Literatur habe ich diese so oft erwähnte Deformation seines Schädels nirgendwo erwähnt gesehen.
Ich habe damals einen Paläopathologen gefragt und ihm die Röntgenaufnahmen des Schädels gezeigt, da ich ja Krankheitbildnisse, die evtl. in der Kunst dargestellt wurden, bearbeitet habe, und er meinte dazu, daß er anhand dieser Aufnahmen keine krankhafte Veränderung feststellen kann.

Bis man aber Echnatons Mumie gefunden hat, wenn überhaupt jemals, werden wir uns wohl noch weiter mit Spekulationen abgeben müssen.

Und jetzt noch eine Literaturliste, die in meinem nächsten Beitrag folgt :)))

Schöne Grüße,
Eva


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