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Thema: Tutanchamuns Eltern |
Hesire  Member
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« Datum: 19.02.2010 um 19:47:09 » |
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Hallo miteinander, jetzt wissen wir also, dass Tutanchamuns Eltern höchstwahrschenlich Geschwister waren. (vgl. Iufaas Thread Zu "Zahi Hawass kündigt Ergebnisse zu DNA-US an") Vorausgesetzt, dass nicht Semenchkare, sondern Echnaton die männliche Mumie im KV55 ist, stellt sich für mich die Frage, ob es überhaupt denkbar ist, dass Echnatons eigene Schwester (die so genannte Younger Lady aus KV35) lediglich Echnatons Nebenfrau(?) wurde und in der Hierarchie am Hof unter Nofretete stand. Sind euch aus der 18. Dynastie eventuell weitere Fälle bekannt, dass eine leibliche Schwester des Königs nur die Position einer Nebenfrau im Harem eingenommen hat?
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petrie08  Member
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« Antwort #1, Datum: 19.02.2010 um 23:49:02 » |
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Hallo! Mir scheint auch, dass der Einwand von/ die Nachfrage von Hesire ziemliches Gewicht hat. Noch dazu, wo es anscheinend keinerlei zeitgenössische Quellen für eine solche Ehe gibt. Allerdings bin ich nur ein sehr oberflächlicher Kenner der uferlosen Amarna-Literatur. Was ich aber zu bedenken geben möchte: Ist es methodisch, nach den vorhandenen DNA-Daten, auszuschließen, dass Tutanchamun des Produkt einer Vater-Tochter-Ehe ist! Für so eine Verbindung gibts meines Wissens nach Vermutungen in der Amarna-Literatur. Und wenn ja, könnte es außerwissenschaftliche Gründe geben, diesen Fall gar nicht in Betracht zu ziehen? (Political correctness à la Hawass?) Was nämlich Amenophis III. betrifft, scheint sowas ja möglich gewesen zu sein. Gardiner, Geschichte des Alten Ägyptens, Stuttgart 1965, Seite 233: "...der König habe im Alter seine eigene Tochter geheiratet, und gegen diesen befremdlichen Schluß läßt sich nur schwer etwas vorbringen." mfg
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petrie08  Member
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Re: Vater-Tochter-Beziehung |
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« Antwort #3, Datum: 20.02.2010 um 11:00:23 » |
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Vielen Dank für die prompte Quellen-Nachlieferung! Sie diente ja nicht nur der Schließung (m)einer Informationslücke, sondern ist auch ein weiterer Beweis für hervorragende Methodik dieses Forschungsprojekts! Ich glaube die DNA-Schiene wird der Ägyptologie noch viele nützliche und spannende Erkenntnisse liefern. mfg
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Iufaa  Moderator
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Re: Vater-Tochter-Beziehung |
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« Antwort #4, Datum: 20.02.2010 um 12:23:26 » |
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Hi, eine dpa-Meldung ist ja sehr schön, nur erklärt sie nicht, warum Zink als Coautor in der Originalpublikation (liegt mir vor) die Aussage "Blutsverwandschaft = Consanguinity" in Figure 2 und im Text auf der gleichen Seite "We identified ... the KV55 male and KV35YL as his siblings (Geschwister-) parents" ohne weitere Kommentare mitträgt. Im "Supplementary Online Content" zur Publikation geben die Autoren die Wahrscheinlichkeit, dass der Mann aus KV55 der Vater von T. ist, mit 99.99999981%, die die dafür, dass die Dame KV35YL die Mutter ist, mit 99,99999997% an. Diese Wahrscheinlichkeiten sind ja recht hochsignifikant (was aber natürlich keine Identifikation der Personen zulässt). Wenn Zink neben der Geschwisterkombination nun auch eine Vater-Tochter-Beziehung für möglich hält, müsste er dazu auch - zumindest theortische - Wahrscheinlichkeitsdaten liefern (können). Iufaa
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petrie08  Member
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Re: Vater-Tochter-Beziehung |
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« Antwort #5, Datum: 20.02.2010 um 14:59:51 » |
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Hallo! Ich glaube ja nach wie vor, dass eine Vater-Tochter-Verbindung auch heute noch mit großen inneren Widerständen zu kommunizieren ist! So unwissenschaftlich dieser Standpunkt auch ist. Möglichwerweise hat Zink in der Gegenwart von Zawi Hawass und eben auch in der gemeinsam verantworteten Arbeit (vereinbarte?) Hemmungen die Sache direkt anzusprechen? Leider neigt ja Hawass dazu, die Alten Ägypter empathisch zu vereinnahmen. Was aber im großen Zusammenhang positiv ist! Die Ägyptologie hat nur dann eine wirklich Zukunft, wenn auch das heutige (islamische) Ägypten sich als Erbe dieser großen, wunderbaren (ich weiß, auch unwissenschaftlich...) Kultur versteht!
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Iufaa  Moderator
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Re: Vater-Tochter-Beziehung |
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« Antwort #6, Datum: 20.02.2010 um 17:06:12 » |
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Hallo Petrie, ich weiß nicht, ob man hier Hawass eine Einflussnahme unterstellen soll oder muss. Er trägt ja wie alle Autoren die Verantwortung mit. Wenn ja, wird er demnächst mit Probleme bekommen, denn in einer Stellungnahme zu den Ergebnissen hat er bereits angekündigt, dass das SCA sich demnächst der Familie Ramses II. "widmen wolle" - da trifft er dann ja auf den "Fall Bintanat". Ansonsten sind die Information in dem Paper hochkomprimiert, für die online-Version gibt es sogar ein "Supplementary Online Content" zu Informationserweiterung. Möglicherweise sind alternative Interpretationen zu den Befunden auch dem Review-Prozeß der Zeitschrift zum Opfer gefallen - nach dem Motto, keine harten Daten sondern nur andere Interpretation von Wahrscheinlichkeiten, also raus. Der Review-Prozeß hat anscheinend einige Zeit gedauert, mir wurden grob die wesentl. Befunde bereits vor einem Jahr "geflüstert", immer mit dem Hinweis, demnächst "kommt Zahi damit raus". Gruss
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Aton-hotep  Member
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Re: Vater-Tochter-Beziehung |
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« Antwort #7, Datum: 26.05.2010 um 15:14:58 » |
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hallo an alle, habe mir natürlich terra-x am montag angesehen. würde mich interessieren, ob es weitere dna veröffentlichungen gibt? man hat doch noch mehr mumien analysiert. danke für die hilfe. lg aton-hotep
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Iufaa  Moderator
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Re: Vater-Tochter-Beziehung |
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« Antwort #8, Datum: 26.05.2010 um 15:19:55 » |
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Geben mag es welche, publiziert sind bis jetzt keine weiteren. Iufaa
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manetho  Member
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Re: Vater-Tochter-Beziehung |
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« Antwort #9, Datum: 26.05.2010 um 18:18:24 » |
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Vor kurzem war hier im Forum ein link zu einer zweiteiligen Dokumentation, die man sich runterladen konnte. Die Gesamtlaufzeit war knapp 3 Stunden. Im Kern ging es um die Ergebnisse der ganzen DNA-Tests, der Rekonstruktion des Stammbaums und die Identifizierung der Mumien von Echnaton & Co. Alles in allem sehr interessant. In avi konvertiert Teil 1 = 563 MB Teil 2 = 558 MB
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menna  Member
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Re: Vater-Tochter-Beziehung |  | |
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« Antwort #11, Datum: 22.12.2010 um 17:09:04 » |
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Aton-Hotep hat den Wunsch geäußert, den Stammbaum der Echnaton-Sippe, auf den im Ä-Blatt-Beitrag (aus der FAZ-Sonntagszeitung vo, 19.12.) verwiesen wurde, sehen zu können. Da diese Darstellung auch andere interessieren könnte, füge ich sie an diesen schon etwas verlassenen thread an. Menna
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Sinuhe20  Member
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« Antwort #12, Datum: 14.08.2011 um 08:43:43 » |
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Hallo, ich möchte gerne nochmal die Frage aufwerfen, um wem es sich bei der Younger Lady handeln könnte. Nofretete und Kija scheinen als mögliche Personen auszuscheiden, da keine als Tochter von Amenhotep III. und Teje angesehen wird (außerdem trägt keine von beiden die Titel "Königstochter" oder "Königsschwester"). Die Töchter Satamun, Isis, Henuttaunebu scheinen aber auch unwahrscheinlich, da diese "Große königliche Gemahlinnen" von Amenhotep III. waren, schwer vorstellbar dass eine von denen mit Echnaton einen Sohn zeugt, oder? Dann hätte jene doch sicherlich Nofretete als Hauptgemahlin abgelöst. Bleiben nur noch die Töchter Nebet-tah oder Baketaton, von denen aber sonst nichts weiter bekannt ist. Viele Grüße Sinuhe20
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Iufaa  Moderator
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« Antwort #13, Datum: 14.08.2011 um 17:49:59 » |
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Hallo Sinuhe, wenn Du Dir die Untersuchungen von Hawass durchliest, sollte Dir auffallen, dass diese keine Aussagen über die Eltern zulassen. DNA-Untersuchungen sind keine Namensschilder. Jeder Versuch, auf Basis dieser Untersuchungen die Person aus KV55 und die Dame KV35YL namentlich zu identifizieren, endet unter Wiederholung der üblichen Vermutungen in den üblichen Spekulationen. Ich schlage vor, auf weitere harte Fakten zu warten. Gruss, Iufaa
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Sinuhe20  Member
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« Antwort #14, Datum: 14.08.2011 um 20:14:15 » |
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Stimmt, ohne harte Fakten geht nichts, aber können aufgrund der bisherigen Ergebnisse nicht einige Kandidatinnen für KV35YL bereits (mit hoher Wahrscheinlichkeit) ausgeschlossen werden?
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