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  Fatimiden
969 - 1171
Zeitabschnitt der nachpharaonischen islamisch-arabischen Epoche Ägyptens

Als 632 nach dem Tode des Propheten Mohammed das Khalifat (Stellvertretertum) auf die engsten Freunde und Verwandten Mohammeds übergeht, müssen diese ihre Position gegen die mekkanische Familie Omayya verteidigen. Nach der verlorenen Schlacht von Siffin (Nordsyrien) 657 geht das Khalifat an Mu'awiyya, den ersten Omayyaden über. Die Fraktion des Ali findet ihre Anhänger besondersin den Gebieten des heutigen Iran und Irak, aber auch in Syrien. Von Anfang an glaubten manche schiitische Sekten an das Kommen eines Imams, eines Gemeindeoberhauptes aus dem Hause des Ali und seiner Söhne, deren Nachfahren sich nun jahrhundertelang verborgen hielten. Dazu gehören auch die Fatimiden, die ihre Abstammung auf einen Bruder des Kalifen Ali, Aqil Ibn Abi Talib, zurückführen. Diese besondere Sekte glaubt an das Kommen eines Mahdi oder Qa'im, der als letzter Gesandter Gottes die Fitna oder Urreligion in aller Reinheit wiederherstellen wird und ein goldenes Zeitalter einleitet. Die Familie des Sektengründers Abdallah lebte zunächst in Irak und Syrien, wurde aber im neunten Jahrhundert von allzu eifrigen Anhängern aus der Anonymität gerissen und mußte fliehen. Der Weg führte sie über ganz Nordafrika bis nach Sigilmasa im Maghreb, wo sie sich schließlich niederließen und begannen, die benachbarten Qutama-Berber zu missionieren. Im Jahre 969 hatte die Bewegung so viele Anhänger gewonnen, daß es den Fatimiden gelang, Ägypten zu erobern, das zu dieser Zeit keine ordentliche Regierung besaß, denn der schwarze Eunuch Kafur, der einflußreiche Majordomus der erloschenen ichschidischen Statthalterdynastie, war einige Jahre zuvor gestorben (958). Als General Gawhar im Namen des fatimidischen Khalifen Al Mu'izz in Ägypten einfiel, unterwarf sich das Land unter der Bedingung, daß Sicherheit und Frieden für die Bevölkerung und auch der Schutz der Pilgerroute nach Mekka gewährleistet sein sollten.

Während die Hauptstadt des Landes zuvor bei Fustat (Alt-Kairo) und später ein wenig nördlich bei der Moschee des Ahmed Ibn Tulun gelegen hatte, wurde nun der Grundstein für eine ganz neue Stadt gelegt. Im Jahre 969 wurde mit dem Bau von Al Qahira, der Siegreichen, begonnen - so genannt, weil sich Mars beim Baubeginn im Aszendenten befand. Das Baumaterial für die Stadtmauer und -tore lieferten im wesentlichen die Friedhöfe des Alten Reiches bei Saqqara und Giza, auch die großen Pyramiden wurden ihrer Verkleidung beraubt. Neben der Stadtumfassung entstand die Moschee Al Azhar, die Blühende", heute das Zentrum der orthodox-islamischen Welt, aber als schiitischeUniversität gegründet! Bereits im Jahre 973 war der Bau der Stadt so weit fortgeschritten, daß der 7. Khalifa Mu'izz feierlich seinen Einzug halten konnte.

Dabei waren die schiitischen Besatzer Fremdherrscher in einem noch überwiegend christlichen Land, so daß sich bald auch christliche und jüdische Beamte in der Verwaltungsspitze fanden. Auch die ursprüngliche sunnitisch-islamische Gemeinde von Fustat blieb bestehen und hatte ihren eigenen Kult und Qadi (Gemeinderichter). Bereits am Ende des 10.Jahrhunderts dehnten die Fatimiden ihren Herrschaftsbereich auch nach Jordanien und Syrien aus und unterwarfen schließlich sogar Damaskus. Da der fatimidische Khalifa nunmehr für den Schutz aller Karawanenrouten zu den heiligen Stätten zuständig war, unterwarf sich der Scherif von Mekka schon 975 seiner Oberhoheit, so daß der Name des Al Mu'izz von nun an dort in der Freitagspredigt genannt wurde.
Formell hatte das orthodoxe Khalifat damit fast jegliche Macht eingebüßt, auch wenn die Fatimiden ihre nördlichen Provinzen und vor allem Damaskus nur mit Mühe halten konnten. Im großen und ganzen waren die fatimidischen Khalifen besonnene, realistische Herrscher, die durchaus das Volkswohl und die öffentliche Ordnung im Sinn hatten. Dabei wurden sie allerdings später Opfer der sunnitischen und auch christlichen Propaganda, so vor allem der Enkel des AI Mu'izz, Al Hakim bi Amr illah, der (ähnlich wie der englische König Johann Ohneland) ein praktischer Gesetzgeber war, es sich aber durch die Beschlagnahmung kirchlicher Reichtümer mit den christlichen Chronisten verdarb, durch bizarr anmutende Erlasse wie einem Ausgangsverbot für Frauen für Gerüchte sorgte (so heißt es in späteren Chroniken, er habe seine Nebenfrauen lebendig in Kisten genagelt und in den Nil geworfen) und durch sein spurloses Verschwinden im Jahre 1021 der neuentstandenen drusischen Religion, die ihn gottgleich verehrt, Auftrieb gab.

Unter seinen Nachfolgern Al Zahir und Al Mustansir erlebte Ägypten während des 1 1.Jahrhunderts eine Blütezeit, die es zu einer führenden Großmacht im östlichen Mittelmeer machte. Nach dem Tode al Mustansirs wurde der Kronprinz Nisar zugunsten eines jüngeren Prinzen beseitigt, was eine Spaltung der fatimidischen Sekte zur Folge hatte - diejenigen, die glaubten, Nisar als rechtmäßiger Imam sei "nur von Gott entrückt" worden und werde einst wiederkehren, brachen mit dem Machtzentrum in Kairo und ließen sich in der nordpersischen Gebirgsfeste Alamut nieder, wo sie unter dem Regiment des "Alten vom Berge", Hassan es Sabah, einige Berühmtheit erlangten. Hassan es

Sabah war es, der seinen Gefolgsleuten durch Haschischgenuß angeblich das kurzzeitige Erlangen des Paradieses vorzugaukein verstand und die solcherart Todesbegeisterte als Attentäter ausschickte - das ursprüngliche Wort Hashishin "Haschischraucher", wurde zum Begriff "Assassine".
Der nisaritische Zweig der Fatimiden existiert bis heute: es handelt sich um die Hodschas oder Ismailiten unter dem Imamat des jeweiligen Agha Khan. Nicht nur die innere Spaltung machte den Fatimiden nun zu schaffen, sondern auch das Vordringen der Kreuzritter im Nahen Osten und das Wiedererstarken des abbassidisch-orthodoxen Khalifats, das sich jetzt Syrien zurückeroberte. Das Fatimidenreich wurde auf ägyptisches Territorium zurückgeworfen. Nach mehrmaligem Einmarsch der Kreuzfahrertruppen in Ägypten rief man schließlich sogar den sunnitischen Khalifen um Hilfe an, der seinen kurdischen General Shirqu zum Entsatz Ägyptens zur Verfügung stellte. Shirqu sollte allerdings an seinem Erfolg nicht lange Freude haben. Nach seinem plötzlichen Tod wird sein Neffe Salah ed Din zum Oberkommandierenden der Hilfstruppen und Wesir des Fatimidenstaates ernannt. Als der letzte Fatimidenkhalifa Al Adid 1171 stirbt, kehrt Ägypten vollends unter abbassidische Oberhoheit zurück.

Quelle: gekürzt und leicht geändert nach:
Papyrus, 17. Jahrgang, Sept./Okt.1999
Als 632 nach dem Tode des Propheten Mohammed das Khalifat (Stellvertretertum) auf die engsten Freunde und Verwandten Mohammeds übergeht, müssen diese ihre Position gegen die mekkanische Familie Omayya verteidigen. Nach der verlorenen Schlacht von Siffin (Nordsyrien) 657 geht das Khalifat an Mu'awiyya, den ersten Omayyaden über. Die Fraktion des Ali findet ihre Anhänger besondersin den Gebieten des heutigen Iran und Irak, aber auch in Syrien. Von Anfang an glaubten manche schiitische Sekten an das Kommen eines Imams, eines Gemeindeoberhauptes aus dem Hause des Ali und seiner Söhne, deren Nachfahren sich nun jahrhundertelang verborgen hielten. Dazu gehören auch die Fatimiden, die ihre Abstammung auf einen Bruder des Kalifen Ali, Aqil Ibn Abi Talib, zurückführen. Diese besondere Sekte glaubt an das Kommen eines Mahdi oder Qa'im, der als letzter Gesandter Gottes die Fitna oder Urreligion in aller Reinheit wiederherstellen wird und ein goldenes Zeitalter einleitet. Die Familie des Sektengründers Abdallah lebte zunächst in Irak und Syrien, wurde aber im neunten Jahrhundert von allzu eifrigen Anhängern aus der Anonymität gerissen und mußte fliehen. Der Weg führte sie über ganz Nordafrika bis nach Sigilmasa im Maghreb, wo sie sich schließlich niederließen und begannen, die benachbarten Qutama-Berber zu missionieren. Im Jahre 969 hatte die Bewegung so viele Anhänger gewonnen, daß es den Fatimiden gelang, Ägypten zu erobern, das zu dieser Zeit keine ordentliche Regierung besaß, denn der schwarze Eunuch Kafur, der einflußreiche Majordomus der erloschenen ichschidischen Statthalterdynastie, war einige Jahre zuvor gestorben (958). Als General Gawhar im Namen des fatimidischen Khalifen Al Mu'izz in Ägypten einfiel, unterwarf sich das Land unter der Bedingung, daß Sicherheit und Frieden für die Bevölkerung und auch der Schutz der Pilgerroute nach Mekka gewährleistet sein sollten.

Während die Hauptstadt des Landes zuvor bei Fustat (Alt-Kairo) und später ein wenig nördlich bei der Moschee des Ahmed Ibn Tulun gelegen hatte, wurde nun der Grundstein für eine ganz neue Stadt gelegt. Im Jahre 969 wurde mit dem Bau von Al Qahira, der Siegreichen, begonnen - so genannt, weil sich Mars beim Baubeginn im Aszendenten befand. Das Baumaterial für die Stadtmauer und -tore lieferten im wesentlichen die Friedhöfe des Alten Reiches bei Saqqara und Giza, auch die großen Pyramiden wurden ihrer Verkleidung beraubt. Neben der Stadtumfassung entstand die Moschee Al Azhar, die Blühende", heute das Zentrum der orthodox-islamischen Welt, aber als schiitischeUniversität gegründet! Bereits im Jahre 973 war der Bau der Stadt so weit fortgeschritten, daß der 7. Khalifa Mu'izz feierlich seinen Einzug halten konnte.

Dabei waren die schiitischen Besatzer Fremdherrscher in einem noch überwiegend christlichen Land, so daß sich bald auch christliche und jüdische Beamte in der Verwaltungsspitze fanden. Auch die ursprüngliche sunnitisch-islamische Gemeinde von Fustat blieb bestehen und hatte ihren eigenen Kult und Qadi (Gemeinderichter). Bereits am Ende des 10.Jahrhunderts dehnten die Fatimiden ihren Herrschaftsbereich auch nach Jordanien und Syrien aus und unterwarfen schließlich sogar Damaskus. Da der fatimidische Khalifa nunmehr für den Schutz aller Karawanenrouten zu den heiligen Stätten zuständig war, unterwarf sich der Scherif von Mekka schon 975 seiner Oberhoheit, so daß der Name des Al Mu'izz von nun an dort in der Freitagspredigt genannt wurde.
Formell hatte das orthodoxe Khalifat damit fast jegliche Macht eingebüßt, auch wenn die Fatimiden ihre nördlichen Provinzen und vor allem Damaskus nur mit Mühe halten konnten. Im großen und ganzen waren die fatimidischen Khalifen besonnene, realistische Herrscher, die durchaus das Volkswohl und die öffentliche Ordnung im Sinn hatten. Dabei wurden sie allerdings später Opfer der sunnitischen und auch christlichen Propaganda, so vor allem der Enkel des AI Mu'izz, Al Hakim bi Amr illah, der (ähnlich wie der englische König Johann Ohneland) ein praktischer Gesetzgeber war, es sich aber durch die Beschlagnahmung kirchlicher Reichtümer mit den christlichen Chronisten verdarb, durch bizarr anmutende Erlasse wie einem Ausgangsverbot für Frauen für Gerüchte sorgte (so heißt es in späteren Chroniken, er habe seine Nebenfrauen lebendig in Kisten genagelt und in den Nil geworfen) und durch sein spurloses Verschwinden im Jahre 1021 der neuentstandenen drusischen Religion, die ihn gottgleich verehrt, Auftrieb gab.

Unter seinen Nachfolgern Al Zahir und Al Mustansir erlebte Ägypten während des 1 1.Jahrhunderts eine Blütezeit, die es zu einer führenden Großmacht im östlichen Mittelmeer machte. Nach dem Tode al Mustansirs wurde der Kronprinz Nisar zugunsten eines jüngeren Prinzen beseitigt, was eine Spaltung der fatimidischen Sekte zur Folge hatte - diejenigen, die glaubten, Nisar als rechtmäßiger Imam sei "nur von Gott entrückt" worden und werde einst wiederkehren, brachen mit dem Machtzentrum in Kairo und ließen sich in der nordpersischen Gebirgsfeste Alamut nieder, wo sie unter dem Regiment des "Alten vom Berge", Hassan es Sabah, einige Berühmtheit erlangten. Hassan es

Sabah war es, der seinen Gefolgsleuten durch Haschischgenuß angeblich das kurzzeitige Erlangen des Paradieses vorzugaukein verstand und die solcherart Todesbegeisterte als Attentäter ausschickte - das ursprüngliche Wort Hashishin "Haschischraucher", wurde zum Begriff "Assassine".
Der nisaritische Zweig der Fatimiden existiert bis heute: es handelt sich um die Hodschas oder Ismailiten unter dem Imamat des jeweiligen Agha Khan. Nicht nur die innere Spaltung machte den Fatimiden nun zu schaffen, sondern auch das Vordringen der Kreuzritter im Nahen Osten und das Wiedererstarken des abbassidisch-orthodoxen Khalifats, das sich jetzt Syrien zurückeroberte. Das Fatimidenreich wurde auf ägyptisches Territorium zurückgeworfen. Nach mehrmaligem Einmarsch der Kreuzfahrertruppen in Ägypten rief man schließlich sogar den sunnitischen Khalifen um Hilfe an, der seinen kurdischen General Shirqu zum Entsatz Ägyptens zur Verfügung stellte. Shirqu sollte allerdings an seinem Erfolg nicht lange Freude haben. Nach seinem plötzlichen Tod wird sein Neffe Salah ed Din zum Oberkommandierenden der Hilfstruppen und Wesir des Fatimidenstaates ernannt. Als der letzte Fatimidenkhalifa Al Adid 1171 stirbt, kehrt Ägypten vollends unter abbassidische Oberhoheit zurück.


Quelle:
Papyrus, 17. Jahrgang, Sept./Okt.1999

Eingestellt durch: manetho (19.03.2005)
Bearbeitet durch: -
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