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Ba-neb-djedet (Gott)
Elephantine (Tempel)
Stele
Serech
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Elephantine (Tempel)
Stele
Osiris (Gott)
Horus (Gott)
Nubien
Kuschitische-Dynastie (Nubien)
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  Ba-neb-djedet (Gott)
BA-nb-Ddt, Widder von Mendes, Bock von Mendes

Im --> 16. unterägyptischen Fischgau, also etwa im östlichen Teil in der Mitte des Delta, dessen Totem der Fisch Mehit war (entweder der Lepidotos aus dem Nil oder ein Mittelmeer-Delphin) liegt die Gauhauptstadt Mendes (äg.: Djedet), die sich eigentlich aus zwei Orten zusammensetzte, den Städten Mendes und Anpet (griech: Thmuis) auf dem linken Ufer des V. mendesischen Nil-Armes. Hier veehrte man als Lokalgott einen Ziegenbock, der in den ägyptischen Reliefs meist als Widder dargestellt wird, von den Griechen aber richtig "tragos" (Ziegenbock) genannt wird.

Dieser Gott ("Widder von Mendes" oder auch "Bock von Mendes") wurde Ba-neb-djet, "die Ba-Seele, de Herr von Djedet" genannt. Er schloss die schöpferische Urkraft der Welt in vier Formen oder "Ba-Seelen" in sich ein, die als Ba-Seelen der ersten vier Herrscher über die Welt - Re, Schu, Geb und Osiris - galten. Aus diesem Grunde erhielt er in späterer Zeit auch vier Köpfe.


Frau Herit-weben betet vor dem heiligen Ziegenbock von Mendes (nach Roeder)

Der Bock von Mendes war der berühmteste der verehrten Widder. Nach dem Papyrus Chester Beatty I galt als Richter im großen Streit zwischen --> Horus und --> Seth. Außerdem wurde er auch noch mit --> Ptah in Verbindung gebracht, der die Gestalt dieses Widders angenommen hatte, um Ramses III. zu zeugen.

In vielen Darstellungen ist als Widder abgebildet mit spiralig nach außen gedrehten Hörnern. Oft trug er die --> Uräusschlange auf dem Kopf und sitzt auf einem Thron.

Die Abbildung 1 gibt jedoch eine der seltenen Zeichnungen wieder, die das Tier als Ziegenbock darstellen, trotzdem aber immer noch mit den Hörnern eines Widders; vor ihm betet Frau Herit-weben (Illustration auf dem Totenpapyrus im Grab der Herit-weben).

Herodot berichtet um 430 v.u.Z.. über die Verehrung des Bockes und erwähnt am Schluß ein Wunder, das er nicht selbst erlebt hat, sondern einer Bemerkung von Pindaros (gestorben nach 446 v. u.Z..) entnahm, die kurz vor ihm geschrieben war. Pindaros erwähnt "die ägyptische Stadt Mendes, an der Düne des Meeres, dem äußersten Horn (Mündung) des Neilos, wo die Ziegen bespringenden Böcke sich mit Frauen vermischen".

Dies muss wohl Plutarch zu der Feststellung veranlaßt haben: "Die Tiere sehnen sich auch nicht nach Liebesverkehr mit Höherem, sie suchen Liebesfreuden nur bei ihresgleichen. Kein Wunder. Man erzählt vom Bock des Mendes in Ägypten, er sei mit vielen schönen Frauen eingeschlossen gewesen und habe keine Begierde gezeigt, er habe sich nur Ziegen gewünscht".

Weiter berichtet Herodot [Buch II, Kap.46]:

"Die genannten unter den Ägyptern d. h. die Bewohner von Mendes, opfern die Ziegen und die Ziegenböcke aus folgenden Gründen nicht. Den Pan gemeint eine menschliche Verkörperung der Gottes mit Bockskopf rechnen die Mendesier zu den acht Göttern; ihrer Ansicht nach wären aber die acht Götter älter als die zwölf Götter. Die Maler und die Bildhauer malen und meißeln das Bildnis des Pan, ebenso wie die Hellenen, mit einem Ziegengesicht und mit Bocksbeinen; sie glauben aber keineswegs, daß er so geartet wäre, sondern ähnlich den übrigen Göttern. Weswegen sie ihn so darstellen, ist mir nicht lieb zu sagen. Die Mendesier verehren aber sämtliche Ziegen, und zwar die männlichen mehr als die weiblichen, und die Ziegenhirten stehen in größerem Ansehen. Von diesen (Ziegenböcken, verehren sie) einen ganz besonders. Wenn er gestorben ist, dann ruft das große Trauer in dem ganzen mendesischen Gau hervor. Sowohl der Bock wie der Pan heißt auf ägyptisch Mendes. In diesem Gau geschah zu meiner Zeit folgendes Wunder: ein Bock vermischte sich öffentlich mit einer Frau, und dieses gelangte zur Kenntnis der Menschen."

In der 26. Dynastie (Saiten) hatte Pharao Ahmose II. in Djedet vier riesige Granitschreine errichten lassen, einen für jeden Ba, womit er den Ort in einen der eindrucksvollsten Monumentalkomplexe in Ägypten verwandelte, bis er, vielleicht durch natürliche Ursachen, gegen Ende der Ptolemäerherrschaft zerstört wurde. In den vier steinernen Schreinen des Heiligtums von Djedet manifestierte sich die Theorie der Ägypter von Ordnung, dass das Königtum von einer Emanation der Sonne zur anderen übergehe, um die Schöpfung zu erhalten und den Triumpf der Gerechtigkeit über das Unrecht zu sichern. Jener Kampf zwischen Gerechtigkeit und Unrecht, sichbar geworden in der Revolte gegen --> Rê, fand seinen überzeugenden Ausdruck im Mythenkreis um --> Osiris und Horus.

Es sind zahlreiche Denkmäler aus dem 16. Delta-Gau erhalten geblieben, als Beispiel hier die Statue eines Priesters und ein königlicher Denkstein. Beide lassen die starke Teilnahme des Volkes erkennen, die sich gegenüber dem lebenden Bock, bei seinem Tode und bei der Wahl seines Nachfolgers äußerte.

In der 26.Dynastie (6. Jahrhundert v. Chr.) lebte ein Mann namens Nes-Wosret in Mendes, wo er verschiedene Ämter als Priester der einheimischen oder benachbarten Gottheiten bekleidete. Er hat sich für sein Grab eine Statue arbeiten lassen, von der allerdings nur der Sockel erhalten geblieben ist (heute im Museum Stockholm).

Auf den Zargen des Sockels läuft Inschrift A um, in der der Stifter den lebenden Bock und die verstorbenen Böcke als die Herren seiner Vaterstadt anruft. Er bittet sie in drei Beschwörungen von der Form des Eides, in dem man abgekürzt nur den Sonnengott Rê zu nennen pflegt, um eine schöne Bestattung und um ein friedliches Leben im Jenseits. Um weitere Fürbitter für sein Seelenheil zu gewinnen, ruft er in Inschrift B (auf der Oberseite des Sockels) die Wallfahrer an, die zur Verehrung der Böcke nach Mendes kommen, sie möchten für ihn beten.

INSCHRIFT A (Zeile 1-3)

Gebet des Stifters in Mendes

Der bei dem Ba (Widder oder Ziegenbock), Herrn von Dedet (Mendes), angesehene, der "Priester an der Spitze" (imi-hent) des Gottes, der die beiden Götter (Horus und Seth) richtet (gemeint Thot, in dem unterägyptischen 15.Gau), Gottesdiener des Ba und der Hat-mehit (Göttin des 16.Gaues), und der großen Götterschaft und der kleinen Götterschaft, großer Reiner (Priester), der seine Aufgaben kennt, kühl an Schreiten im Horizont der Ewigkeit (der das Sanktuar ruhig betritt) der den Prächtigen Ort (das Allerheiligste), in dem Horizont (Tempel) des Ba erblicken (darf), Nes-Wosret ("Zugehörig zu der Mächtigen" Göttin), zu dem gesagt wird (mit Beinamen) Wahjeb-Rê (wie König Apries, 26.Dynastie), Sohn des Gottesdieners Sa-Isis (Si -Ese, "Sohn der Isis"), geboren von der Hausherrin Isis-chebit ("Isis in Chemmis", 6. Gau). Er sagt:

O du geheimnisvoller Bock!

O göttlicher Ba, gewaltiger Ba, wahrhafter Ba, entstehender (immer von neuem?) Ba, der vier Gesichter auf einem einzigen Nacken hat!

O ihr verstorbenen Böcke!

O ihr Ba's, die ihr im Sarge liegt, die in dem Gehöft der Bocke (Friedhof) sind!

Ich beschwöre euch bei Nil und Sonne:

(So wahr?) der Hapi (Nil) aus den beiden Höhlen (Quellen oberhalb von Elephantine) herauskommt, damit das leuchtende Feld sich mit einem Kleide (Grün der Äcker) verbinde (schmückt), - (So wahr) die Rinderherden zur (richtigen) Zeit trächtig werden, damit ihre Dinge werden (sie zu Opfern werden) auf der Erde,

(So wahr) Re aufgeht und Atum untergeht (Morgen- und Abendsonne), damit ihre Opferbrote nicht gemindert werden bei Tage und bei Nacht:

Gebt mir ein seliger Leben im Jenseits!

Möchtet ihr euch meines genannten Namens erinnern, wenn eurem Ka ein Opfer geweiht wird! Möchtet ihr mir eine Darbringung geben in der Stunde der Belohnung (im Jenseits),

(wie sie) euch zu Liebe gegeben wird, und ein schönes Begräbnis nach dem Landen (im Totenreich), wie mein Herz es (mir) eingibt, ohne daß ich gehindert werde an den Toren der Duat (Jenseits), und [keinen Mangel zu haben] in Ewigkeit!

ANSCHRIFT B Zeile 1-4)

Bitte an die Besucher von Mendes

O ihr, die ihr stromauf und stromab fahrt, um die großen Ba's zu sehen, betet zum Gott für diese Statue, die in dem Grabe(?) ist, denn es ist ein Gebet zu dem Gott für ihren Herrn (Besitzer der Statue). Tut, was der Ka (seine Seele) liebt!

Der Stifter ist eines Gebetes würdig

Ein Edler (seliger Toter) ist er (der Besitzer der Statue), für dessen Ka man tut, was er gesagt (erbeten) hat. Ihm (dem Verstorbenen) wird dargebracht (?), was aus seinem (des Betenden) Munde herausgekommen ist.

Ein Sprichwort empfiehlt das Gebet

Nicht ist es eine Last, Gutes zu sagen, und nicht wird der Mund müde, es auszusprechen!



Als König Ptolemaios IX. Philadelphos zur Regierung gekommen war (285-247 v.u.Z.), hatte er seinen ersten Besuch bei den heiligen Tieren des Landes nach Mendes gelegt. Er traf dort im 1. Wintermonat (die Angabe des Jahres ist zerstört) ein und vollzog das übliche Ritual bei der Fahrt des Bockes in seiner Barke stromab und stromauf auf dem Nil. Dabei besuchte er sowohl Dedet wie Anpet (Mendes und Thmuis?), und er ordnete die Vollendung des Tempels des Bockes an, den er in Anpet feierlich "auf seinen Thron stellte".

Ptolemaios II., der zuerst mit Arsinoe I., der Tochter des Lysimachos, verheiratet gewesen war, vermählte sich mit seiner Schwester Arsinoe II. und gab dadurch das erste Beispiel für die in seiner Dynastie später mehrfach wiederholte Sitte der Geschwisterehe mit der Absicht, die Erbfolge auf den engsten Kreis zu beschränken. Als Arsinoe II. im 1. Sommermonat seines 15.Regierungjahr verstarb (270 v.Chr.), veranstaltete man sofort auch in Anpet eine Trauerfeier und ehrte sie mit dem Ritual, das den heiligen Böcken nach ihrem Tode erwiesen wurde. Eine Statue der nun zu einer wirklichen Göttin erhobenen Königin wurde in dem Mehit-Gau ebenso wie in anderen Gauen aufgestellt und bei Prozessionen gezeigt wie die der Gattinnen der Götter.

König Ptolemaios II. hatte sich die Dankbarkeit der Ägypter besonders in dem 16. Mehit-Gau auf verschiedene Weise zu erwerben gewußt. Aus ägyptischen Regimentern hatte er Gardetruppen gebildet. Den Mehit-Gau hatte erließ er die Zollabgabe, die im ganzen Lande von Fährschiffen an die königliche Verwaltung abzuführen war. Einen Anteil an anderen Steuern, die für die königliche Verwaltung in jedem Gau geleistet wurden, erließ der König für den Tempel des Bockes vollständig, als die Priester ihn auf einen Erlaß des Gottes Thot neben dem Allherrn Re (Sonne) aufmerksam machten, nach dem das "Opferbrot" des Bockes von Dedet geschont werden sollte. Auch von den in Silber zu zahlenden Steuern aus dem ganzen Lande verzichtete der König auf einen Teil. . Im Osten des Delta ließ der König einen Kanal graben als Grenze gegen die Fremdländer; dieses war vermutlich keine Arbeit an dem VII. östlichsten Nil-Arm von Pelusium, sondern an dem teils natürlichen teils künstlichen Flußlauf, der nördlich von Memphis (heute bei Kairo) abzweigt und durch das Wadi Tumilât in das Rote Meer fließt. Nach der Pithom-Stele hat Ptolemaios II. im Jahr 6 dem Tempel von Pithom Abgaben aus diesem Kanal zugewiesen (Zeile 10) und im Jahr 16 ihn ausgraben und durch eine Mauer befestigen lassen (Zeile 16).

In seinem 21. Regierungsjahr (264 v. Chr.) erhielt König Ptolemaios II. die Meldung, der Tempel des Bockes von Dedet sei vollendet. Er entsandte seinen Sohn Kronprinz Ptolemaios zur Teilnahme an einem Fest, das 16 Tage lang dauerte und bei dem der "große Bock" in sein neues Haus geführt wurde und die übrigen Gottheiten sich in ihren Kapellen niederließen. Götterbilder aus den Tempeln aller Gaue waren dabei anwesend. Voller Dankbarkeit über die ihnen zuteil gewordenen Freuden reisten die versammelten Priester in die Residenz, wo sie den König mit Myrrhen und Blumenduft besprengten, von denen auch die Prinzen und Prinzessinnen ihren Anteil erhielten.

In einem späteren Jahre (die Zahl ist zerstört, und die 38jährige Regierung läßt noch einen weiten Spielraum) starb der heilige Bock. Ein anderes Tier, das für die Erhebung geeignet schien, wurde auf einem Feld westlich von Dedet gefunden. Auf Befehl des Königs traten die gelehrten Mitglieder der Tempelschulen aus anderen Gauen zusammen zu einer Begutachtung, die die vorschriftsmäßige Gestalt des neuen Tieres feststellte und seine Titulatur nach dem Herkommen angab. Der König ließ die Götterbilder aus anderen Landesteilen in den Mehit-Gau holen, was in Prozessionen mit priesterlichem und militärischem Geleit geschah. Sie langten am 16. Tage des 2. Wintermonats in Dedet an. Dann wurde am 18. Tage ein Fest gefeiert, bei dem Dedet und Anpet vier Tage lang jubelten. Im Beisein der übrigen Gottheiten wurde der Bock in Dedet in seine Würde eingesetzt, und der Mehit-Gau jauchzte vor Freude.

Die "Mendes-Stele"

Das Ereignis der Einsetzung des neuen Bockes muß die Veranlassung zur Anfertigung des als "Mendes-Stele" bekannten Denksteins gewesen sein, der im Tempel von Mendes aufgestellt worden ist, einer dicken Platte aus Kalkstein, Höhe 1,47 m, jetzt im Museum von Kairo, Katalog-Nr. 22 181.

Die Schauseite des Denksteins (Abb, vereinfacht durch Weglassung von Einzelheiten) zeigt in der oberen Rundung die geflügelte Sonne "Behedti, großer Gott, Herr des Himmels, bunt an Gefieder, der aus dem Horizont aufstieg, Erster des Heiligtums von Unter-Ägypten, der Leben und Glück gibt."

An jeder Seite der Sonne hängt eine Schlange herab; die linke mit der unterägyptischen Krone heißt «Uto von Pe und Dep» (Stadtteile von Buto, 6.Gau ); die rechte mit der oberägyptischen Krone heißt "Nechbet, die Weiße, von Nechen" (3. oberägyptischer Gau).

Das waagrechte Schriftband darunter gibt die Namen des Königs Ptolemaios und der Königin Arsinoe; der König ist "geliebt von dem Ba (Bock), großer Gott, Lebender des Re, Stier, Erzeuger, Oberster der Frauen".

Das breite Darstellungsfeld enthält links die königliche Familie, die ihre Opfergaben darbringt, rechts die verehrten Gottheiten. In der königlichen Familie schreitet zuerst Ptolemaios II., dem die Landesgöttin "Uto" als Schlange auf einer Papyruspflanze, mit der unterägyptischen Krone auf dem Kopfe, gegenüber steht. Er hält einen Napf mit parfümiertem Öl, von dem er mit dem kleinen Finger etwas an die Nase des Bockes streichen will; darauf bezieht sich die Beischrift : "Darbringen von Blüten(duft) an seinen Vater, Streichen von Myrrhen an die Nase des Gottes."

Ihm folgt die Königin Arsinoe, die zur Zeit des Entwurfes zu diesem Denkstein schon seit sieben oder mehr Jahren verstorben war: "Trägerin des Wedels, Göttin, die ihren Bruder liebt (Philadelphos), (geliebt von) dem Bock, Herrin jedes Landes (Arsinoe)". Sie hält in den Händen außer dem Anch einen Wedel ähnlich einer Ähre (wie ihre Statue in Zeile 25 der Inschrift beschrieben ist) und sagt mit Bezug darauf zu dem Bock:

"Ich schütze dich in deiner Krone, da du ja [groß, hoch] bist mehr als alle anderen Götter."

Hinter der Königin steht auf einer Papyruspflanze ein Falke mit ausgebreiteten Flügeln "Behedti, der die Flügel ausbreitet, um seine Mutter zu schützen."

Hinter dem Königspaar schreitet der jugendliche Kronprinz Ptolemaios, mit denselben Namen wie sein Vater als "König von Oberägypten und Unterägypten" und "Sohn des Rê" bezeichnet. Er trägt eine Vase, vermutlich mit Salböl, und eine Zeugbinde und sagt zu dem Bock: "Ich vereinige dir deine Glieder und füge dir deinen Leib zusammen in der Kapelle Tenenet". Dadurch stellt sich in der Rolle des Horus vor, der die zerfallene Leiche seines Vaters Osiris in jener Kapelle zusammenfügt. Dem Kronprinz gegenüber ringelt sich auf einer Pflanze (wohl der oberägyptischen Lilie) die Schlange Nechbet mit der oberägyptischen Krone. Hinter dem Kronprinz steht auf einer Staude der oberägyptischen Lilie eine Geiergöttin, die Flügel schützend vorstreckend, mit der oberägyptischen Krone: "Nechbet, Weiße, von Nechen (3.oberägyptischer Gau), Geheime, Geier, die Große, die ihren Sohn mit ihren Flügeln schützt."

Den Abschluß bildet hinter der königlichen Familie ein ungewöhnliches Symbol: auf der für Gaunamen üblichen Standarte steht der Name "Richter der beiden Götter (zwei Falken mit der oberägyptischen bzw. unterägyptischen Krone), Herr beider Länder"; das kann nur einen Ortsnamen bedeuten, und dann ist mit ihm die Stadt gemeint, zu der nach Zeile 9 der Inschrift die Prozession von Mendes aus übergefahren ist, also Thmuis. Andererseits klingt der Name an die Überlieferung an, nach der Thot von Hermopolis (in dem benachbarten 15.Gau) die beiden Götter Horus und Seth gerichtet habe. Die unklare Beischrift bezieht sich auf den Richterspruch: "König von Oberägypten und König von UnterÄgypten, die beiden Horus, die beiden Brüder sind vereinigt . . . . . .Länder".

In der rechten Hälfte des Bildes beginnen die verehrten Gottheiten mit einem hohen Sockel, auf dem der Bock schreitet, deutlich als Widder gezeichnet, umhüllt von einem Tuch, mit einer Sonne auf dem Kopfe: "König von Oberägypten, König von Unter-Ägypten, lebende Seele (Ba) des Re, lebende Seele des Schu, lebende Seele des Geb, lebende Seele des Osiris, Seele der Seelen, Herrscher der Herrscher, Bock (Seele?), Erbe des Gottes [Re? Osiris?] in der Kapelle Tenenet."

Er ist der neugefundene und von Ptolemaios II. eingesetzte Bock, für den diese "Mendes-Stele" errichtet worden ist. Er trägt die in Zeile 23 der Inschrift angegebenen Titel mit Zusätzen, von denen der letzte den Bock zum Betreuer der Leiche des Osiris macht (wie den Kronprinz Ptolemaios in seiner Rede).

Die zweite Gottheit ist der Knabe Harpokrates, als lutschendes Kind in weitem Mantel dargestellt: "Horus das Kind (Harpokrates), großer Gott, wohnend in Dedet, der auf seinem Throne sitzt bei (?) Isis (auf dem Schoß reiner Mutter Isis?), dem die beiden Länder zu seinem Unterhalt gegeben sind."

Die dritte Gottheit ist ein schreitender Mann mit Widderkopf und hoher Krone: "Bock, Herr von Dedet, großer Gott, Lebender des Re, Stier, Erzeuger, Oberster der Frauen, Herr des Himmels, König der Götter, der Leben gibt wie Re." Er ist der verstorbene Bock, an dessen Stelle Ptolemaios II. den neuen Bock eingesetzt hat. Er ist es auch, von dem Ptolemaios Il. in dem Schriftband über der Darstellung "geliebt" genannt wird. Er sagt zu dem König: "Ich gebe dir die Großen jedes Fremdlandes sich deinem Willen beugend."

Die vierte Gottheit ist eine Göttin, die auf ihrem Kopfe die Gaustandarte mit dem Totem des langschwänzigen Fisches Lepidotos (oder Delphin?) trägt: "Hat-mehit, Starke, wohnend in Dedet, Gattin des Gottes in dem Hause des Bockes, Auge des Re, Herrin des Himmels, Fürstin aller Götter." Sie sagt zu dem König: "Ich setze Liebe zu dir in die Herzen der Götter, und das Herz deiner Feinde soll elend sein."

Die fünfte Gottheit, eine Frau mit der Krone einer Königin, ist: "Tochter des Königs, Schwester des Königs, große Gattin des Königs, von ihm geliebt, Göttin, die ihren Bruder liebt (Philadelphos) (Arsinoe)." Sie sagt zu ihrem sie überlebenden Gemahl: "Ich bete für dich zu dem Herrn der Götter, damit er deine Jahre als König hoch (zahlreich) mache."

In religiöser Hinsicht ist noch die Dicke des Denksteins bemerkenswert, auf der Namen des Königs und des Bockes zu vier dekorativen Schriftzeilen zusammengestellt sind, wobei das Bild des Bockes jedesmal das Anch (Leben) dem Falken des Königsnamens zum Einatmen hinhält. Die Namen des neuen Bockes, hier ausführlicher als in der Inschrift, sind Teile des ständig wiederholt zu denkenden Satzes: "Der Bock gibt Leben dem Horus König Ptolemaios."

Sie lauten auf der linken Zarge, Zeile 2 : "Bock, Herr von Dedet, großer Gott, Lebender des Re, Seele des Re Hor-achti, als dessen rechtes Auge er [aufgeht]; der den Himmel täglich befährt, um die beiden Länder zu beleben. Er möge den ganzen Himmelskreis seines Auges geben und jeden Anblick seiner herrlichen Augen dem König Ptolemaios."

Linke Zarge, Zeile 4: "Bock, Herr von Dedet, großer Gott, Lebender des Re, lebende Seele des Schu, der Himmel und Erde mit seinem Hauch erfrischt, um alle Menschen mit ihm zu beleben. Er möge jedes Leben durch frische Luft geben und daß die Nase den Nordwind einatme, für König Ptolemaios."

Rechte Zarge, Zeile 2: "Bock, Herr von Dedet, großer Gott, Lebender des Re, lebende Seele des Osiris; er ist jugendfrisch als das linke Auge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Er möge einen großen [Nil geben] zu seiner Zeit für König Ptolemaios."

Rechte Zarge, Zeile 4: "Bock, Herr von Dedet, großer Gott, Lebender des Re, lebende Seele des Geb; er läßt den Erdboden frisch sein, er läßt alle Pflanzen gedeihen, um die beiden Länder zu beleben. Er möge alles geben, was der Nil hervorbringt, und alle Pflanzen auf dem Rücken der Erde, für den König Ptolemaios."

Die Darstellung und die Zargen ergeben ein Bild der Götterwelt von Mendes, das auf das Verständnis der großen Inschrift vorbereitet. Jeder Bock in Mendes erhielt, wenigstens im 3. Jahrhundert v.u.Z. seine eigene Titulatur, die sein Wesen und sein Verhältnis zu Gottheiten anderer Gaue kennzeichnet. In viele dieser Namen reicht der Doppelsinn hinein, der sich aus dem Worte ba und dem Schriftzeichen Widder für dieses ergibt: man kann ebensogut Ba "Bock" verstehen wie Ba "Seele".

In einigen Fällen ist es wirklich fraglich, welches der beiden Wörter bei der Schriftspielerei gemeint ist. Der ältere Bock heißt "Lebender des Re, Stier, Erzeuger, Oberster der Frauen", und in seinem Namen ist sein Wesen als zeugender Gott betont. Der jüngere Bock wird die Seele von vier Göttern genannt, von denen er Kräfte entlehnt hat, mit denen er die Menschen erfreut: von Re, dessen rechtes Auge er ist, hat er das Licht; von Osiris, dessen linkes Auge er ist, hat er den Nil; Schu hat ihm den Wind als Atem für die Menschen gegeben, Geb als Erdgott die auf ihm wachsenden Pflanzen des Ackers. In diesen Beziehungen liegt in erster Linie eine Annäherung an den Tempel von Heliopolis (13.Gau) mit den Göttern Re und Hor-achti. Ferner an Osiris, der auch in seiner Heimat Busiris (9.Gau) der den Erdboden befruchtende Nil ist. Schu weist nach Zeb-nuter (Sebennytos, 12.Gau), Geb in die östlichen 19. - 20.Gaue. So wird der Bock in den Kreis der Gottheiten gestellt, die in den Gauen um Mendes herum beheimatet sind.

Man hat sich bemüht, dem Bock von Mendes eine Familie zu geben, wie sie als Ehepaar mit Kind in allen großen Tempeln Ägyptens üblich ist. Dazu holte man als Gattin für ihn die Gaugöttin Hat-mehit heran, so wenig sie als Fisch auch dazu geeignet erscheint. Ebenso hat das Kind, als das man den kleinen Horus, den Sohn der Isis, aus der Osiris-Familie nahm, keine innere Beziehung zu dem Elternpaar. Durchaus äußerlich ist nun die dynastische Erfindung der Göttin Arsinoe angefügt, deren Verehrung nicht nur in Mendes befohlen wurde, sondern auch in anderen Gauen, besonders in dem Fayum, das als oberägyptischer 21.Gau nach ihr den Namen Arsinoites erhielt.

Unter der Darstellung steht die Inschrift in 28 waagrechten Zeilen:

Unter König Ptolemaios II. (Philadelphos),
der geliebt wird von dem Bock von Mendes,
und der ein Sohn des Bockes von Mendes ist,
und der von den höchsten Götter eingesetzt ist,
und der aus einer Königsfamilie stammt,
und der ein tapferer König ist,
und der ein vorausschauender König ist,
und vor dessen Macht alle Länder zittern,
und dem seine Untertanen zujubeln,
und den die Götter lieben: König Ptolemaios II.
König Ptolemaios II. reiste nach Mendes,
und er stattete dem Bock von Mendes einen Besuch ab,
und vollzog die üblichen Gebräuche bei der Prozession auf dem Nil,
und begleitete den Bock bei seiner Überfahrt über den Nil.
Der König ließ die Beschädigungen aus der Zeit der persischen Besetzung wiederherstellen.
Der König ließ das Ritual nach den überlieferten Vorschriften vollziehen.
Der König kehrte aus Mendes nach Alexandria zurück.
Ptolemaios II. heiratete seine Schwester Arsinoe II. Philadelphos
Arsinoe starb in dem 15. Regierungsjahr von Ptolemaios II.
In Mendes wurde eine Totenfeier abgehalten nach dem Ritual für die Beisetzung der verstorbenen Böcke
Der König ließ eine Statue der Arsinoe als Göttin aufstellen, in Mendes
und in jedem Gau Ägyptens,
Ptolemaios II. errichtete aus Ägyptern eine Gardetruppe als Leibwache
Ptolemaios II. erließ dem Tempel von Mendes die Abgabe des Fährzolles
auf Grund eines urzeitlichen Befehls aus der Regierung der Götter
Der Befehl des Thot sichert dem Bock von Mendes sein Einkommen,
weil dadurch das ganze Land bereichert wird
Der König erließ dem Tempel von Mendes die Zahlung der Silbersteuer
Der König ließ an der Ostgrenze des Deltas einen Kanal graben
Im 21 Regierungsjahr von Ptolemaios II. wurde der Tempel von Mendes vollendet
Der König schickte Kronprinz Ptolemaios zur Einweihung nach Mendes
Der Kronprinz vollzog das Weiheritual vor dem Bock
Die königliche Familie wird durch das wohlriechende Parfüm erfreut
Einige Jahre später, nach dem Tode des heiligen Bockes, wurde ein neuer gefunden
Der König befragte die Gelehrten über den neuen Bock
Der neue Bock wurde als geeignet befunden und soll eingesetzt werden
In Gegenwart der anderen Gottheiten wurde der neue Bock in Anpet eingesetzt
Später wurde durch eine viertägige Festfeier der neue Bock auch in Mendes eingesetzt
Dankbares Gebet für König Ptolemaios II.

     
Schauseite des Denksteins, vereinfacht durch Weglassung von Einzelheiten (nach Roeder) König, Königin und Kronprinz opfern dem Bock von Mendes
     


Abbildungen entnommen aus: Roeder, G., Die ägyptische Götterwelt, Zürich - Stuttgart 1959



Quelle:
Schneider, Lexikon der Pharaonen, München 1996
Quirke, Altägyptische Religion, Stuttgart 1996
Ions, V., Die Götter und Mythen Ägyptens, Klagenfurt 1988
Roeder, G., Die ägyptische Götterwelt, Zürich - Stuttgart 1959
Felde, R., Ägyptische Gottheiten
Bonnet, H., Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte, Berlin, New York 2000
Morenz, S., Gott und Mensch im alten Ägypten, Leipzig 1984
Hart, G., A Dictionary of Egyptian Gods and Goddesses, London 1986

Eingestellt durch: manetho (11.09.2003)
Bearbeitet durch:  semataui (12.05.2005)
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