warum n=j einmal "(fuer) dich"? Suff.-pron. 1 Pers. Am Ende des Verses steht auch =j, nicht =k. Das Wasser ist nur 1 Mal im Text. Was bedeutet die Praeposition r vor dem Infinitiv?
bevor ich zur nächsten Übung übergehe möchte ich noch einige Anmerkungen und Fragen loswerden.
1) wäre es nicht besser, je Übung einen eigenen Thread zu beginnen? Eventuell möchte noch irgendwer einen Kommentar zu einer der Übungen machen.
2) wie findet man die richtigen Stellen im Gardiner (oder einem anderen Buch)? Eine Möglichkeit besteht darin, bei jedem neuen Wort den ganzen Gardiner zu lesen;). Natürlich bringt die Zeit mich sich, dass man ein Gefühl für solche Dinge findet. Aber was macht der Anfänger oder Fortgeschrittene?
3) Können wir eventuell die 2. Übung nochmals komplett grammatikalisch analysieren, so mit Satzbau und Wortformen? So etwas hilft sehr bei weiteren Übungen.
Ich meine damit solche Dinge wie Subjekt, Prädikat, Objekt, Satz, Nebensatz, Phrase, Aktiv, Passiv, Stativ, Infinitiv, pseudoverbale Konstruktion, ...
1) Im Prinzip hast Du recht. Ich war der Meinung, daß diese Texte eng zusammengehören und daher auch zusammen behandelt werden können.
2) Wie findet man was in Gardiner? Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Die zusammengehörigen Themen über das Inhaltsverzeichnis, bestimmte grammatische Themen über das Register, Einzelthemen auch über das Wörterverzeichnis, das bei bestimmten Wörtern auch auf die Paragraphen der Grammatik verweist. Außerdem sind die Themen der Grammatik vorwärts und rückwärts "verlinkt", wenn man das so sagen darf. Alles das setzt aber voraus, daß man sich einmal einen Überblick über die Grammatik verschafft hat.
3) Wenn ein Bedarf nach gründlicher grammatikalischer Analyse besteht, dann mache doch einen Vorschlag. Ich bin mir sicher, daß in der folgenden Diskussion die eine oder andere Frage sich weiter klärt.
§117 (Egyptian Grammar, Alan Gardiner) The presence or absence of iw in sentences with adverbial predicate
…das Verb iw … erklärt dieses oder jenes der Fall zu sein. Mit nominalem Subjekt dient es dazu eine gewisse Erklärung einzuführen…
iw rx-ixt Der Sachverständige ist es, der…
Zitat:
§332 (Egyptian Grammar, Alan Gardiner) The pseudo-verbal construction with r + infinitive
…diese Konstruktion wird oft verwendet, um zukünftige Maßnahmen zu äußern … (wird oder werden)
r sti.t n=i …für mich (das Wasser) ausgießen wird (wird ::: ausgießen ::: (mit Wasser-Determinativ) ::: für mich)
Zitat:
$4.3.9 (Tübinger Einführung, Wolfgang Schenkel) "Gapping" Satzerweiterungen (z.B. "iw"), die für aufeinander folgende Satzkerne gelten, brauchen nicht vor jedem "nicht-ersten" der Satzkerne wiederholt zu werden; sie können ausgespart werden…
(iw) mw mAA=f Das Wasser ist es, das er schaut
(iw) Dd.t n=i xpr Das Gesagte ist es, das für mich existiert
Mmhh … Ich weiß, was Du mir sagen möchtest … Verb, Subjekt, Objekt, Adverb. Wenn das nicht sofort eindeutig ist, dann tue ich mich ein wenig schwer damit. Naja … ich bin auch wenig zu "flüchtig"
Also:
Zitat:
§117 (Egyptian Grammar, Alan Gardiner) The presence or absence of iw in sentences with adverbial predicate
…das Verb iw … erklärt dieses oder jenes der Fall zu sein. Mit nominalem Subjekt dient es dazu eine gewisse Erklärung einzuführen…
iw rx-ixt Der Sachverständige ist es, der…
Zitat:
§332 (Egyptian Grammar, Alan Gardiner) The pseudo-verbal construction with r + infinitive
…diese Konstruktion wird oft verwendet, um zukünftige Maßnahmen zu äußern … (wird oder werden)
r sti.t n=i mw …für mich Wasser ausgießen wird
Tja … und nun "schwimme" ich ein wenig:
mAA=f Dd.t n=i xpr (denn) er sieht das Gesagte (und das) für mich Entstandene?
der Satz stammt aus einem literarischen Text, der "Prophezeiung des Nfr.tj", wie von Maxim Panov bereits angegeben. Die Abbildung habe ich der Publikation mit gleichem Titel von Wolfgang Helck, Wiesbaden, 1970, S. 58 entnommen.
In der beigefügten Abbildung habe ich die zwei Sätze (oder Satzteile) blau umrandet hervorgehoben, die einzelnen Wörter grün umrandet.
In Verbalsätzen lautet die Wortfolge: Verb - Subjekt - Objekt - Adverb oder eine Adverbialphrase (Präposition mit Substantiv). Siehe: Gardiner, Egyptian Grammar, § 27.
Was ist hier was?
Fangen wir mal mit dem Subjekt an: Das ist rx-jx.t "Gelehrter, Weise" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 475). Bei der Übersetzung "der Sachverständige" schwingen doch einige moderne Assoziationen mit, die für das Alte Ägypten anachronistisch sind. Der rx-jx.t ist wörtlich "einer, der die Dinge kennt", "einer, der um die Dinge weiß", ein "Wissender" eben.
Wie sieht es mit dem Verb - oder genauer: mit dem Prädikat des Satzes - aus? Es soll am Anfang stehen; dort steht aber nur jw. Blättert man eine Grammatik durch, findet man viele Möglichkeiten: jw sDm=f, jw=f sDm=f, jw sDm.n=f - die kommen alle nicht in Frage - und schließlich auch ein jw=f r sDm! Bingo! Zunächst einmal: Wie komme ich darauf? z.B. bei Gardiner im Wörterverzeichnis ("Egyptian-English Vocabulary") unter jw (auf S. 551), wo auf die verschiedenen Grammatikparagraphen verwiesen wird. Der Hinweis geht auf § 332 "The pseudo-verbal construction with r + infinitive". Die "pseudoverbale Konstruktion" ist ein umfangreiches Kapitel im Mittelägyptischen, mit dem sich jeder, der sich mit dieser Sprache beschäftigt, über kurz oder lang auseinandersetzen muß. Hier zitiere ich Gardiner nur aus dem Unterabschnitt "with r + infinitive":
Zitat:
This construction is often used to express future action, whether simply or as conditioned by the speaker's will; in other words, it corresponds alike to English 'will' and to English 'shall' ... The construction jw=f r sDm is particularly common, and has survived into Coptic as a specific future tense.
In unserem Satz haben wir nicht jw=f, sondern jw rx-jx.t, also ein Substantiv als Subjekt, statt eines Pronomens. Es folgt ein r. Danach soll ein Infinitiv kommen. Wir lesen F29, phonetisch für st (sT): Hannig, S. 1046. Es folgen zwei t. Blättern wir nun im Hannig, so finden wir recht schnell: stj "[3inf] gießen, ausgießen" (S. 778), genau mit den zwei Determinativen, die wir auch in unserem Satz haben. Daß ein Wort mehr als Determinativ haben kann, ist nicht ungewöhnlich (Gardiner, § 23: "and many [words], like ..., have more than one [determinative].") Zurück zur Schreibung: In Hannig steht nur ein t, wir haben zwei! Erinnern wir uns: Es soll ein Infinitiv sein. Also nachschlagen bei Gardiner, § 299 "Forms of the infinitive":
Zitat:
The various verb-classes differ as regards the gender of their infinitives, the immutable verbs having masc. infinitives without special ending, while some mutable verbs have fem. infinitives ending in -t.
Hierzu gehören Verben, die zur Klasse 3ae inf. (= tertiae infirmae) gehören (siehe im zitierten § 299 unter diesem Stichwort). Das sind Verben mit einem sog. "schwachen" dritten Konsonanten, nämlich j, der beim Infinitiv wegfällt. Dazu kommt ein .t. Also lautet der Infinitiv von stj: st.t. Und genau das steht in unserem Satz!
Jetzt zum Objekt: Das ist eindeutig mw "Wasser", das ausgegossen wird.
Schließlich die Adverbialphrase: n=j "für mich". Doch halt: Sollte die nicht an letzter Stelle stehen? Dazu hatte ich mich weiter oben - in #38 - zum vorigen Satz schon mal geäußert:
Zitat:
Zur Wortstellung (Gardiner, Egyptian Grammar, § 66): Die normale Wortfolge Verb - Subjekt - Objekt - Adverb wird modifiziert, wenn das Subjekt oder Objekt ein Pronomen ist; gleiches gilt für die Folge Präposition n plus Suffixpronomen, die einen Dativ bildet. Dann gilt: Ein Substantiv darf nicht einem Pronomen vorangehen, ein abhängiges Pronomen darf nicht einem Suffixpronomen vorangehen.
Daher ist das n=j im obigen Satz zwischen dem Infinitiv st.t und Objekt mw gestellt.
Nun zum zweiten Teil:
Verb und Subjekt werden gebildet durch ein sDm=f, nämlich: mAA=f "er sieht".
Es folgt das Objekt: Dd.t.n=j. Hier handelt es sich - meiner Meinung nach - um eine Relativform (Gardiner, §§ 380 ff), ein spezielles Kapitel der mittelägyptischen Grammatik. Davon muß man schon mal etwas gehört haben, sonst kann man es nicht leicht finden. Vereinfacht gesagt, werden damit Relativsätze gebildet, deren Subjekt ein anderes ist als das des Bezugswortes. Von den Relativformen gibt es unterschiedliche Arten, hier ist es die sog. sDm.w.n=f-Relativform. Bei den fem. Formen fällt das w weg. Gardiner gibt für das Beispielwort mrj als Formen an: maskulin mr(w).n und feminin mr.t.n. Nach Auffassung Gardiners (§ 386, 2) hat sich diese Form aus dem perfektischen passiven Partizip entwickelt, gefolgt von der Präposition n. Der Zeitbezug ist zumeist die Vergangenheit: "past relatively either to the moment of speaking or to the time of the main verb" (§ 389, 3).
Wie bei den Partizipien kann eine Relativform auch absolut wie ein Substantiv stehen (§ 390 "absolute use"). Als Beispiel hierfür zitiert er: "Dd.t.n n=j bA=j what my soul said to me".
Mit anderen Worten: Dd.t.n=j "das, was ich gesagt habe"; wörtlich vielleicht etwa so: "mein Gesagt-Habendes".
Zu guter Letzt die Adverbialphrase xpr(.w), Pseudopartizip von xpr "geschehen". Es wird dazu verwendet, einen Umstand anzuzeigen (§ 314 "Use of the old perfective as a clause of circumstance"). Ein bekanntes Beispiel aus dem "Schiffbrüchigen" lautet: jr.n=j hrw 3 wa.kwj "ich verbrachte drei Tage allein", wörtlich: "indem ich allein war".
Der ganze Satz lautet also:
jw rx-jx.t r st.t n=j mw "der Wissende wird für mich Wasser ausgießen"
mAA=f Dd.t.n=j xpr(.w) "(wenn) er das sieht, was ich gesagt habe, indem es geschehen ist" oder etwas flüssiger: "(wenn) er sieht, daß das, was ich gesagt habe, geschehen ist"
Die Übersetzung des zweiten Teils setzt schon eine längere Beschäftigung mit ägyptischen Texten voraus, das muß ich zugeben.
die Schreibungen sind im Zettelarchiv zusammengestellt, auch wenn sie nur einmal vorkamen. Für rmn finden sich diese in den Zetteln DZA 25.897.930 - DZA 25.897.980. Das Ergebnis wurde zusammengefaßt, in diesem Fall auf dem Zettel DZA 25.897.910. Diese Zusammenfassung wurde dann ins Wb übernommen, z.T. noch einmal gekürzt.
Geht man nun diese Zettel durch, so findet man, daß rmn durchgehend von der Pyramiden- bis zur griechisch-römischen Zeit mit D41 determiniert oder abgekürzt wird (im Alten Reich sieht das Zeichen etwas anders aus), bis auf zwei Ausnahmen, die auf dem Zettel angegeben sind, den Sie in Ihrem Posting angehängt haben: einmal BM 159 und einmal CG 20530.
Dd jnk aA XAm rmn "(Rudj-ahau) spricht: Ich bin ein Großer / Angesehener, der seinen Arm beugt ..."
Dd steht für Dd=f "er spricht" (Gardiner, Egyptian Grammar, $ 450: "Narrations are often introduced by Dd=f 'he said' ... In texts of the early Middle Kingdom Dd is used in the same way, and may be sDm=f with ellipse of the subject." - Diese Stele wird in die 11. Dyn. datiert.) aA "der Große, der Angesehene" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 125) XAm / xAm "sich verbeugen" - xAm a.wj / rmn "die Arme beugen (aus Respekt)" (Hannig, S. 583) - Weiterleitung von XAm nach xAm (S. 631)
In der genannten Publikation finden wir als Determinativ von rmn das Zeichen D36 - Handfläche nach oben.
Dieser Text wurde von R. O. Faulkner erneut bearbeitet: The Stela of Rudj'ahau, in: JEA, Bd. 37, S. 47-52 (1951). Faulkner schreibt zur früheren Publikation:
Zitat:
The stela has already been published twice ... the later copy is unfortunately far from accurate, so it seemed desirable not only to make a fresh photographic reproduction of the monument, but also to re-edit the main text.
Bezogen auf unsere Stelle sehen wir, daß Faulkner unser Zeichen auf D41 - Handfläche nach unten - korrigiert hat! Ausschnitte aus der Photographie und Faulkners Umzeichnung habe ich angefügt.
Mit anderen Worten: Diesen Beleg für die Annahme, D36 könnte für rmn gelesen werden, müssen wir streichen.
nn Atpw pw Hr rmn.wj=tn "Nicht ist es eine Last auf euren (beiden) Schultern"
ATpw / Atpw "Last" (Hannig, S. 18) Die Schreibung des Duals mit Wiederholung des Determinativs ist üblich (Gardiner, § 73). Statt daß hier D41 - Handfläche nach unten - zweimal gesetzt wird, haben wir die Folge D41-D36, was den Bearbeiter des Zettels aus dem Zettelarchiv zu einem - erstaunten - "so!" veranlaßt hat.
Auch dieses Beispiel eignet sich daher kaum als Beleg für die Lesung von D36 als rmn.
Die ausführliche Diskussion der Lesung eines Zeichens soll exemplarisch aufzeigen, wie leicht man sich hierbei vertun kann, sogar dann, wenn man sich auf ein im allgemeinen sehr verläßliches Werk wie das Wb. stützt!
Seschen hat mich darauf aufmerksam gemacht, daß es noch einen weiteren Beleg für das Thema Wasserspende eines Schreibers gibt, wenn auch nicht mit Bezug auf Imhotep, nämlich einen Wassernapf des Wesirs Pasers (Louvre 5344). Wenn man auf das Photo klickt, gibt es eine noch größere Abbildung.
Der Text, der seitlich um diesen Napf geschrieben ist, stammt aus Christophe Barbotin, La voix des hiéroglyphes, Paris, 2005, S. 54. Hier haben wir den Fall, daß der Wassernapf pAs mit einem w geschrieben wird!
Eine deutsche Übersetzung und einen Kommentar dazu hat Heinrich Schäfer gegeben: Eine altägyptische Schreibersitte, in: ZÄS, Bd. 36, S. 147-148 (1898). Danke noch einmal an Seschen für die Abbildung!
Diese Inschrift rundet das Thema nur ab. Es braucht also keine Übersetzung eingereicht zu werden!
Kehren wir zum Anfang dieser Übung zurück:
Zitat:
im Artikel Imhotep [in Wikipedia] heißt es:
Zitat: "Die Schreiber opferten zu Beginn eines jeden Schreibwerks einen Tropfen Tinte."
Leider wird kein Beleg angegeben.
Es war, wie Schäfer schreibt, Sitte, Imhotep zu Beginn, vielleicht aber auch am Ende, ein kleines Wasseropfer zu spenden. Aber diese Sitte war nicht nur streng auf Imhotep gerichtet; auch andere wünschten sich ein solches Gedenken. - Die Belege sind in dieser Übung zusammengetragen.
Nun gut: "Tinte" im eigentlichen Sinn war es auch nicht, aber wir wollen mal nicht so kleinlich sein ...