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   Blau in Ägypten (7)
  Autor/in  Thema: Blau in Ägypten
otto  
Member



Blau in Ägypten 
« Datum: 08.11.2023 um 16:55:42 »   

https://www.youtube.com/watch?v=r0jXfwPQW9k

In dem Video berichtet Mailab 8:30 von der Bemerkung Gladstones. Diese war mir auch schon früh aufgefallen, als ich Wortlisten für mich fertigte und die Farben dran waren.
Das einzige Gegenargument für mich war bezüglich der Ägypter immer der Lapis Lazuli in Toth Anch Amun's Maske. Der Wert des Lapis lag ja in seiner Farbe.

Es kann ja sein, dass die Blausichtigkeit bei dem aus den Norden einwandernden Indogermanen nicht vorhanden war, weil sie wegen der (vorausgesetzten) dauernden Bewölkung nicht vorhanden war, oder verloren gegangen war. Aber bei den Ägyptern, die die Sonne ja sahen, sonst hätten sie keinen Gott Ra gekannt, kann man davon nicht ausgehen, denn Sonnensichtigkeit ist insofern auch Blausichtigkeit.

Was mein Ihr zu dem Problem?
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Blau in Ägypten 
« Antwort #1, Datum: 09.11.2023 um 21:43:05 »   

Hallo, Otto,

das Studium der Farbbezeichnungen der alten Ägypter erhielt einen neuen Schub durch die linguistische Studie von Brent Berlin, Paul Kay, Basic Color Terms: Their Universality and Evolution, Berkeley / Los Angeles, 1969, die ein Stufenmodell entwickelt haben, wie sich Basis-Farbbezeichnungen entwickelt haben. Eine Zusammenfassung ist im englischen Wikipedia-Artikel Basic Color Terms zu finden. Danach gibt es die Bezeichnung "blau" erst in Stufe V.

Wie sieht es damit in der Sprache der alten Ägypter aus? Die Anwort ist keineswegs einfach! Wolfgang Schenkel hat sich mit dieser Frage mehrfach auseinandergesetzt, zuletzt in: Colours as Viewed by the Ancient Egyptians and the Explanation of this View as Seen by Academics Studying Colour, in: Shiyanthi Thavapalan, David Alan Warburton (Hrsg.), The Value of Colour , Berlin, 2019, S. 35-54. Vielleicht leichter zugänglich ist die einige Zeit zuvor erschienene Arbeit in Deutsch: Die Farben aus der Sicht der alten Ägypter, in: Peter Dils, Lutz Popko (Hrsg.), Zwischen Philologie und Lexikographie des Ägyptisch-Koptischen. Akten der Leipziger Abschlusstagung des Akademieprojekts "Altägyptisches Wörterbuch"; Stuttgart / Leipzig, 2016, S. 164-185. Nach einer Untersuchung, in welchem Kontext die Farbbezeichnungen verwendet worden sind, ordnet er das Ägyptische in die Stufe IIIA der Berlin-Kay-Skala ein.

Speziell: "Blau" gilt als "Non-Basic-Color-Term" und ist vom ägyptischen Wort xsbD "Lapislazuli" abgeleitet, bedeutet also genaugenommen: "lapislazuli-farben" (Wb III, 334.15-20).

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 08.11.2023 um 16:55:42  Gehe zu Beitrag
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Blau in Ägypten 
« Antwort #2, Datum: 11.11.2023 um 00:53:56 »   

Hallo,

bei der Zuordnung der blauen Farben des Lapis Lazuli unterschieden die Ägypter offenbar recht genau zwischen drei Arten, nur fehlt es an einer genauen Bestimmung der von ihnen vorgenommenen Unterscheidungen. Ich vermute, dass sich mit den Namen die Mineralien Lazurit, Kobalt und Stibium verbinden lassen. Unter anderem soll in der westlich gelegenen Region um Gilf Kebir ein blauer, mineralischer Farbstoff abgebaut worden sein. Die Erze jedoch dürften aus anderen Gebieten stammen.

Gruß Lolli


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> Antwort auf Beitrag vom: 09.11.2023 um 21:43:05  Gehe zu Beitrag
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Blau in Ägypten Walli_Budge_Dictionary_Vol.1_S.564_Lapis_Lazuli_Kobalt_u_Stibium_.jpg - 110 KB
« Antwort #3, Datum: 11.11.2023 um 01:14:17 »   

Einige weitere Varianten des Lapis Lazuli und anderer blauer Mineralien der Ägypter und ihrer Anwendungsbereiche. Hinsichtlich der Frage, wie man diese Mineralien am sinnvollsten unterscheidet, liest und interpretiert könnte die Abbildung aus Lepsius, Les meteaux egyptiennes, sicherlich durchaus hilfreich sein. Bin mir aber nicht ganz sicher, ob ich mich damit noch im Rahmen der Fragestellung bewege.


> Antwort auf Beitrag vom: 11.11.2023 um 00:53:56  Gehe zu Beitrag
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Blau in Ägypten Lepsius_Les_meteaux_dans_les_inscriptions_Egyptiennes_Paris_1877_S.61_Chesbet_.jpg - 176 KB
« Antwort #4, Datum: 12.11.2023 um 04:28:59 »   

Lepsius nahm hier neben Lapis Lazuli ein Kobalt blaues Kupfer Sulfat an, dachte dann jedoch offenbar an Kobalt selbst, sowie eine Form des Arsen, wie er Seite 61 sagt.

Karl Richard Lepsius : Les méteaux dans les inscriptiones égyptiennes, Paris 1877, S. 32-33 u. S. 61 :

https://books.google.de/books?id=cmy--J1RZ8IC&printsec=frontcover&hl=it&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false

Meine These geht diesbezüglich dahin, dass es sich um insgesamt drei verschiedene blaue Mineralien handelt, nämlich echtes Lapis Lazuli, sowie Kobalt und ein Stibium.
« Letzte Änderung: 13.11.2023 um 08:06:42 von Lolli2u »


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 11.11.2023 um 01:14:17  Gehe zu Beitrag
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Blau in Ägypten 
« Antwort #5, Datum: 14.11.2023 um 10:49:59 »   

Mit Hilfe von Kobalt oder Stibium scheinen sowohl die im Schiff von Uluburun gefundenen Glasbarrern, als auch die nubische Kalix von Sedeinga gefärbt worden zu sein. Das bei Lepsius genannte Kupfer Sulfat blieb an der Luft nicht stabil und könnte als Farbstoff für jene grünen Glasbarren gedient haben, welche im hethitischen Alalakh am Orontes gefunden wurden. Die Datierungen fielen hier jeweils stark unterschiedlich aus. Die rund 175 tiefblauen bis türkisfarbenen Glasbarren, welche im Schiffswrack am Kap Uluburun gefunden wurden, stammen aus der Zeit der Königin Nofretete (ca. 1353-1338) und korrespondieren in ihrer chemischen Zusammensetzung offenbar verblüffend mit weiteren Glasfunden aus der Zeit der 18. Dynastie. Leider konnte ich den entsprechenden Fundbericht und die Ergebnisse der dazu erstellten Analyse nicht erreichen, weshalb ich mich diesbezüglich auf eine Information des Deutschen Bergbau-Museums in Bochum zur dortigen Sonderausstellung beschränken muss.

https://www.bergbaumuseum.de/besuch/ausstellung/sonderausstellungen/das-schiff-von-uluburun

Die Kalix von Sedeinga stammt aus dem 1. Jh. v. Chr. und wurde in der meroitischen Stadt Adeye gefunden. Beide Fundgruppen scheinen das Blau der Ägypter in sehr zutreffender Weise zu repräsentieren.

https://www.jstor.org/stable/24188144

Arsen dahingegen dürfte vor allem als Auripigment gedient haben und war das leuchtende Goldgelb des Altertums. Verwendet wurde es beispielsweise als vergoldender Überzug für eine ägyptische Statuette, welche ebenfalls auf dem Schiff von Uluburun gefunden wurde.  

Gruß Lolli    
« Letzte Änderung: 14.11.2023 um 13:10:07 von Lolli2u »


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> Antwort auf Beitrag vom: 12.11.2023 um 04:28:59  Gehe zu Beitrag
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Blau in Ägypten 
« Antwort #6, Datum: 22.11.2023 um 11:49:17 »   


Eine der kompetentesten Darstellungen zur Glasverarbeitung mit Kobalt, Kupfer- und Antimonoxyden im Alten Ägypten bietet sicherlich Birgit Schlick-Nolte.

Birgit Schlick-Nolte : Glas - Von den Anfängen bis zum Ende der Amarnazeit. In : Friederike Seyfried : Im Lichte von Amarna - 100 Jahre Fund der Nofretete, Ausstellungskatalog, Berlin 2012, S. 108 - 119.

Dieser Katalog und der darin enthaltene Aufsatz findet sich als Volltext im Beitrag # 8 zum Thema Die Kartusche der Nofretete eingestellt. Seine Lektüre lohnt sich, gerade auch in Hinblick auf das Blau der Ägypter.

Beste Grüße

Lolli
> Antwort auf Beitrag vom: 14.11.2023 um 10:49:59  Gehe zu Beitrag
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