Re: Ägyptischer Kalender
[ Archiv-Startseite ] Geschrieben von Jörg Müller am 14. Mai 2001 21:29:15: Als Antwort auf: Ägyptischer Kalender geschrieben von Harald Henkel am 13. Mai 2001 20:59:11:
>Hallo zusammen.
>Ich hab mal 'ne Frage an die Ägyptologie-Experten hier (ich hoffe es laufen hier ein paar rum ;-) ).
>Verschiedene Autoren haben behauptet, die Ägypter hätten zwei Kalender gehabt: einen, der in Sonnenjahren zählte und einen, der in Mond-"Jahren" zählte. Auf diese Weise sei es bei mehreren griechischen Autoren (insbesondere in Platon's Atlantis-Bericht) zu Übertragungsfehlern bei den "Altersangaben" gekommen.
>Ich möchte hier jetzt keine Atlantis-Theorien besprechen.
>Es geht mir darum, wie in Ägypten - speziell in der 19 bis 26 Dynastie - Zeitdifferenzen angegeben wurden. Da in dieser Zeit anscheinend selbst die Jahres-Zählung geändert wurde (siehe Zitat) erscheint mir eine einfache Jahres-Zählung kaum sinnvoll. Die Monate blieben von dieser Zählweise aber anscheinend unangetastet. Insofern scheint mir die Zählung von Monaten (oder Monden?) als absolutes Zeitmaß wesentlich passender und genauer.
>Kann dazu irgendjemand weitere Angaben machen ?
>Hier das Zitat von ortelius.de
>
>"Zum Unglück für die Altertumswissenschaften existierte keine fortlaufende Jahreszählung. Stattdessen wurde zunächst die Viehzählung herangezogen, die aller zwei Jahre in Ägypten durchgeführt wurde. Man gab das Jahr also etwa in der Form "Jahr der 3. Zählung [unter der Regierung des Königs ...]" an, später nur kurz "Jahr des 3. Mals". Seit der 11. Dynastie, also etwa seit 2100 v. u. Z., wird nur noch das Regierungsjahr angegeben. Dabei begann ein solches Regierungsjahr zunächst mit dem Neujahrstage des Jahres, in dem der König den Thron bestieg. Wenn also die Herrschaft eines Königs am 3. Zusatztag (s. u.) eines Jahres begann, so hatte sein erstes Regierungsjahr nur 3 Tage. Etwa ab der 18. Dynastie (ca. ab 1540 v. u. Z.) begann man jedoch, den tatsächlichen Tag der Thronbesteigung als Beginn des Regierungsjahres aufzufassen, ein Brauch, der jedoch kurz vor der Saitenzeit (26. Dyn., um 660 v. u. Z.) wieder aufgegeben wurde."
>
>Servus,
>Harald
Der Kalender der Ägypter basierte auf der Beobachtung von Mond und
Sonne. Außerdem spielten religiöse Vorstellungen eine wichtige Rolle. Die
Zeiteinteilung nach Sonnen- oder Mondjahren muss die Umlaufbahn der Erde
um die Sonne (das tropische Jahr von ca. 365,24 Tagen) und die Umlaufzeit
des Mondes um die Erde (den synodischen Monat mit ca. 29,53 Tagen) in
Beziehung setzen. Dazu benutzten die alten Ägypter ein Sonnenjahr von 365
Tagen mit zwölf Monaten zu je 30 Tagen sowie 5 Epagomenen (hrjw rnpt =
auf dem Jahre =die hinzukommenden, sie entsprachen den Geburtstagen von
Osiris, Isis, Horus, Seth und Nephthys)), die in drei Dekaden zu je vier
Monaten zerfielen.Die Einteilung von Tag und Nacht in jeweils zwölf Stunden scheint auch von
den Ägyptern eingeführt worden zu sein, wahrscheinlich analog zu den zwölf
Monaten im Jahr, die Unterteilung der Stunde in 60 Minuten geht allerdings
auf die Babylonier zurück. Die kleinste Zeiteinheit im alten Ägypten war die at,
meist als "Augenblick" übersetzt und (wie dieser) in seiner Dauer nicht
definiert.Die Dekaden:
Achet: Herbst Zeit der Nilschwemme 15. Juni bis 14. Oktober
Peret: Winter Zeit der Saat 15. Oktober bis 14. Februar
Shemu: Sommer Zeit der Ernte 15. Februar bis 14. JuniDiese Dekaden bestanden aus den Monaten:
Achet
Thot: 15. Juni bis 14. Juli
Paofi: 15.Juli bis 14. August
Athir: 15. August bis 14. September
Choiak: 15. September bis 14. OktoberPeret
Tybi 15. Oktober bis 14. November
Mechir: 15. November bis 14. Dezember
Famenant: 15.Dezember bis 14. Januar
Farmuti: 15. Januar bis 14. FebruarShemu
Pacons: 15. Februar bis 14. März
Paini: 15. März bis 14. April
Epifi: 15. April bis 14. Mai
Mesore: 15. Mai bis 14. JuniIn diesem einfachen System gab es also keine Monate von unterschiedlicher
Länge. Der Mangel dieses Systems bestand darin, dass die Verschiebung
des Kalenderjahres gegenüber dem natürlichen Sonnenumlauf nicht durch
Schaltjahre korrigiert wurde, also verschob sich der Beginn des neuen Jahres
alle vier Jahre um einen Tag. Dies bedeutete eine allmähliche Abweichung
der Jahreszeiten gegenüber dem amtlichen Kalender: Um einen Tag in vier
Jahren, um einen Monat in 120 Jahren verschob sich dadurch der Beginn der
Nilschwemme, nur alle 1461 Jahre fielen Sonnenjahr und Kalenderjahr
zusammen. Die Bauern richteten sich für die landwirtschaftliche Arbeit nach
dem Verlauf der Jahreszeiten, nicht nach dem amtlichen Kalender.Um den Kalender dem Nilzyklus wieder anzupassen, erliess Ptolemaeus III.
238 v. Chr. das Dekret von Kanopus, das alle vier Jahre einen Schalttag
verordnete. Dieses System legte Julius Cäsar dem nach ihm benannten
Julianischen Kalender dann zugrunde, der dann bis zur Gregorianischen
Kalenderreform 1582 in Gebrauch war. Das Kalenderjahr war seit seiner
Entstehung eigentlich ein landwirtschaftliches Jahr vom Beginn der
Nilüberschwemmung zur nächsten, wobei der Frühaufgang des Sothissternes
(Sirius) den Beginn des neuen Jahres ankündigte, weil dieses Ereignis mit
dem Beginn der Nilschwelle zusammenzufallen pflegt. Daraus resultiert, dass
bereits in den Pyramidentexten Sothis das neue Jahr "schenkt".
Als Jahresanfang galt also bei den Ägyptern der 19. Juli.Resultierend aus dieser Tatsache und dem Umstand, dass Censorinus im
Jahr 139 n.Chr. eine neue Sothisperiode beginnen lässt, lassen sich die
anderen Anfänge berechnen auf 1318 v.Chr., 2776 v.Chr. 4231 v.Chr. usw.
(mit kleineren Fehlerm). Es ist also zu vermuten, dass zu einem solchen
Zeitpunkt die Systematisierungdes Kalenders begonnen haben muss. Als
wahrscheinlichster Zeitpunkt wird das Jahr 2772 v.Chr. , also etwa die 2.
Dynastie, angenommen.Allerdings gab es keinen festen Bezugspunkt wie beispielsweise Christi
Geburt. Um ein bestimmtes Jahr anzugeben, verwendete man also die
laufende Jahreszahl der Regierungszeit des jeweiligen Pharaos. Dies
bedeutete, das die Jahreszahl sozusagen immer wieder auf Null gesetzt
wurde, der Kalender also immer wieder im Jahre 1 begann. Alle Ereignisse,
die vor der Inthronisation dieses Pharao stattgefunden hatten, gehörten dem
Zeitalter anderer Könige an. Die Ewigkeit, als die Gesamtdauer des
Pharaonentums, beläuft sich auf ungefähr 3000 Jahre: Damit ist es das
dauerhafteste politische System der Menschheitsgeschichte.Es ist nicht auszuschließen, dass parallel zu diesem "bürgerlichen Kalender"
auch noch andere Kalendereinteilungen existierten. So wird das
Vorhandensein eines Mondjahres für Naturfeste für möglich gehalten, bei
dem der Sothisfrühaufgang immer in den letzten Jahresmonat fallen musst, so
dass von Zeit zu Zeit ein Schaltmonat eingeschoben wurde.
Für religiöse Feste berechneten die Priester einen extra religiösen Kalender,
der sich an Festen und Zeremonien orientierte (z.B. Opet-Fest von Theben,
das im zweiten Monat des Achet gefeiert wurde). Zugrunde lag der
Mondmonat.
Für Rechnungen in der Tempelverwaltung benutzte man ein Jahr von 360
Tagen.
Antworten:
- Re: Ägyptischer Kalender Benedikt 16.5.2001 13:42 (0)
- Re: Ägyptischer Kalender Harald Henkel 15.5.2001 17:03 (7)
- Re: Ägyptischer Kalender Jtwj 15.5.2001 20:15 (6)
- Re: Ägyptischer Kalender Harald Henkel 15.5.2001 21:07 (5)
- Re: Ägyptischer Kalender Loki 15.5.2001 21:26 (4)
- Re: Ägyptischer Kalender Harald Henkel 15.5.2001 22:59 (3)
- Re: Ägyptischer Kalender Lothar Debus 16.5.2001 10:53 (2)
- Re: Ägyptischer Kalender Harald Henkel 16.5.2001 11:47 (1)
- Re: Ägyptischer Kalender Lothar Debus 16.5.2001 12:18 (0)
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